Die im Jahr 2000 gegründete Beteiligungsgesellschaft Swiss Tech Invest AG (STI) wurde erst zum 14. Juni 2013 (letzter Handelstag) nach fast 8 Jahren Börsenzugehörigkeit von der BX Berne eXchange
dekotiert. Seither ist der Titel im OTC-Handel der Berner Kantonalbank (BEKB) gelistet. Nach einem strategischen Schwenk und dem Verkauf eines diversifizierten Portfolios an börsenkotierten Aktien im Geschäftsjahr 2012 investierte die Gesellschaft überwiegend in nicht kotierte Private Equity-Beteiligungen. Zum 31. Dezember 2012 waren 94% der Finanzanlagen in nicht-kotierten Aktien investiert. Die grösste Position war mit 2 Mio. CHF (62.5% der Finanzanlagen) ein Engagement beim (mittelbaren) Öl- und Gas-Service-Provider ogtronic ag (vgl. Geschäftsbericht 2012).
Nun blickt die Gesellschaft auch ihrem Ende als OTC-X- und Publikumsaktiengesellschaft entgegen: Wie aus der Veröffentlichung der GV-Einladung im Schweizerischen Handelsamtsblatt vom 28. Februar 2014 hervorgeht, beantragt der Verwaltungsrat zur GV am 20. März 2014 in Zug unter Traktandum 6 die Auflösung mit Liquidation der Gesellschaft.
Mit der Liquidation würde die wechselvolle und für die Aktionäre unter dem Strich – in Abhängigkeit vom „Timing“ – nicht nur glückliche Geschichte der Swiss Tech Invest AG enden. Der erste Schlusskurs nach dem Börsengang am 4. August 2005 wurde mit 29 CHF festgestellt. Der Höchstkurs wurde im Sommer 2007 mit einzelnen Kursen oberhalb von 40 CHF erreicht. In den ersten 2 Jahren nach dem IPO lag der Kurs die längste Zeit oberhalb von 30 CHF. Mit der „Finanzkrise, 1. Teil“ im Sog von Lehman Brothers ging es auch für die Valoren von Swiss Tech Invest AG zum Jahresende 2008 steil bergab: Ende Dezember 2008 wurde die wenig liquide Aktie um 10 CHF gehandelt, ehe in den Folgejahren eine Erholung in den Bereich um 20 CHF einsetzte. Die einstigen Kurse oberhalb von 30 CHF hatte die Aktie nie mehr gesehen. In den Wochen vor der Dekotierung von der BX Berne eXchange im Juni 2013 und der Handelsaufnahme auf OTC-X fiel die Aktie – offenbar aus Furcht vor einer weiteren Reduktion der Liquidität – unter vergleichsweise grossen Umsätzen von 16 CHF auf nur noch 13 CHF. Bei 13 CHF lag auch der letzte mit Umsätzen festgestellte Kurs am 13. Juni 2013 am Vortag der Dekotierung.
Diejenigen Investoren, die ihre STI-Aktien unmittelbar vor der Dekotierung an der BX Berne eXchange aus „Furcht“ (oder Unkenntnis/Unwissenheit?) vor der nicht-kotierten Plattform OTC-X überstürzt zu 13 bis 14 CHF bei einem ausgewiesenen inneren Wert (NAV) von 20.83 CHF (per 31.12.2012) verkauft hatten, haben jedoch in der Sprache des Volksmundes „mit Zitronen gehandelt“. Im Herbst 2013 – also schon nach Rückzug von der BX Berne eXchange bereits zu Zeiten des OTC-Handels bei der BEKB – kam es zu einer Nennwertreduktion mit Rückzahlung von 12.00 CHF je Aktie. Anleger, welche die letzten BX-Handelstage im Mai/Juni 2013 im Angesicht des Wechsels in den OTC-Markt zu einem Kauf von STI-Titeln nutzten, hatten wenige Monate später bereits praktisch ihren Einsatz bis auf einen Schweizerfranken zurückerhalten.
Heute, nach Umsetzung der Kapitalherabsetzung im November 2013, ist das Aktienkapital in 217’589 Namenaktien zu CHF 18.00 nominal eingeteilt. Nach den letzten verfügbaren Informationen von der BX-Homepage lag der Streubesitz nur noch bei gut 35%. Bei einem zuletzt bezahlten OTC-Kurs von 6 CHF, unter Einrechnung der Kapitalrückzahlung übrigens faktisch fast 40% oberhalb der letzten BX-Kurse, ergibt sich so eine Marktkapitalisierung von nur noch 1.3 Mio. CHF, womit die Gesellschaft nach ihrer Nennwertreduktion definitiv zu den kleinsten OTC-Gesellschaften gehört. Sie ist damit mittlerweile längst vom Radarschirm vieler Anleger verschwunden. Bei Zugrundelegung des Geld-Kurses von 4.70 CHF läge die Rendite gegenüber den letzten BX-Kursen noch immer bei fast 30%.
