Martin Wipfli und Markus Eberle, nebag AG: «Die Liquidität im ausserbörslichen Markt ist besser als gemeinhin erwartet»

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Die Beteiligungsgesellschaft nebag AG ist an der Schweizer Börse kotiert und investiert im Wesentlichen in substanzstarke Schweizer Aktiengesellschaften, deren Stimmrechte vor allem ausserhalb der SIX Swiss Exchange gehandelt werden. Im Weiteren kann die Gesellschaft auch strategische Beteiligungen und/oder Finanzanlagen an Small Caps halten, deren Titel an der SIX Swiss Exchange kotiert sind.

Die Generalversammlung der nebag AG beschloss am 10. Mai, für das Geschäftsjahr 2018 eine Dividende im Rahmen einer Kapitalherabsetzung von CHF 0.50 pro Aktie auszuzahlen. Insgesamt werden CHF 4.56 Mio. ausgeschüttet.

Im laufenden Geschäftsjahr stieg der innere Wert der Gesellschaft um 0.39 CHF auf 10.35 CHF je Aktie. Dies entspricht einem Gewinn von rund 3.56 Mio. CHF.

Markus Eberle, Verwaltungsrats-Vizepräsident der nebag AG, äussert sich im Video-Interview zu den Vorteilen des OTC-Marktes, zu den Beteiligungen an Unternehmen wie Reishauer, Thurella und Biella und erklärt, was er mit den Immobiliengesellschaften vorhat. 

Herr Wipfli, Herr Eberle, welche Anlagephilosophie verfolgen Sie mit Ihrer Beteiligungsgesellschaft?

Martin Wipfli: Die nebag investiert vorwiegend in ausserbörslich gehandelte Aktien, aber auch in Small und Mid Caps, die an der Börse kotiert sind. Dazu bewirtschaften wir unsere Liquidität, seit ein paar Jahren auch mit Obligationen, um den Negativzinsen zu entgehen.

Was sind die Vorteile einer Beteiligungsgesellschaft gegenüber einem klassischen Fonds?

Martin Wipfli (oben) ist Verwaltungsratspräsident der nebag AG und Eigentümer der Baryon AG sowie Verwaltungsrat in verschiedenen kotierten und nicht kotierten Unternehmen. Markus Eberle ist nebag-Verwaltungsrats-Vizepräsident und Eigentümer und VRP der ZO-Invest AG, Zug. Bilder: nebag.ch

Martin Wipfli: Unser Universum ist geprägt durch die teilweise geringe Liquidität am ausserbörslichen Markt. Wir halten relativ grosse Beteiligungen. Wenn in einer schwierigen Situation Aktionäre ihre Anteile liquidieren wollen, können sie Aktien verkaufen. Das heisst, unser Portfolio ist dann nicht direkt betroffen. Im Fonds muss in einer vergleichbaren Situation Liquidität zurückgeführt werden, und wenn diese dann nicht vorhanden ist, müssen Beteiligungen abgestossen werden.

Markus Eberle: Wir sind ja nicht nur Halter von Beteiligungen, sondern bewirtschaften unsere strategischen Investments sehr aktiv und üben Einfluss auf die betreffenden Gesellschaften aus. Dafür brauchen wir Zeit, wie zum Beispiel bei unserem Vorgehen bei Thurella oder Biella. Da wäre es ganz schlecht, wenn zum falschen Zeitpunkt Rücknahmen kämen und wir unsere strategischen Beteiligungen reduzieren müssten.

Verfolgen Sie eine Benchmark?

Markus Eberle: Man kann verschiedenene Benchmarks benutzen, z.B. den SPIEX oder den OTC Liquidity Index. Keiner überzeugt mich. Vielmehr versuchen wir das Ertrags-Risiko-Verhältnis zu optimieren: eine sehr tiefe Volatilität von 3% unseres täglich frisch berechneten NAV gepaart mit einer (steuerfreien) Performance von 6-8 % im Jahr. Dies haben wir seit der Kotierung der nebag an der SIX im Jahr 2005 erreicht.

Sie unterscheiden in strategische Anlagen und Finanzanlagen. Wie unterscheiden sich diese beiden Anlageklassen?

Martin Wipfli: Bei den strategischen Anlagen sind wir ein aktiver Investor, bei den Finanzanlagen ein passiver.

