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Ausserbörsliche Aktien: Nebenwerte waren 2022 ein Stabilitätsanker im Portfolio

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Fels in der Brandung und Stabilitätsanker fürs Portfolio: die ausserbörslich gehandelten Aktien trotzten 2022 den Börsenstürmen. Bild: stock.adobe.com
Fels in der Brandung und Stabilitätsanker fürs Portfolio: Die ausserbörslich gehandelten Aktien trotzten 2022 den Börsenstürmen. Bild: stock.adobe.com

Das Jahr 2022 ist bereits seit mehr als zwei Wochen Vergangenheit. Und der Start ins neue Börsenjahr verlief bisher erstaunlich erfolgreich: Der SMI liegt mit rund 6% im Plus. Auch der ausserbörsliche Markt ist mit einem leichten Plus gestartet. Lohnt sich angesichts dieses dynamischen Jahresauftakts ein Blick in den Rückspiegel?

SPI Extra vs. OTC-X
Im Gegensatz zum SPI Extra hielt sich der ausserbörsliche Markt 2022 stabil. Chart: money-net.ch

Auf jeden Fall. Denn im letzten Jahr hat sich der ausserbörsliche Aktienmarkt wieder einmal als Stabilitätsanker behaupten können. Interessant ist allerdings eine detaillierte Betrachtung der einzelnen Sektoren. Wir haben die Kursdaten von OTC-X ausgewertet und jeweils die fünf Gewinner und Verlierer-Aktien für die zehn Branchen ermittelt. Dabei zeigt sich, dass gerade die Vielzahl der auf OTC-X vertretenen Branchen zur Stabilität des Marktsegments beitragen.

Tourismusaktien mit Nachholbedarf

Nach zwei Corona-bedingt schwachen Jahren ging es 2022 in der Schweizer Tourismusbranche wieder aufwärts, auch wenn in den ersten drei Monaten des Jahres noch einige Einschränkungen zu verzeichnen waren. Dennoch konnten bereits in der Wintersaison Bergbahnen und Hotels eine höhere Auslastung als im Vorjahr verzeichnen. Diese verbesserte sich in den Sommermonaten weiter.

Es überrascht daher nicht, dass der OTC-X-Index Bergbahnen mit einem Plus von 62,7% der grosse Gewinner im letzten Jahr war. Zu der starken Performance haben insbesondere Aktien von kleineren, wenig gehandelten Ausflugsbahnen beigetragen. Auch zog der Kurs der Andermatt-Sedrun Sport AG weiter an, nachdem sich die amerikanische Vail Resorts an der Gesellschaft beteiligt hat. Den Bergbahn-Aktien mit einem Kursplus stehen nur wenige Titel mit einem Minus gegenüber.

Luxushotels sehr gefragt

Unter den Top 5 aus dem Tourismussektor finden sich gleich drei Luxushotels. Auch hier dürfte es sich um einen Nachholeffekt handeln, denn die Aktienkurse der Cresta Palace Celerina, Dolder Hotel AG und Grand Resorts Bad Ragaz waren seit Beginn der Corona-Pandemie unter Druck. Mittlerweile haben sich die Gästezahlen wieder erholt. Auch sorgt der Immobilienbesitz dieser Firmen für eine gewisse Wertstabilität. Allerdings muss betont werden, dass die Anzahl gehandelter Aktien bei Cresta Palace mit 32 im Jahr 2022 sehr gering war. Interessant ist dennoch, dass die Aktienkurse einiger Luxushotels auch in diesem Jahr weiter zulegen konnten.

Rekordzahlen sorgten bei der Weissen Arena AG in Laax im Jahr 2022 für ein fettes Kursplus von 28,6%. Wieder gefragt waren auch die Aktien der Berner Messegesellschaft Bernexpo AG (+ 13,5%), die nach zwei Jahren hoher Verluste für 2022 wieder schwarze Zahlen in Aussicht gestellt hat. Ebenso fanden sich die Aktien der Bädergesellschaften Zurzach (+ 8,1%) und Bad Schinznach (+ 5,9%) auf der Gewinnerseite. Die Verliererliste wird vom Kongresshaus Zürich angeführt, das 2022 eine Kapitalsanierung durchführen musste. Allerdings befinden sich unter den Verlierern nur 14 der insgesamt 35 auf OTC-X gelisteten Tourismus- und Freizeitwerte.

Banken mehrheitlich im Plus

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den 34 Bank- und Finanztiteln. Nur gerade einmal 5 Aktien wiesen 2022 eine negative Performance auf. Die übrigen Bankaktien lagen im Plus, ebenso wie der OTC-X-Index Banken (+ 4,6%). Trotz der schwachen Finanzmärkte finden sich unter den Top 5 vier in der Vermögensverwaltung und im Wertschriftenhandel tätige Institute. Wie die ersten Eckwerte zu den Geschäftszahlen 2022 von Bondpartners zeigen, wird der Einbruch an den Finanzmärkten allerdings seine Spuren in der Jahresrechnung hinterlassen. Ganz anders sieht es für die vielen Regionalbanken aus: Steigende Zinsen führen, zumindest kurzfristig, zu einer Ausweitung der Zinsmargen. Kein Wunder also, dass die meisten Regionalbank-Aktien entgegen dem Markttrend im Jahr 2022 zulegen konnten.

Licht und Schatten bei Energie- und Versorgeraktien

Sehr heterogen entwickelte sich der Energiesektor. Der Index verlor zwar 4,1%. Dass es dennoch in dieser Branche sowohl Gewinnern als auch Verlierer gibt, ist auf die unterschiedlichen Geschäftsmodelle zurückzuführen. Produzenten von Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wasser, Wind und Sonne gehörten zu den Gewinnern. Überdurchschnittlich profitiert haben davon die Valoren der Bündner Repower AG mit einem Plus vom 24,1%. Aber auch die Anteilsscheine kleinerer Grünstromproduzenten wie ADEV Windkraft oder ADEV Wasserkraft waren gefragt, wenn auch bei weitaus geringeren Handelsvolumen.

Unternehmen, die Energie allerdings einkaufen müssen und diese in ihrem Netz nur verteilen, leiden zumindest auf kurze Frist unter den stark gestiegenen Beschaffungspreisen. Dies zeigt ein Blick auf die Verliererseite. Die Kurse der Zuger WWZ verloren 17,4%, die des Westschweizer Gasversorgers Holdigaz sogar 18,1%. Gut möglich allerdings, dass gerade diese Aktien bei einer Entspannung der Lage an den Energiemärkten wieder kräftig zulegen. Bei Holdigaz kommt hinzu, dass das Unternehmen mittlerweile 22% seiner Umsätze mit Gebäudetechnikdienstleistungen und mehr als 7% mit Erneuerbaren Energien erzielt. Die Abhängigkeit vom Gaspreis hat also abgenommen.

Industriefirmen leiden am stärksten

Am stärksten gelitten haben unter der unsicheren konjunkturellen Lage und stark steigenden Kosten die Industrietitel. Der OTC-X Index Industrie mit seinen 24 Titeln verlor binnen Jahresfrist 7,1% und damit mehr als der Liquidity-Index. Besonders stark gefallen sind die Kurse der Industriebeteiligungsgesellschaft Montana Tech. Grund dafür dürften die Kursverluste der börsenkotierten Tochtergesellschaften Varta, Montana Aerospace und Aluflexpack sein, was sich auf die Bewertung der Montana-Tech-Aktie sofort negativ auswirkte und für das Minus von 35,0% sorgte. Zu schaffen macht die unsichere Wirtschaftslage auch anderen Industriefirmen. So mussten die Naturkosmetikfirma Weleda und die Ostschweizer Plaston Gruppe Gewinnwarnungen veröffentlichen, was sich negativ auf die Kurse auswirkte.

Zu den wenigen Gewinnern unter den Industriefirmen zählt die SSE Holding mit einem Plus von 7,0%. Das Walliser Unternehmen steigerte im ersten Halbjahr 2022 Umsatz und Ertrag kräftig und produziert künftig im Chemiegeschäft ein Mittel, das den Methanausstoss von Wiederkäuern um bis zu 35% reduziert. Bei den vier weiteren Industriefirmen, die in der Gewinnerliste mit einem zweistelligen Plus ausgewiesen sind, handelt es sich mehrheitlich um Betriebe, welche ihre industriellen Tätigkeiten aufgegeben haben uns sich um die Verwaltung und Entwicklung ihrer Liegenschaften kümmern.

Immobilienaktien mit schwacher Performance

Ehemalige Industriefirmen, die mittlerweile zu Immobiliengesellschaften transformiert wurden, befinden sich auch unter den 22 Immobilienaktien auf OTC-X. Mit der Reussegg Holding und dem Tonwerk Lausen stehen gleich zwei davon ganz oben auf der Siegerliste für 2022. Bei Reussegg dürfte die abgeschlossene Restrukturierung der Grund für den rasanten Kursanstieg sein. Auch hier jedoch der Hinweis, ebenso wie bei Tonwerk Lausen, dass die Aktien auf OTC-X sehr selten gehandelt werden und mehrheitlich in festen Händen sind. Unter den Top 5 befindet sich auch die SitEX Properties, die erst seit Ende 2021 auf OTC-X gehandelt  wird und ihren Schwerpunkt auf ein US-Entwicklungsprojekt legt.

Dass der OTC-X-Index Immobilien dennoch um 1,7% verloren hat und auch fast die Hälfte der Immobilientitel ein Minuszeichen vor ihrer Jahresperformance ausweisen, hängt auch mit der Zurückhaltung von Investoren vor Immobilienaktien zusammen. Denn es besteht die Angst, dass die steigenden Zinsen negativ auf das Ergebnis sowie auf die Bewertung des Immobilienportfolios wirken. Die Thurella Immobilien AG, die die Verliererliste mit einem Minus von 93,2% anführt, hat 2022 ihre einzige Liegenschaft verkauft und den Verkaufserlös an die Aktionäre ausgeschüttet. Nun steht die Liquidation bevor.

NZZ-Aktie gehört zu den Gewinnern 2022

Kein einheitliches Bild lässt sich angesichts der geringen Anzahl gelisteter Titel bei den Sektoren Medien sowie Nahrung + Getränke ablesen. Grosser Gewinner bei den Medien war die NZZ-Aktie mit einem Plus von 11,4%. Dank dem geplanten Teilverkauf von Anteilen an der CH Media AG dürfen sich die NZZ-Aktionäre an der Generalversammlung vom 15. April 2023 auf die Ausschüttung einer Sonderdividende freuen. Bei der ZT Medien hat sich der Aktienkurs der eher selten gehandelten Aktie auf Vor-Pandemie-Niveau eingependelt.

Im Nahrungsmittelsektor konnte einzig die Patiswiss-Aktie zulegen. Diese steigt nun schon seit über fünf Jahren ununterbrochen. Der Kurs für PS und Namenaktie der Brauerei Schützengarten hat das Corona-Tal noch nicht hinter sich gelassen, obwohl der Bierabsatz im Geschäftsjahr 2021/22 wieder zulegen konnte.

Selten gehandelte «Exoten» im Sektor Transport, Verkehr

Gemessen am Volumen handelt es sich bei den meisten Aktien im Sektor Transport, Verkehr, Logistik um «Exoten». Wenige Ausnahmen bilden hier die Luzerner SGV Holding, die Auto Holding AG Rothenburg oder die Lagerhäuser der Centralschweiz. Andere Gesellschaften, wie die BLS oder die die Matterhorn Gotthard Verkehr AG, befinden sich mehrheitlich in öffentlichen oder halböffentlichen Strukturen. Bei der BLS, dem zweitgrössten Schweizer Bahnunternehmen, besitzen Bund (21,7%) und Kanton Bern (55,75%) die Mehrheit. Aktienkurs und Bewertung spielen daher keine Rolle, da die Minderheitsaktionäre unabhängig vom Geschäftserfolg keine Ausschüttungen erwarten dürfen.

Bei den meisten Transportunternehmen, wie auch der Drahtseilbahn Marzili, handelt es sich daher weniger um ein Investment, sondern vielmehr um sogenannte Liebhabertitel. Allerdings zeigt der Blick auf das Kurstableau, dass auch diese Aktien in schwierigen Zeiten ihren Wert durchaus behalten oder sogar steigern konnten.

Die gesamte Kursliste mit allen Gewinnern und Verlierern aus 2022 können Sie hier herunterladen (alle Angaben ohne Gewähr).

Virtuelle Immobilienrenditen: Metaverse-Sky is the limit!

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Im Kultfilm «Tron» aus den 1980er-Jahren gerät ein Programmierer in die Welt seines eigenen Computerspiels und muss um sein Leben kämpfen. In der Raumschiff-Enterprise-Franchise begibt sich die Mannschaft unter Captain Picard aus Trainingszwecken auf eine Holodeck. Dort ist es möglich, die Weltmeere auf einem traditionellen Skipper zu durchpflügen. Natürlich ist die heute erlebbare virtuelle Realität noch Ionen von diesen Fantasien entfernt. Dennoch haben sich viele Bereiche unserer Umwelt stark virtualisiert.

Einen markanten Schritt in die virtuelle Realität vollzog der Milliarden-Konzern Facebook. Zuerst beschliesst Firmengründer Mark Zuckerberg vor einem Jahr eine Namensänderung in Meta: Klingt wie eine Abkürzung von Metaverse – der generellen Bezeichnung von digitalen Parallelwelten. Andererseits tätigte der immer noch jugendlich scheinende Unternehmer Milliardenbeträge in die Weiterentwicklung von virtuellen Plattformen. Unternehmen zahlreicher Branchen sehen sich seither gefordert, Geschäftsmodelle für das Metaverse zu entwickeln. Der Immobiliensektor scheint hier eine virtuelle Lösung für die Bodenknappheit oder steigende Landpreise gefunden zu haben. Über Plattformen wie Sandbox oder Decentraland kaufen Plattform-Anwender bereits heute Parzellen in einem Paralelluniversum.

Die Registrierung in der Sandbox ist sehr niederschwellig: Zuerst muss der neue Anwender seinen Avatar wählen und ausstatten. Dieser kann sich hüpfend, schreitend oder im Gangman-Style fortbewegen. Der Kontakt mit der monetären Realität ist aber nur ein paar Klicks entfernt. Auf einem grünen Grund mit gleichfarbigen Feldern steht ein oranges Feld für 7’000 USD, d.h. dem Äquivalent von 5.5 Ethereum zum Verkauf. Das entspricht ziemlich genau dem Quadratmeterpreis für eine reale Parzelle zwischen dem Zürcher Hauptbahnhof und dem Paradeplatz. Also die höchste Karte bei Monopoly. Angebote willkommen. Vertrauenserweckend wirkt nicht unbedingt, dass die Gegenpartei nur mit einem Kürzel auftritt und sich als stark verpixelter Roboter porträtieren lässt. Der Avatar steht auf seiner winzigen Parzelle – und was nun?

Keine Fesseln durch Mieterschutz

Der stolze Neubesitzer einer Parzelle erwirbt sich das Recht, diese so zu nutzen, wie es ihm gefällt. Oft ist eine kommerzielle Nutzung im Vordergrund, aber nicht nur. In der Sandbox zum Beispiel darf der Anwender auch Spiele entwickeln, wobei ihn die Plattform dabei mit einer intuitiven Toolbox unterstützt. Wer darauf keinen Wert legt, wird – wie ihm realen Leben – danach trachten, eine anständige Rendite zu erzielen zum Beispiel mit einer Zwischenvermietung an andere Anwender. Für die Festsetzung der Miete gibt es keinerlei Fesseln oder Regeln. In der Anleitung zu Sandbox steht der ermutigende Satz: Landbesitzer können selbst entscheiden, wie hoch die Miete sein soll. Allerdings, so die Anleitung, sollte der Besitzer sich an bestimmten Leitplanken orientieren, zum Beispiel die Nähe zu sogenannten Social Hubs. Der Mieter darf auf seiner Fläche selber Spiele entwickeln, wobei der Vermieter nicht am Gewinn beteiligt ist.

Wie bei allen frei handelbaren Gütern wird der Wert einer Metaverseparzelle durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Je attraktiver ein Stück des digitalen Bodens ist, desto mehr wird dafür bezahlt. Je mehr Spieler sich in der Nähe des eigenen Grundstückes im Schnitt aufhalten, desto mehr Ertrag kann theoretisch mit der Parzelle generiert werden, was wiederum einen höheren Preis rechtfertigt. Lagequalität ist aber auch ein Thema. Als besonders gut gelegen gelten Grundstücke, welche möglichst nahe beim Spieleinstiegsorts liegen oder sich in Gegenden befinden, an welchen sich bereits andere attraktive Spielinhalte und Angebote befinden. In einem Punkt unterscheiden sich reale und virtuelle Immobilien aber deutlich: Während in der realen Welt Land grundsätzlich ein knappes, beschränktes Gut ist, kann im Metaverse quasi per Mausklick einfach neues erschaffen werden. Sei es in der Spielwelt, in der man investiert ist oder über die Entstehung immer neuer, konkurrierender Metaverseprojekte (siehe Grafik 1).

Grafik 1: Das Metaverse ist in seiner Ausdehnung unbegrenzt. Quelle: Sandbox.

Markt in den Kinderschuhen

Der Markt für virtuelles Land ist derzeit noch überschaubar und handelt mit sehr kleinen Volumen. Getrieben durch den Hype entstehen unweigerlich Preisblasen, wie sie auch bei Kryptowährungen zu beobachten sind. Anfang Januar 2021 wurde beispielsweise in der Sandbox die durchschnittliche Landparzelle noch für unter 150 USD verkauft. Nach einem längeren, stetigen Preisanstieg wurde der virtuelle Boden Ende Oktober für rund 2’500 USD gehandelt, was bereits einem Preisanstieg von etwa 1’550% entspricht. Die Ankündigung einer ersten, öffentlich zugänglichen Alphaversion des Spieles katapultierte die gehandelten Preise auf über 16’000 USD. Einen ordentlichen Reibach durften auch die Landbesitzer beim Mitbewerber Decentraland erleben. Laut dem Creative Director des Unternehmens gingen die ersten Landverkäufe mit einem Preis von 20 USD über die Bühne. Heute ist die billigste Parzelle bereits 3’500 US-Dollar wert. Letztes Jahr kaufte das Krypto-Unternehmen Token.com eine Parzelle in der Nähe der virtuellen Bahnhofstrasse mit vielen Modegeschäften. Zu einen Rekordpreis von 2.49 Millionen USD (siehe Grafik 2).

Grafik 2: Immobilien im Metaverse. Anzahl Transaktionen und mittlerer Verkaufspreis von Parzellen im Spiel «The Sandbox», 7-Tage Schnitt. Quelle: Raiffeisen Economic Research

Die Blasenbildungen in der Preisentwicklung sollten die Nerven der Anleger noch einige Zeit auf Trab halten, denn das Potenzial von Sandbox, Decentraland und was noch kommen mag, ist bisher nur zu einem geringen Teil ausgeschöpft. Die Welt der Spiele, die das Gros der zahlungswilligen Anwender anziehen soll, befindet sich noch in einer frühen Entwicklungsphase. Zudem ist die Zukunft von den virtuellen Landschaften an die Weiterentwicklung des Metaverses gebunden. Ausschlaggebend ist hier vor allem die Frage, wann das Metaverse massentauglich wird. Das ist nicht zuletzt auch von kulturellen Faktoren abhängig. Gaming hat in Europa noch den Beigeschmack von ungelüfteten Teenager-Buden, während es sich in Asien zu einem wahren Volkssport entwickelt hat. Der Verdacht liegt bei vielen Projekten nahe, dass vor allem der Handel mit digitalem Boden im Vordergrund steht und weniger die Erschaffung eines tatsächlichen Metaverse. Als Käufer, welcher nicht nur auf kurzfristig steigende Preise spekuliert, wettet man schlussendlich darauf, dass in Zukunft tatsächlich ein Produkt entsteht, welches auch Spieler und andere Investoren anziehen wird. Dass grosse Unternehmen wie Meta (Facebook) ihr Interesse an der Entwicklung eigener Metaverseprojekte geäussert haben, könnte ein Hinweis sein, dass sich in Zukunft tatsächlich rege genutzte, digitale Parallelwelten etablieren werden. Heute abzuschätzen, welche dies sind, ist aber schlicht unmöglich. Wer mit viel Glück auf das richtige Pferd setzt, wird stark profitieren können. Die Wahrscheinlichkeit, sein Geld in ein zukunftsloses Projekt zu stecken, ist aber um ein Vielfaches grösser.

