Athris Holding AG: beteiligt sich mit mehr als 3% an deutscher Bilfinger

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Windkraftanlagen von Roedsand 2 vor Dänemark mit Bilfinger-Schwergewichtsfundamenten aus Beton. Quelle: Bilfinger SE, www.bilfinger.com
Windkraftanlagen von Roedsand 2 vor Dänemark mit Bilfinger-Schwergewichtsfundamenten aus Beton. Quelle: Bilfinger SE, www.bilfinger.com

Die in der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Athris Holding AG (vgl. Blog-Beitrag vom 19. Juni 2013) ist ein stiller Riese unter den Beteiligungsgesellschaften des deutschsprachigen Raumes und in vielerlei Hinsicht – nicht nur wegen einer fehlenden Homepage – eine eher ungewöhnliche OTC-Spezialität. Gemessen an ihrem verwalteten Vermögen von mehr als 1 Mrd. CHF (Schätzwert, Basis Geschäftsbericht 2013) ist die im Frühjahr 2009 aus einer Abspaltung aus der ehemaligen Jelmoli AG entstandene, vormals an der SIX gelistete und heute auf OTC-X gehandelte Athris Holding AG wohl sogar eine der grössten D-A-CH-Beteiligungsgesellschaften mit aussenstehenden Publikumsaktionären. Mehrheitsaktionär mit einem Kapitalanteil oberhalb von 93% nach offiziellen Angaben aus dem Geschäftsbericht (2013, S. 9) ist der deutschstämmige Investor Georg von Opel aus der gleichnamigen Autobauer-Familie über verschiedene, ihm zurechenbare Investmentgesellschaften. Nach Ablauf des börslichen Übernahmeangebots im Jahr 2009, als die von Opel zuzurechnende Pelham Investments 1050 CHF je Inhaber- bzw. 210 CHF je Namenpapier geboten hatte, hielt die Bieterin Pelham zunächst 94,78% des Aktienkapitals und 96,52% der Stimmen.

Nur sehr selten dringt es etwas über die Anlagestrategie und die getätigten Investments der Athris Holding AG nach aussen. Bekannt ist in interessierten Nebenwerte-Kreisen jedoch, dass die Athris bei ihren im Einzelfall grossvolumigen Aktienanlagen im Kern eine defensive Strategie bevorzugt, bei der „globale Dividendenwerte und Qualitätsaktien“ im Fokus stehen.

Am 11. August 2014 wurde öffentlich, dass sich der „Opel-Urenkel“ Georg von Opel mit einer meldepflichtigen Beteiligung oberhalb von 3% beim kriselnden deutschen Baukonzern Bilfinger SE eingekauft hat. Auf Basis einer aktuellen Bilfinger-Marktkapitalisierung im Bereich um 2.4 Mrd. Euro (Kurs: 55 Euro, 15. August 2014, ohne eigene Aktien) entspricht dies einem Beteiligungswert von derzeit etwa 73 Mio. Euro oder 88 Mio. CHF.

Tatsächlich wurde die Beteiligung über 3.04% effektiv über die Athris Holding AG aufgebaut, wie aus einer deutschen Pflichtveröffentlichung gemäß § 26 Abs. 1 WpHG („Stimmrechtsmitteilung“) vom 13. August 2014 eindeutig hervorgeht.Damit reiht sich die Athris AG aus dem OTC-X-Handel der Berner Kantonalbank ein in eine Reihe illustrer Grossaktionäre aus dem Bereich des internationalen Finanzkapitals: Weitere Aktionäre neben Georg von Opel/Athris, die derzeit Schwellenwerte nach § 21 WpHG (D) überschritten haben, sind gemäss einer Übersicht auf www.bilfinger.com Cevian Capital (20,19%), BlackRock (3,19%) sowie Delta Lloyd N.V. (3,01%). Nicht zuletzt diese Aktionärsstruktur ist es auch, die die Bilfinger SE zu einem möglichen Kandidaten für weitergehende „Strukturmassnahmen“ macht.

