„Machen Sie Ihr Baby mit uns“. Mit diesem flotten Spruch warb die Startups.ch AG aus Winterthur während der letzten Wochen auf Plakaten in der ganzen Deutschschweiz für ihre internetbasierten Firmengründungen. Auch wenn der Slogan zu der ein oder anderen Irritation bei kritischen Betrachtern führte, so hat die Werbeaktion ihren Zweck erfüllt. Mehr als zehn Firmengründungen pro Tag führt das Unternehmen im Schnitt durch. Das Angebot stösst offenbar auf eine grosse Resonanz. Dabei profitiert die 2005 gegründete Startups.ch AG von zwei Trends. Der seit 2009 stetig steigenden Zahl an Unternehmensgründungen in der Schweiz; allein 2013 erreichte die Zahl einen Rekordwert von 40’829 Gründungen. Und dem Trend zur Nutzung von Online-Dienstleistungen. Denn Startups.ch hat den Gründungsprozess digitalisiert. Ganz gleich ob Einzelfirma, GmbH oder Aktiengesellschaft – die Gründung auf der Plattform erfolgt mit wenigen Klicks. Geprüft und abgewickelt wird die Gründung von Fachexperten, Anwälten und Notaren im Startups.ch-Team. Mittlerweile können sich die Gründer auch persönlich vor Ort in den Geschäftsstellen in Winterthur, Zürich, Luzern, Bern, St. Gallen und der Westschweiz beraten lassen. 1’700 Firmen (+13%) wurden in 2013 nach Angaben der Gesellschaft über Startups.ch gegründet werden und trugen zu einem Umsatzwachstum auf 3.5 Mio. CHF bei.
Die Startups.ch AG ist eine von vier Tochtergesellschaften der Nexus AG, deren Aktien auf der Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank gehandelt werden. Zu den weiteren Gesellschaften gehören die Treuhandgesellschaft Findea AG, der Softwareentwickler Websoft AG und die chilenische Firma LanzateSolo. LanzateSolo bietet mit Hilfe der von Startups.ch entwickelten Plattform ähnliche Dienstleistungen für den chilenischen Markt an. Startups.ch und Findea verstehen sich als „one-stop-shop“ für Firmengründungen und weiterführende Dienstleistungen im Bereich Buchhaltung- und Treuhand. Das Geschäftsmodell von Startups.ch ist dabei clever: dem Gründer werden passend zur Gründung Produkte der Partner Postfinance (Konto), Axa-Winterthur (Versicherung und Vorsorge) und der Swisscom (Telekommunikation) angeboten. Nimmt der Gründer diese Leistungen in Anspruch, kann er die Gründungskosten von rund 1’500 CHF praktisch auf null senken. Startups.ch erhält von den Partnern dank langfristiger Verträge fixe und variable Vergütungen. Zudem verrechnet Startups.ch für weiterführende Dienstleistungen (wie bspw. Aktionärsbindungsverträge, Markenschutz, Arbeitsverträge) zusätzliche Gebühren. Im Idealfall lagert das neu gegründete Unternehmen seine Buchhaltung und Abschlussarbeiten zur Tochter Findea aus. Genau darauf zielt das „one-stop-shop“-Konzept der Nexus AG ab. Entwickelt wurde die gesamte Technologieplattform von der Nexus-Tochter Websoft AG, die derzeit ausschliesslich für die Gruppenunternehmen arbeitet. Websoft entwickelt auch ein automatisches Buchhaltungssystem für Findea.
Der Jahresabschluss für 2013 spiegelt deutlich das starke Wachstum wieder. Der konsolidierte Umsatz kletterte um 34.3% auf 5.3 Mio. CHF. Darin enthalten sind auch aktivierte Eigenleistungen (Softwareentwicklung) in Höhe von 954’000 CHF. Durch den Ausbau der Geschäftsaktivitäten in allen Tochtergesellschaften stiegen auch die Personalkosten überproportional an, so dass unter dem Strich ein Verlust auf Stufe Betriebsergebnis (EBIT) von 217’000 CHF resultierte. Der Konzernverlust lag bei 261’000 CHF. Zwar erreichte das Schweizer Geschäft in allen Bereich knapp die Gewinnzone. Allerdings musste die Nexus-Gruppe für das chilenische Start-up LanzateSolo im ersten Betriebsjahr einen Anlaufverlust von 222’000 CHF verkraften. Michele Blasucci, CEO der Nexus-Gruppe, weist jedoch darauf hin, dass sich die anfangs schleppenden Geschäfte in dem lateinamerikanischen Land seit Jahresbeginn sehr gut entwickeln würden. Obwohl sich im laufenden Jahr in allen Tochtergesellschaften zweistellige Umsatzzuwächse abzeichneten, bremst Blasucci die Erwartungen bezüglich dem Erreichen der Gewinnzone. „Wir werden sicherlich noch ein bis zwei Jahre in den Ausbau des Schweizer Geschäfts und hier insbesondere in Findea investieren, so dass wir vorerst keine Gewinne ausweisen können“, so der CEO. Zudem arbeite sein Team daran, neue Märkte zu analysieren, die in Punkto Unternehmensgründung Parallelen mit der Schweiz aufweisen und sich für einen Roll-out des Geschäftsmodells eignen würden. Finanziert wurde das Wachstum bisher durch Kapitalerhöhungen, zuletzt im Jahr 2013 auf 1.6 Mio. CHF. Zudem platzierte die Nexus AG ein Privatdarlehn. Grösster Aktionär ist mit 75% Michele Blasucci. Die übrigen Aktien werden von rund 50 weiteren Aktionären gehalten.
Die Nexus AG ist ein junges Wachstumsunternehmen, das von der Digitalisierung der Unternehmensgründungen und Automatisierung von Treuhanddienstleistungen profitieren möchte. Das bisherige Wachstum ist beeindruckend und die technologischen Fortschritte beachtenswert. Es nicht unrealistisch, dass sich dieser Wachstumskurs in den kommenden Jahren fortsetzt. Allerdings sind sowohl bei der Expansion in der Schweiz als auch bei den Auslandsplänen noch einige Hausaufgaben zu bewältigen, bevor das Unternehmen nachhaltig Gewinne erzielen kann. Hinzu kommt, dass die selbst entwickelte Software in der nach Swiss GAAP FER vorgelegten Jahresrechnung aktiviert und anschliessend abgeschrieben wird, was in den kommenden Jahren zu einer Belastung der Erfolgsrechnung führt. Bei Aktienkursen von 11.40 CHF beträgt die Marktkapitalisierung knapp 18 Mio. CHF. Angesichts des aktuellen Entwicklungsstadiums ist die Nexus AG damit zwar anspruchsvoll bewertet. Sollten die Wachstumspläne in den kommenden Jahren aufgehen, dürften die Skalierbarkeit des Geschäftsmodells sowie der selbst entwickelten Technologien für eine positive Entwicklung sorgen und damit auch zu deutlich höheren Kursen führen. Ein Investment zum jetzigen Zeitpunkt ist allerdings nur Anlegern zu empfehlen, die sich der hohen Risiken bewusst sind. Konservative Anleger sollten das Unternehmen noch etwas beobachten und sich erst engagieren, wenn sich abzeichnet, dass die zahlreichen Wachstumsinitiativen wirklich aufgehen.
Interessanter Beitrag!