Am meisten Kapital haben Sie unter den strategischen Beteiligungen in die Plaston Holding AG investiert. Welches Ziel verfolgen Sie mit diesem Unternehmen?

Die strategischen Beteiligungen der nebag AG. Net Asset Value per 31.12.2018. Quelle: nebag.ch

Martin Wipfli: Das längerfristige Ziel bei dem Investment in Plaston ist es, eine überdurchschnittliche Rendite zu erzielen. Dafür haben wir, auch in Abstimmung mit der Eigentümerfamilie, einen Verwaltungsrat aus unseren Reihen bei Plaston platziert. Seit wir im Verwaltungsrat Einsitz genommen haben, haben sich die Ergebnisse verbessert, das Profil hat sich geschärft. Und zusätzliches Know how ist damit in die Gesellschaft eingeflossen. Im ganzen Prozess stellen wir mit einer guten Kommunikation immer sicher, dass die Interessen aller Stakeholder gewahrt bleiben und unsere Beiträge somit auf ein konstruktives Umfeld stossen.

Die nebag stellt vor allem Unternehmen, die ausserbörslich gehandelt werden, Verwaltungsräte zur Verfügung, die überdurchschnittlich qualifiziert sind.

Welche Rolle haben Sie beim Verkauf der Biella-Neher an die französische Exacompta gespielt?

Martin Wipfli: Der Verwaltungsrat von jeder unserer strategischen Beteiligungen kennt unsere Ziele. Biella ist in einem schrumpfenden und sehr schwierigen Markt tätig. Wir haben im Verwaltungsrat von Biella seit langem kommuniziert, dass wir einer Expansion sehr zurückhaltend gegenüberstehen und wir es bevorzugen würden, wenn strategische Optionen geprüft würden. Unsere Sichtweise, die wir über Jahre stetig vertreten haben, wurde von den Organen in dieser Zeit intensiver diskutiert bzw. analysiert, und vor sechs Monaten war es dann soweit. Alles Weitere hat dann der Verwaltungsrat von Biella selber in die Wege geleitet und dabei einen sehr professionellen Job gemacht.

Sie haben in Ihren strategischen Beteiligungen bei Thurella und Biella das operative Geschäft verkauft und verwerten nun Teile der Immobilien. Wo stehen Sie mit Thurella Immobilien, und was haben Sie mit der neu gegründeten Polun vor?

Martin Wipfli: Wir haben in beiden Fällen gelernt, dass ein strategischer Investor primär am operativen Geschäft interessiert ist und keine nicht betriebsnotwendigen Immobilien übernehmen möchte. Im Rahmen der Biella-Verhandlungen hat sich dann gezeigt, dass, wenn Exacompta die Immobilien übernehmen müsste, dies mit einem massiven Abschlag auf die Immobilien einherginge. Wir haben uns dann entschieden zu versuchen, die Immobilien-Assets für die Aktionäre zu einem optimalen Preis dem Verkauf zuzuführen.

Sowohl bei Thurella mit Thurella Immobilien als auch bei Biella mit Polun haben wir die Immobilien in eine eigene Gesellschaft ausgelagert und den Aktionären ein Engagement angeboten. Damit werden alle Anteilseigner gleich behandelt, was wir als guten strategischen Weg in einer solchen Situation betrachten.

Könnte die Immobilienübernahme durch die nebag auch bei anderen strategischen Beteiligungen ein Ziel sein?

Martin Wipfli: Eines meiner Credos ist, dass sehr viele ausserbörslich gehandelte Unternehmen über viel zu viel nicht betriebsnotwendige Substanz verfügen, die sich nicht rentabilisieren lässt. Das zeigen wir den Unternehmen sehr schnell auf, aber viele sind nicht bereit, diese nicht betriebsnotwendige Substanz zu verkaufen, aus welchen Gründen auch immer.

Kommen wir zu Ihren Finanzanlagen. Sie haben stark in den Automobilzulieferer Reishauer investiert. Macht Ihnen das Freude?

Die Finanzbeteiligungen der nebag AG. Net Asset Value per 31.12.2018. Queller: nebag.ch

Markus Eberle: Durchaus. Seit unserem Einstieg, als das Paket Gasser umverteilt wurde, haben wir mit dem Engagement verdient: 2017 waren es über 3 Mio. CHF Gewinn, letztes Jahr dann ein Verlust von 2 Mio. CHF, dieses Jahr sind wir wieder mit 600’000 CHF im Plus.

