Marc Possa (Sara Select): „Die ausländischen Käufer werden zurückkommen!“

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2017
Marc Possa, Portfoliomanager des auf CH-Nebenwerte fokussierten Sara Select. Bild: zvg
Marc Possa, Portfoliomanager des auf CH-Nebenwerte fokussierten Sara Select. Bild: zvg

Das Aus des Euro-Mindestkurs war ein Schock. Im SMI gab es anfänglich hohe Kursverluste, Unternehmer und Politiker stellen teils Horrorszenarien für die Schweizerische Wirtschaft auf. Möglicherweise wird alles aber doch nicht so schlimm wie jetzt noch befürchtet. Marc Possa, Portfoliomanager des auf Schweizerische Small und Mid-Caps fokussierten Fonds Sara Select, erläutert im Gespräch mit schweizeraktien.net warum die Folgen der Frankenstärke nicht so gravierend sein können und wie Anleger sich jetzt positionieren sollten.

Der Euro-Mindestkurs ist passé, der Franken ist stark. Welche Unternehmen in der Schweiz trifft das im Durchschnitt härter: Grosse Standardwerte oder Small Caps?

Marc Possa: Gut ist, dass die meisten Unternehmen global aufgestellt sind und somit über einen natürlichen Hedge verfügen, d. h. dass die Erträge dort anfallen, wo auch die Kosten entstehen. Dies gilt für die grossen Standardwerte wie auch für die Small Caps. Viele Unternehmen kaufen in EUR oder USD ein und dies kompensiert die negativen Effekte der Frankenstärke partiell.

Welche Sektoren dürften am stärksten unter dem starken Franken leiden? Welche sind weniger betroffen?

Die Frage ist schwierig, da Pauschalisierungen dem Einzelfall nicht genügend Rechnung tragen. Es geht um Preiselastizitäten und darum, einen geleisteten Mehrwert bezahlt zu bekommen. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Branchen Mühe haben, welche sich „nur“ über den Preis differenzieren. Hier wird der Druck massiv steigen. Dort wo aber dank hoher Innovation grosse Marktanteile bestehen und dem Kunden ein Mehrwert generiert wird, wird der Druck weniger gross sein. Die Schweiz geniesst aufgrund unserer kulturellen Eigenheiten eine unglaubliche Innovationskraft, wir sind vielfach Weltmeister in vielen Disziplinen! Überall dort, wo vertieftes Werkstoff-, Prozess- oder Industrieknowhow benötigt wird, ist der Druck kleiner. Dort wo diese Eintrittsbarrieren tiefer liegen, wird ein Konkurrenzdruck höher sein.

Welche Reaktionen der Unternehmen auf den starken Franken sind zu erwarten?

Viele Unternehmen haben in den letzten Jahrzehnten und Jahren eine globale Aufstellung angestrebt. Ursprünglich zur Werkbankverlängerung vor allem in Asien, danach aber auch, um den demografischen Gegebenheiten mehr Rechnung zu tragen um dort präsent zu sein, wo Prosperität und Wachstum stattfindet, also mit Fokus auf die entsprechenden Binnenmärkte. Auch der Einkauf wurde an vielen Orten zusammengefasst und findet häufig in USD und EUR statt, was den Wechselkursnachteil positiv kompensiert. Es gibt aber immer noch ein gewisses Optimierungspotential, dies muss ein permanenter Prozess sein.

Wie lange dürfte es dauern, bis die Firmen die Frankenaufwertung mehr oder weniger ausgeglichen haben?

Die Schweizer Industrie hat gelernt, mit einem sich im Durchschnitt erstarkenden Franken umzugehen. Schwierig ist nur, wenn die Anpassungen zu rasch und zu stark ausfallen. Unsere kulturellen Eigenheiten und Werte, der Hang zur Perfektion und Zuverlässigkeit sind neben den stabilen rechtsstaatlichen Gegebenheiten und tieferen Zinsen Gründe einer höheren Produktivität. Dadurch werden bessere und zuverlässigere Produkte und Systeme hervorgebracht, die dann erfolgreicher global verkauft werden können. Dank der globalen Aufstellung mit Produktion zu Kosten in der jeweiligen Landeswährung sind die transaktionalen Exponierungen sehr klein. Mit der translationale Exponierung, bei der ausländische Geschäftserfolge aus der jeweiligen Landeswährungen mit entsprechenden Abwertungsverlusten in eine CHF-Bilanz übertragen werden, muss man leben. Sie sind aber zum Glück für die meisten nicht entscheidend.