KMU-Aktien: Versprechen Schweizer Nebenwerte einen Schutz gegen Marktturbulenzen?

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Die Sektorenvielfalt unter den Nebenwerten ist sehr gross. Bild: adbobe.stocks.ch

Das laufende Jahr droht für die Anleger verheerend auszufallen. Global gesehen haben sowohl Aktien als auch Obligationen seit Jahresbeginn rund 20% und mehr verloren. Die Investoren sind auf der Suche nach sicheren Häfen. Da rücken Aktien von heimischen KMU in den Fokus. Diese Art von Titeln wird in der Schweiz am Haupttableau der Schweizer Börse SIX, aber auch ausserbörslich (OTC, over the counter) gehandelt.

Seit Jahresbeginn hat der OTC-X Liquidity-Index (rot) deutlich weniger verloren als der SPI Extra Index (blau). Chart: moneynet.ch

Ein Blick auf die verschiedenen Indizes gibt ein klares Bild. Der Liquidity-Index, der die liquidesten nicht kotierten Aktien umfasst, die auf der Plattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt werden, hat im laufenden Jahr 6,5% nachgegeben, der Top 50 mit den Aktien-Titeln mit der höchsten Marktkapitalisierung verlor nur 2,6% und der All Share sogar nur 2,1%. Der SPI Extra Index büsste bis zu 24% und mehr ein – dieser Index umfasst die kotierten Schweizer Aktien ohne die 20 SMI-Titel. Der Blue-Chip-Index SMI hat deutlich über 15% an Wert verloren. Man müsste daraus schliessen, dass KMU am stabilsten sind, vor Blue-Chip-Titeln wie Nestlé und ABB, und dass mittelgrosse kotierte Unternehmen am unsichersten sind.

Geringere Handelbarkeit

Doch dieser «kurzfristige» Blick hat einen Haken. Das Nebensegment wird von den Anlegern eher stiefmütterlich behandelt. Verglichen mit SIX kotierten Aktien ist die Liquidität oft geringer. Bei einigen Titeln muss ein Verkäufer oder teilweise auch ein Käufer Tage oder Wochen warten, bis sich eine Gegenpartei findet. Dies gelte vor allem für die sogenannten Liebhaberwerte, nicht aber für die liquidesten Aktien, betont Sascha Hitz, Aktienhändler der BEKB. Damit reagieren die KMU-Aktien viel langsamer auf Marktveränderungen. Dies gilt im ausserbörslichen Bereich in jeder Marktsituation – auch in Haussen. Im OTC-Markt lassen sich nur in Einzelfällen kurzfristige Gewinne realisieren. Für den Anlagerfolg braucht es Geduld. Spezialisierte Händler sprechen von einem Anlagehorizont von fünf bis zehn Jahren.

«Im Markt fehlen weitgehend institutionelle Investoren wie Fonds, die gezwungen sind, in Baisse-Zeiten Aktien abzustossen», erklärt Hitz, der für den Handel auf OTC-X zuständig ist. Auch derivative Instrumente und Short Selling, welche negative Trends an der Hauptbörse verstärken würden, gebe es nicht. «KMU weisen ein Aktionariat von Anlegern und nicht von Investoren, beziehungsweise Tradern auf», sagt Hans Peter Diethelm, externer Vermögensverwalter aus Uster. Es gebe Studien, wonach Familienunternehmen die erfolgreichsten Unternehmen sind, nicht die grossen börsenkotierten Firmen. Manager tendierten dazu, kurzfristig zu denken. Ein Familienmitglied wolle, dass das Unternehmen auch in 20, 30 Jahren noch erfolgreich ist.

Sektoren, die der SPI nicht kennt

KMU-Aktien reagieren gemäss Diethelm auch mit sinkenden Notierungen auf Inflation, Zinserhöhungen und Rezession, jedoch nicht im gleichen Umfang. Das liege auch am Aktionariat, das keine Fantasiepreise, respektive zu hohe Kurs-Gewinn-Verhältnisse bezahle. Das Aktionariat, oft Immobilien-Besitzer, sei an einer jährlich wiederkehrenden «erfreulichen» Dividendenhöhe – vielfach höher als bei den SPI-Titeln – interessiert, begrüsse eine physische Generalversammlung mit genussvollem Nachtessen und schätze bei einigen Firmen noch das Naturalgeschenk. Wer ausserbörsliche Aktien-Titel hält, der erlitt dank der Dividendenhöhe im laufenden Jahr 2022 noch keinen Verlust, sagt Diethelm.

Die Sektorenvielfalt unter den Nebenwerten ist sehr gross. Bild: adbobe.stocks.ch

«Der Vorteil des ausserbörslichen Marktes ist neben der tiefen Volatilität die grosse Breite an Sektoren», sagt Sascha Hitz. «Tourismus- und Freizeitwerte haben sich, ebenso wie Regionalbanken, sogar positiv entwickelt, während der Industriesektor wie an der Hauptbörse gelitten hat.» Tourismus- und Regionalbankaktien sind im SPI so gut wie nicht vertreten. Im Industriesektor leiden gemäss Hitz einzelne Firmen unter dem Ukrainekrieg und der Inflation im Euroraum. Der Rückschlag finde nur bei diesen Unternehmen statt, nicht aber im gesamten ausserbörslichen Markt.

Institutionelle Anleger zieren sich

«Der Sektor der kleinkapitalisierten Unternehmen reagiert wegen der fehlenden Liquidität mit Verzögerung auf die Marktbewegungen der Blue Chips», sagt Eugen Perger von den Research Partners, ein auf Schweizer börsenkotierte Aktien spezialisiertes Analysehaus. Zwar sei die Tagesvolatilität bei den kleinen börsenkotierten Aktien weniger heftig, auf lange Sicht fielen die Korrekturen aber nicht weniger stark aus. Auch in diesem Segment müssten Investoren, die mit Lombardkrediten auf Kredit kauften, die Positionen abstossen, um ihren Verpflichtungen nachzukommen. In kleinkapitalisierte Unternehmen könne man immer investieren, wieder rauszukommen, sie dagegen schwieriger, so Perger. Diese „Trägheit“ der Titel halte viele Investoren von einem Engagement ab.

Perger weist darauf hin, dass Research Partners keine OTC-Titel und aus dem SIX-Haupttableau nur Unternehmen abdecke, die eine gewisse Liquidität aufweisen würden. «Zu kleine Unternehmen aus dem SPI sind für unsere Kunden wie Banken und Vermögensverwalter zu klein und zu wenig attraktiv». Es gebe einen grossen Unterschied zwischen den Unternehmen aus dem SPI, den Research-Partners abdeckten, und den OTC-Werten. Während Fonds- und institutionelle Anleger meist nicht in OTC-Werte investieren dürften, seien diese in «seinem Segment» auch vertreten. Was fehlten, seien teilweise die grossen angelsächsischen Asset-Manager und Hedge Funds.

Geografisch weniger breit diversifiziert

Die KMU-Aktien sind kein homogenes Feld, es gibt wie unter den Konzernen unterschiedlichste Strukturen und Ausrichtungen. Die Stabilität des OTC-Indizes darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch der ausserbörsliche Bereich heterogen ist. «Der Markt, beziehungsweise die daran gehandelten Gesellschaften, sind in sehr unterschiedlichen Branchen tätig und auch untereinander zum Teil sehr unterschiedlich aufgestellt», erklärt Markus Rüegsegger von Quantex, der einen ausserbörslichen Fonds betreibt. Es müsste also jedes Unternehmen einzeln angeschaut und mit einem ähnlich gelagerten kotierten Unternehmen verglichen werden.

Der grösste Unterschied zu kotierten Unternehmen liegt gemäss Quantex-Manager Rüegsegger in der geografisch weniger diversifizierten Ausrichtung vieler KMU. Dies könne etwa Einfluss auf die Margen haben. So seien beispielsweise die Energiepreise vor allem in Europa eklatant gestiegen. Schweizer KMU, die auf dem freien Energiemarkt sind oder mit Gas produzieren, haben explodierende Energiekosten zu tragen. Die Rezession sei auch nicht in allen Ländern gleich ausgeprägt. Zudem ist nach Ansicht von Rüegsegger das politische Risiko für Fehlentscheidungen in Europa – und damit auch in der Schweiz – doch wesentlich höher, zumal hier die Anspruchsgesellschaft am ausgeprägtesten scheint.

Grossaktionäre bevorzugt

Im aktuellen Umfeld sind nach Ansicht von Perger nur die steigenden Zinsen für die von ihm analysierten Unternehmen aus dem SPI eine Bedrohung. Für die Schweiz halte sich diese Zinsbewegung aber noch im Rahmen. Eine Rezession müsse länger andauern, um die Wirtschaft spürbar zurückzuwerfen, nicht nur ein oder zwei Quartale. Die aktuelle Konjunkturabschwächung sei nicht mit der Finanz- oder anderen Krisen zu vergleichen. Die Nachfrage bleibe etwa in der Industrie hoch, viele Branchen wie etwa Unterhaltung und Reisen hätten nach der Pandemie weiterhin Aufholbedarf. Viele Schweizer Unternehmen seien international «kleine Stars», die für Investoren attraktiv seien. Diese Firmen weisen eine hohe Wertschöpfung auf und besitzen in einer Inflation auch Preissetzungsmacht – teilweise mit etwas Verzögerung.

Doch Aktien im Nebensegment weisen Risiken auf, die grosskapitalisierte Titel nicht zeigen. Rüegsegger sieht die Risiken klar in den gegenüber der Schweizer Börse fehlenden Regulierung und der Intransparenz. «Es geht hier weniger um die Pflicht zur Publikation von Quartals- oder Halbjahresberichten sowie deren Detailierungsgrad, sondern vielmehr um die Gleichstellung der Aktionäre», sagt der Quantex-Fondsmanager. Im OTC-Markt sei es nicht zu verhindern, dass wichtige und grosse Aktionärsgruppen anders – d.h. besser, früher oder auch detaillierter – informiert würden. Kleinere Aktionäre werden teilweise nicht zeitgleich oder gar nicht informiert. Auch bestehen bei den OTC-Gesellschaften viele Gross- bzw. Mehrheitsaktionäre, denen der Kleinaktionär auf Gedeih und Verderben ausgeliefert ist (u.a. bei einem Aktienpaketverkauf). Das letztgenannte Risiko kann gemäss Rüegsegger auch bei kotierten Unternehmen vorkommen. Das habe der Fall Sika vor einigen Jahren gezeigt hat, allerdings mit gutem Ausgang.

Nur mit Limite handeln

OTC-Aktien weisen gemäss Hans Peter Diethelm bei Handelbarkeit und der Preissetzung Nachteile auf. Die Spanne zwischen Geld- und Brief-Kurs ist deutlich höher als an der Börse. «Daher halten wir in unserem News-Letter stets fest: Ausserbörsliche Aktien dürfen nur mittels Limite gekauft oder verkauft werden, wegen allfälligen grösseren Schwankungen», sagt der Vermögensverwalter. Anleger müssten Geduld mitbringen.

Auf welchen Aktien setzen die Experten in der aktuellen angespannten Börsensituation? Rüegsegger agiert bei den Nebenwerten aufgrund der «aktuellen Lage» ähnlich wie bei den kotierten Aktien: Er empfiehlt eine Übergewichtung von Gesellschaften mit tiefer konjunktureller Abhängigkeit wie Versorger, Nahrungsmittelhersteller, Gesundheitsdienstleister und Produzenten von Basiskonsumgütern. Die Unternehmen müssten ein gutes Management und eine langfristige Strategie aufweisen. Bei der Auswahl achtet der Quantex-Fondsmanager auf solide Bilanzkennzahlen, d.h. eine tiefe oder keine Verschuldung, eine konservative Bewertung der Aktiven, keinen oder kaum Goodwill bzw. immaterielle Werte und wie erwähnt transparent berichtende Gesellschaften.

Wegen tiefer Verschuldung wenig zinssensitiv

«Die KMU-Unternehmen sind in der Regel weniger stark verschuldet, weisen eine hohe Eigenkapitalquote und geringe Nettoverschuldung auf», sagt Sascha Hitz. Dies mache sie bei Krisen resilienter. Dank der geringen Verschuldung seien die Gesellschaften von Zinserhöhungen weniger stark betroffen. Aufgrund ihrer Grösse seien sie zudem agiler und könnten in der Regel schneller auf Entwicklungen wie Inflation und Rezession reagieren.

Aktuell mag Perger die Aktien aus dem Medtech- und dem Pharmabereich. Diese Unternehmen hätten ihre Prognosen kaum anpassen müssen. Auch Tech-Aktien hätten übertriebene Rückschläge hinnehmen müssen und seien oft wieder attraktiv. Finanztitel erachtet der Analyst als zu wenig spannend. Er glaubt aber nicht, dass die steigenden Zinsen grosse Verluste im Hypothekar- oder Kreditgeschäft bringen werden. Dafür seien die Polster zu gross. «Beim Thema Energie ist die Fantasie jedoch schon eingepreist», so der Analyst von Research Partners. Auch im Bereich «neue Energien» zu denen Perger Windkraftausrüster Gurit oder den Solarausrüster Meyer Burger zählt, gibt es für ihn wenig attraktive Anlagen.

«Die Auswahl ist im OTC-Bereich etwas eingeschränkt, zumal ein Grossteil der gehandelten Aktien, geschätzt ein Drittel, aus den Branchen Banken sowie Tourismus und hier vor allem Bergbahnen stammt», so Rüegsegger. Übergewichten würde er die Versorger CKW und Repower, die von den hohen Energiekosten in den nächsten Jahren profitieren werden und antizyklisch Holdigaz und Wasserwerke Zug (WWZ), Diese Gesellschaften würden zwar mittelfristig unter hohen Gestehungskosen leiden, mittelfristig die Preise aber weitergeben können und die erwähnten Kriterien erfüllen.

«Im Moment keine Aktien kaufen»

Absolute «Buys» sind für den Quantex-Fondsmanager Griesser und Weiss+Appetito, wenn diese auch etwas zyklischer seien. Reishauer empfiehlt er – trotz hoher Konjunkturabhängigkeit – wegen des starken Kursrückgangs ebenfalls. Die Gesellschaft sei völlig überfinanziert, sodass sie in den letzten Jahren noch jede Krise problemlos «überstehen» konnte. Diese drei Unternehmen empfehlen sich zudem in der längerfristigen Optik und auch, falls man davon ausgehe, dass die Rezession weniger schlimm ausfalle als angenommen.

Hans Peter Diethelm empfiehlt im Moment keine Aktien zum Kauf, denn «die Zinsen dürften noch steigen, auch wenn die US-Inflation gerade auf 7,7 % zurückging». Die Gewinne würden sich wegen den stark gestiegenen Energiekosten weiter reduzieren wie etwa jüngst bei Geberit. Der Vermögensverwalter legt momentan nicht in ausserbörsliche Aktien an, hat aber diverse Titel-Aufträge im Orderbuch der Banken platziert. Das KGV dieser «Geld-Kurse» sei vernünftig. «Für kurzfristiges Traden eignen sich OTC-Titel aber überhaupt nicht.»

schweizeraktien.net: Favoriten 2021 – Juni-Zwischenbilanz

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Die meisten repräsentativen Aktien-Indizes bleiben auf Rekordkurs, vereinzelt, wie in Japan, geht es aber auch nur seitwärts. Die Unternehmensgewinne liegen zumeist über den Erwartungen, der Renditeanstieg an den Anleihemärkten hat sich zuletzt wieder abgeflacht. Alles bestens also? Kommt auf die Auswahl an, denn ein Favoritenwechsel liegt in der Luft.

Das erste Halbjahr ist zu Ende. Das ist traditionell auch die Zeit für eine Zwischenbilanz. Das laufende Jahr ist jedoch in vielerlei Hinsicht atypisch. In den Wintermonaten war noch ein weitreichender Lockdown installiert, erst allmählich kehrte im Frühjahr eine Normalisierung der Bedingungen ein. Die veröffentlichten Zahlen sprechen für sich. So zeigt die Fremdenverkehrsbilanz für 2020 einen Rückgang der Umsätze um 47,8% auf 9.4 Mrd. CHF, so das Bundesamt für Statistik.

Schweizer Börse in Rekordlaune

Doch die Börse scheint das alles bisher wenig zu kümmern. Der SPI kletterte seit Jahresbeginn um weitere 15%, der SMI um 12%. Allerdings verläuft die Kursentwicklung einzelner Aktien und Industrien durchaus differenziert. Das Luxusgüter-Segment übernahm die Führung: Richemont legte um über 40% in den ersten sechs Monaten zu, Swatch um über 30% und Givaudan um immerhin 16%. Partners Group zählte mit einem Plus von 35% zu den besten Performern. Aber auch Schwergewichte wie Nestlé mit 11% gewannen deutlich. Fast alle Aktien legten zu, doch CS liegt um mehr als 12% hinten. Die Archegos- und Greensill-Debakel waren wohl doch zu viel des Schlechten. So entfällt mehr als die Hälfte der von der Finanzindustrie erlittenen Verluste durch das Archegos-Desaster allein auf CS.

Alternative Szenarien denkbar

Dabei ist aber im hohen Kursniveau und in den oft ambitionierten Bewertungen bereits die beste aller Welten eskomptiert. Die BIZ in Basel hat zwei weitere Szenarien entwickelt: Die Inflation könnte doch höher als gemeinhin angenommen ausfallen und länger andauern oder, alternativ, das Virus könnte die Weltwirtschaft länger und stärker im Griff behalten, als es sich in den gegenwärtig optimistischen Annahmen widerspiegelt, was die wirtschaftliche Erholung verzögern würde. Sollte die weitere Entwicklung der Unternehmensgewinne zu wünschen übrig lassen, wäre die Börse für signifikante Korrekturen anfällig.

Geringe Schwankungen der Favoriten

Doch ob nun zyklische Aktien ihren Gipfelsturm fortsetzen oder sich die beginnende Wiederentdeckung defensiver Aktien verstärkt, am Ende kommt es bei der Performance doch auf die Auswahl und die Perspektiven der Einzeltitel an. Im Juni kam es bei den Valoren der Favoritenliste von schweizeraktien.net nur zu geringen Kursveränderungen in beide Richtungen. Während Ypsomed wieder zurückgefallen ist, konnte Barry Callebaut Boden gutmachen. Die beiden Starperformer Swissquote und Coltene haben sich trotz Gewinnmitnahmen auf dem erhöhten Niveau halten können. Der Ausblick bei beiden Unternehmen bleibt positiv. Das gilt bei allen Favoriten, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. So sollte die Tatsache, dass inzwischen fast alle US-Amerikaner geimpft sind, dazu führen, dass die durch die Pandemie aufgehaltene Markteinführung der YpsoPump durch den Partner Eli Lilly in den USA nun beschleunigt von statten gehen wird.

Kursverlauf der Ypsomed-Aktie während der letzten zwei Jahre. Chart: money-net.ch
Durchschnitts-Performance

Bei den kotierten Aktien der Favoritenliste liegt die durchschnittliche Performance nach sechs Monaten bei 24,7%, bei den ausserbörslich gehandelten Aktien beträgt sie 11,7%, bezogen auf alle Titel sind es 18,9%. Dividenden bleiben unberücksichtigt.