Was können Nebenwerte-affine Anleger mit Liquiditätstoleranz aus diesem aufgrund der eingeschränkten Handelbarkeit nicht ganz einfachen Fall über den Einzelfall hinaus lernen? Nicht immer ist es ratsam, angesichts einer sich abzeichnenden SIX- oder BX-Dekotierung schnellstmöglich „zum Ausgang zu rennen“ und – den ausserbörslichen Handel vor Augen – die Aktien noch zu regulären Börsenzeiten zum Verkauf zu stellen, da dies mitunter eine bessere Performance verhindert. Es gibt in vielen Fällen ein Leben nach der Börsennotiz – und auch ein solches Leben abseits des grellen Scheinwerferlichts von SIX oder BX kann durchaus lebenswert sein, übrigens auch für Aktionäre. Neben der kleinen STI an der BX gibt es hierfür weitere prominente Beispiele, so etwa die vormals SIX-kotierten Aktien der Victoria Jungfrau-Collection AG oder die Athris AG aus dem Beteiligungsimperium des Georg von Opel.
Ein Unternehmen ist streng genommen fundamental nicht mehr oder weniger wert, nur weil sich der Handelsplatz oder die Handelbarkeit ändert. Im Einzelfall kann es gleichwohl zu einer weiteren Einschränkung der Liquidität kommen, so dass liquiditätsorientierte Anleger oder Investoren, die kraft ihres Anlagereglements nur in „kotierte“ Titel investieren dürfen, in eine Entscheidungssituation gezwungen werden, die dann zum Ende des „Lebenszyklus“ an der Börse zuungunsten des OTC-Handels ausfällt – nicht selten dann aber auch in einem längerfristigen Blickwinkel zuungunsten der Performance!
Da wir das Private Equity-Portfolio der STI AG nicht im Detail kennen und auch dessen Wert in einem Liquidationsszenario von aussen schlecht beurteilen können, verzichten wir hier bewusst auf Aussagen zu einem möglichen Liquidationserlös. Dieser ist letztlich auch von vielen verschiedenen, ex ante schwer bestimmbaren Variablen abhängig und heute ohne genaue Kenntnis der Situation in den Portfoliounternehmen kaum seriös prognostizierbar. Mit der Kapitalrückzahlung im November 2013 wurde nach unserer Einschätzung der überwiegende Teil des Portfoliowertes bereits an die Aktionäre zurückgezahlt, so dass ein etwaiger Kauf auf Basis des Brief-Kurses (z.Zt. 9.95 CHF) nicht zuletzt aufgrund der Dauer der Liquidation und ihrer Kosten vordergründig aufgrund des früheren 2012-NAV im Bereich knapp unter 21 CHF (vor Kapitalrückzahlung) wenig aussichtsreich und riskant erscheint.
STI-Aktionäre sind gut beraten, die GV am 20. März 2014 zu besuchen und dort Informationen über einen möglichen Liquidationserlös auf Basis aktueller Portfoliowerte und ihrer Realisierbarkeit von den Organen zu verlangen. Im Einzelfall könnte, gerade mit Blick auf die vermutete Dauer der Liquidation, auch ein Verkauf über OTC-X gerade für kleinere Aktionäre, die mit der tiefen Liquidität im Titel besser umgehen können, eine valable Alternative zu einem „Durchhalten“ bis zum Vollzug der Liquidation sein. Selbst bei einem Verkauf zum aktuellen Geld-Kurs über OTC-X wären verbliebene STI-Aktionäre heute in jedem Fall – die Nennwertrückzahlung von 12 CHF eingerechnet – bessergestellt als jene Aktionäre, die ihre Aktien an der BX in den Monaten seit Ankündigung der Dekotierung im März 2013 unterhalb von 15 bis 16 CHF verkauft haben.
Thorsten Grimm, 4. März 2014.
Letztlich habe ich eine kleinkapitalisierte Aktie lieber im otc-Segment als an der Berner Börse oder an der SIX. Die Market Maker engagieren sich hier wirklich, und es gibt auch Blogs und Berichterstattung, die Aufmerksamkeit erzeugen, während die reine Börsenkotierung ohne Analysten und Market Maker nichts bringt.