Nach zwei Gewinnwarnungen in kurzer Zeit und dem darauf folgenden Rücktritt des erst seit 2011 amtierenden Vorstandschefs Roland Koch – ehemaliger Ministerpräsident von Hessen und nebenbei auch noch Aufsichtsratsvorsitzender der UBS Deutschland – ist der deutsche Traditionskonzern kurzfristig jedoch in schweres Fahrwasser geraten und insbesondere die Aktionäre mussten dabei empfindliche Kurseinbrüche verkraften. Seit Jahresanfang hat die „normalerweise“ dividendenstarke Bilfinger-Aktie – einschliesslich der zwischenzeitlichen Dividende von 3 Euro (brutto) – gut 30% ihres Wertes eingebüsst (Abbildung 1).

Für die Bilfinger-Aktionäre waren die Koch-Jahre letztlich verlorene Jahre (Abbildung 3). Roland Koch, bereits als Politiker nicht immer nur glücklich agierend, hatte Bilfinger einen radikalen Umbau weg vom klassischen Baugeschäft hin zum Dienstleistungskonzern verordnet. Am Ende scheiterte Koch nach Lesart mancher Beobachter vor allem an sich selbst und allzu ambitionierten Zielvorgaben, die die Organisation überforderten. Die von Koch eingeschlagene Strategie will der Aufsichtsrat dagegen fortsetzen. Nachfolger im Amt ist Kochs Amtsvorgänger Herbert Bodner, der gleich zum Amtsantritt gut 1 Mio. Euro in die eigene Aktie investierte und damit auch optisch ein Zeichen setzte, dass er selbst an das angeschlagene Unternehmen glaubt – gerade nach dem jüngsten Kursrutsch.

Georg von Opel scheint in dieser nicht ganz übersichtlichen Ausgangslage nun Chancen für sich selbst und die Athris-Aktionäre zu erkennen. Allerdings: Bereits zum Jahresende 2012 war die Bilfinger SE unter den Top 10-Positionen der Athris AG vertreten. Insofern ist zu erwarten, dass die Beteiligung an der Bilfinger SE Georg von Opel bisher nicht nur Freude bereitet hat und zumindest in den letzten Monaten auch die ansonsten gute Athris-Performance schmälerte.

Mit der nun vollzogenen Aufstockung über die 3%-Schwelle hinaus handelt der in der Vergangenheit oft erfolgreiche Investor Georg von Opel in jedem Fall anti-zyklisch, gegen den nach unten gerichteten Markttrend – und auch gegen die Mainstream-Meinungen vieler Bankenanalysten in diesen Tagen, die ihre Kursziele schlagartig (und trendverstärkend) nach Gewinnwarnung und Vorstandsrücktritt nach unten revidiert bzw. an die gefallenen Kurse angepasst haben. Überzeugte Contrarians könnten allerdings gerade diese Umstände bereits als Argumente „pro Bilfinger“ werten.

Das abgelaufene Geschäftsjahr 2013 hatte sich für die Athris Holding AG mit einem erwirtschafteten Reingewinn von über 58 Mio. CHF erfreulich entwickelt. Die Gesamtperformance lag nach dem Geschäftsbericht 2013 (S. 3) dabei über 25%. Das ausgewiesene Eigenkapital erhöhte sich im abgelaufenen Geschäftsjahr auf konsolidierter Basis von 664.6 Mio. CHF um 8.8% auf 722.8 Mio. CHF. Die Eigenkapitalquote betrug dabei komfortable 81%. Im laufenden Jahr 2014 hat sich die Athris AG zugunsten der Migros von den Molino-Restaurants zu einem nicht genannten Preis getrennt, so dass 2014 wohl erneut mit einem soliden Ergebnis zu rechnen ist.