Einstiegschance bei Vifor Pharma

Gibt es Gelegenheiten für das Portfolio, so sollte man sie nutzen. Das ist gegenwärtig angesichts des allgemein hohen Kursniveaus nicht einfach. Doch beim Pharma-Konzern Vifor bietet sich eine solche Einstiegschance. Die Aktie ist nach mehreren Durchstartversuchen doch immer wieder zurückgefallen. So auch zuletzt. Der Kurs rutschte kurzzeitig unter 120 CHF. Am 24. Juni meldete Vifor, dass der bisherige CEO Stefan Schulze zurücktritt und am 16. August sein Nachfolger Abbas Hussain übernimmt. Vielleicht gab es Differenzen zur weiteren Strategie. Doch der neue CEO ist ein ausgewiesener Pharma Executive mit langjährigen Stationen bei Eli Lilly und GSK. Dort war er in den letzten fünf Jahren Global President Pharmaceuticals and Vaccines.

Der Kurs der Vifor-Aktie rutschte zuletzt kurzzeitig unter 120 CHF. Chart: money-net.ch
Neue Besen kehren gut

Bei der Globalisierung von Vifor, schlagkräftigen Partnerschaften und der Skalierung des Produktportfolios könnte er nun den Sprung aufs nächste Level bewirken. Hilfreich könnte dabei auch der Private-Equity-Hintergrund des Kandidaten sein. Mehr zum Unternehmen findet sich in der schweizeraktien.net Evaluierung „Vifor Pharma: Wachgeküsst?“ von Ende November 2020. Die Aktie wird mit einem 2-Jahres-Anlagehorizont per Anfang Juli der Favoritenliste 2021 hinzugefügt.

Dividendenstrategie 2021: Die Herausforderungen für Anleger steigen

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Banking and finance, Saving money for future growth concept: Pours water from a watering can, Green sprout on bucket full of coins and graph growth business investment .

Jahrelang sind die jährlichen Ausschüttungssummen der börsenkotierten Unternehmen stetig gestiegen, zuletzt auf 1.428 Bio. USD. Doch 2020 sorgt nun die Pandemie in den meisten Industrien für eine abgeschwächte Nachfrage oder sogar echten Stress. Vielfach steht die Dividendenfähigkeit ernsthaft in Frage. Sind nun mit Blick auf ein wohl schwieriges Jahr 2021 Anpassungen im Dividendenportfolio angebracht?

Steigende Unternehmensgewinne und Dividenden sind Ausdruck einer gesunden und wachsenden Wirtschaft. Für 2016 lagen die globalen Ausschüttungen bei 1.164 Bio. USD und zeigten in den beiden Folgejahren Zuwächse von 8% und 9,8%. Für 2019 betrug der Zuwachs immerhin nochmals beachtliche 3,6% – so jedenfalls die global aktive Fondsgesellschaft Janus Henderson.

Ausschüttungssumme im zweiten Quartal um 20% gefallen

Bereits seit 2009 führt die Gesellschaft den aus den globalen Top 1’200, nach Marktkapitalisierung gerankten, Dividendenzahlern zusammengestellten Janus Henderson Global Dividend Index. Der zeigt nun im zweiten Quartal 2020 zum ersten Mal einen Rückgang um rund 20% an. Als Summe ausgedrückt fielen die Ausschüttungen um 108.1 Mrd. USD auf 383.2 Mrd. USD. Das ist das schwächste Quartal seit 2012! Volle 27% der ausschüttenden Unternehmen kürzten oder strichen die Dividende.

Globale Dividenden (in Mrd. USD)
Globale Dividenden (in Mrd. USD). Quelle: Janus Henderson
Schweiz und Nordamerika in Sonderstellung

Allerdings sind die Dividendenkürzungen und -streichungen nach Ländern, Regionen und Industrien höchst unterschiedlich verteilt. Europa kommt besonders schlecht weg. In Frankreich, dem europäischen Land mit den höchsten Dividendenausschüttungen, fiel die Summe auf den tiefsten Stand seit mindestens 10 Jahren. In den USA und insbesondere Kanada blieben die aggregierten Dividendenzahlungen dagegen nahezu unverändert. Die gute Nachricht ist, dass die Ausschüttungssumme in der Schweiz im zweiten Quartal auf bereinigter Basis nicht zurückgegangen ist. Die Bereinigung bezieht sich auf Wechselkursveränderungen und die für UBS und CS angeordnete Zurückstellung der hälftigen Ausschüttung.

Schweizer Unternehmen schütten 23.2 Mrd. USD im zweiten Quartal aus

In Summe zahlten die Schweizer börsenkotierten Gesellschaften im zweiten Quartal beachtliche 23.2 Mrd. USD an Dividenden. Mit 8.23 Mrd. USD führt Nestlé nicht nur die Liste der Schweizer Top-Dividendenzahler an, sondern ist weltweit der führende Dividendenzahler. Auf Rang 2 in der Schweiz folgt Zurich Insurance mit 3.1 Mrd. USD; weltweit liegt Zurich Insurance damit immerhin auf Rang 14. Swiss Re zahlte 1.99 Mrd. USD und belegt damit Rang 3 in der Schweiz und Rang 28 in der globalen Liste. Sowohl Nestlé als auch Swiss Re befinden sich bereits seit November 2018 in der Auswahl-Liste der jährlichen schweizeraktien.net Dividendenstrategie.

Sistierte und gekürzte Dividenden in der Schweiz

Nur Sonova hat die Dividende für 2019 ganz gestrichen, Swiss Life und Swatch haben die Ausschüttung gekürzt. Im Verlauf des dritten Quartals hat sich das Bild aber weiter eingetrübt. Mikron kürzte von 3.3 Mio. CHF Ausschüttungssumme auf 1 Mio. CHF. Valora und Aevis Victoria strichen die Ausschüttungen zwischenzeitlich ganz. Sonova setzte auch das Aktienrückkaufprogramm aus. Die Banken stehen weiterhin unter dem wachen Auge der Finma, die vor allem eine Krise des Finanzsystems abwenden und keinesfalls eine Verschlechterung der Eigenmittelausstattung der systemrelevanten Finanzintermediäre riskieren will. Bei vielen weiteren Unternehmen steht eine Ausschüttung für das Geschäftsjahr 2020 durchaus ernsthaft infrage, denn wichtiger als die Dividende dürfte es auch für die Aktionäre sein, die Liquidität zu schonen – und vor allem das Überleben sicherzustellen.

Top Spot für Healthcare

Die unerwartete Krise zeigt, dass nicht jede sogenannte Dividenden-Strategie wirklich langfristig funktioniert. Wie in allen Investmentangelegenheiten zahlt es sich aus, kritisch an die Aktien-Auswahl heranzugehen und diese immer wieder auf Herz und Nieren zu prüfen. Wie sich zeigt, ist die in den Vorjahren getroffene Auswahl soweit ganz gut über die Krise gekommen. Dabei ist der mit 5:4 auf den Healthcare-Sektor gelegte Schwerpunkt generell positiv mit Blick auf die Dividendenhöhe und -sicherheit zu bewerten. Dies vor allem, weil die Gewinnentwicklung der gewählten Aktien nicht wirklich leidet und damit die relative Attraktivität der Aktien zunimmt versus Aktien aus zyklischen Industrien oder Branchen, die von der Pandemie stärker betroffen sind.

Consumer Staples – noch ein Fels in der Brandung

Die relative Attraktivität gilt auch für den Weltmarktführer in der Nahrungsmittelindustrie, Nestlé. Untenstehende Grafik zeigt am Beispiel des amerikanischen S&P 500 Index, welche Veränderungen in der Gewinnentwicklung der einzelnen Sektoren die Analysten für das dritte Quartal erwarten. Wie schnell ersichtlich wird, sind Healthcare und nicht zyklische Konsumgüter die Sektoren, die neben Technologie die geringsten Einbussen zu erwarten haben. Die nachhaltige Dividendenfähigkeit dieser Sektoren steht somit kaum infrage.

     

Neun Aktien – neunmal Dividendenerhöhung in 2020

Ausnahmslos alle neun Titel, die im November 2018 respektive November 2019 in das Dividenden-Portfolio aufgenommen worden waren, erhöhten im laufenden Jahr die Ausschüttung pro Aktie, z. T. deutlich. Dies steht im Kontrast zu den meist nur gehaltenen oder sogar gekürzten oder gestrichenen Dividenden in der Schweiz und weltweit. Jedes dividendenorientierte Portfolio sollte nicht nur die absolute Höhe der Ausschüttungen der infrage kommenden Aktien in Betracht ziehen, sondern vor allem die Perspektiven für fortgesetzte Gewinnsteigerungen und damit Dividendenkontinuität sowie -steigerungspotenzial. Dabei sind die Empfehlungen von Banken und Börsenratgebern nicht immer hilfreich. Ein Rückblick auf die vor einem Jahr populären Tipps hinsichtlich Dividendenaktien offenbart das ganze Ausmass der Schieflagen. Demgegenüber beträgt die durchschnittliche Dividendenrendite der auf schweizeraktien.net ausgewählten neun Aktien aktuell trotz der teilweise erhöhten Kursbasis überdurchschnittliche 4,2%.

 

Vorstellungskurs

Kurs 22.10.20 Performance Aktuelle Dividenden- rendite (2020)
Nestlé 85.14 106.32 24.90% 2.50%
Novartis 80.4 76.63 -4.70% 3.90%
Roche 257.20 298.40 16.00% 3%
Galenica 46.42 60.30 29.90% 3.00%
Landis & Gyr 62.05 52.35 -15.60% 6.00%
Swiss Re  91.26 67.48 -26% 8.70%
BB Biotech 64.20 60.85 -5.20% 5.60%
SIG Combibloc 14.16 19.27 36.10% 2.00%
HBM Healthcare 200.00 273.00 36.50% 2.80%
Durchschnitt     10.40% 4.20%
Vorstellungskurs für alle Aktien ist der 26.11.18 ausser HBM Healthcare und SIG Combibloc, bei denen es der 11.11.19 ist. Quelle: SIX Swiss Exchange
         
Trennung von Landis + Gyr

Auch wenn nicht alle Aktien im Plus liegen, die durchschnittliche Performance der Aktien liegt mit 10,4% deutlich im positiven Bereich. Dazu kommen die Dividenden, sodass der Total Return p.a. bei rund 9% liegt. Die Auswahl ist langfristig angelegt, dennoch ist festzustellen, dass die Auswirkungen der Pandemie zumindest im Fall Landis + Gyr so gravierend sind, dass es spätestens jetzt besser ist, sich von der Aktie zu trennen. Auftragseingang, Umsatz, Projektentwicklung – alle wichtigen Parameter zeigen prozentual zweistellige Rückgänge. Bereits im November 2019 waren Gewinnmitnahmen nahegelegt worden, nachdem die Aktie innert eines Jahres um 78% zugelegt hatte.

Chart LandisGyr
Seit dem Absturz im März hat sich die Landis-Aktie nicht mehr erholt. Chart: moneynet.ch
Mega-Caps auf Kurs

Die drei Mega-Caps Nestlé, Novartis und Roche bleiben auf Erfolgskurs, auch wenn die breit diversifizierten Aktivitäten zum Teil zeitweilig mehr oder weniger unter den von der Pandemie geprägten Bedingungen leiden. Dem stehen jedoch Konzernbereinigungen wie bei Nestlé gegenüber, die das Ziel haben, sich auf wachstums- und margenstärkere Segmente zu konzentrieren. Novartis hat die Tochter Alcon erfolgreich an die Aktionäre als Sachdividende verteilt, was, beiläufig bemerkt, die Rendite der Aktie erheblich besser aussehen lässt als die blosse Kursveränderung der letzten zwei Jahre. Roche ist auf Onkologie und Immunologie spezialisiert, wo die Erkenntnisse der Forschung und die technologischen Möglichkeiten zu bahnbrechenden, aber auch teuren neuen Diagnostika und Therapeutika führen. Es gibt keinen erkennbaren Grund, von diesen drei Aktien als Nukleus eines Schweizer Dividenden-Portfolios abzurücken.

Galenica mit stetiger Geschäftsentwicklung

Das gilt auch für Galenica, den 1927 gegründeten Apothekenbetreiber und -grossisten, bei dem sich auch für 2020 ein Umsatzanstieg von gut 4% abzeichnet. Während EBIT und Gewinn stagnieren, dürfte die Dividende dennoch um 4% erhöht werden. Das sagt jedenfalls der Konsens von 11 Analysten, die die Galenica-Aktie abdecken. Für die beiden Folgejahre wird erwartet, dass EBIT und Gewinn kräftiger als der Umsatz zunehmen und jeweils Anhebungen der Ausschüttungen im mittleren einstelligen Prozentbereich vorgenommen werden. Die Analystenschätzungen weisen eine geringe Streuung auf, was charakteristisch für das hochgradig prognostizierbare Geschäft von Galenica ist. Das Unternehmen hat wenig Konkurrenz und baut systematisch das Beauty- und Eigenmarkengeschäft aus, das höhere Margen bietet.

Biotech – Wachstum und Dividenden

Zwei Investments sind im Biotech- respektive Healthcare-Sektor angesiedelt. Es handelt sich um die Beteiligungsgesellschaften BB Biotech, seit November 2018 im Portfolio, sowie HBM Healthcare, der vor einem Jahr der Vorzug gegeben worden war. Zwischenzeitlich kletterte der Kurs um 36%, die Dividendenrendite ist daher trotz Erhöhung auf 2,8% gesunken. Die Gesellschaften verfolgen unterschiedliche Investmentansätze und Strategien. Während BB Biotech schwerpunktmässig auf etablierte und profitable Biotech-Grössen und auch innovative Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe setzt, kommt der über die letzten Jahre hohe Gewinnanstieg bei HBM Healthcare davon, dass Beteiligungen, die teilweise vor über 10 Jahren initiiert wurden, nun zur Börsenreife gelangt sind oder lukrative Angebote von grösseren Playern auf sich ziehen. Allein die Beteiligung Cathay brachte bei ihrem Börsengang in Hongkong Bewertungsgewinne von über 400 Mio. CHF. CEO Wicki erläuterte im August im schweizeraktien-Interview, warum noch viel Raum zur Expansion besteht. Das BB Biotech-Investment bleibt trotz der wenig inspirierenden Kursentwicklung fortbestehen, denn es bietet gut gewählte Exposure zur chancenreichen US-Biotechnologie, eine Wachstumsindustrie mit und ohne Pandemie.

Bei Performance und Dividende können die Aktien von HBM überzeugen. Chart: moneynet.ch
SIG Combibloc

Ebenfalls um 36% brachte die Neuaufnahme des vorigen Jahres, SIG Combibloc. Das Wachstumstempo wird zwar durch die Pandemie in einzelnen Regionen vorübergehend gedämpft, doch an den Tendenzen zur Müllvermeidung und Nutzung von Recyclingmaterialien ändert sich nichts. Die Kreislaufwirtschaft steht weltweit auf der Agenda weit oben.

Gute Performance trotz Krise: die Aktie von SIG Combibloc. Chart: moneynet.ch
Swiss Re

Swiss Re zahlt eine hohe Dividende, dafür muss der Aktionär die Risiken des Rückversicherungsgeschäftes mittragen. Im ersten Halbjahr 2020 lag das Prämienwachstum bei 10%, der Gewinn lag bei 865 Mio. USD vor Covid-bezogenen Schadenfällen und Rückstellungen. Diese beliefen sich auf 2.5 Mrd. USD, wodurch ein Verlust von 1.1 Mrd. USD entstand. Die Solvenz des globalen Top-Rückversicherers liegt über dem Industriestandard und den regulatorisch geforderten Quoten. Der nicht überraschende und vorübergehende Kursrückgang ist hinzunehmen.

Fazit

Krisen, externe Schocks und rezessive Tendenzen sind für einkommensorientierte Anleger immer grosse Herausforderungen, denn es gilt, sowohl das Kapital zu erhalten als auch nachhaltige Dividendeneinkünfte zu erzielen. Unnötige Risiken sind zu vermeiden. Solange es keine stichhaltigen Gründe für massiv verschlechterte Perspektiven bei den Einzeltiteln gibt oder sich die Dividendenperspektiven für bislang nicht berücksichtigte Sektoren oder Unternehmen signifikant verbessern, gibt es keinen Anlass für Änderungen in der Zusammensetzung. Die Lage kann natürlich in sechs Monaten oder einem Jahr anders sein.

Novartis, Nestlé & Co.: Comeback der defensiven Aktien

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Novartis CEO Vasant Narasimhan will sich auf das Pharma-Geschäft konzentrieren und Alcon, das Ophtalmologiegeschäft, nächstes Jahr an die Börse bringen. Bild: novartis.com

Novartis CEO Vasant Narasimhan will sich auf das Pharma-Geschäft konzentrieren und Alcon, das Ophtalmologiegeschäft, nächstes Jahr an die Börse bringen. Bild: novartis.com

Ab Mitte 2016 waren defensive Aktien aus den Sektoren Pharma, Nahrungsmittel, Tabak in einem relativen Abwärtstrend, da sich plötzlich die davor jahrelang herrschende Eurosklerose als Folge der Liquiditätsschöpfung und der historisch tiefen Zinsen in einen Wachstumsboom verwandelt hatte. Zyklische Aktien waren plötzlich gefragt und zeigten bis Anfang 2018 auch eine überzeugende Outperformance. Doch der im März vom US-Präsidenten angekündigte internationale Zoll- und Handelskrieg ist inzwischen in vollem Schwung – und die Rotation in defensive Aktien ebenfalls.

Die meisten Investoren bleiben jedoch weitgehend unverändert auf globales Wachstum eingestellt, und ihre Portfolien sind immer noch entsprechend positioniert. Das hat jedoch weitsichtige Anleger nicht davon abgehalten, die günstigen Bewertungen der nicht zyklischen Aktien im Frühjahr zum Aufbau von Positionen zu nutzen. Die Wiederentdeckung erfolgte allerdings nicht überall zeitgleich. Während die in London kotierte GSK Glaxo SmithKline bereits seit März eine sichtbare Umkehrformation mit gut 20% Kursgewinn vollzogen hat, wurden die Schweizer Schwergewichte Novartis, Roche und Nestlé erst gegen Ende Juni aus ihrer Seitwärtsbewegung gerissen und drehten dann kraftvoll nach oben. Zur Überraschung vieler Anleger, denn die drei Blue Chips galten zuletzt als lahme Enten.

Devisenmärkte in Bewegung

Bei der Betrachtung von GSK vs. Novartis drängt sich auf, die Entwicklung an den Devisenmärkten mit ins Kalkül zu ziehen. Während das britische Pfund nach einer Erholungsphase in 2017 dieses Jahr erneut zur Schwäche tendiert, hat der Franken nach einer Seitwärtsbewegung in den ersten Monaten des Jahres einen neuen Höhenflug gestartet, allerdings nicht in USD. Da aber der USD seinerseits Stärke zeigt, sind USD und CHF die härtesten Währungen und ziehen folglich Kapital aus den anderen Währungsräumen an.

Vergleich der Kursentwicklung GSK Glaxo SmithKline (blaue Linie) mit Novartis (schwarze Linie) im Jahr 2018. Quelle: marketwatch.com

Vorteile von Dividendenaktien

Die Motive der Käufer von defensiven Aktien sind vielfältig. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Dividende. Zum einen sind ihre Höhe und auch die langfristige Steigerungsfähigkeit entscheidende Kriterien für Investoren, die Einkommen generieren wollen. Zum anderen bietet eine hohe Dividendenrendite zum Einstiegszeitpunkt auch eine gewisse Sicherheit für ein über kurz oder lang zu befürchtendes weniger günstiges Börsenumfeld.

Protektionismus verdirbt Börsenparty

Genau das ist in den letzten Monaten jedoch brachial in das „Goldlöckchen-Szenario“ der Anlegerschaft eingedrungen, und zwar in Form von Zöllen und Handelsschranken. Zyklische Aktien aus den Bereichen Automobil, Investitionsgüter etc. beendeten an der Börse ihren Aufwärtstrend abrupt und verloren in 2018 bisher zweistellig, z.B. Daimler von 76 EUR auf 54 EUR und Caterpillar als Leitaktie im Dow-Jones vom All-Time High bei 173 USD auf 132 USD.

Kursentwicklung von Caterpillar (blaue Linie ) im Vergleich zum Dow Jones (schwarze Linie). Quelle: marketwatch.com

Setzt sich der Wachstumstrend fort?

