Zürcher Freilager: Zahlreiche Bauprojekte und geringe Visibilität

0
2611
Das Areal des ehemaligen Zollfreilagers wird zu einem neuen Quartier umgebaut, hier eine Visualisierung. Quelle: Zürcher Freilager AG
Das Areal des ehemaligen Zollfreilagers wird zu einem neuen Quartier umgebaut; hier eine Visualisierung. Quelle: Zürcher Freilager AG

Die Zürcher Freilager AG realisiert ein enormes Immobilienprojekt. Derzeit erstellt das Unternehmen nämlich ein komplett neues Wohnquartier mit einigen wenigen Gewerbeflächen auf dem ehemaligen Areal des Zürcher Zollfreilagers. Ein Blick auf die Grösse der Gesamtfläche von 70’500 Quadratmetern und die Anzahl der Mietwohnungen von rund 800 sowie 200 Zimmern für studentisches Wohnen veranschaulicht die Dimension des Projekts. Zur Finanzierung der Ausbauten, deren Investitionsvolumen bei 360 Mio. CHF liegt, führte die Gesellschaft im letzten Jahr eine Kapitalerhöhung durch. Hieraus sind dem Unternehmen insgesamt 101 Mio. CHF zugeflossen.

Mit der AXA Leben AG aus Winterthur verfügt die Freilager über einen sehr finanzstarken Hauptaktionär, der zudem auch eine langjährige Erfahrung im Immobilienbereich mitbringt. Zusätzlich sind gemäss Angaben des Geschäftsberichts 213 freie Aktionäre an der Gesellschaft beteiligt. Gemäss einer vom Immobilienberatungshaus Jones Lang LaSalle durchgeführten Bewertung lag der Wert des gesamten Portfolios von Zürcher Freilager Ende 2014 bei 509,3 Mio. CHF. Neben dem Freilagerareal mit 384.3 Mio. CHF besitzt die Gesellschaft zwei gewerbliche Objekte, den Embraport in Embrach im Wert von 113 Mio. CHF und eine Logistikliegenschaft in Münchenstein im Wert von 12 Mio. CHF.

Neubau, Modernisierung und Umnutzung

Dabei wird derzeit nicht nur im Freilagerareal gebaut, sondern auch in Embrach wird demnächst die Halle A, die im Jahr 1973 erstellt wurde, modernisiert. Nach dem Erhalt der Baugenehmigung per Ende Februar 2015 wird mit einem Baustart im Juni gerechnet. Wegen der anstehenden Arbeiten sind die vermietbaren Flächen derzeit geringer als üblich. Dies zeigt sich in den Mietererträge, die im 2014 auf 9.7 Mio. CHF nach 10.8 Mio. CHF im Vorjahr gefallen sind. Für die dritte Liegenschaft in Münchenstein, die ein Hochregallager beinhaltet, welches im Jahr 1984 erstellt wurde, steht dagegen eine Umnutzung an. Für das ursprünglich für einen Alleinmieter konzipierte Gebäude werden im laufenden Jahr verschiedene Optionen geprüft. Wie die Gesellschaft im Geschäftsbericht schreibt, drängt sich eine Teil-Umnutzung auf. Dies insbesondere nach einem Rückgang der Mieterträge nach dem Auszug eines Grossmieters von 0,9 Mio. CHF im 2013 auf nur noch 0.5 Mio. CHF.

Die grosse Bau- respektive Umbautätigkeit der Gesellschaft spiegelt sich auch in der Erfolgsrechnung wider. In der nach Swiss Gaap FER erstellten Rechnung sticht der um 13.4% auf knapp 12 Mio. CHF gefallene Nettoertrag hervor. Deutlich geringer fällt demgegenüber auf der Kostenseite der Rückgang der Personalkosten mit minus 3.5% auf 2.3 Mio. CHF aus, während die Unterhaltsaufwendungen sogar um 27.6% auf 1.45 Mio. CHF gestiegen sind. Unverändert blieb der Miet- und Baurechtszinsaufwand, den die Gesellschaft an die Gewährer des Baurechts auf dem Areal in Embrach entrichtet, das nur zu einem Viertel der Zürcher Freilager AG gehört. Das Baurecht wird von der Imbrex Immobilien AG und der Gemeinde Rorbas gewährt und läuft noch bis ins Jahr 2072. Von den aktuellen Investitionen geprägt ist auch die Entwicklung des Rechts- und Beratungsaufwands, der im 2014 bei 588’000 CHF nach 251’000 CHF im Vorjahr lag. Insgesamt stiegen die Aufwendungen gegenüber dem Vorjahr daher um 10% auf fast 6.6 Mio. CHF an, was zu einem Rückgang des Betriebsgewinns vor Abschreibungen um 31.2% auf 5.4 Mio. CHF führte.

