Frankenstärke – das könnte zum Unwort des Jahres werden. Die Unsicherheit nach dem Ende des Euro-Mindestkurses ist gross. Wie werden sich die Folgen des starken Frankens auf die Schweizer Unternehmen auswirken? Viele Anleger und Investoren machen um heimische Titel derzeit einen grossen Bogen. 9.5 Prozent verliert der SMI in den letzten zwei Wochen. Ebenso gross ist auch der Kursverlust bei der Kardex AG. Eigentlich sollte der Experte für Logistik vom allgemeinen Kursrückschlag aber weniger betroffen sein. Denn der Konzern aus Zürich produziert besonders viel im Ausland – der starke Franken spielt da nicht die grosse Rolle.
So werden die Liftanlagen und Fliessbänder im Bereich Kardex Remstar – mit dem das SPI-Mitglied 80 Prozent seiner Umsätze erzielt – in Deutschland produziert. Es gibt zwei Fabriken im Nachbarland in Bellheim und Neuburg. Und auch die Hochregallager der Sparte Kardex Mlog stammen aus einem Werk im deutschen Neuenstadt. Insgesamt produziert Kardex 80 Prozent seiner Bürotechnik, Lagersysteme oder Regalbediengeräte im Euroraum und somit frei von Frankenstärke.
Wichtiges Servicegeschäft
Damit ist Kardex gut aufgestellt. Bei den Liftsystemen und Karusselllagern nennt das Unternehmen in der Sparte Remstar einen Marktanteil von mehr als 35 Prozent und sieht auch bei den Regalbediengeräten von Mlog in Deutschland gute Marktstellung. Da beispielsweise von den Logistiksystemen von Kradex Remstar über 100000 Systeme bei grossen Kunden wie Caterpillar, Siemens, BASF, Webasto oder verschiedenen Autoherstellern installiert sind, ergeben sich gute Chancen für das After-Sales-Geschäft. So liegt der Umsatzanteil der Services bei Remstar immerhin bei 28 Prozent. Das bringt nicht nur besser planbare wiederkehrende Einnahmen, sondern auch die Chance auf den Verkauf von Ersatz- und Neuinvestitionen.
Als Spätzykliker im Logistiksektor stand Kardex 2010 aber noch wegen tiefer Auslastung unter Druck. Die Wirtschaftskrise in Euroland brachte damals zeitverzögert einen deutlichen Verlust von 1.75 CHF je Aktie. Ab 2011 erfolgte dann zwei Jahre lang eine strategische Neuausrichtung mit Konzentration auf automatische Lagersystem- und Materialflusslösungen und das Servicegeschäft. Neben Restrukturierungen gab es im Mai 2013 dann auch noch den Verkauf der ehemals dritten Sparte Kardex Stow.
Konzentration bringt steigende Margen
Der Verkauf des Segments an die französische Averys Gruppe mit einem Transaktionswert von 76.9 Millionen Euro brachte nicht nur einen Buchgewinn von 8.8 Millionen Euro – das SPI-Mitglied verbesserte dadurch auch seine Eigenkapitalquote schlagartig von 38.9 auf 55.9 Prozent –, sondern auch steigende Margen. Die Gewinnspanne vor Zinsen und Steuern (EBIT) kletterte dadurch von 5.1 Prozent im Halbjahr 2012 auf 8.2 Prozent im ersten Semester 2014.
Aber nicht nur die Verbesserung der Margen stand im Fokus – Kardex hat in den letzten zwei Jahren auch stark in Wachstum investiert. So wurden die Vertriebsmannschaft ausgebaut, die Produktpalette erweitert und der Wandel vom Produkthersteller zum Lösungsanbieter vorangetrieben. Wie schon im vergangenen Jahr steht nun aktuell auch noch in 2015 unter anderem die Steigerung der Umsätze und Verbesserung der Marktstellung in mehreren Regionen auf der Liste: Verstärkt im Visier sind Nordamerika, die Region Asien-Pazifik, der Mittlere Osten und Afrika.
Vielversprechender Basistrend
Zusammen mit dem weiteren Ausbau des Servicegeschäfts insbesondere bei Mlog – dort soll der Serviceanteil zwischen 2012 und 2016 von 15 auf 21 Prozent steigen – peilt Kardex ein jährliches Umsatzwachstum von drei bis fünf Prozent an. Die operative Marge soll über den gesamten Zyklus im Durchschnitt bei über sechs Prozent liegen.
Das Wachstum scheint gut machbar. So wird mittelfristig mit einem deutlichen Ausbau der Lagerkapazitäten in Europa und einem entsprechenden Anstieg bei der Nachfrage der dafür benötigten Logistik- und Materialflusssysteme gerechnet. Auch in der Region Asien-Pazifik, und dort insbesondere in China und Indien, werden wegen steigender Industrieproduktion ein Lageraufbau und erhöhte Nachfrage nach Logistiklösungen jährlich im mittleren einstelligen Prozentbereich erwartet. Dazu kommt: Auch im Lagerbereich ist Effizienz gefragt, das dürfte Automatisierungslösungen zusätzlich begünstigen. Neben dem positiven Basistrend hat Kardex auch kleinere Zukäufe angekündigt. Auf der Gewinnseite verspricht der höhere Serviceanteil steigende Margen. So sieht etwa das Beratungsunternehmen Deloitte im After-Sales-Geschäft um 75 Prozent höhere Gewinne im Vergleich zur reinen Produktion.
Ausbau des Vertriebs bringt erste Früchte
Im Rahmen der Zielvorgabe steigerte Kardex den Umsatz im ersten Halbjahr 2014 um 2,8 Prozent auf 147.2 Millionen Euro. Dabei bringen die Investitionen beispielsweise in das verstärkte Vertriebsteam bei Kardex Remstar erste Früchte: In den sechs Monaten kletterten die Auftragseingänge bei Remstar im Neugeschäft um rund sieben Prozent, und im neu gegründeten OEM-Geschäftsbereich gab es erste Verträge. Da die Kosten für den Wareneinsatz im Konzern um 0.4 Prozent zurückgingen, kletterte das Rohergebnis um 9.9 Prozent. Der Gewinn je Aktie fiel zwar von 1.40 auf 1.22 CHF. Doch in den Vorjahreszahlen waren noch Umsätze der verkauften Sparte Kardex Stow enthalten.
Mit erwartetem 12er-KGV in 2015 ist die Aktie angesichts des Wachstums im Basistrend, steigender Margen und verstärkter Expansion nicht teuer. Die Aktie läuft seit März 2014 in einer engen Trading-Range zwischen 40 und 48 CHF. Der Sprung über die obere Begrenzung dieser Handelsspanne könnte dem Wert neue Kursdynamik bringen.