Gegenwärtig scheint es bei den Investoren zwei Lager zu geben. Das grössere der beiden bleibt von der Fortsetzung des Wachstumskurses der letzten Jahre überzeugt und interpretiert Trumps sprunghaftes „Geschäftsgebaren“ als Taktiererei, um mehr für sich und seine Wiederwahlchancen und die USA herauszuholen. „Ein Sturm im Wasserglas“, so liesse sich die Betrachtungsweise der Mehrheit zusammenfassen. In den Portfolios der Investoren, die eine solche Perspektive einnehmen, sind und bleiben defensive Sektoren untergewichtet – noch.

Oder sind rezessive Tendenzen zu erwarten?

Das andere Lager ist weniger optimistisch, was die weiteren Perspektiven für das globale Wachstum anbelangt. Solche Portfolios spiegeln in unterschiedlichem Ausmass die Vorsicht wider, und defensive Sektoren und Value-Aktien sind höher gewichtet. Und manche Investoren bewegen sich dazwischen und schichten nach und nach entsprechend der Branchenrotation um.

Das Revival der defensiven Aktien. Die Linie setzt die defensiven Aktien im Verhältnis zu den zyklischen. Das Balkendiagramm zeigt das Bruttoinlandprodukt in der Eurozone in den letzten fünf Jahren. Quelle: ukreuters.com

September und Oktober im Blickfeld

Noch ist offen, ob sich das globale Wirtschaftswachstum weiter abkühlen wird oder doch noch einmal beschleunigt. Abgesehen von den verschiedenen Frühindikatoren gilt es vor allem, die politische Bühne im Blick zu behalten. Bisher gingen die Impulse für protektionistische Massnahmen überwiegend von Trump aus. Die USA als grösste Volkswirtschaft der Welt können als vielleicht einziges Land wegen der wirtschaftlichen Dominanz ihre Agenda auch durchsetzen. Ob es sich bei den weitergehenden Androhungen von neuen Zöllen nur um Einschüchterungsversuche handelt oder diese tatsächlich auch vollumfänglich umgesetzt werden, wird sich im September und Oktober zeigen. Die China angedrohten Zölle auf ein weiteres Exportvolumen von 200 Mrd. USD werden bis Anfang September entweder verworfen, abgeändert oder aber eingeführt. Ähnlich verhält es sich mit den der EU angedrohten Zöllen auf Automobile. Hier ist der Oktober voraussichtlich der Monat der Entscheidung.

Branchenrotation im Gang

Wie die Dinge liegen, ist wohl von einer weiteren Eskalation auszugehen und damit einer weiteren Abkühlung des Wachstumstempos und des Investitionsklimas. Fall-out wie der Türkei-Crash und die weitergehenden Effekte an den Devisenmärkten dämpfen die Wachstumserwartungen zusätzlich. Für die Börse ist daher zu erwarten, dass die Branchenrotation in defensive Aktien und Sektoren andauert. Da zumindest bei den Titeln mit hoher Marktkapitalisierung ausländische institutionelle Anleger die Kurse machen, ist deren Einschätzung massgebend.

Schwergewichte mit erstaunlicher Trendwende

Die jüngste Kursentwicklung zeigt, dass die Schwergewichte Novartis, Roche und Nestlé gar nicht so schwer sind, wenn nur ausreichend Nachfrage bei den Aktien herrscht. Roche ist um gut 20% seit Juni gestiegen, Novartis und Nestlé jeweils um rund 15%. Bei Novartis hat dieses Jahr ein neuer CEO den Taktstock übernommen. Er will sich von margen- und wachstumsschwachen Bereichen trennen und Novartis auf das Kerngeschäft Arzneimittel refokussieren. Ein wichtiger Meilenstein wird der Spin-off von Alcon, dem Ophtalmologiebereich, im kommenden Jahr werden, wenn, wie erwartet, die GV im Februar 2019 zustimmt.

Management hat Kerngeschäft im Fokus

Refokussierung auf das Kerngeschäft und Steigerung der Margen ist auch das Rezept bei Nestlé, wo ebenfalls ein neuer CEO für frischen Wind sorgt. Beide Aktien waren auf schweizeraktien.net bereits vor dem letzten Jahreswechsel und danach als aussichtsreich dargestellt worden. Die Aktionäre brauchen jedoch Geduld, denn wie sich der Kurs eines Ozeandampfers nicht so plötzlich ändern lässt, so braucht es bei grossen Konzernen auch ein wenig Zeit. Für beide Aktien spricht neben dem Managementaspekt und der Branchenrotation in defensive Titel die hohe und steigerungsfähige Dividendenrendite sowie eine immer noch relativ attraktive Bewertung.

Schilthornbahn: 55. Generalversammlung im Zeichen des Jubiläums – Sonderdividende beschlossen, Rekordbesuch mit 346 Aktionären

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Mit 346 Aktionären verzeichnete die GV der Schilthornbahn einen Rekordbesuch. Bild: schweizeraktien.net

Mit 346 Aktionären verzeichnete die GV der Schilthornbahn einen Rekordbesuch. Bild: schweizeraktien.net

Die Schilthornbahn hat Grund zum Feiern: Vor genau 50 Jahren wurde die durch James Bond weltbekannt gewordene Bahn im Berner Oberland in Betrieb genommen. Auch die Aktionäre der Schilthornbahn AG feierten anlässlich der Jubiläums-Generalversammlung mit. Insgesamt nahmen 346 Aktionäre an der 55. Generalversammlung teil. Gegründet wurde die Gesellschaft bereits fünf Jahre vor der Eröffnung der Bahn. Verwaltungsratspräsident Peter Feuz zeigte sich bei der Begrüssung der Aktionäre und Gäste erfreut über die grosse Teilnehmerzahl und das damit gezeigte Interesse der Anteilseigner an ihrem Unternehmen. Denn gegenüber dem Vorjahr, in dem nur 240 Aktionäre die Versammlung besuchten, stellte die Aktionärszahl einen markanten Anstieg dar.

Stolzer Rückblick auf 50 Jahre Schilthornbahn

Nicht ohne Stolz berichtete Peter Feuz anlässlich des Jubiläums über die wichtigsten Meilensteine in der Firmengeschichte. Am 12. Juni 1967 begann mit der Inbetriebnahme des letzten Teilstücks Birg-Schilthorn die Erfolgsgeschichte der Bahn. Gleichzeitig startete mit der Eröffnung des ersten Drehrestaurants Piz Gloria auch eine neue Epoche der Berggastronomie in den Alpen. Die anfänglich von zahlreichen Kritikern vorgebrachten Einwände und deren Skepsis gegenüber dem Projekt erwiesen sich rasch als Makulatur. Trotz der schwierigen Finanzierungssituation, die mehrere Kapitalerhöhungen erforderte, erreichte die Bahn bereits im vierten Jahr die Gewinnzone. Einen wichtigen Beitrag zum Erfolg des Projektes leisteten die Dreharbeiten zum James-Bond-Film «Im Geheimdienst ihrer Majestät», der 1969 in die Kinos kam, und von dem die Bahn noch heute profitiert. Zu den belastenden Faktoren gehörten damals die aufwendigen Bauarbeiten und die starke Bauteuerung. Doch schon 1974 war es der Gesellschaft möglich, den Aktionären eine Dividende auszuzahlen.

Übernahme weiterer Bahnen

Die Schilthornbahn besteht nicht nur aus der legendären Bahn auf das Schilthorn, sondern aus zahlreichen weiteren Bahnen. Diese konnten alle von den früheren Eigentümern übernommen werden. Neben den zahlreichen Gondelbahnen, die ab dem Jahr 1993 durch Neubauten ersetzt wurden und damit die Attraktivität des Skigebiets steigerten, erwarb die Schilthornbahn auch die Standseilbahn Mürren-Allmendhubel von der Jungfraubahn. Diese für Mürren sehr wichtige Bahn durfte nicht abgebrochen werden. Feuz beteuerte auch die Wichtigkeit der Qualität der Anlagen und deren Benutzerfreundlichkeit. In den letzten Jahren habe die Gesellschaft daher nicht nur in die Erneuerung der Bahnen, sondern auch massiv in die Verbesserung der Pistenqualität investiert. Essenziell für den Erfolg sei die künstliche Beschneiung der Pisten geworden, ergänzte der VR-Präsident. Die Unternehmensgeschichte von der Gründung bis zum 50-jährigen Jubiläum hat die Bahn in einem Buch zusammengefasst, das die GV-Besucher am Ende der Versammlung als Geschenk mitnehmen durften.

2016 mit zahlreichen Höhepunkten

CEO Christoph Egger (r.) und VRP Peter Feuz. Bild: schweizeraktien.net

Über den Geschäftsgang im 2016 und das laufende Jahr informierte CEO Christoph Egger die Aktionäre im Anschluss an das Referat von Peter Feuz. Ein Höhepunkt sei die Inbetriebnahme des komplett sanierten Gipfelgebäudes am 9. Dezember 2016 gewesen, berichtete Egger. Bereits in der Wintersaison 2015/16 hätten die Besucher vom neuen, deutlich komfortableren Skiausgang auf Piz Gloria profitieren können. Das absolute Highlight sei jedoch die Eröffnung des Thrill Walk bei der Mittelstation Birg am 7. Juli 2016 gewesen. Der neue Felsensteg werde von den Gästen sehr positiv aufgenommen, so Egger. Dies zeigte sich auch in den Besuchsfrequenzen des Restaurants Birg, das nun wesentlich besser genutzt werde. Egger verwies dabei auf die markant höheren Umsätze.

37’000 zusätzliche Besucher dank UBS-Aktion

Einen starken Besucheransturm brachte die Aktion der Schweizer Grossbank UBS, die es ihren Kunden durch ein Sponsoring ermöglichte, für 10 CHF auf den Berg zu fahren. Von dieser Aktion machten im Sommer 2016 über 37‘000 Personen Gebrauch. «Das Schilthorn war der meistbesuchte Berg der gesamten UBS-Aktion, noch vor dem Pilatus und dem Gornergrat», erklärt Christoph Egger sichtlich erfreut. Der grosse Ansturm hatte aber auch Schattenseiten: So mussten die Besucher an Spitzentagen an allen Stationen lange Wartezeiten in Kauf nehmen.

Ebenfalls zu den Höhepunkten des letzten Jahres gehörte die Neugestaltung des Flower Trails auf dem Allmendhubel. Als richtig erwiesen hat sich nach Informationen von Egger auch die Verlängerung der Betriebszeiten der Bahn während der Sommermonate in die Abendstunden hinein. Vor allem die Besucher aus Asien und den arabischen Ländern reisen oft erst abends an und können dank der verlängerten Betriebszeiten noch auf das Schilthorn fahren. Gleichzeitig wird ihnen ein einmaliges Naturerlebnis mit dem Sonnenuntergang auf dem Berg geboten.

Gute Geschäftszahlen im Berichtsjahr

Die Umsätze in 2016 erreichten mit 26.7 Mio. CHF das Vorjahresniveau und übertrafen damit zum zweiten Mal in der Unternehmensgeschichte die Marke von 25 Mio. CHF. Sehr erfreulich entwickelte sich das Sommergeschäft mit einem vierten Rekord in Folge. So legten die Frequenzen der Luftseilbahn um 12.7% zu. Allerdings konnte sich die Schilthornbahn dem Negativtrend im Wintersportgeschäft nicht entziehen. So gingen die Winterfrequenzen um 6% zurück. Nur dank der maschinellen Beschneiung der Pisten war ein Wintersportbetrieb über die Festtage möglich. Der Verkehrsertrag litt zudem unter den nochmals tieferen Abgeltungsleistungen für die öffentliche Erschliessung von Gimmelwald und Mürren. Trotz diesen belastenden Faktoren konnte der Verkehrsertrag um 0.3% gesteigert werden. Auf der Aufwandseite schlug sich die Frequenzsteigerung bei den Restaurants in einem deutlichen Plus des Warenaufwands um 17.3% nieder. Auch der Personalaufwand legte um 4.4% zu. So fiel der Reingewinn mit 1.9 Mio. CHF um 3.7% tiefer aus als im Vorjahr. Wegen des Jubiläums erhalten die Aktionäre eine Sonderdividende von 14 CHF zusätzlich zur regulären Ausschüttung von 36 CHF.

Erfolgreicher Start ins 2017

Zu Jahresbeginn 2017 entwickelte sich das Geschäft wegen des warmen und trockenen Wetters schwierig, besserte sich aber in den Folgemonaten deutlich. Massive Zuwächse erzielten die Bereiche Gastronomie mit plus 34.7% und die Shops mit plus 29.7%. Aber auch die Bahnfrequenzen stiegen um deutlich mehr als 10% im Vergleich zum Vorjahr an.

Abstimmungen erfolgten einstimmig

Unterhaltung für die Aktionäre mit Sängerin Michele Ryser. Bild: schweizeraktien.net

Im Anschluss übernahm wieder VR-Präsident Feuz das Zepter. Er führte durch die anstehenden Abstimmungen, die allesamt einstimmig zugunsten der Anträge des Verwaltungsrats erfolgten. So wurden der Geschäftsbericht, die Ausschüttung der Dividende, die Entlastung des Verwaltungsrats und dessen Wiederwahl sowie die Wahl der Revisionsstelle von den Aktionären gutgeheissen.

Im Anschluss an die GV feierten die Aktionäre das Jubiläum in einem Festzelt bei einem Apéro riche und einer musikalischen Darbietung der bekannten Sängerin Michele Ryser.

Fotogalerie der Generalversammlung

Matthias Rey, CEO Metall Zug: «Metall Zug investiert in Unternehmen, nicht in Aktien»

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Matthias Rey ist seit 2022 CEO der Metall Zug AG. Von 2014 bis 2022 war der Jurist mit Rechtsanwaltspatent Head of Legal bei Metall Zug. Zuvor arbeitete er für u.a. für die Wirtschaftskanzlei Homburger. Bikd: zvg

Matthias Rey ist seit 2022 CEO der Metall Zug AG. Von 2014 bis 2022 war der Jurist mit Rechtsanwaltspatent Head of Legal bei Metall Zug. Zuvor arbeitete er u.a. für die Wirtschaftskanzlei Homburger. Bikd: zvg

Durch den Umbau zur Beteiligungsholding während der vergangenen Jahre hat sich die Visibilität der Metall Zug AG an der Börse verringert. Die Aktienumsätze befinden sich auf einem Tief, ebenso die Bewertungskennzahlen. Dabei zeigt der Jahresabschluss 2024, dass sowohl in den operativen Geschäftseinheiten wie auch bei den Beteiligungen die Weichen auf Effizienz, Innovation und Wachstum gestellt sind.

Im Interview mit schweizeraktien.net gewährt CEO Matthias Rey Einblicke in die Erneuerung des Produktportfolios des Augenheilkundespezialisten Haag-Streit und die Integration der Infection Control-Tochter Belimed in das Joint Venture mit Miele, spricht über die schwache Automobilkonjunktur bei Komax und wie die Situation zum Ausbau der weltmarktführenden Wettbewerbsposition genutzt wird. Er nimmt auch Stellung zu der brisanten Frage, wie die einzelnen Geschäftseinheiten von den Zollschranken in den USA betroffen werden könnten.

Herr Rey, Die Umwandlung von Metall Zug in eine unternehmerisch geführte Beteiligungsgesellschaft während der letzten Jahre wird vom Aktienmarkt nicht goutiert. Die Gründe dafür sind wohl vielfältig. Was sagen Sie einem unzufriedenen Aktionär?

Matthias Rey: In den letzten fünf Jahren haben wir die Metall Zug Gruppe fundamental umgebaut. Die Metall Zug Gruppe verfügt über enorm viel Potenzial und gleichzeitig Substanz. Die aktuelle Bewertung bewegt sich um den Buchwert herum und stellt nach meinem Dafürhalten eine klare Unterbewertung der Aktie dar.

Der Aktienkurs der Metall Zug-Aktie befindet sich auf einem fünfjährigen Allzeittief. Chart: six-group.com

Dies hat vielerlei Gründe: Zum einen passen wir als Konglomerat mit strategischen Beteiligungen, operativem Geschäft und Immobilienentwicklung nicht in ein klassisches Bewertungsschema für viele Investoren. Zum anderen befinden sich unsere strategischen Beteiligungen aus unterschiedlichen Gründen im Moment in herausfordernden Situationen: V-ZUG erholt sich erst langsam von den post-COVID Verwerfungen und kämpft mit der schwachen Bautätigkeit. Komax ist von der Automobilkrise stark betroffen. SteelcoBelimed befindet sich in der Post Merger Integrationsphase. Und Haag-Streit leidet am unsicheren Investitionsklima und dem teilweise noch veralteten Produktportfolio. Ich sehe diese Situation jedoch positiv: Wir verfügen in allen Bereichen über viel Potential, haben die entscheidenden Schritte angestossen und können Wert schaffen.

Sprechen wir zuerst über Haag-Streit, Ihre 70%-Medtech-Beteiligung und neben der Gehrig Group sowie dem Geschäftsbereich Technologiecluster & Infra, also der Immobilienentwicklung, die einzige noch konsolidierte Beteiligung. In den letzten zwei Jahren waren die Umsätze rückläufig, doch nach der Reorganisation und der Markteinführung innovativer Produkte scheint sich das Blatt nun zu wenden. Wie sind die Perspektiven?

Die Umsatzentwicklung von Haag-Streit war nach dem post-COVID Superzyklus rückläufig. Der Bestellungseingang ist seit der zweiten Jahreshälfte 2022 aufgrund der zurückhaltenden Investitionsbereitschaft insgesamt auf einem zu tiefen Niveau, auch wenn es vereinzelt Ausreisser nach oben gab. Haag-Streit hatte einen grossen Nachholbedarf, was die Erneuerung des Produktportfolios betrifft. In das Produktportfolio haben wir nun viel investiert und Haag-Streit steuert seit Ende 2024 produktseitig in eine enorme Verjüngungsphase. In den meisten Produktkategorien werden damit kurzfristig innovative Diagnosegeräte und Lösungen auf den Markt gebracht. Nachdem 2024 das neue Operationsmikroskop «Metis» lanciert wurde, werden wir in diesem Jahr zwei vollständig neue Produkte lancieren: Eine Spaltlampe und einen Phoropter. Daneben werden wir diverse neue Funktionen und Optionen für bestehende Produkte einführen.

«Haag-Streit hatte einen grossen Nachholbedarf, was die Erneuerung des Produktportfolios betrifft»

Wann werden sich die Innovationen und Optimierungen im Zahlenwerk niederschlagen?

Die Markteinführung ist ein langwieriger Prozess, sodass wir einen spürbaren Impact auf die Zahlen erst im Jahr 2026 erwarten. Die unterliegenden Trends sprechen aber ungebrochen für den Ophthalmologie-Markt: Die demographische Entwicklung führt weltweit zu einer starken Zunahme an über 60-Jährigen, den Hauptbetroffenen vieler Augenerkrankungen. Gleichzeitig steigt weltweit die Rate an Kurzsichtigkeit an, womit auch die Fälle von starker Myopie zunehmen und die Prävalenz für Augenerkrankungen. Wir werden in den nächsten 10-20 Jahren daher einen starken Anstieg an Augenbehandlungen sehen, unter anderem für den grauen und grünen Star, altersbedingte Makuladegeneration (AMD) und diabetischer Retinopathie. Nicht zuletzt sind viele Menschen vermehrt bereit, Geld in die Qualität ihres Augenlichts zu investieren.

Der Umsatz von Haag-Streit lag 2024 bei 167.6 Mio. CHF. In manchen Bereichen nimmt das Unternehmen eine marktführende Stellung ein. Sie unterscheiden jedoch fünf Segmente. Bitte erhellen Sie unsere Leser durch eine kurze Differenzierung und Charakterisierung zum besseren Verständnis?

