Der Medikamentenhändler Zur Rose AG mit Sitz in Frauenfeld ist mit der Übernahme der in Deutschland tätigen Internet-Apotheke DocMorris zur führenden Versandapotheke im deutschsprachigen Raum geworden. Wie wir in einer gestern veröffentlichten Unternehmensanalyse feststellen, ist die Zur Rose-Gruppe nach der Akquisition zwar gut aufgestellt, dürfte mittelfristig weiter wachsen und von Synergien profitieren, die sich in den kommenden Jahren auch spürbar positiv auf den Gewinn auswirken werden. Allerdings dürften diese Effekte erst ab 2014 zum Tragen kommen. In 2013 ist zwar ein Umsatzanstieg auf mindestens 910 Mio. CHF zu erwarten, auf Stufe Reingewinn jedoch nur mit einer „schwarzen Null“ zu rechnen, so dass auch die Dividendenzahlung in Frage gestellt ist.
Grund dafür ist die unerfreuliche Entwicklung im 1. Semester des Geschäftsjahres 2013. Zwar stieg der Umsatz akquisitionsbedingt um 83.1% auf 453.4 Mio. CHF. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) ging jedoch um 34.9% auf knapp 3 Mio. CHF zurück. Ursache ist der hohe Initialaufwand für die Kooperation der Zur Rose Pharma mit der Drogeriemarktkette «dm» in Deutschland. Diese hatte zu Marketingaufwendungen in Höhe von rund 5 Mio. CHF geführt. Das Schweizer Geschäft verlief hingegen stabil. Dennoch resultierte unter dem Strich ein Semesterverlust von 2.7 Mio. CHF. Obwohl für das Gesamtjahr mit einem Umsatzsprung auf 910 bis 940 Mio. CHF zu rechnen ist, dürften die im 1. Semester angefallenen hohen Anlaufverluste in Deutschland im 2. Halbjahr nicht komplett ausgeglichen werden können, so dass mit einem Betriebsergebnis (EBIT) zwischen 2 bis 3 Mio. CHF zu rechnen ist. Nach Abzug der Finanzierungskosten – diese schlagen mit rund 2 Mio. CHF zu Buche – und Ertragssteuern dürfte nur noch eine «schwarze Null» resultieren. Aufgrund der Kreditbedingungen («Covenants») für die 2012 aufgelegte Obligationenanleihe darf Zur Rose maximal 50% des Reingewinns als Dividende ausschütten. Diese Klausel führt zu der Annahme, dass die Aktionäre für 2013 wohl auf eine Dividende verzichten müssen.
Trotz der kurzfristig unerfreulichen Aussichten bleibt Zur Rose eine interessante Wachstumsstory. Denn für den Aktionär stellt die „neue“ Zur Rose eine enorme Chance dar, von den Trends «elektronischer Handel», «Kostendruck im Gesundheitswesen» und der «Überalterung der Gesellschaft in Europa» profitieren zu können. Gleichzeitig ist jedoch auch das Risiko gestiegen, weil das stabile Geschäft in der Schweiz grössere Fehler in Deutschland nur bedingt ausgleichen kann. Bei Kursen um die 24.40 CHF notiert die Aktie leicht unter dem Buchwert von 26 CHF. Damit ist ein grosser Teil der Risiken im Kurs reflektiert. Um allerdings etwas Fantasie in den Aktienkurs zu bringen, muss sich das Wachstum der neuen Geschäftsfelder als nachhaltig erweisen und in Frauenfeld und Heerlen noch in die Optimierung der Prozesse investiert werden. Erst wenn diese Schritte erfolgreich umgesetzt wurden, dürften weit höhere Aktienkurse möglich sein.
Lesenswerter Beitrag zu einem „Apothekerbus“ von DocMorris (Zur Rose) aus einer Lokalzeitung in Thüringen (D) vom 20. September 2013:
http://www.insuedthueringen.de/lokal/sonneberg_neuhaus/sonneberg/Versandapotheker-wirbt-fuer-Arzneimobil;art83453,2836437
„Versandapotheker wirbt für Arzneimobil
Zwei Tage hat Doc Morris, der größte europäische Versandapotheker, für einen neuen Apothekenbus in Sonneberg geworben. Es ist in Deutschland derzeit nicht erlaubt.
(…)
Wenn die Menschen nicht mehr zur Apotheke kommen können, muss der Apotheker eben zu ihnen kommen“, fasst Bonnke die Grundidee zusammen. „Wir helfen den Menschen bereits mit der Zusendung von Medikamenten nach Hause und unserer telefonischen pharmazeutischen Beratung. Jetzt zeigen wir mit unserem Apothekenbus, wie ein ergänzendes mobiles Versorgungssystem mit Arzneimitteln und Apothekendienstleistungen vor Ort aussehen könnte – wenn es rechtlich zugelassen wäre.“ Dies ist in Deutschland bislang nicht der Fall. Wer ein solches Mobil betreiben will, muss auch eine niedergelassene Apotheke vorweisen können, die bestimmten Standards entspricht, wie beispielsweise einer Raumgröße von mindestens 100 Quadratmetern, einem Labor, eine vorgeschrieben Qualifikation der Mitarbeiter. Die Versandapotheker kämpfen nun darum, dass diese Bestimmungen zu ihren Gunsten gelockert werden.(…)“