Wie dürften sich die Umsätze der Unternehmen jetzt entwickeln, wie die Gewinne? Ist vielleicht sogar mit einem Einbruch zu rechnen?

Eine partielle Betrachtung ist schwierig und nicht möglich. Es hat im gesamten Wirtschaftssystem so viele Parameter, welche sich momentan stark verändern. Grundsätzlich kann man sagen, dass die Translation in eine CHF-Bilanz und Erfolgsrechnung negativ sein wird. Vergessen darf man aber nicht, dass die Durchschnittskurse im USD für 2014 bei 0.915 und im EUR bei 1.21 lagen, das heisst, dass im USD der Unterschied zum aktuellen Niveau sehr klein ist. Da die Schweizerischen Verkäufe nicht nur in EUR stattfinden, wird der negative Einfluss nicht bei beispielsweise 20% sein, sondern substanziell weniger.

Was sollten Anleger jetzt machen, welche Strategie ist am sinnvollsten?

Es ist zwischen der strategischen und der taktischen Allokation zu unterscheiden. Um dem heutigen Umfeld von Reflationierungsübungen fast aller Notenbanken Rechnung zu tragen muss man als Anleger eine Realwertstrategie fahren, das heisst, genügend Immobilien und Aktien haben, zumal diese noch sehr vernünftige Erträge wie etwa Dividenden abwerfen. Dies wird für die kommenden Jahre zentral sein, weil man aus den Obligationen keine Cashflows mehr hat. Ich bin sehr vorsichtig mit Geschäftsmodellen der Finanzindustrie, hier ist die USP zu wenig klar.

Können Schweizer Unternehmen am Ende sogar gestärkt aus der Aufwertung des Franken hervorgehen?

Prima vista haben die Bilanzen und Eigenkapitalien dieser Firmen über Nacht um fast 20% zugenommen. Das heisst, dass die „Kriegskassen“ in EUR oder USD gemessen um 20% gestiegen sind. Da viele Gesellschaften über hervorragende Bilanzen verfügen, ist deren Stärke noch gewachsen, was im globalen M&A Kontext sicherlich nicht nachteilig sein wird.

Ist nicht damit zu rechnen, dass internationales Kapital wegen der Frankenstärke – Stichwort sicherer Hafen – schon bald wieder verstärkt in Schweizer Aktien fliessen und dadurch Kurssteigerungen am Schweizer Aktienmarkt bringen wird?

Dies ist in den letzten Quartale geschehen. Ausländische Käufer haben vor allem die liquiden Bereiche des Markts gekauft und dabei implizit im CHF einen Hedge für ihre Anlagen in CH Aktien gehabt. Als der Euro-Mindestkurs von der SNB aufgegeben wurde, waren es genau diese Ausländer, welche massiv Aktien verkauften. Sie haben dabei auf der Währungsseite mehr verdienten als sie mit den Verkäufen verloren haben. Der Rückschlag ermöglicht nun den Schweizerischen Anlegern, sich gutpositionierte Gesellschaften zu kaufen, welche dank gewisser Megatrends (Urbanisierung, Elektrifizierung, Kommunikation, Mobilität, Alterung usw.) weiterhin über sehr attraktive Aussichten verfügen. Die ausländischen Käufer werden zurückkommen, zumal viele Schweizer Gesellschaften zu interessant sind, um negiert zu werden und der Franken längerfristig aus guten Gründen, beispielsweise der höheren Produktivität oder der Rechtsstaatlichkeit im Land, gegenüber jeder Währung an Stärke gewinnen wird. Sie werden zurückkommen.

 

 

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