Haag-Streit ist Marktführer bei der Spaltlampe, dem Generaldiagnosegerät von Augenspezialisten. Zur Grundausstattung gehören zudem ein Tonometer zur Messung des Augeninnendrucks und ein Phoropter zur Refraktionsbestimmung. Diese Geräte bilden zusammen die «Exam Lane» und den ersten Bereich «General Diagnostics». Er wird ergänzt durch den zweiten Bereich «Chairs & Stands», welcher hochwertige Untersuchungseinheiten für Augenuntersuchungen beinhaltet. Zum dritten Bereich «Specialties» gehören spezialisierte Diagnostikgeräte für Augenspezialisten sowie unsere Operationsmikroskope. Diese Geräte werden für spezifische Diagnosen benötigt, weisen einen höheren Erklärungsbedarf auf und sind technisch anspruchsvoller.

Die Simulatoren als viertes Segment sind ein USP von Haag-Streit: Mittels Virtual und Augmented Reality-Technologie werden Ausbildungs-Simulationen für Operationen und Diagnostik angeboten. Wir sind überzeugt, dass solche Trainings in der Ausbildung von Augenspezialisten in der Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen werden neben der Übung im Wet Lab. Auf diese Weise sprechen wir unsere künftigen, potenziellen Kunden früh an und können sie von den Vorteilen unserer Produkte überzeugen. Das fünfte Segment «Accessories» umfasst optische Präzisionsmessinstrumente, Komponenten und optische Linsen sowie Softwarelösungen und einen umfassenden Service.

Mit welchen börsenkotierten Unternehmen würde Haag-Streit eine Peer-Group bilden?

Die am besten vergleichbaren börsenkotierten Konkurrenten von Haag-Streit sind die deutsche Zeiss Meditec und die japanische Topcon (Healthcare). Topcon wird im Rahmen eines Private Equity gestützten Management Buyout bald von der Börse verschwinden. Nur in wenigen Bereichen konkurriert Haag-Streit mit Alcon (Biometer und Operationsmikroskope) und Revenio (Tonometer, Perimeter, Software). Letztere sind also nur beschränkt vergleichbar.

Was haben Sie weiterhin im Medtech-Bereich vor? Weitere Akquisitionen oder ist auch eine Einbringung in ein anderes Unternehmen wie bei Schleuniger Group und Belimed eine Option auf dem Weg zur nicht-operativen Beteiligungsholding?

Im Medtech Bereich fokussiert Metall Zug auf die strategische Entwicklung von Haag-Streit. Dabei prüfen wir auch Akquisitionen und Partnerschaften mit Dritten, wollen aber die Kontrolle über das Unternehmen behalten. Eine Einbringung in einen grösseren Verbund steht aktuell nicht zur Diskussion.

«Eine Einbringung von Haag-Streit in einen grösseren Verbund steht aktuell nicht zur Diskussion»

Inwieweit könnte Haag-Streit von den eskalierenden Zolldrohungen negativ betroffen werden?

Haag-Streit ist ein global ausgerichtetes und exportorientiertes Unternehmen mit rund 40% Umsatzanteil in den USA. Rund die Hälfte davon (Chairs & Stands) produzieren wir lokal in den USA, den Rest vornehmlich in der Schweiz und Deutschland. Die initial angekündigten, überraschend hohen 31% Zölle auf Schweizer Einfuhren würden uns treffen und eine zumindest teilweise Weitergabe an die Kunden wäre wohl unausweichlich. Unschön sind die erheblichen länderspezifischen Unterschiede bei den Zöllen: Die Konkurrenz produziert vornehmlich in der EU (Deutschland) sowie in Japan, also mit möglicherweise tieferen Zollansätzen. Auch die indirekten Effekte dürfen nicht ausgeklammert werden: Grosse Währungsschwankungen, Implikationen auf das Einkaufsverhalten von staatsnahen Institutionen, Effekte auf Lieferketten sowie die generell grosse Unsicherheit im Markt, welche für uns die Visibilität des Geschäfts massiv verringert.

Und wie sieht das beim Kabelbaumspezialisten Komax und SteelcoBelimed im Segment Infektionskontrolle aus, an denen Metall Zug wesentlich beteiligt ist?

Die Situation ist heterogen. Das direkt für US-Zölle relevante Geschäft von Komax macht ca. 10% aus, wobei indirekt das Geschäft unserer Kunden in Mexiko betroffen ist, welche für die USA produzieren. Auf der anderen Seite produzieren wichtige Konkurrenten in China und werden von den aktuellen Verwerfungen massiv stärker betroffen sein. Der Zusammenschluss zwischen Schleuniger und Komax war auch als strategischer Schritt gegenüber der aufstrebenden Konkurrenz aus dem asiatischen Raum ausgerichtet. Im Bereich Infection Control hat SteelcoBelimed mit Steris einen starken Konkurrenten direkt in den USA, dieser produziert aber primär in Mexiko. Aufgrund der sehr volatilen Situation müssen wir und unsere strategischen Beteiligungen agil bleiben und dürfen die langfristigen Ziele nicht aus den Augen verlieren.

Wenn Sie auf die Entwicklung Ihrer beiden börsenkotierten Beteiligungen V-ZUG und Komax blicken, sind Sie zufrieden, was die beiden Unternehmen aus den in den vergangenen Jahren gegebenen Marktbedingungen und makro-ökonomischen Unsicherheiten gemacht haben? Und was sagen Sie zu den Aktienkursverläufen und -bewertungen?

Metall Zug investiert mit ihren strategischen Beteiligungen in Unternehmen, nicht in Aktien. Natürlich können wir mit der Kursentwicklung von V-ZUG und Komax nicht zufrieden sein, aber die aktuellen Bewertungen an der Börse decken sich nicht mit unseren Einschätzungen zum Wertschöpfungspotential der beiden Unternehmen. V-ZUG wurde noch vor kurzem praktisch zum Buchwert gehandelt und hat sich nun leicht erholt. Komax wurde an der Börse massiv abgestraft. Die aktuelle Krise im Bereich Automotive hat bei Komax jedoch als Katalysator sowohl die Integration von Schleuniger und die Bereinigung des Produktportfolios vorangetrieben als auch eine Strukturbereinigung beschleunigt. Zudem hat sich Komax im chinesischen Markt mit der Akquisition von Hosver und der Beteiligung an E-Plus breiter aufgestellt und kann nun praktisch als alleiniger Anbieter in allen Weltregionen auftreten. Komax erlebt im zyklischen Automotive Geschäft nicht die erste Krise und wird beim zweifellos einsetzenden Aufschwung mehr als andere profitieren können.

Die Infrastruktur- und Immobilienentwicklung ist ein langfristiges Projekt, über das weniger gesprochen wird. Was können Sie unseren Lesern zum Erreichten sowie zum Stand der Entwicklungen und den Cash-Flows sagen?

Wir sprechen sehr viel über die Entwicklung des Tech Cluster in Zug und wir sind stolz auf das bisher Erreichte und die herausragenden Projekte in der Pipeline. Der Tech Cluster ist in Zug bekannt, gut verankert und geniesst eine breite Unterstützung. Im Februar hat das Zuger Stimmvolk indirekt über unser Hochhausprojekt Pi abgestimmt und den zugrundliegenden Bebauungsplan mit mehr als 70% gutgeheissen. Mit dem Tech Cluster Zug entwickelt Metall Zug das ursprüngliche Stammareal von V-ZUG mit dem Ziel, im Norden der Stadt Zug einen nachhaltigen und innovativen Technologiecluster zu etablieren mit einem Ökosystem an vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten einschliesslich Wohnraum, zu einem relevanten Anteil im preisgünstigen Segment.

«Der Tech Cluster ist in Zug bekannt, gut verankert und geniesst eine breite Unterstützung»

In welcher Phase des gesamten Lebenszyklus des Projektes befinden Sie sich gerade?

Der Tech Cluster Zug befindet sich heute in einer Phase des Wechsels von der Vision zur Umsetzung. In den letzten Jahren wurde primär für V-ZUG gebaut. Anfang des nächsten Jahres werden wir das erste Büro- und Produktionsgebäude für einen Drittmieter fertigstellen (SHL Medical). Im laufenden Jahr werden wir zudem die Bautätigkeiten an zwei weiteren Projekten für Dritte aufnehmen. Das bedeutet, dass wir viel Geld in diese Projekte investieren mit kurzfristig zwingend negativen Cash-Flows. Der Tech Cluster soll aber finanziell selbsttragend sein, sich also selbst finanzieren können.

Nachhaltiges Wirtschaften ist schon seit langem ein wesentlicher Teil der Unternehmensstrategie. Können Sie den Lesern erläutern, wie bei Metall Zug Innovationen und Nachhaltigkeit zugleich die Klimabilanz verbessern, die Effizienz steigern und neue Geschäftsmöglichkeiten erschliessen?

Nachhaltigkeit ist nicht nur seit langem ein wichtiger Wert des Unternehmens, sondern Teil der Strategie. Vor sieben Jahren haben wir gruppenintern eine CO2-Abgabe von 120 CHF pro Tonne CO2 eingeführt, was damals noch ein sehr hoher Wert war. Zudem zahlt die Metall Zug AG seit 3 Jahren jeweils 5% des ausgeschütteten Dividendenbetrages in den gruppeninternen Greenhouse Gas Fund, was jeweils von der Generalversammlung genehmigt wird. Die so geäufneten Gelder haben wir konsequent in nachhaltige und innovative Projekte investiert. Zu Beginn waren dies primär Projekte in den Bereichen Energie und Bauen.

Nennen Sie bitte zur Veranschaulichung einige Beispiele?

Genannt werden soll hier unser Dekarbonisierungsprojekt, bei welchem wir Erdgas, Biogas oder Syngas in Wasserstoff und festen Kohlenstoff pyrolisieren und den Wasserstoff als CO2-freie Alternative in Hochtemperaturprozessen nutzen. Mit einem sich aktuell in Bau befindlichem Demonstrator soll demnächst die Emaillierungsanlage der V-ZUG betrieben werden. Der Kohlenstoff soll im Bauwesen oder in der Landwirtschaft verwendet werden und gebunden bleiben. In unseren operativen Einheiten legen wir zudem einen starken Fokus auf die zirkuläre Wirtschaft. Spaltlampen sind sehr langlebig und können von Haag-Streit als Originalhersteller auch nach vielen Jahren zurückgenommen, aufbereitet und im Sekundärmarkt wieder verkauft werden. Damit schonen wir Ressourcen, schaffen mit unseren Premium-Geräten ein Angebot für den Aufbau in preissensitiveren Märkten und verdienen erst noch Geld damit.

Eine starke Bilanz war schon immer ein Kennzeichen von Metall Zug. Die Eigenkapitalquote liegt mit 76,8% auf komfortabler Höhe. Sehen Sie nach den Marktturbulenzen der vergangenen Wochen ein gesteigertes Interesse von Investoren auf der Suche nach sicheren Häfen?

Metall Zug verfolgt seit langer Zeit eine konservative Finanzpolitik. Das hilft uns, die Handlungsfähigkeit auch in unsichereren Zeiten bestmöglich zu erhalten. Man kann Metall Zug als Substanzwert sehen. Ich sehe aber vielmehr Wachstumsoptionen und Wertschöpfungspotential. Gerade mit der Einbringung von Belimed in das Joint Venture SteelcoBelimed mit Miele und dem Zusammenschluss von Schleuniger mit Komax haben wir strategische Weichen gestellt, die mittel- bis langfristig über ein enormes Potential verfügen. Dasselbe gilt für Haag-Streit, wo wir viel in die Entwicklung neuer Produkte und somit in die Zukunft investiert haben. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach ophthalmologischen Dienstleistungen in Zukunft stark zunehmen wird. Investoren schauen aus unterschiedlichen Gründen auf Metall Zug. Wer sich tiefer mit dem Unternehmen und der Aktie befasst, stellt fest, dass das Unternehmen erhebliches Potenzial aufweist.

«Ich sehe aber vielmehr Wachstumsoptionen und Wertschöpfungspotential»

Unsere Leser würden eine Mittelfrist-Prognose bestimmt sehr zu schätzen wissen. Wo, Herr Rey, wird Metall Zug bis Frühjahr 2028 stehen?

Ich sehe die mittelfristige Entwicklung in den nächsten 3 bis 5 Jahren optimistisch: Haag-Streit wird sich zu einer High Performance Organisation mit stärkerer Innovationskultur entwickeln und durch die neuen Produkte besser am Markt positionieren können. Mit einer sich normalisierenden R&D-Quote und steigenden Umsätzen wird sich auch die Profitabilität von Haag-Streit wieder verbessern. Haag-Streit hat in der Vergangenheit zweistellige EBIT-Margen erzielt und wird das wieder erreichen. Die höchsten Wachstumschancen sehen wir im Bereich Surgical, wo wir im letzten Jahr und auch im laufenden Jahr neue Angebote lancieren. SteelcoBelimed wird von der Integrations- in die Wachstumsphase übertreten und das volle Potenzial entwickeln können. Für Komax bin ich überzeugt, dass das Unternehmen gestärkt aus der aktuellen Krise heraustreten wird und mit der einzigartigen globalen Positionierung überproportional vom Trend der Automatisierung profitieren wird. Die von Komax kommunizierten Mittelfristziele sind ambitioniert aber aus unserer Sicht erreichbar, wenn sich das Marktumfeld wieder erholt. Der Tech Cluster Zug wird wesentliche Projekte wie das SHL Südtor und den CreaTower I abgeschlossen haben und sowohl physisch als auch finanziell besser sichtbar werden.

Vielen Dank, Herr Rey, für die detaillierten Einblicke und die erhellenden Antworten.

Das Aktienkapital der Metall Zug AG ist in 1’948’640 Namenaktien der Serie A zu nominal 2.50 CHF und 255’136 Namenaktien der Serie B zu 25 CHF eingeteilt. Über die Namenaktien A (Stimmrechtsaktien) halten die Familie Buhofer sowie weitere Aktionäre aus dem Umfeld der Familie rund 90% der Stimmen. Die Stimmrechtsaktien werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Die Namenaktien B sind an der SIX kotiert.

Perlen Industrieholding: Noch keine Perle im Papiergeschäft

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Der Hauptsitz der Gruppe und die Produktionsanlagen von Perlen Papier in Perlen/LU: Bild: www.cph.ch

Das Industrieareal und die angrenzenden Grundstücke am Produktionsstandort in Perlen verleihen der Industrieholding zusätzliche Fantasie. Bild: perlen-industrieholding.ch

Das erste Jahr in «Freiheit» war kein einfaches. Die neu gegründete Perlen Industrieholding AG mit der Perlen Papier AG und den Immobilien in Perlen startete die Selbständigkeit in einem Umfeld mit nachlassender Papiernachfrage. Der aussergewöhnlich hohe Nachfragerückgang im Jahr 2023 führte zu hohen Überkapazitäten im Berichtsjahr 2024, wodurch sich der Konsolidierungsdruck weiter akzentuierte.

Die Papiernachfrage in Westeuropa ging im Geschäftsjahr 2024 (Zeitungspapier: -2,0%, gestrichenes Magazinpapier: -2,4%) gegenüber dem Vorjahreszeitraum (Zeitungspapier: -21,0%, gestrichenes Magazinpapier: bis zu -25,0%) deutlich geringer zurück. Der aussergewöhnlich hohe Nachfragerückgang im Vorjahr führte jedoch zu hohen Überkapazitäten im Berichtsjahr, wodurch sich der Konsolidierungsdruck akzentuierte.

Dennoch konnte die Perlen Papier AG im Kalenderjahr 2024 die Absatzmenge um 14% steigern. Die westeuropäischen Marktanteile der Perlen Papier AG nahmen bei Zeitungsdruck- und Magazinpapieren erneut zu. «Papier bietet wenig Differenzierungsmöglichkeiten. Kapazitätsschliessungen im Markt führen in der Regel zu einem höheren Marktanteil unseres Unternehmens», sagt dazu Peter Schildknecht, CEO der Perlen Industrieholding AG.

Diversifizierung kaum möglich

Auf die Frage, wieso sich er eine bessere Profitabilität erwarte, antwortete der CEO in einem früheren Interview: «Generell schreitet die Konsolidierung im Papiermarkt weiter voran. Wenn sich durch die Kapazitätsschliessungen im Markt das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage wieder eingependelt hat, erwarten wir eine erneute Erholung und sind überzeugt, dass sich auch zukünftig über die Zyklen hinweg gutes Geld verdienen lässt». Der Umsatz für das Jahr 2025 dürfte gegenüber dem Vorjahr steigen.

Eine Diversifizierung auf andere Papierarten ist für die Perlen Papier AG nicht möglich. Das Unternehmen ist gemäss Peter Schildknecht mit ihrer regionalen Volumenstrategie im Markt für Zeitungsdruck- und Magazinpapier sowie für Altpapierrecycling gut positioniert. «Die bestehenden Anlagen sind auf diese Papiersorten ausgerichtet», erklärt der CEO.

Durch die nahezu CO2-neutrale Produktion positioniert sich die Perlen Papier AG als nachhaltige Anbieterin von holzhaltigen grafischen Pressepapieren. Das Unternehmen ist eine grosse Verwerterin von Altpapier sowie von Durchforstungs- und Sägereirestholz in der Schweiz. Mit dieser Strategie sieht sich die Perlen Papier AG in der Lage, die Volatilität des Papiergeschäfts mit der seit 2010 strukturell bedingten rückläufigen Nachfrage zu meistern.

Last-Man-Standing-Strategie

«Die Perlen Papier AG verfolgt im regionalen Absatzmarkt in Westeuropa eine Last-Man-Standing-Strategie, um im Verdrängungsmarkt langfristig erfolgreich zu bestehen», antwortet Schildknecht auf die Frage, welche Rolle sein Unternehmen im schrumpfenden Markt spielen wolle. Damit sei die Überzeugung verbunden, sich im Rahmen der Konsolidierung zusätzlich dank langfristiger Kundenbeziehungen, einer starken Bilanz und ausgezeichnetem Know-how besser im Markt zu behaupten und so auch in Zukunft erfolgreich in den relevanten Märkten agieren zu können.

Im Geschäftsjahr 2024 – also unter Einbezug der Periode vor Ausgliederung aus der CPH-Gruppe – konnte die Industrieholdung die Absatzmenge steigern. Der Preisdruck führte jedoch zu einem temporären Verlust. Das Unternehmen geht davon aus, im laufenden Jahr die Margen wieder verbessern zu können. Der Umsatz der Perlen Industrieholding AG unter Einbezug der Periode bis zur Ausgliederung aus der CPH-Gruppe belief sich für das gesamte Jahr 2024 auf 244 Mio. CHF. Ab der Erstkonsolidierung zum Zeitpunkt der Ausgliederung aus der CPH Group AG per 25. Juni bis zum 31. Dezember 2024 betrugen die Einnahmen 119 Mio. Mio. CHF.

Die Perlen Papier AG investierte im vergangenen Geschäftsjahr 7.7 Mio. CHF in den Erhalt und in die Verbesserung der Anlageneffizienz. Der Personalbestand lag bei 376 Mitarbeitenden. Die Industrieholding verschickt den detaillierten Jahresbericht nur an die eigenen Aktionäre. Die hier verwendeten Zahlen stammen aus der Medienmitteilung des Unternehmens.

Kurs unter Ausgabepreis

Branchenverbände gehen davon aus, dass die Nachfrage nach grafischen Druckpapieren in Westeuropa im laufenden Jahr weiterhin rückläufig bleiben wird. Das heisst, der Konsolidierungsdruck dürfte hoch bleiben. Im zweiten Halbjahr 2025 dürften gemäss Peter Schildknecht die Papierpreise aber trotzdem wieder ansteigen.

Aktienkurs Perlen Industrieholding AG in CHF. Quelle: otc-x.ch, Berner Kantonalbank

Nachdem Aktionäre der CPH Group grünes Licht für die Abspaltung des Papiergeschäfts und der Immobiliensparte gegeben hatten, startete am 24. Juni des vergangenen Jahres der ausserbörsliche Handel für 6’000’000 Namenaktien (à 0.05 CHF) der Perlen Industrieholding AG. Der erste Kurs auf der Plattform OTC-X der Berner Kantonalbank lag bei 24 CHF. Bis Ende des Geschäftsjahres sind die Valoren auf rund 18 CHF eingebrochen. Auf diesem Niveau bewegt sich der Aktienkurs auch momentan.