Das Athris-Aktienkapital ist eingeteilt in 1’167’199 vinkulierte Namenstimmrechtsaktien zu 0.20 CHF nominal (Valor 4986484) mit niedriger Handelsliquidität und 203’436 Inhaberaktien à 1.00 CHF (Valor 4986482), die im Handel liquider sind. Beide Athris-Gattungen werden auf OTC-X gehandelt und notieren in etwa entsprechend ihrer Nominalwert-Verhältnisse zum Faktor 5:1. Auf Basis der zuletzt bezahlten Preise von 325 CHF je Namenaktie (Kurs vom 17.7.2014) und 1’620 CHF je Inhaberaktie (Kurs vom 17.7.2014) lässt sich – bei einem ausgewiesenen Buchwert des Eigenkapitals von 722.8 Mio. CHF per Ende 2013 – eine Marktkapitalisierung im Bereich um 708 Mio. CHF ableiten. Allerdings schätzen wir, dass aufgrund der guten Börsenentwicklung der zurückliegenden Jahre teilweise hohe stille Reserven in den Finanzanlagen vorhanden sind, die im bilanziellen Ausweis des Eigenkapitals unberücksichtigt bleiben. Den theoretischen Inneren Wert der Athris-Aktie sehen wir oberhalb der aktuellen OTC-X-Briefkurse. Ein stark vereinfachter Indikator könnte dabei die im Geschäftsbericht 2013 erwähnte „Gesamtperformance“ von 25% sein. Nimmt man nur die fungiblen Finanzanlagen des Jahres 2012 in Höhe von 747.1 Mio. CHF als Massstab und addiert eine 2013-Performance von 25% hinzu, würde sich in dieser Musterrechnung ein Wert der Finanzanlagen um 934 Mio. CHF statt der bilanzierten 818.6 Mio. CHF einstellen. Die Performance 2014 auf den anderen Wertschriften und Anlagen im Portfolio, aber auch die 2013-Performance der anderen Anlagen, müsste gedanklich noch hinzugerechnet werden. Eine vereinfachte Differenz um 115 Mio. CHF (934 Mio. CHF minus 818.6 Mio. CHF) würde auf einer einheitlichen Nennwertbasis bei den „grossen“ Inhaber-Aktien stille Reserven im Bereich um 260 Euro auf das ausgewiesene Eigenkapital (1’654 CHF) bedeuten, wobei das Kapitel Bilfinger SE die Performance der Athris-Kapitalanlagen in jüngerer Zeit deutlich geschmälert haben dürfte. Wir gehen davon aus, dass die 3%-Position in der Bilfinger SE in absoluten Grössen mittlerweile eine der grössten Beteiligungen der Athris AG und unter den „Top 5“ vertreten ist. Je nach weiterer Entwicklung und in Abhängigkeit vom (nicht bekannten) Einstandskurs steckt in dieser Bilfinger-Beteiligung im Erfolgsfall jedoch auch ein erhebliches Kurspotential für die Athris-Aktionäre.

Die Athris-Aktie eignet sich strukturell nur für Anleger mit einem Faible für substanzstarke und unterbewertete „Value-Aktien“, die gleichzeitig mit der hohen Abhängigkeit von den „Launen“ und Ideen des Hauptaktionärs Georg von Opel sowie der insgesamt niedrigen Handelsliquidität gut leben können. Neben Georg von Opel hält auch die in Nebenwerte-Anlegerkreisen bekannte Nebag AG eine substanzielle Beteiligung an der Athris AG mit zuletzt mehr als 1% des Kapitals. Angesichts der guten Kapitalausstattung mit einer Eigenkapitalquote > 80%, einem erfahrenen Hauptaktionär als „Ankeraktionär“ und der zuletzt guten Gewinnsituation – unter Ausblendung der aktuellen Sondersituation bei Bilfinger SE – erscheinen die Risiken insgesamt überschaubar. Mit einer Performance von 27% (Inhaberaktie) bzw. 29% (Namenaktie) auf Sicht eines Jahres gehörten die Aktien der Athris Holding AG schon zuletzt zu den Top-Performern auf OTC-X. Kurzfristig ist – nicht zuletzt auch aufgrund der Marktunsicherheiten und der unklaren Lage bei der Bilfinger SE – ungeachtet des von uns vermuteten NAV-Abschlags nicht mit einer vergleichbaren Aufwärtsbewegung zu rechnen.

Thorsten Grimm, 17. August 2014

Transparenzhinweis: Dem Autoren nahestehende Personen sind Aktionäre der Athris Holding AG und der Bilfinger SE.

 

BILFINGER SE – 2014 (Kurschart YTD, ohne Dividende)

Abbildung 1: Quelle Berner Kantonalbank, www.moneynet.ch.
Abbildung 1: Quelle Berner Kantonalbank, www.moneynet.ch.

