„Es ist nichts beständig als die Unbeständigkeit.“ Immanuel Kant.
Von Hoch zu Hoch! Die Stärke des US Dollar löst jedoch kaum noch Begeisterungsstürme aus und hat viele und weitreichende Implikationen, die sich bereits wie ein Tsunami auftürmen – bereit, die Weltwirtschaft zu überfluten.
Spätestens seit Veröffentlichung der Studie „Global dollar credit: links to US monetary policy and leverage“ im Januar 2015 ist den Marktteilnehmern die Problematik der globalen Verschuldung in US Dollar ins Bewusstsein gerückt worden. Und, in den zwei Monaten seit der Veröffentlichung ist der gewichtete US Dollar Index um weitere 10% gestiegen, was die dargestellte Problematik nochmals verschärft. Innerhalb der letzten vier Jahre ist der Dollar Index um 40% in die Höhe geschossen – das ist mehr als während der letzten Stärkephase des Dollar Mitte der 90er Jahre. Diese hatte ja bekanntlich zur Krise um den thailändischen Baht geführt und dann die grosse Emerging Market Krise der 90er Jahre ausgelöst, die in der Zahlungsunfähigkeit Russlands 1998 gipfelte. Dies wiederum begründete die systemrelevante Pleite des Hedge Fonds LTCM, was die erste grosse Krisenintervention der Fed mit sich brachte.
Emerging Markets – Opfer ihrer Stärke
Als die Banken- und Finanzkrise 2009 ihren Höhepunkt erreichte und die Fed wieder im Systemrettungsmodus war, standen die BRICS und andere Emerging Markets ziemlich gut da, weil sie, anders etwa als europäische Banken, Staaten, Steuerzahlern kaum in die Welt der US Hypothekenverbriefung involviert waren. Brasilien, Indien, China – das waren 2009 die einzigen Lokomotiven der Weltwirtschaft. Der brasilianische Real war die härteste Währung der Welt, China erzielte Wachstumsraten jenseits der 10%.
Und weil die Regierungen der wichtigen Emerging Markets die Lektionen aus den Währungskrisen der 90er Jahre gelernt hatten und geringe Verschuldungsraten, insbesondere in Fremdwährungen, aufwiesen, also eine gute Bonität hatten, erhielten sie gute Ratings und konnten in US Dollar zu sehr attraktiven Konditionen Kredite aufnehmen und Anleihen begeben. Es waren jedoch nur in geringem Ausmass die Regierungen, die die scheinbar günstige Gelegenheit nutzten, sondern vielmehr hauptsächlich die Unternehmen. Darunter viele, die neu am Kapitalmarkt waren, also keine Historie aufweisen konnten.
Das 9-Billionen-US-Dollar-Problem
Wie die BIZ – Bank für Internationalen Zahlungsausgleich – minutiös ermittelte, sind die Verbindlichkeiten von nicht-amerikanischen Schuldnern in US Dollar seit dem Jahr 2000 von 2 Billionen US Dollar auf jetzt 9 Billionen US Dollar gestiegen. Der Anteil, der auf Emerging Markets in Asien und Lateinamerika entfällt, hat sich danach seit 2008 auf 4,5 Billionen US Dollar verdoppelt. Allein 1,1 Billionen US Dollar entfallen auf chinesische Unternehmen, inklusive Hong Kong sind es 2 Billionen US Dollar.
Aus Schweizer Sicht ist die Dollarstärke bestimmt das kleinere Problem. Aus der Perspektive der Euroländer sieht es schon bedrohlicher aus. Wenn auch der Euro Absturz sozusagen zur Re-Inflationierung des Euroraumes gewollt ist, so wird es doch für Unternehmen und jeden zunehmend unbequem, wenn in hohem Masse Dollarverbindlichkeiten bestehen. Für Unternehmen aus Ländern, deren Währungen noch schwächer sind, wie Brasilien, Ukraine, Türkei und Malaysia, legt sich die Dollarstärke jedoch wie eine Würgeschlange um Hals und Körper. Die Einnahmen fallen meist überwiegend in der abgewerteten Landeswährung an, Zinsen und Tilgungszahlungen sind jedoch in US Dollar zu leisten.