Land in Reserve

Als «stille Reserve» des Unternehmens können die Landreserven betrachtet werden. Die Gesellschaft will das Industrieareal entwickeln. Der Papierhersteller verfügt über insgesamt 460’000 qm Industrieland in Perlen. Davon werden derzeit 300’000 qm von der Papierproduktion beansprucht. Weitere 70’000 qm sind im Baurecht vergeben. Zusätzlich besitzt die Gesellschaft nach eigenen Angaben noch 90’000 qm Reserveflächen, auf der unter anderem die Produktionshalle steht, in der die Papierherstellung vor einigen Jahren eingestellt wurde.

Diese verfügbaren Flächen will die Perlen Industrieholding in den kommenden Jahren entwickeln. Wegen der Zonenordnung kommen jedoch nur industrielle Projekte in Frage. Im Besitz der Industrieholding sind zudem noch 650’000 qm Landwirtschaftsland, die sich grösstenteils im Umkreis von etwa 1 Kilometer rund um das Industrieareal befinden und verpachtet sind. Bis diese Immobilienentwicklung einen relevanten Gewinnbeitrag leisten kann, wird es aber noch Jahre dauern.

«Wir möchten die Einnahmen aus dem Immobilienbesitz steigern, geben aber noch keine konkreten Zielgrössen und Zeiträume an», sagt Peter Schildknecht. Das Management mache sich grundsätzliche Überlegungen zur Erschliessung aller Arealteile, um die Nutzungspotenziale des Areals insgesamt langfristig besser auszuschöpfen und weiterzuentwickeln, dies allerdings sehr überlegt und ohne Hast.

Ein neues Management

Auf Mitte Mai wird Florian Geiger den Chefposten von Peter Schildknecht übernehmen. Gleichzeitig tritt Jürg Müller die Nachfolge von Finanzchef Gerold Brütsch an. Geiger wird damit auch Chef der zur Gruppe gehörenden Perlen Papier AG. Er wird dort Klemens Gottstein ersetzen. Geiger kommt von der Swiss Steel Group, wo er zuletzt als COO für Qualitäts- und Edelbaustähle tätig war.

«Es war in der ersten Phase nach der Ausgliederung des Papierbereichs und der Immobilien in Perlen die richtige Entscheidung, die Gruppenleitung aus Kontinuitätsgründen in beiden Gesellschaften unverändert zu belassen», erklärt Peter Schildknecht die vorübergehende «Doppelspitze». Gleichzeitig hätte das Unternehmen bereits bei der Ausgliederung kommuniziert, dass die Führungsstruktur überprüft werde – was bei der CPH Group AG Anfang April bereits erfolgt sei, werde bei der Perlen Industrieholding AG Mitte Mai im Anschluss an die Generalversammlung erfolgen.

Fazit

Die «Rundumerneuerung» auf der Kommandobrücke könnte auch zu gewissen Anpassungen in der Strategie der Perlen Industrieholdung führen. Auch wenn zahlreiche Schweizer Industrieunternehmen ihre Brachen als Immobilienunternehmer vergoldet haben, wird das – wenn es überhaupt passiert – für Perlen noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Der Papiermarkt ist, wie der Markt für Presseerzeugnisse, in einem unumkehrbaren Schrumpfungsprozess. Auch wenn der Schweizer Anbieter weiter an Marktanteilen gewinnt, dürfte es schwierig werden, in den kommenden Jahren überdurchschnittliche Resultate abzuliefern. Es gibt aussichtsreichere Titel im Nebenwertegeschäft.

Casinos Schweiz: Weniger Erträge bei den terrestrischen Casinos, Zugewinne bei Online

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In den landbasierten Spielbanken lief das Glücksspiel im vergangenen Jahr weniger gut, während das Online-Gaming weiter zulegen konnte. Bild: stock.adobe.com

Die Zahlen, die der Schweizer Casinoverband zum Geschäftsjahr 2024 vorlegt, überraschen nicht. Seit Online-Casinos in der Schweiz Geldspiele anbieten dürfen, sind die Bruttospielerträge (BSE) kontinuierlich angewachsen. Als BSE wird die Differenz zwischen den einbezahlten Spieleinsätzen und den ausbezahlten Gewinnen bezeichnet. Oder einfacher gesagt: Der Verlust der Spielerinnen und Spieler, so beschreibt es der Casinoverband. Betrugen die BSE im Onlinebereich 2020 noch 187 Mio. CHF, so kletterten sie im vergangenen Jahr auf 310 Mio. CHF. Das ist gegenüber dem Vorjahr ein Zuwachs von 8,5% und seit 2020 insgesamt ein Anstieg von 66%.

Genau umgekehrt sieht es bei den terrestrischen Anbietern aus. Hier verzeichnen laut Casinoverband praktisch alle Häuser einen Rückgang des Bruttospielertrags. Insgesamt nimmt der BSE 2024 um 5,8% auf 588 Mio. CHF ab. Die höchsten Rückgänge haben dabei die eher kleinen Häuser wie Fribourg oder Courrendlin aufzuweisen, aber auch die A-Casinos Montreux (-14,3%) oder Bern (-10,3%) verzeichnen zweistellige prozentuale Rückgänge ihrer Einnahmen.

Quelle: switzerlandcasinos.ch

Im Folgenden geht schweizeraktien.net auf diejenigen Casinos ein, deren Aktien auf OTC-X bzw. an der BX Swiss gehandelt werden.

Luzern

Es war das erste Casino, das 2019 mit mycasino.ch online gegangen ist. Und seither haben die Luzerner stets die Spitzenposition mit dem höchsten Online-BSE bekleidet. Im letzten Jahr stiegen die Einsätze auf 98.4 Mio. CHF, ein solides Plus von 3,7%. Daraus ergibt sich ein Marktanteil von knapp 30%.

Allerdings haben andere Onlineanbieter wie die unmittelbar folgenden Mitbewerber in Baden mit Jackpots.ch (12,9%) oder Pfäffikon mit swisscasinos.ch (12,9%) höhere BSE-Zugewinne zu vermelden. Bei kleineren Anbietern wie pasino.ch aus Meyrin (+21%) oder dem 7melons.ch des Casinos Bern (+24%) fällt die Zunahme noch stärker aus, allerdings ausgehend von wesentlich geringeren BSE.

Terrestrisch muss Luzern einen BSE-Rückgang von 4,5% auf 26.2 Mio. CHF hinnehmen. Damit befindet sich man im Mittelfeld des Rückgangs.

Im letzten Jahr bewegte sich der Kurs des Kurhaus-Casino Luzern seitwärts. Quelle: otc-x.ch

Baden

Im Aargau hat das Stadtcasino Baden wie die meisten anderen einen Rückgang der physischen Casinobesucher zu verzeichnen. Entsprechend sinkt der BSE um 2,4% auf 55.5 Mio. CHF, was aber ein vergleichsweise geringer Rückgang ist.

Besser sieht es im digitalen Bereich aus, wo, wie bereits gesagt, der BSE um 12,9% auf 43.1 Mio. CHF gesteigert werden konnte. Mit neuer Führung und dem Wegfall von ausserordentlichen Belastungen in 2023 können die Badener damit eine durchaus zufriedenstellende Performance vorweisen. Das von Baden und dem dazugehörenden Casino Locarno betriebene Onlinecasino jackpots.ch kann damit seine Stellung als drittgrösster Anbieterin der Schweiz behaupten.

Dies zeigt sich auch im Jahresabschluss 2024 der Stadtcasino Baden-Gruppe: So konnte der Bruttoumsatz um 1,3% auf 129.5 Mio. CHF und der Konzerngewinn auf 3.6 Mio. CHF (Vorjahr: 0.3 Mio. CHF) gesteigert werden. Als Dividende sind 10 CHF je Aktie vorgesehen.

Kursverlauf der Aktie des Stadtcasinos Baden in den vergangenen 12 Monaten. Quelle: otc-x.ch

Montreux

Das Casino Montreux bewegt sich im Trend, wenn auch die Ausschläge nach oben bzw. unten deutlicher ausfallen als in anderen Casinos. Einem Rückgang des BSE von 14,3% im landbasierten Casino steht bei GAMRFIRST.ch ein Anstieg von 61,6% gegenüber. Unter dem Strich bedeutet das, dass am Genfersee die Einnahmen gesunken sind, gehen doch die terrestrischen Einnahmen deutlich auf 47 Mio. CHF zurück, während der Online-Ertrag auf vergleichsweise niedrige 7.3 Mio. CHF steigt. Damit gehört GAMRFIRST.ch noch zu den kleinsten Onlinecasinos der Schweiz.

Die Aktie des Casinos Montreux hat seit ihrem Hoch bei 1’900 CHF vor einem Jahr deutlich an Wert verloren. Quelle: otc-x.ch

Bern und Neuchâtel

Auch in Bern und Neuchâtel gehen die terrestrischen BSE stark zurück (Bern -10,3% auf 38 Mio. CHF, Neuchâtel -9,4% auf 18.3 Mio. CHF). Mit 7melons.ch legt Bern immerhin einen BSE-Sprung um 24,4% auf 8.1 Mio. CHF hin. Aber auch in Bern bedeutet das insgesamt eine Abnahme des BSE.

Kursverlauf der auf BXSwiss gehandelten Aktie des Kursaal Bern über die letzten zwölf Monate. Quelle: bxswiss.com

Interlaken

Als eines der wenigen Casinos in der Schweiz hat Interlaken mit einem Rückgang des Online-BSE zu kämpfen. Bei Starvegas.ch sanken die Einnahmen 2024 um 2,8% auf 15.5 Mio. CHF. Der Rückgang beim landbasierten BSE ist mit 1,9% auf 8.5 Mio. CHF etwas niedriger als der Durchschnitt der schweizweiten Rückgänge.

Im Gegensatz zu anderen Casino-Aktien konnte das Papier der Kursaal Interlaken Holding in den vergangenen zwölf Monaten kräftig an Wert zulegen. Quelle: otc-x.ch

Nach wie vor schöpfen illegale Anbieter 40% der Umsätze ab

Weiterhin ein Problem stellen die illegalen Angebote dar, die gemäss einer Studie von KPMG in der Schweiz einen Marktanteil von geschätzt 40% aufweisen. «Die illegalen Anbieter müssen deshalb von den Behörden mit aller Konsequenz bekämpft werden. Das ist die wirkungsvollste Massnahme gegen Spielsucht», sagt Gerhard Pfister, Präsident des Schweizer Casino Verbands.

Die Gesellschaft akzeptiere Casinos nur unter der Voraussetzung, dass ein strikter Schutz vor Spielsucht bestehe und hohe Abgaben an die Allgemeinheit geleistet würden, so Pfister. Die Casinos hätten dabei den Tatbeweis erbracht: Es existierten über 100’000 Spielsperren und über 8 Mrd. CHF seien bereits an die AHV geflossen.

Ausblick und Fazit

In 2023 wurden mit etwas über 900 Mio. CHF so viel wie noch nie an BSE eingenommen. In 2024 lag die Summe knapp unter der 900-Mio.-CHF-Marke. Mit dem Zugewinn an BSE im Online-Bereich können die Verluste in den landbasierten Angeboten knapp ausgeglichen werden.

Es ist daher kein Wunder, dass neben den zehn bestehenden Onlinecasinos weitere Anbieter auf den Markt drängen. Nur eine Konzession für ein analoges Spiel anbietet, darf auch digital tätig werden. Das heisst, dass die landbasierten Casinos wegen der schwindenden Kundschaft weiterhin verstärkt auf das für sie günstiger anzubietende Online-Spiel setzen.

Zwar bedeuten Online-Aktivitäten deutlich höhere Marketingausgaben, insbesondere bei den kleineren und später gestarteten Anbietern. Aber andererseits lässt sich das digitale Angebot mit wesentlich weniger Arbeitskräften abwickeln. Die landbasierten Casinos weisen laut Verband ca. 2’000 Vollzeitstellen aus, die Online-Casinos 270. Damit liegt der BSE pro landbasierter Stelle bei 295’000 CHF, online bei 1.15 Mio. CHF. Aus dem Geschäftsbericht des Schweizer Casino Verbands wird allerdings nicht klar, wie der Stellen-Overhead berücksichtigt wurde. Man kann davon ausgehen, dass der Spread doch deutlich geringer ist.

Verwaltungsräte: Auch heute noch herrscht eine «organisierte Verantwortungslosigkeit»

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Das kürzlich in der NZZ erschienene Interview mit der Harvard Professorin und früheren CS-Verwaltungsrätin Iris Bohnet hat mich ratlos zurückgelassen. Kein Wort zu ihrer Verantwortung in der CS-Krise, kein Eingeständnis von Fehlern und auch keine Entschuldigung bei Kunden, Mitarbeitenden und Aktionären der untergegangenen Schweizer Grossbank!

In diesem Zusammenhang fiel mir ein Portrait ein, das ich 2011 (!) für eine Spezialbeilage «Verwaltungsräte» in der NZZ über den Wirtschaftsanwalt und damaligen Multi-Verwaltungsrat Christoph M. Müller geschrieben habe. Er spricht darin von einer «organisierten Verantwortungslosigkeit» und nennt wichtige Eigenschaften für einen Verwaltungsrat. Auch wenn die «Krise» 2011 eine andere war, so haben die meisten Aussagen auch 14 Jahre später an Aktualität nicht verloren. Daher publizieren wir den Beitrag nochmals in Originallänge auf schweizeraktien.net.

Übrigens: Christoph M. Müller und seine Frau Sibylla haben nach 25 Jahren kürzlich ihr Sponsoring für das renommierte Lucerne Festival zurückgezogen. Sie hatten verlangt, dass die zwei ehemaligen CS-Verwaltungsräte Walter Kielholz und Urs Rohner den Stiftungsrat verlassen. Rohner trat zurück, an Kielholz wurde festgehalten. Die Müllers zogen die Konsequenzen und verlängerten ihr Sponsoring – immerhin ein mittlerer sechsstelliger Betrag – nicht mehr.

«Multi-Verwaltungsrat mit klarer Meinung»

Wenn Christoph M. Müller über die Perspektiven für die Wirtschaft spricht, dann wird er nachdenklich und zurückhaltend. Denn angesichts der sich auftürmenden Staatsschulden in den Euroländern verliert der Wirtschaftsanwalt und mehrfache Verwaltungsrat seinen grossen und mitreissenden Optimismus. «Im Gespräch mit Firmenchefs und Wirtschaftswissenschaftlern in der Eurozone habe ich gespürt, dass auch ihnen die Ideen für Lösungen der aktuellen Krise ausgehen», sagt er besorgt. Müller ist seit 2004 Mitglied des zentralen Beirats der deutschen Commerzbank AG, an der seit der Finanzkrise der deutsche Staat mit 25% beteiligt ist.

In der Schweiz präsidiert Müller den Verwaltungsrat der Immobiliengesellschaften Espace Real Estate Holding und der Warteck lnvest, zu deren Grossaktionären er auch gehört. Doch einen wichtigen Teil seiner Zeit nimmt das Mandat als Mitglied des Gesellschafterausschusses und des Aufsichtsrats bei der deutschen Vaillant Group ein, einem Familienunternehmen mit über 12‘000 Mitarbeitenden, das in den Bereichen Heizungs-, Lüftungs-, und Klimatechnik aktiv ist.

Vielfältige Mandate liefern Überblick

Durch die Vielfalt seiner Mandate sehe er in unterschiedliche Branchen hinein, die wiederum wichtige Schlüsse für seine Verwaltungsratsmandate zuliessen, so Müller.

Einblick hat der Schweizer über sein enges Netzwerk in der Wirtschaft auch in die Verwaltungsratsarbeit anderer Unternehmen. Und so, wie er die Orientierungslosigkeit in der aktuellen Krise spürt, sieht er auch die immer schwieriger werdende Lage in den Verwaltungsräten. Er spricht von einer «organisierten Verantwortungslosigkeit», die in den letzten Jahren immer mehr um sich gegriffen habe, und meint damit nicht nur die Verwaltungsräte, sondern auch andere Führungskräfte in Wirtschaft und Politik. «Der Wille zur Machterhaltung und materiellen Besitzstandswahrung in Politik und Wirtschaft führte zu anpasserischem Verhalten», resümiert Müller und fügt hinzu, dass auf warnende Stimmen zu wenig gehört wurde. «Kollateralschäden für den Staat und seine Bürger wurden fahrlässig in Kauf genommen», ergänzt er.

Unabhängigkeit wichtigster Punkt

In vielen Unternehmen zeige sich diese «organisierte Verantwortungslosigkeit» darin, dass die Einzelverantwortung schrittweise beseitigt wurde. «lmmer mehr Task Forces, Projektgruppen und Steuerungsausschüsse in den Firmen führen dazu, dass letztlich niemand mehr die Verantwortung trägt und sich bei Fehlentscheidungen hinter der Gruppe verstecken kann», ärgert sich der Jurist. Hinzu komme, dass Aufsichts- und Kontrollorgane nicht immer gut vorbereitet seien, zu wenig Zeit hätten und zu wenig hinterfragen würden.

Doch was sollte ein Verwaltungsrat mitbringen, wenn er ein solches Amt annehmen möchte? Müller nennt als ersten Punkt die Unabhängigkeit. «Damit meine ich wirtschaftliche, intellektuelle und emotionale Unabhängigkeit», präzisiert der Multi­Verwaltungsrat. Zu oft spielten wirtschaftliche Interessen eine Rolle, wenn ein Mandat angenommen werde. «Wer auf das Verwaltungsratshonorar angewiesen ist, kann nicht mehr frei entscheiden», so Müller. Gleiches gelte auch für Verwaltungsratsmandate, die nur aus Prestigegründen angenommen würden. Egozentriker und Selbstdarsteller hätten in einem Verwaltungsrat nichts verloren. Vielmehr sollten Mitglieder eines Verwaltungsrates den Mut haben, Dinge immer und immer wieder zu hinterfragen. Auch emotionale Intelligenz werde dabei zunehmend wichtiger. «Es kommen schwierige Zeiten auf uns zu. Da muss sich ein Verwaltungsrat vor eine Mannschaft stellen können und diese auch motivieren, problematische Zeiten gemeinsam zu meistern», meint Müller.

Kritische Fragen gewünscht

In den Schweizer Verwaltungsräten kritisiert Müller die immer noch vorhandenen Kreuzverbindungen innerhalb der Wirtschaft. Diese verhinderten, dass kritische Fragen gestellt würden. Im Ausland sei es dagegen üblich, dass branchenfremde Personen in ein Aufsichtsgremium bestellt würden, um so eine völlig andere Sicht der Dinge zu erhalten. «Dies stärkt die Diskussion und beeinflusst die Meinungsbildung positiv.»

An der aktuellen Krise sieht der Optimist Christoph M. Müller auch etwas Positives. Er finde, dass sich in den letzten Jahrzehnten eine Versorgermentalität entwickelt habe, die wenig Motivation zur Leistung biete. Vielleicht ändere die Krise etwas daran, in dem sie uns nicht nur hellhöriger werden lasse, sondern Werte wie Leistungswillen, Integrität, Respekt und Ehrlichkeit wieder in den Vordergrund rücken.

(Quelle: Swiss Equity magazin Special «Verwaltungsräte», NZZ Verlagsbeilage, erschienen am 8. Dezember 2011)

Die wichtigsten Eigenschaften für einen Verwaltungsrat

Unabhängigkeit

Wirtschaftlich, intellektuell und emotional – nur wer frei von Abhängigkeiten ist, kann auch frei entscheiden.

Verantwortungsbewusstsein

Schluss mit «organisierter Verantwortungslosigkeit» – echte Führung bedeutet, Verantwortung zu übernehmen.