 

 

 

 

 

 

 

 

BILFINGER SE – 5 Jahre (Kurschart 2009 – 2014, ohne Dividenden 

Abbildung 2: Quelle Berner Kantonalbank, www.moneynet.ch.
Abbildung 2: Quelle Berner Kantonalbank, www.moneynet.ch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

BILFINGER SE – Roland Koch ./. Bilfinger SE vs. DAX seit Roland Koch-Amtsantritt (1.7.2011 – 8.8.2014)

Abbildung 3: Daten Berner Kantonalbank, www.moneynet.ch, Eigene Abbildung.
Abbildung 3: Daten Berner Kantonalbank, www.moneynet.ch, Eigene Abbildung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

3 Kommentare

  1. Der Finanzinvestor Cevian Capital hat die Beteiligung an der Bilfinger SE mit Meldung vom 29. September 2014 auf mehr als 25% aufgestockt:

    http://www.dgap.de/dgap/News/pvr/bilfinger-veroeffentlichung-gemaess-abs-wphg-mit-dem-ziel-der-europaweiten-verbreitung/?companyID=166&newsID=817659

    Die letzte bekannte Meldegrösse waren 20,19%.

    Wie Cevian Capital – wie vom deutschen Gesetzgeber vorgeschrieben – weiter mitteilte, dient die Investition nicht der Umsetzung strategischer Ziele, sondern der Erzielung von Handelsgewinnen.

    Gegebenenfalls beabsichtigt Cevian Capital auch, innerhalb der nächsten zwölf Monate weitere Stimmrechte durch Erwerb oder auf sonstige Weise zu erlangen.

    http://www.dgap.de/dgap/News/pvr/bilfinger-veroeffentlichung-gemaess-abs-wphg-mit-dem-ziel-der-europaweiten-verbreitung/?companyID=166&newsID=817658

    Das weitere Vorgehen von Cevian Capital als grösstem Aktionär der Bilfinger SE dürfte auch für die Athris AG von Bedeutung sein.

    Die jüngste Kursentwicklung der Bilfinger SE nach mehreren Gewinnwarnungen in Serie ist für Aktionäre enttäuschend und wird auch den Verantwortlichen der Athris AG nicht gefallen.

    Cevian Capital dürfte mit dieser Aufstockung seine Aktionärsinteressen – auch über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats – künftig noch aktiver umzusetzen versuchen, um dieses Investment doch noch zu einem Erfolg werden zu lassen.

  2. Der Finanzinvestor Cevian Capital hat die Beteiligung an der Bilfinger SE mit Meldung vom 29. September 2014 auf mehr als 25% aufgestockt:

    http://www.dgap.de/dgap/News/pvr/bilfinger-veroeffentlichung-gemaess-abs-wphg-mit-dem-ziel-der-europaweiten-verbreitung/?companyID=166&newsID=817659

    Die letzte bekannte Meldegrösse waren 20,19%.

    Wie Cevian Capital – wie vom deutschen Gesetzgeber vorgeschrieben – weiter mitteilte, dient die Investition nicht der Umsetzung strategischer Ziele, sondern der Erzielung von Handelsgewinnen.

    Gegebenenfalls beabsichtigt Cevian Capital auch, innerhalb der nächsten zwölf Monate weitere Stimmrechte durch Erwerb oder auf sonstige Weise zu erlangen.

    http://www.dgap.de/dgap/News/pvr/bilfinger-veroeffentlichung-gemaess-abs-wphg-mit-dem-ziel-der-europaweiten-verbreitung/?companyID=166&newsID=817658

    Das weitere Vorgehen von Cevian Capital als grösstem Aktionär der Bilfinger SE dürfte auch für die Athris AG von Bedeutung sein.

    Die jüngste Kursentwicklung der Bilfinger SE nach mehreren Gewinnwarnungen in Serie ist für Aktionäre enttäuschend und wird auch den Verantwortlichen der Athris AG nicht gefallen.

    Cevian Capital dürfte mit dieser Aufstockung seine Aktionärsinteressen – auch über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats – künftig noch aktiver umzusetzen versuchen, um dieses Investment doch noch zu einem Erfolg werden zu lassen.

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