Reishauer ist eine Gesellschaft, die sehr viel Luft nach oben hat. Rechnungslegung, Transparenz, Corporate Governance, Ausschüttung – das Unternehmen hat zwar eine konsolidierte Rechnung, die aufzeigt, dass es Marktführer ist und mit sehr guten Margen arbeitet, aber Effizienzgewinne sind noch möglich. Es ist der typische Fall eines ausserbörslich gehandelten Unternehmens, das noch nicht nach modernsten Massstäben berichtet.

Gleichzeitig ist die Gesellschaft fähig, die Verwerfungen, die es in der Automobilindustrie gibt, zu kompensieren.

Sie haben 10-15% von Ihrem gesamten Vermögen in Reishauer investiert. Warum so viel?

Markus Eberle: Reishauer ist ein grosses Kaliber für den ausserbörslichen Markt mit einer Marktkapitalisierung von zurzeit 660 Millionen CHF. Da muss man etwas in die Hand nehmen. Wir könnten uns vorstellen, auch eine aktivere Rolle bei Reishauer zu spielen.

Also ein strategisches Investment?

Markus Eberle: Eine Kernbeteiligung, so würde ich das ausdrücken.

Sie sind ja traditionell stark im OTC-Markt investiert. Holdigaz, Weleda: Was macht diese Unternehmen für Sie interessant?

Markus Eberle: Ähnlich wie Reishauer ist Weleda eine Gesellschaft, die günstig bewertet ist. Wir sehen da sehr viel Potenzial. Holdigaz ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte, damit hat die nebag über 5 Mio. CHF verdient. Wahrscheinlich der bestlaufende Energietitel der Schweiz in den letzten Jahren.

Dem OTC-Markt wird immer wieder unterstellt, er sei zu wenig liquide. Was halten Sie, als dauernd mit Aktien in diesem Markt handelnd, von dem Argument?

Markus Eberle: Das geht völlig an den Tatsachen vorbei. Die Liquidität von OTC gehandelten Gesellschaften ist sogar besser, als wenn sie an der SIX gehandelt würden.  Gerade bei kleineren börsenkotierten Firmen haben die Banken das Research heruntergefahren, weil sie in diesem Segment zuwenig Erträge erzielen. Im OTC-Bereich gibt es drei bis vier Banken, die sich jeweils mit mehreren Mitarbeitern um den OTC-Handel, aber auch das entsprechende Research kümmern. Weleda hat z.B. eine bessere Liquidität als viele Small Caps, die an der SIX kotiert sind. Das kann man messen: Die Liquidität, ausgedrückt in Geld/Brief-Spreads und die Volumen konsolidiert über alle aktiven OTC Market Maker ist beachtlich.

Welche Unternehmen, die Sie noch nicht in Ihrem Portfolio haben, beobachten Sie genauer?

Martin Wipfli: Wir verfolgen einen opportunistischen Ansatz in unserem Universum. Es ist häufig so, dass wir erst einmal 10 bis 15 Aktien kaufen und dann weiterschauen. Eine strategische Beteiligung können wir nur aufbauen, wenn es jemanden gibt, der bereit ist abzugeben. Alle unsere strategischen Beteiligungen kamen aus einem Block heraus, wurden dann vergrössert und schliesslich ihrem Ziel zugeführt.

In den ersten vier Monaten haben Sie eine Performance beim NAV von über 4% erreicht. Von welcher Performance gehen Sie in 2019 aus?

Martin Wipfli: Das ist schwierig zu sagen, weil wir in zwei Firmen, Metall Zug und Reishauer, stark exponiert sind. Je nachdem, wie diese beiden performen, ist unser Ergebnis über- oder unterdurchschnittlich. Ich gehe insgesamt von einer Performance von 6 bis 8% in diesem Jahr für die nebag aus, könnte mir aber vorstellen, dass Indizes wie der SMI noch etwas darüber liegen werden.

Herr Wipfli, Herr Eberle, herzlichen Dank für dieses Gespräch. 

Die Aktie der nebag AG ist an der SIX Swiss Exchange kotiert und notierte zuletzt bei 10.50 CHF. 

 

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