Mut zur kritischen Hinterfragung

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Jungfraubahn: Zahlreiche strategische Projekte warten auf eine erfolgreiche Umsetzung

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"You will never have a second chance to get a first impression", sagt der CEO der Jungfraubahn, Urs Kessler. Daher soll die Bergstation auf dem Jungfraujoch in den kommenden Jahren umgestaltet werden. Bild: jungfrau.ch

«You never get a second chance to make a first impression», sagt der CEO der Jungfraubahn, Urs Kessler. Daher soll das Berghaus auf dem Jungfraujoch in den kommenden Jahren umgestaltet werden. Bild: jungfrau.ch

«Servir et disparaître.» Das ist das Motto, mit dem der noch amtierende CEO der Jungfraubahnen Holding, Urs Kessler, im Juni das Berner Oberländer Tourismusunternehmen nach 17 Jahren an der Spitze verlassen wird. Zum Abschluss präsentierte er mit einem Gewinn von 76.5 Mio. CHF nicht nur das zweitbeste Ergebnis in der Geschichte und hinterlässt seinem Nachfolger Oliver Hammel damit eine hohe Messlatte. Kessler hat auch zahlreiche strategische Projekte aufgegleist, die sein Nachfolger nun erfolgreich zu Ende führen muss. Ob dies gelingt, davon hängt auch teilweise der künftige Erfolg des Unternehmens ab. Kessler jedenfalls, will man seinen Worten Glauben schenken, wird «dienen und dann abtreten». Er steht für die Jungfraubahn ab Juni nicht mehr zur Verfügung. Stattdessen wird er sich wohl um die Zukunft des Kursaal Interlaken kümmern, dessen designierter Präsident er ist.

Die Erfolgsfaktoren der Jungfraubahn

Seine letzte Medienkonferenz nutzte der scheidende CEO noch einmal, um die Faktoren aufzuzeigen, die zum Erfolg der Gruppe während der letzten 15 Jahre beigetragen haben: die frühzeitige Internationalisierung und der Aufbau eines Vertreternetzes, die «glasklare» Positionierung des Jungfraujoch als «Top of Europe», die Integration der «Erlebnisberge» Harder, First, Winteregg-Mürren und Schynige Platte in das Angebot der Gruppe und natürlich den Bau der V-Bahn. Deren Vollendung fiel mitten in die Corona-Pandemie. Diese Punkte trugen auch im Geschäftsjahr 2024 zum Erfolg der Jungfraubahnen bei. «Alle Experten haben gesagt, dass das Gruppenreisegeschäft nach der Pandemie nicht mehr im gleichen Ausmass zurückkommen wird», erinnerte sich Kessler an der Bilanzmedienorientierung.

Rekordumsatz zum Abschied

Doch das Jahr 2024 belehrte die Experten eines Besserns. Die Anzahl der Gruppenreisenden lag nur noch 6% unter dem Rekordjahr 2019, die Frequenzen auf dem Aushängeschild «Jungfraujoch» mit 1’058’600 sogar wieder auf Vorkrisenniveau. Der Umsatz mit der Bahn zum Joch erreichte den Wert von 136.7 Mio. CHF (+0,2%). Auch das Segment Erlebnisberge steigerte den Umsatz um 25,3% auf 46,4 Mio. CHF, im Wintersportgeschäft erhöhte sich der Umsatz leicht um 0,5% auf 30.1 Mio. CHF. Insgesamt stieg der Nettoumsatz um 6,0% auf 294.7 Mio. CHF.

Kessler könnte also zufrieden sein und mit einem Rekordumsatz abtreten. Doch zwei Dinge störten ihn, sodass er nur von einem «zufriedenstellenden Ergebnis» spricht: der tiefere Durchschnittsertrag beim Segment Jungfraujoch, der wegen der Nutzung touristischer Pässe wie der Swiss Half Fare Card um 5.90 CHF auf 132.20 zurückgegangen ist. Und vor allem die deutlich höheren Kosten.

56 Vollzeitstellen neu geschaffen

Der Betriebsaufwand legte um 15,6% auf 160.4 Mio. CHF zu. Neben dem höheren Warenaufwand waren es vor allem gestiegene Personalkosten, was auf 56 neu geschaffene Vollzeitstellen zurückzuführen ist. Um zwei Drittel höher ausgefallen sind auch die Energiekosten. Ebenso legte der sonstige Betriebsaufwand u.a. wegen Nachholdbedarf im Unterhalt und steigenden IT-Kosten zu, sodass bereits das Betriebsergebnis auf Stufe EBITDA um 3,6% auf 134.4 Mio. CHF zurückging. Trotz leicht tieferer Abschreibungen und eines besseren Finanzergebnisses lag der Jahresgewinn nur bei 76.5 Mio. CHF (-4,0%).

Gästezahlen auf dem Jungfraujoch 2025 höher erwartet

Auch wenn Urs Kessler das laufende Geschäftsjahr 2025 nicht mehr als CEO beenden wird, so zeigte er sich angesichts der Entwicklung in den ersten Monaten sehr zuversichtlich. Bis Ende März verzeichnete die Jungfraubahn im Wintersport rund 3,7% mehr Gäste. «Das ambitiöse Ziel von mittelfristig 1.4 Mio. Gästeeintritten und 50 Mio. CHF Umsatz ist machbar», so Kessler. Dabei helfen soll auch der neu lancierte AlpsPass, der das bisherige Top4 Skiabo in der kommenden Wintersaison ersetzen soll. Auch beim Jungfraujoch lagen die Gästezahlen bis Ende März um 4,4% über dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Die Nachfrage aus dem Raum Asia-Pacific bleibe weiterhin hoch, die Gruppenreservationen würden bisher sogar über dem Rekordjahr 2019 liegen.

Firstbahn und vier weitere Projekte

Somit scheint der CEO zumindest für den Rest des Jahres operativ die Weichen schon richtig gestellt zu haben. Hinzu kommen die fünf strategischen Projekte: die neue digitale Vertriebsplattform «Top of Travel», die Erneuerung der Firstbahn, die Sanierung des Berghauses auf dem Jungfraujoch, das Erlebnisangebot «Top of Eiger» an der Eigernordwand, das Hotel Interlaken Ost mit rund 200 Zimmern und direktem Zugang zum Bahnhof sowie die BOB, die als erste «S-Bahn der Alpen» im 15-Minuten-Takt von Interlaken Ost nach Grindelwald und Lauterbrunnen fahren soll. «Das Potenzial der V-Bahn ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft», so Kessler. 2024 wurde nur an 15 Tagen die Obergrenze von 5’000 Besuchern auf dem Jungfraujoch erreicht. Vom 1. Mai bis 31. August ist ab diesem Jahr die Fahrt aufs Jungfraujoch nur mit Sitzplatzreservation möglich.

In Bezug auf die weiteren Projekte macht sich Kessler keine Sorgen, dass diese nicht umgesetzt werden können, wenn er nicht mehr das Ruder in der Hand hält. Die Projekte seien gut aufgegleist, die jeweiligen Projektleiter hätten diese gut im Griff. Von daher kann der CEO der Jungfraubahnen nach der Generalversammlung am 12. Mai beruhigt abtreten. Auch die Aktionäre dürfen sich freuen: Obwohl es nur das «zweitbeste» Ergebnis der Bahn ist und weitere Investitionen in der Höhe von mehreren hundert Millionen Franken anstehen, wird eine höhere Dividende von 7.50 CHF beantragt.

Fazit

Urs Kessler übergibt im Sommer 2025 ein sehr gut aufgestelltes Unternehmen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, auch wenn der neue CEO Oliver Hammel ein Augenmerk auf die Kostenentwicklung haben sollte. Allerdings dürfte die Steigerung der Energiepreise künftig nicht mehr so stark ausfallen, da einerseits die Marktpreise zurückgegangen sind und die Jungfraubahn nach Aussagen des Finanzchefs gestaffelt eingekauft hat. Anderseits sollte die geplante Solaranlage Hintisberg schon in wenigen Jahren den Anteil der Eigenproduktion gerade im Winter erhöhen.

Am Schluss wird sich der neue CEO daran messen lassen müssen, ob er die angestossenen Projekte zum Erfolg führen kann. Und ob es ihm gelingt, die ambitiösen Steigerungen bei den Gästezahlen zu erreichen. Das Wintergeschäft, das bisher schon nicht gerade eine Cashcow war, könnte angesichts des Klimawandels noch herausfordernder werden. Im internationalen Reisegeschäft bleiben es vor allem die geopolitische Lage und weitere Risiken, wie eine Pandemie, welche die Reisetätigkeit wieder einschränken könnten.

Die Aktien der Jungfraubahn Holding notiert immer noch unter den Höchstständen von 2024. Chart: six-group.com

An den finanziellen Zielsetzungen der Jungfraubahn Gruppe hat sich nicht viel geändert: Die Umsatzrendite (Return on Sales) soll mindestens 20% betragen, die EBITDA-Marge 43%. Zudem will das Unternehmen zwischen 2024 und 2028 einen Free-Cashflow von mindestens 200 Mio. CHF erarbeiten. Sämtliche Ziele wurden 2024 übertroffen; auch mit 83 Mio. CHF Free Cashflow in 2024 ist das Unternehmen auf der Zielgeraden. Die Payout Ratio wurde auf 40-60% des Reingewinns festgelegt. Mit einer Eigenkapitalquote von 76,0% ist die Jungfraubahn Gruppe auch für die anstehenden Investitionen gut gerüstet.

Die Aktien der Jungfraubahn Holding wurden zuletzt, nach einem kurzen Einbruch aufgrund des US-Zollschocks, bei 191.60 CHF gehandelt. Auf dieser Basis ergibt sich ein Kurs-/Gewinn-Verhältnis von 14 und eine Dividendenrendite von knapp 4%. Damit sind die Aktien nicht zu teuer. Angesichts des guten Starts in das laufende Geschäftsjahr können für 2025 nochmals bessere Zahlen erwartet werden. Daher ist mittelfristig weiter mit steigenden Ausschüttungen und höheren Kursen zu rechnen.

Nebag AG: Enttäuschendes Geschäftsjahr

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Die nebag AG schliesst das Geschäftsjahr 2024 mit einem Verlust von 5.3 Mio.CHF ab. Das weiterhin schwierige wirtschaftliche Umfeld und politische Unabwägbarkeiten hätten den Unternehmen im Anlageuniversum der nebag ag auch im vergangenen Jahr zugesetzt, schreibt das Zürcher Unternehmen in einer Pressemitteilung.

Die Nettoperformance betrug in der Berichtsperiode -7,3%. Der Verwaltungsrat will die aktionärsfreundliche Ausschüttungspolitik trotzdem fortsetzen. Die Aktionäre erhalten eine Ausschüttung aus Gewinnreserven von 0.29 CHF je Aktie.

«Sehr enttäuschendes Ergebnis»

Der Verwaltungsrat spricht von einem «sehr enttäuschenden Ergebnis». Als Gründe nennt die nebag AG politische Unabwägbarkeiten, die gewisse Wirtschaftszweige substanziell belastet hätten. So habe die Automobilindustrie in Deutschland das schwierige Umfeld übermässig zu spüren bekommen, da nebst regulatorischen Einflüssen auch die Konsumenten streikten und sich bei Autokäufen sehr zurückhaltend verhielten.

Schliesslich habe sich der bereits im letzten Geschäftsbericht erwähnte Lemming-Effekt bei den Investoren im Jahre 2024 verstärkt, und es wurde noch mehr Kapital den sogenannten Magnificent 7 zugeführt. Ein Effekt, der sich gegen Jahresende sogar noch verstärkte. Gewisse Nebenwerte seien zu Ausverkaufspreisen im Angebot.

Hohe Verluste bei langfristigen Anlagen

Die langfristigen Finanzanlagen waren am Stichtag mit 49,2% bzw. mit 30.0 Mio. CHF im Portfolio der nebag ag vertreten. Damit bieten sie den Aktionären ein breites Engagement im OTC-Markt, schreibt die nebag AG. Die langfristigen Finanzanlagen hätten sich in der Berichtsperiode volatil verhalten und wiesen für das Geschäftsjahr 2024 eine negative Performance von -21,4% (-7.7 Mio. CHF) aus. Dieses enttäuschende Ergebnis sei insbesondere den Kurseinbrüchen der Athris Holding AG, Metall Zug AG und der Reishauer Beteiligungen AG geschuldet, bedauern die verantwortlichen Portfoliomanager.

Kurzfristige Anlagen mit leicht positiver Performance

Im Berichtsjahr erzielten die Obligationen in CHF eine positive Performance von 12,5% (949’000 CHF) bei durchschnittlichen Investitionen von 7.6 Mio. CHF. Die Investitionen in Obligationen in EUR wurden im Geschäftsjahr stark abgebaut und erzielten eine negative Performance von -58,5%. Die Obligationen in USD wiesen eine positive Performance von 19,4% auf. Insgesamt ergab sich bei den Investitionen in Obligationen insgesamt ein positiver Performancebeitrag von 796’000 CHF.

Die Performance der übrigen Anlagen stellte sich bei -9,5% (-669’000 CHF) ein, bei einem durchschnittlichen Investitionsvolumen von 7.1 Mio. CHF. Die diesbezüglichen Verluste seien über die gesamte Anlagekategorie verteilt gewesen, so die nebag AG.

Strategische Beteiligungen mit erfreulicher Entwicklung

Neben lang- und kurzfristigen Anlagen investiert die nebag auch in Beteiligungen. Nachdem die Liquidation der Thurella Immobilien AG im 1. Halbjahr 2024 erwartungsgemäss vollzogen wurde, beinhalten die Beteiligungen zum Stichtag noch die Investitionen in die Plaston Holding AG und die POLUN Holding AG in Liquidation. Der Portfolioanteil liegt bei 16,5%.

Die Entwicklung bei den strategischen Beteiligungen führte im Jahr 2024 zu einer Performance von 22,2% oder 1.9 Mio. CHF. Dieses erfreuliche Ergebnis führen die nebag-Verantwortlichen auf die Liquidationserlöse der Thurella Immobilien AG und der Kurserholung der Plaston Holding AG zurück.

Der Kurs der an der SIX gehandelten Aktien der nebag AG geht seit drei Jahren kontinuierlich zurück. Quelle: six-group.com

Repower: Internationales Handelsgeschäft bleibt 2024 Zugpferd

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In der Schweiz setzt Repower vor allem auf Wasserkaft, im Ausland - im Bild in Italien - auch auf Windkraft. Bild: repower.ch

In der Schweiz setzt Repower vor allem auf Wasserkaft, im Ausland – im Bild in Italien – auch auf Windkraft. Bild: repower.ch

Auch wenn die Kennzahlen nicht ganz an das Ausnahmejahr 2023 heranreichen, hat der Bündner Energieversorger Repower 2024 erneut ein sehr solides Ergebnis abgeliefert. Mit einem EBIT von 175.2 Mio. CHF und einem Gruppengewinn von 138.2 Mio. CHF zählt das Geschäftsjahr zu den besten in der Unternehmensgeschichte, obwohl im Vorjahr das Ergebnis – ebenfalls aufgrund eines guten Handelsgeschäfts – mit knapp 300 Mio. CHF mehr als doppelt so hoch ausfiel. Die Eigenkapitalquote legte um zehn Prozentpunkte auf 52,8% zu. Für die Aktionäre gibt es neben der ordentlichen Dividende in Höhe von 5 CHF zusätzlich eine Sonderdividende von 1.50 CHF, was zu einer Ausschüttung von insgesamt 6.50 CHF je Aktie führt.

Erneuerbare Energien und Volatilität prägen den Energiemarkt

An den Energiemärkten ist 2024, im Vergleich zu den Vorjahren, etwas Normalität eingekehrt. Allerdings blieb die Volatilität hoch, wenn auch auf einem deutlich tieferen Niveau. Insgesamt sank der durchschnittliche Spot-Strompreis an der Europäischen Strombörse (EPEX) für Deutschland 2024 auf 80 EUR/MWh (Vorjahr: 95 EUR). Getrieben wurde die Preisentwicklung vom wachsenden Anteil erneuerbarer Energien und höherer Produktion in Frankreichs Kernkraftwerken. CEO Roland Leuenberger verwies in diesem Zusammenhang auch auf eine deutliche Zunahme von Stunden mit negativen Strompreisen, was auch auf die gestiegene PV-Produktion zurückzuführen sei.

Erfolg dank Wasserkraft im Segment Schweiz

Der Schweizer Markt blieb für Repower auch 2024 mit Nettoerlösen von 1’097.5 Mio. CHF oder knapp 45% der wichtigste Ertragspfeiler. Hier profitierte Repower von guten hydrologischen Bedingungen, konnte einen Grossteil der Produktion zu vorteilhaft abgesicherten Preisen absetzen und erzielte damit trotz einer gesunkenen Energiebruttomarge ein sehr gutes Ergebnis. Belastend wirkten sich allerdings Rückstellungen aus, insbesondere für das Kraftwerk Silvaplana, sowie für Stromrabatte in der Region Moesa. Das Betriebsergebnis (EBIT) lag mit 160.3 Mio. CHF zwar deutlich unter dem Vorjahr (373.8 Mio. CHF), steuerte aber dennoch mehr als drei Viertel zum Konzern-EBIT von 175.2 Mio. CHF bei.

Im Segment Italien gehts weiter aufwärts

Deutliche Verbesserungen zeigte auch der italienische Markt. Zwar erreichten die Nettoerlöse mit 1’380.8 Mio. CHF (-14,3%) den Vorjahreswert ebenfalls nicht. Allerdings gelang es, dank einer positiven Entwicklung im Vertriebsgeschäft, das EBIT um 10,4% auf 28.4 Mio. CHF zu steigern. In Italien verkauft Repower Elektrizität und Gas an KMU-Kunden. Ausserdem ist das Unternehmen mit Repower Renewable an Solar- und Windkraftwerken in Italien beteiligt. Im vergangenen Jahr hat Repower die Beteiligungen an der italienischen Repower Renewable S.p.A. von 65% auf 100% aufgestockt sowie weitere Kraftwerksbeteiligungen in Italien erhöht.

Beitrag von Gaskombikraftwerk weiter schwach

Weniger gut lief es in Italien widerum mit der Regelenergie, die durch das Gas-Kombikraftwerk in Teverola erzeugt wird.  Man schaffe es, die Kosten und Ersatzinvestitionen für den laufenden Betrieb zu erwirtschaften, berichtet Roland Leuenberger. Mit der in Teverola produzierten Energie wird die Netzstabilität in der Region Centro Sud aufrechterhalten. Allerdings ist die Regelenergie derzeit weniger gefragt. Auch für 2025 gehe man nicht von einer Verbesserung der Situation in Teverola aus, so der Repower-CEO. Noch vor wenigen Jahren trug das Kraftwerk den Mammut-Anteil zum EBIT im Italiengeschäft bei.

Finanzergebnis deutlich verbessert

Die Gesamtleistung der Repower-Gruppe lag 2024 bei 2’485.4 Mio. CHF. Darin enthalten sind auch die Erlöse aus den übrigen Aktivitäten, darunter Systemdienstleistungen der EVUlution AG. Die «übrigen Segmente und Aktivitäten» steuerten allerdings mit minus 13.5 Mio. CHF auch 2024 einen negativen Beitrag zum EBIT bei. Gegenüber dem Vorjahr (-20.1 Mio. CHF) konnte dieser allerdings deutlich verringert werden. Insgesamt erreichte das EBIT 175.2 Mio. CHF.

Mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenden Energiekrise haben sich auch die Erträge bei Repower deutlich verbessert. Abb.: repower.ch

Geringer ausgefallen als im Vorjahr ist der Finanzverlust, was unter anderem auf höhere Zinserträge sowie geringere Zinszahlungen zurückzuführen ist. Repower konnte 2024 eine börsenkotierte Anleihe im Umfang von 150 Mio. CHF zurückzahlen. Das Finanzergebnis lag bei minus 9.2 Mio. CHF, nach 20.4 Mio. CHF im Vorjahr. Unter dem Strich verblieb so ein Gruppenergebnis von 138.2 Mio. CHF.