Wettbewerbsfähigkeit Chinas geht zurück…
Bisher sind zumindest die Zinssätze niedrig geblieben. Die Marktbefürchtung ist, dass es zu einer Insolvenzwelle kommen könnte, wenn die Fed wie angekündigt die Zinsen erhöht. Das zeigt, dass durch die amerikanischen QE Massnahmen der monetäre Transmissionsmechanismus Auswirkungen bis nach Borneo hat, und, im Umkehrschluss, dass die Fähigkeit nationaler Notenbanken, die monetären Rahmenbedingungen in ihrem Währungsgebiet zu bestimmen, aufgrund der zunehmenden Dollarisierung der Weltwirtschaft mehr und mehr verloren geht.
Da die chinesische Währung Yuan bzw. Renminbi an den US Dollar gekoppelt ist, sind die chinesischen Dollarschuldner in der Sonderposition, nicht unter der Dollarstärke zu leiden, allerdings nur mit Blick auf die Verbindlichkeiten. Denn in der Realwirtschaft sind chinesische Produkte zunehmend weniger kompetitiv auf den Exportmärkten mit schwachen Währungen wie Mexiko, Brasilien, Japan, Euroland, Türkei, Indonesien.
… und eine Reihe weiterer Probleme im Reich der Mitte
Vor diesem Hintergrund und angesichts der schwächelnden aggregierten globalen Nachfrage rechnet die chinesische Führung nur mit Wachstumsraten von 7%. Offiziell rechnen alle Experten mit einem soft landing, wenngleich mannigfache Probleme auch einen anderen, weniger freundlichen, Verlauf möglich erscheinen lassen. So hat China nach der Banken- und Finanzkrise 2009 ein mehrstufiges QE Programm gestartet, das in seinen Proportionen selbst die Amerikaner blass erscheinen lässt.
Heute deflationiert die u.a. daraus entstandene Real Estate Blase mit Preisrückgängen von mehreren Prozent pro Monat, und das gigantische Schattenbanksystem zeigt immer mehr Risse im Fundament in Form von Zinsausfällen, Tilgungsaussetzungen etc.
Der totale Währungskrieg
China könnte zur Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit entgegen der bisherigen Politik eine Abwertung gegen den US Dollar umsetzen. Das würde das Problem der Wachstumsabschwächung mildern, aber gleichzeitig die Schuldenproblematik für die Unternehmen verschärfen. Darüber hinaus würde durch diesen zu befürchtenden Schritt ohne jeden Zweifel eine neue Runde im globalen Abwertungswettlauf eingeläutet.
Die Abwertung des einen ist die Aufwertung des anderen – nur, dass derzeit alle hauptsächlich gegen den US Dollar abwerten – und auch ein bisschen untereinander. Das ist exportierte Deflation – und angesichts des Tempos der Dollar-Rallye ist die japanische, europäische, Rohstoff- und sonstige Deflation jetzt auch in den USA angekommen. So ähnlich wie in der Schweiz. Die Kapitalflucht in den sicheren Hafen US Dollar sowie Hedging Operationen der panischen internationalen Dollarschuldner verstärken den Trend. Diese Situation nimmt der Fed den Grund, die Zinsen zu erhöhen, führt aber unweigerlich dazu, dass Deflation nicht nur eine kurze Episode oder statistische Ausnahme ist, sondern auf absehbare Zeit bleibt.
Der Ausweg: Flucht in Gold
In einem Umfeld negativer Zinsen jedoch funktionieren systemtragende Industrien wie Versicherungen, Pensionskassen, Vermögensverwaltungen nicht mehr. Investieren, Sparen, Verleihen, Finanzieren, Vorsorgen – das alles muss möglicherweise neu erfunden werden. Doch dazu ist von Kuroda, Draghi und ihren aktiven Notenbankkollegen natürlich nichts zu hören. Schon eher von Ex-Notenbankern wie Greenspan, der zu Gold als Geld rät, weil es kein Gegenparteirisiko gibt und nicht beliebig gedruckt werden kann.
Die Unverfrorenheit, mit der Politiker und willfährige Notenbanker Währungen und den Wohlstand ganzer Volkswirtschaften aushöhlen, hat natürlich historische Parallelen, und daher gilt für die gar zu fügsamen und selbstverschuldet unmündigen Bürger z.B. im Euroland, dass sie besser ihren kritischen Verstand wieder beleben, denn: „Wer sich zum Wurm macht, kann nachher nicht klagen, wenn er mit Füssen getreten wird.“ Immanuel Kant