Sonderabschreibungen fallen weg, operativer Gewinn legt deutlich zu

Deutliche Veränderungen gab es auch bei den Sachabschreibungen. Während die ordentlichen Abschreibungen investitionsbedingt um 19.9% auf knapp 3.6 Mio. CHF anstiegen, fielen die im Zusammenhang mit der Umnutzung respektive dem Abbruch von Gebäudeteilen angefallenen Sonderausschreibungen, die im 2013 bei 3.6 Mio. CHF lagen, weg. Dies ermöglichte einen Anstieg des Betriebsgewinns (EBIT) um 45.5% auf gut 1.8 Mio. CHF. Markant tiefer fielen die ausserordentlichen Erträge mit 227’000 im 2014 nach knapp 1,7 Mio. CHF im Vorjahr aus. Der hohe Vorjahreswert entstand aus Zugängen bereits abgeschriebener Forderungen und der Auflösung von Rückstellungen. Ebenfalls deutlich gesunken sind die Finanzierungskosten, die im Berichtsjahr 283’000 CHF nach 777’000 CHF im Vorjahr betrugen. Hingegen legten die Steuern von 725’000 CHF auf knapp 1.3 Mio. CHF zu. Unter dem Strich resultierte ein Reingewinn von 567’000 CHF nach knapp 1.5 Mio. CHF im Vorjahr. Die Aktionäre werden eine gegenüber dem Vorjahr unveränderte Dividende in Höhe von 15 CHF pro Aktie erhalten.

Das laufende Jahr ist von zahlreichen Baumassnahmen geprägt. Während auf dem Freilagerareal die Bautätigkeit weitergeführt wird, werden auch in Embrach im Juni die Bagger auffahren. Die Gesellschaft bezeichnet 2015 als ein für alle drei Standorte entscheidendes Jahr. Im Freilager gelte es, die ehrgeizigen Etappenziele zu erreichen und den Schwung beizubehalten. Die seit Februar laufende kommerzielle Vermarktung der Mietfläche entwickelt sich gut. Die beiden Areale in Münchenstein und in Embrach müssten durch wegweisende Entscheide und zielgerichtete Investitionen noch stärker auf die Marktbedürfnisse ausgerichtet werden. Die Geschäftsleitung geht davon aus, dass sich die Schweizer Wirtschaft vom Schock des Wegfalls der Euro-Untergrenze erholen wird. Es wird eine anhaltend robuste Nachfrage nach Mietwohnungen erwartet, wobei sich die tiefen Zinsen und die anhaltende Zunahme der Wohnbevölkerung wachstumsfördernd auswirken sollten.

 

Die Geschäftszahlen der Zürcher Freilager AG sind von den zahlreichen Umbau- und Erweiterungsmassnahmen geprägt. Eine verlässliche Aussage über die Kennzahlen der Erfolgsrechnung ist wegen der zahlreichen Sonderfaktoren für die Neugestaltung des Areals auf dem Freilagergelände und dem gleichzeitigen Umbau der Liegenschaft in Embrach nicht möglich. Nur als Momentaufnahme angesehen werden können auch die Bilanzkennzahlen. Diese weisen per Jahresende 2014 einen sehr hohen Eigenfinanzierungsgrad von über 90% aus. Dieser Wert muss angesichts der laufenden Investitionsprojekte relativiert werden. Analog kann die Bewertung des Anlagevermögens in der Bilanz von 257.8 Mio. CHF nicht zur Bewertung herangezogen werden. Deutlich aussagekräftiger ist der Schätzwert der Liegenschaften von 509.3 Mio. CHF, der als einziges derzeit relevantes Bewertungskriterium dienen kann. So lässt sich ein Wert von knapp 6’500 CHF pro Aktie errechnen.

Die Titel werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Auf der Basis der letztbezahlten Kurse von 6’200 CHF weisen die Papiere einen Abschlag von knapp 5% auf den geschätzten Buchwert auf. Dieser Preis ist gerade bei einer Immobilienaktie, die aktuell grossteils mit einem Agio auf den inneren Wert gehandelt wird, keinesfalls als überteuert anzusehen. Indessen dürfen die Risiken der Entwicklung nicht übersehen werden. So ist es etwa keineswegs sicher, dass es der Gesellschaft gelingt, die ab 2016 zur Verfügung stehenden Wohnungen und Gewerbeflächen im Freilagerareal vollständig zu vermieten. Sollte dies nicht gelingen, kann eine Korrektur des Werts angebracht sein. Auch wenn dies angesichts der soliden Finanzierung und der Unterstützung durch den Hauptaktionär keinesfalls eine existenzielle Bedrohung für die Gesellschaft darstellt, dürfte dies den Kurs negativ beeinflussen. Als wenig attraktiv, wenn auch vollumfänglich nachvollziehbar, präsentiert sich die Ausschüttungsrendite, die derzeit nur 0.2% beträgt.

Eine verlässliche Einschätzung der Papiere ist derzeit nicht möglich. Sollten die Pläne so umgesetzt werden können, wie dies die Gesellschaft anstrebt, sollte sich ab 2017 mit der Vollvermietung der Flächen auf dem Freilagerareal eine deutliche Steigerung der Erträge und Gewinne einstellen. Bis zu diesem Zeitpunkt werden sowohl die Einnahmen als auch die Ausschüttungen an die Anteilseigner unterdurchschnittlich bleiben. Wagemutige Investoren, die an den Erfolg der Baumassnahmen glauben, können die Titel mit einem Anlagehorizont von mindestens drei Jahren bei Kursen unterhalb des geschätzten Werts als Depotbeimischung kaufen.

Kommentar verfassen