Weiterhin hohe Nettoliquidität

Das gute Ergebnis erlaubte eine deutliche Verbesserung der Bilanz. Zwar ging die Bilanzsumme um 15,4% auf 2’235 Mio. CHF zurück, dank einer Reduktion des Fremdkapitalanteils. Gleichzeitig erhöhte sich das Anlagevermögen um 58.5 Mio. CHF auf 1’053 Mio. CHF, getrieben durch Akquisitionen in der Schweiz und in Italien. Darunter die vollständige Übernahme der Kraftwerk Morteratsch AG sowie der Repower Renewable S.p.A. Insgesamt stieg das Eigenkapital auf 1’180.7 Mio. CHF oder 159.80 CHF pro Aktie. Die Eigenkapitalquote liegt bei 52,8%. Trotz der Investitionen konnte die Repower AG nach der Rückzahlung der Anleihe eine Nettoliquidität von 80 Mio. CHF ausweisen.

Zuversicht trotz Unsicherheiten

Trotz geopolitischer Unsicherheiten und zunehmender Marktvolatilität blickt Repower zuversichtlich ins Jahr 2025. Die Stromproduktion ist zu 100% abgesichert, auch für die Jahre 2026 und 2027 sei die Schweizer Produktion überdurchschnittlich abgesichert, so Leuenberger. Allerdings verzeichnete das Unternehmen im 1. Quartal 2025 wegen der geringen Niederschläge eine niedrigere Produktion als zu Beginn des Vorjahres. Roland Leuenberger erwartet, dass die Volatilität an den Strommärkten weiterhin hoch bleiben wird, der Strombedarf jedoch grundsätzlich aufgrund des Ausbaus von Wärmepumpen, e-Mobilität und nachhaltiger Industrieproduktion weiter zunehmen wird.

Die Strompreise dürften auch in den kommenden Jahren volatil bleiben, auch wenn sie sich derzeit auf einem Niveau von 80 bis 100 EUR/MWh eingependelt haben. Abb.: repower.ch/EEX

In Italien dürfte Repower vor allem von der staatlichen Förderung für den Ausbau der erneuerbaren Energien profitieren. In Planung sei weiterhin das Pumpspeicherkraftwerk im Campolattaro, das über eine Leistung von 572 MW verfügen soll. Das Projekt will Repower allerdings nicht allein finanzieren.

Insgesamt geht die Repower AG auch für 2025 weiterhin «von einem guten Ergebnis» aus.

Fazit

Die Repower AG konnte nach 2023 ein weiteres hervorragendes Geschäftsergebnis erzielen. Wiederum zahlte sich hier das internationale Handelsgeschäft aus, das zu einem grossen Teil für den Gewinnschub verantwortlich war.

Dank der vorausschauenden Absicherungsstrategie sind zumindest für 2025 und die zwei Folgejahre gute Ergebnisse zu erwarten. Die erwartete hohe Volatilität an den Strommärkten dürfte zudem auch das Handelsergebnis auf einem hohen Niveau halten. Mittelfristig sollten sich dann die weiteren Investitionen in die Sanierung und den Ausbau des Kraftwerksparks, auch in Italien, positiv auf die Erfolgsrechnung auswirken. Repower hat allerdings auch klar gemacht, dass nicht alle Beteiligungen an Kraftwerken in Italien gehalten werden müssen, sondern es auch immer wieder zu Verkäufen kommen kann. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie es mit dem Kraftwerk in Teverola weitergeht. Denn grundsätzlich investiert Repower ausschliesslich in erneuerbare Energien.

Ein weiteres Zukunftsthema ist die Wasserkraftstrategie des Kanton Graubünden. Im Zusammenhang mit dem Heimfall von Wasserkraftkonzessionen ab 2030 stellt sich die Frage, wie Kanton und Gemeinden mit diesen Konzessionen umgehen werden. Die Wasserkraftstrategie des Kantons hat zum Ziel, dass die mit der Wasserkraft verbundene Wertschöpfung erhöht werden und damit nachhaltige Erträge erzielt werden sollen. Der Kanton Graubünden ist mit 27% an Repower beteiligt. Welche Folgen die Strategie für die Beteiligung hat und ob der Kanton seine Beteiligung allenfalls ausbauen wird, ist derzeit noch offen.

Der Aktienkurs von Repower hat innerhalb der letzten zwölf Monate um mehr als 10% verloren. Chart: otc-x.ch

Die Aktien der Repower AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Binnen Jahresfrist ist der Kurs von 180 CHF auf zuletzt 160 CHF zurückgegangen. Auf dem aktuellen Kursniveau werden die Titel mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von 8.6 und einem Kurs-/Buchwert-Verhältnis von 1 gehandelt. Die Dividendenrendite beträgt 4%. Auch künftig ist nach Aussagen des Unternehmens mit einer Dividende von mindestens 5 CHF je Aktie zu rechnen, was einer Rendite von 3.2% entsprechen würde. Gemessen an diesen Kennzahlen und den Zukunftsaussichten scheinen die Aktien, auch im Vergleich mit börsenkotierten Titeln wie BKW, günstig. Positiv zu werten ist zudem, dass Repower fast ausschliesslich auf erneuerbare Energien setzt und auch in puncto ESG-Berichterstattung hohe Massstäbe erfüllt.

Branchentalk Industrie 27. Mai 2025: Globale Herausforderungen der Schweizer KMU im Fokus

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Am 27. Mai findet in Zürich der Branchentalk Industrie zum 2. Mal statt.

Ukrainekrieg, Energiekrise, Regierungswechsel in Deutschland – und nun auch der Zollstreit, den US-Präsident Donald Trump vom Zaun gebrochen hat: Die Perspektiven für Schweizer KMU waren schon besser.

schweizeraktien.net und die Helvetische Bank laden bereits zum 2. Mal zum Branchentalk Industrie ein. An der Konferenz treffen Investoren auf CEO und CFO der börsenkotierten und nichtkotierten Unternehmen Auto AG, Ascom, Bystronic, Klingelnberg, Mikron, Wolffkran und R&S Group. Die Referentinnen und Referenten stellen dabei nicht nur ihr Unternehmen und ihr Geschäftsmodell vor, sondern zeigen auch auf, wie sie auf die aktuellen geopolitischen Entwicklungen reagieren und sich in diesem herausfordernden Umfeld positionieren.

Den Abschluss bildet ein Panelgespräch mit Domenico Iacovelli (CEO Bystronic), Philipp Kannengiesser (CEO Klingelnberg), Marc Desrayaud (CEO Mikron) und Remo Rosenau, Head Research bei der Helvetischen Bank.

Wir laden Sie herzlich ein, an der Investorenkonferenz teilzunehmen. Diese findet statt am

Dienstag, 27. Mai 2025
von 12:15 – 18:00 Uhr
im SIX ConventionPoint, Zürich

Das  komplette Programm mit weiteren Details sowie der Anmeldung finden Sie unter Branchentalk Industrie 27. Mai 2025 – schweizeraktien.net.

Saanen Bank: Adrian Di Camillo soll 2027 auf CEO Jürg von Allmen folgen

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Jürg von Allmen (l.) und VRP Victor Steimle (r.) mit dem designierten CEO Adrian Di Camillo (mitte). Bild: zvg

Jürg von Allmen (l.) und VRP Victor Steimle (r.) mit dem designierten CEO Adrian Di Camillo (Mitte). Bild: zvg

Anlässlich der Generalversammlung der Saanen Bank gab der Verwaltungsrat bekannt, dass Adrian Di Camillo zum designierten Nachfolger vom derzeitigen CEO Jürg von Allmen nominiert wird. Dieser habe dem Verwaltungsrat bereits vor einigen Jahren mitgeteilt, dass er im Juli 2027 in Pension gehen werde. Von Allmen hat die Bank mehr als 20 Jahr als Vorsitzender der Geschäftsleitung geleitet.

Der 39-jährige Adrian Di Camillo ist derzeit stellvertretender CEO der im Berner Oberland tätigen Regionalbank und seit 2020 für das Finanzinstitut tätig. Zuvor war er Leiter Finanzen bei den Bergbahnen Gstaad und Geschäftsstellenleiter einer Filiale der Valiant Bank. Die frühzeitige Bekanntgabe der Nachfolge gebe der Bank die Möglichkeit, während gut zwei Jahren den CEO-Wechsel vorzubereiten und das Credo der Kontinuität zu leben, schreibt die Saanen Bank in einer Medienmitteilung.

An der GV berichteten Verwaltungsrat und Geschäftsleitung über ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2024 mit einem Jahresgewinn von 3.184 Mio. CHF. Sie stimmten auch der Ausschüttung einer Dividende von 54 CHF je Aktie zu.

Die Aktien der Saanen Bank werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 5’070 CHF für eine Aktie bezahlt.

Bad Schinznach: Hohe Wertberichtigungen auf sistierte Projekte führen zu Verlust

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Die Besucherzahlen in den Thermalbädern in Schinznach Bad erreichten 2024 das Vorjahresniveau. Bild: ©D.Golob/Bad Schinznach

Die Besucherzahlen in den Thermalbädern in Schinznach Bad erreichten 2024 das Vorjahresniveau. Bild: ©D.Golob/Bad Schinznach

Das Klinik- und Bäderunternehmen Bad Schinznach AG sah sich im Geschäftsjahr 2024 mit zwei grossen Herausforderungen konfrontiert: höheren Kosten und Wertberichtigungen auf Projekte.

Obwohl sich der konsolidierte Umsatz mit 56.8 Mio. CHF auf Vorjahresniveau bewegte, führten deutlich höhere Kosten für Personal, Energie und Unterhalt zu einem kräftigen Rückgang beim Betriebsgewinn. Zusätzlich belastet wird das Ergebnis durch Wertberichtigungen vor allem auf das geplante Hotel- und Infrastrukturprojekt in Bad Schinznach. Dies führte unter dem Strich zu einem Verlust von 3.6 Mio. CHF. Das Bauprojekt wurde allerdings nicht eingestellt, sondern soll voraussichtlich 2027 in geänderter Form im Angriff genommen werden.

Klinik Meissenberg mit weniger Pflegetagen

Dabei verlief das Geschäftsjahr 2024 insgesamt in fast allen Geschäftsbereichen stabil. Lediglich bei den Klinik- und Hotelbetrieben kam es zu einem Umsatzrückgang um 1,5% auf 41.1 Mio. CHF. Als Grund nennt CEO Daniel Bieri die Sanierung von Zimmern in zwei Abteilungen in der Klinik Meissenberg in Zug im Juni vergangenen Jahres. Diese habe zu einem Rückgang von knapp 1’000 auf 24’814 Pflegetage geführt. Anders hingegen in der Privat-Klinik im Park: Hier stieg die Anzahl Pflegetage auf 19’888, nachdem im Vorjahr ebenfalls Zimmer saniert wurden. Das Kurhotel im Park zählte im Vergleich zum Vorjahr mit 10’692 Logiernächten etwas weniger Übernachtungen als 2023.

Bäder entwickeln sich erfreulich

Mit 314’732 Eintritten lagen die zwei Thermalbäder «Aquarena fun» und «Thermi spa» nur ganz leicht unter der Anzahl Vorjahreseintritte (314’852). Deutlich besser als in den Vorjahren entwickelte sich der Saunabereich mit 51’804 (50’330). Aufgrund einer leichten Anpassung der Eintrittspreise steigen die Nettoerlöse in den Bäderbetrieben gegenüber dem Vorjahr um 4,7% auf 12.0 Mio. CHF. Für Verwaltungsratspräsident und Hauptaktionär Hans-Rudolf Wyss ist diese Entwicklung auch erfreulich, weil ein erwarteter Besucher- und Umsatzrückgang aufgrund des Ende 2021 in Baden eröffneten Thermalbads «Fourtyseven» nicht eingetreten ist. Im Gegenteil: «Die Eintrittszahlen in unserem Thermi spa steigen», so Wyss an der Bilanzorientierung.

Stabil entwickelten sich auch die Miet- und Pachtzinseinnahmen mit 2.1 Mio. CHF, wovon der grösste Teil auf die Wohnüberbauung Meisenpark in Zug entfällt. Die Nettoerlöse kamen so insgesamt auf 56.8 Mio. CHF. Mit 72,3% ist der Anteil der Klinikbetriebe und des Hotels nach wie vor der grösste Ertragspfeiler.

Betriebsaufwand steigt um rund 10%

Dass es trotz der stabilen Umsatzentwicklung zu einem Einbruch beim operativen Ergebnis auf Stufe EBITDA um 25,4% auf nur noch 6.2 Mio. CHF gekommen ist, liegt an einem deutlichen Anstieg nahezu aller Aufwandpositionen. Der Personalaufwand lag mit 35.3 Mio. CHF (+3,3%) um mehr als 1.1 Mio. CHF über dem Vorjahreswert. Zugenommen haben auch die Kosten für Verwaltung und Informatik (+16,8%), Energie (+14,7%) sowie Unterhalt (+9,6%). Insgesamt lag der Betriebsaufwand daher mit knapp 9 Mio. CHF um rund 10% über dem Vorjahreswert. Der Anstieg im Bereich der Informatik sei auch auf den Umstieg auf eine Cloudlösung zurückzuführen, so Daniel Bieri. Im Bereich der Energie sei es der höhere Strompreis gewesen, der den Anstieg der Kosten verursacht habe.

Bieri machte allerdings deutlich, dass man mit der Entwicklung auf der Kostenseite «nicht zufrieden» sei und bereits Massnahmen ergriffen habe, um die Kosten wieder zu reduzieren. So konnten im Energiebereich längerfristige Stromlieferverträge abgeschlossen werden, was schon 2025 zu einer Entlastung führen soll. Auch habe sich die Lage im Personalbereich entschärft, sodass weniger Temporärkräfte eingesetzt werden müssten.

Abschreibungen und höhere Zinsen belasten

Dass nicht nur Personal- und Betriebsaufwand deutlich angestiegen sind, sondern auch die Abschreibungen um fast 7% oder 417’000 CHF zugenommen haben, hängt mit der Umstellung der Wasseraufbereitung von Brom und Ozon auf Chlor zusammen. Neben den ordentlichen Abschreibungen in Höhe von 4.7 Mio. CHF auf den Immobilienbestand der Gesellschaft führte dies zu einer zusätzlichen Belastung. Daher rutschte die Bad Schinznach AG bereits auf Stufe EBIT mit minus 174’000 CHF in die roten Zahlen.

Um knapp 100’000 CHF höher fiel aufgrund der gestiegenen Zinsen auch der Finanzaufwand der Bad-Schinznach-Gruppe aus. In der Bilanz stehen langfristige Finanzverbindlichkeiten in Höhe von 45.3 Mio. CHF, davon 35.1 Mio. CHF mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren. Zudem wurde die Beteiligung an der Wäscherei Schwob AG im Vergleich zum Vorjahr nur leicht um 35’000 CHF (Vorjahr: 310’000 CHF) aufgewertet, was insgesamt zu einem negativen Finanzergebnis auf 991’000 CHF führte.

Wertberichtigungen auf geplante Projekte in Schinznach und Zug

Noch stärker belastet wurde die Erfolgsrechnung im Jahr 2024 allerdings durch die ausserordentlichen Wertberichtigungen auf das Neubauprojekt in Schinznach Bad sowie ein Planungsprojekt in Zug. Hans-Rudolf Wyss begründet den Entscheid damit, dass angesichts der schwierigen Ertrags- und Kostensituation im vergangenen Geschäftsjahr eine Auslegeordnung für den Hotel- und Infrastrukturneubau in Schinznach vorgenommen wurde, in der man zum Schluss kam, Alternativen zu prüfen. Daher wurden 2 Mio. CHF der bereits aufgelaufenen Planungskosten wertberichtigt. Daniel Bieri betont, dass die Planungskosten bei der Umsetzung des Projekts zu einem späteren Zeitpunkt nicht verloren sind. Ende 2026 oder Anfang 2027 könnte das Projekt in geänderter Form dennoch realisiert werden.

Auch auf ein geplantes Projekt in Zug, für das ein rechtskräftiger Bebauungsplan für einen neuen Klinikteil vorliegt, wurden 300’000 CHF wertberichtigt. Dies, weil kein Baustart absehbar ist und einzelne Elemente der Planung keinen Zusatznutzen mehr haben. Hans-Rudolf Wyss räumte aber auch ein, dass die Bad-Schinznach-Gruppe derzeit nicht in der Lage sei, zeitgleich zwei Grossprojekte zu stemmen.

Weiterhin zuversichtlich

Trotz der Verzögerungen bei den Immobilienprojekten zeigt sich Wyss zuversichtlich. Denn in Zug zeichnet sich ab, dass gemäss einem im Januar 2025 vom Stadtrat genehmigten Richtplan ein Teil einer Landreserve hinter der Überbauung Meisenpark von Landwirtschaftszone in ein Areal für preisgünstiges Wohnen überführt wird. Ob und wie das Areal eines Tages überbaut wird, ist noch offen. Auch läuft der politische Prozess noch bis 2026, mit einer Volksabstimmung ist dann voraussichtlich im Frühling 2027 zu rechnen.

Im operativen Geschäft will CEO Daniel Bieri im laufenden Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben. Der Umsatz liege zwar leicht unter dem Budget. Allerdings habe man die Kosten nun im Griff, was sich bisher deutlich positiv auf das Betriebsergebnis auswirke.

Der Verwaltungsrat der Bad Schinznach AG hat sich daher entschlossen, trotz des Verlusts von 3.6 Mio. CHF eine auf 20 CHF reduziert Dividende auszuschütten. «In Anbetracht der enormen Bewertungsreserven können wir diese Dividende auszahlen», begründet VR-Präsident Wyss den Schritt.

Fazit

Für die Klinik- und Bädergruppe Bad Schinznach AG war 2024 kein einfaches Jahr. Die deutlichen Kostensteigerungen gleich in mehreren Bereichen haben dazu geführt, dass die Abschreibungen nicht mehr verdient werden konnten. Oberste Priorität muss daher nun auf dem Kostenmanagement liegen, was angesichts des herausfordernden Umfelds keine einfache Aufgabe ist. Kommt hinzu, dass das Unternehmen im Klinikbereich an die Tarife und Vorgaben im Gesundheitswesen gebunden ist, was die unternehmerische Flexibilität einschränkt. Und der Klinikbereich steuert mehr als zwei Drittel zu den Erlösen bei.

Gelingt es dem Unternehmen in diesem Jahr, die Kostensituation zu verbessern, dürfte auch eine Rückkehr zu früheren operativen Ergebnissen möglich sein. Wenn die ausserordentlichen Abschreibungen und Wertberichtigungen nicht mehr anfallen, wird das Unternehmen auch wieder ein positives Jahresergebnis ausweisen.

Angesichts des umfangreichen Bestandes an Immobilien und Grundstücken in Schinznach Bad und in Zug stellt sich die Frage, welche Schwerpunkte die Bad-Schinznach-Gruppe künftig setzen wird. Bisher präsentiert sich das Unternehmen vor allem als Gesundheitsunternehmen. Ein grosser Teil der Immobilien wird betrieblich genutzt. Das soll auch in Zukunft so bleiben. Allerdings zeigt sich schon heute, dass der umfangreiche Immobilienbesitz auch Potenzial für weitere Entwicklungen bietet.

Der Aktienkurs der Bad Schinznach AG hat binnen Jahresfrist knapp 10% eingebüsst. Chart: otc-x.ch

Anleger sollten daher nicht nur das operative Geschäft, sondern auch das Entwicklungspotenzial der Liegenschaften in ihren Investmententscheid mit einbeziehen. Denn bei Kursen um die 1’890 CHF, die zuletzt auf OTC-X für eine Aktie bezahlt wurden, ist die Aktie gemessen an den Kennzahlen wie Dividendenrendite (1,1%) und Kurs/Gewinn-Verhältnis (neg.) sowie Kurs/Buchwert (1.3) weniger interessant. Allerdings dürfte der Unternehmenswert (EV) mit knapp 95 Mio. CHF weit unter dem Marktwert der Immobilien liegen. Allein der Brandversicherungswert der Gebäude wird in der Bilanz per Ende 2024 mit 197 Mio. CHF. angegeben. Auch bei den Grundstücken dürfte es erhebliche Bewertungsreserven geben.

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