Der Übernahmekampf um die Luxushotelgruppe Victoria-Jungfrau Collection (VJC) mündet in diesen Tagen in die finale Phase. Wie aufgrund der Berichterstattung in der Sonntagspresse zu erwarten war, hat die AEVIS-Gruppe gestern ihr Angebot auf 305 CHF für eine VJC-Aktie erhöht (siehe AdHoc-Mitteilung AEVIS Holding AG). Damit liegt sie in der Bandbreite von 300 bis 325 CHF je Aktie, welche der VJC-Verwaltungsrat aufgrund einer Fairness Opinion vom 8. November 2013 als angemessen erachtet hatte. Damit hat AEVIS sein ursprüngliches Angebot von 250 CHF pro Aktie um satte 22% aufgebessert. Es liegt auch rund 10% über den 277 CHF, welche die Swiss Private Hotel AG (SPH) der Zürcher Hotelierfamilie Manz Ende Dezember für die Aktien der vier Fünf-Sterne-Hotels in Interlaken („Victoria-Jungfrau“), Luzern („Palace“), Bern („Bellevue“) und Zürich („Eden au Lac“) geboten hatte. Das erhöhte Angebot soll am 23. Januar 2014 offiziell publiziert werden. In einer gleichzeitig veröffentlichten Medienmitteilung (http://www.victoria-jungfrau-collection.ch/getattachment/fa4ed1e2-b867-4343-b404-c1a21e8b6768/Medienmitteilung-erhohtes-Angebot-Aevis/) der Victoria-Jungfrau Gruppe begrüsst der VJC Verwaltungsrat das erhöhte Angebot und teilt gleichzeitig mit, dass er den Aktionären das Angebot zur Annahme empfiehlt. Auf dieses Vorgehen hätten sich die Verwaltungsräte von VJC und AEVIS in einer Transaktionsvereinbarung geeinigt.
„AEVIS ermöglicht eine Stärkung und erfolgreiche Weiterentwicklung der VJC als selbständige Einheit in der Gruppe“, schreibt die VJC in ihrer Medienmitteilung. Der Verwaltungsrat der VJC sei überzeugt, dass der gemeinsame Weg mit AEVIS im Interesse der Aktionäre, der Mitarbeitenden, der Gäste sowie der bestehenden und künftigen Hotelstandorte sei. Auch die AEVIS Gruppe betont, dass sie immer an einem freundlichen Übernahmeangebot interessiert gewesen sei und dies nun auch zustande kommen würde. Insbesondere sollen die ambitiösen Ziele des Verwaltungsrates der VJC mit der jetzigen Führung erreicht werden. Wie mit dem Kleinaktionären umgegangen werden soll und ob es in Zukunft auch noch spezielle Angebote für diese Aktionäre geben wird, dazu äusserten sich die beiden Parteien bisher nicht. Wie von der Übernahmekommission am 8. Januar 2014 gefordert, hat die VJC heute auch den Zwischenabschluss per 30. September 2013 veröffentlicht. Demnach stagnierte der Umsatz in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2013 mit 55.6 Mio. CHF (Vorjahr: 55.9 Mio. CHF) auf Vorjahresniveau. Der Bruttobetriebsgewinn (GOP) lag mit knapp 8.6 Mio. CHF unter dem Vorjahreswert von 8.9 Mio. CHF. Auch das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) war mit 3.3 Mio. CHF (Vorjahr: 3.6 Mio. CHF) nochmals rückläufig. Nur durch deutlich geringere Abschreibungen erreichte der Verlust mit 679’000 CHF einen besseren Wert als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Allerdings sind die Zahlen ungeprüft.
Einer der grossen Gewinner des Übernahmepokers sind die Aktionäre der Gesellschaft. Waren die Aktien Ende Oktober noch weniger als 200 CHF wert, so können die Anteilseigner nun auf einen Aufschlag um mehr als 50% auf den damaligen Preis hoffen, sofern sie das Angebot der AEVIS-Gruppe annehmen. Auf OTC-X wurden zuletzt 280 CHF je Aktie gezahlt. Ob es der aktuellen Führung im Alleingang gelungen wäre, ohne das Übernahmeangebot in nützlicher Frist den Unternehmenswert in einem ähnlichen Ausmass zu steigern, ist fraglich. Die auf Druck der Übernahmekommission publizierten Neun-Monats-Zahlen für das Geschäftsjahr 2013 weisen jedenfalls noch nicht darauf hin, dass sich die Luxushotelgruppe bereits im Turnaround befindet. Daher ist es umso erstaunlicher, dass die neuen Aktionäre gemeinsam mit dem bestehenden Management die Zukunft des Unternehmens gestalten wollen. Mit seinen ambitiösen Planzahlen hat es der Verwaltungsrat zumindest geschafft, für die Aktionäre einen deutlich besseren Preis herauszuschlagen, als AEVIS ursprünglich angeboten hatte und auch von der Zürcher Hotelierfamilie Manz offeriert wurde. Da die Hauptaktionäre in der Vergangenheit immer wieder betont haben, dass sie sich den Empfehlungen des Verwaltungsrates anschliessen würden, dürfte die Transaktion voraussichtlich zustande kommen. Allerdings hätte auch die SPH theoretisch die Möglichkeit, ihr Angebot aufzubessern. Dass es zu einer solchen Aufbesserung kommt, wäre allerdings eher überraschend. Denn Michael Manz bezeichnete den Preis von 300 bis 325 CHF in einem Beitrag der Handelszeitung vom 8. Januar 2014 als „jenseits von Gut und Böse“. Auch vom chinesischen Millionär Yunfeng Gao hat man nichts mehr gehört. Ob der Verwaltungsrat selbst bei einer Aufbesserung des Angebotes durch die SPH oder bei einem neuen Angebot von Gao von seiner Empfehlung abweichen kann, ist fraglich. Vermutlich hat er sich in der „Transaktionsvereinbarung“ bereits festgelegt. Interessant könnte für die rund 7’000 Kleinaktionäre die Frage sein, welche Vorteile mit dem Aktienbesitz künftig noch verbunden sind. Sollten diese überwiegend „emotionalen“ Aktionärsvorteile fallen, so dürfte auch der Besitz einer nur geringen Aktienanzahl über den wirtschaftlichen Aspekt hinaus keinen grossen Sinn mehr ergeben und eine im Regelfall spesenfreie Andienung und Unterstellung unter das Übernahmeangebot sinnvoll erscheinen lassen.