Die Tage der Medianet Holding AG als eigenständiges Unternehmen sind gezählt. Die Gesellschaft ist in der Telekommunikationsbranche tätig und hat sich auf die Sparte Kabelkommunikation für Haushaltungen, kleine und mittlere Unternehmen und öffentliche Verwaltungen spezialisiert. Die im Jahr 1974 gegründete Gesellschaft bietet ihre Dienstleistungen in den Kantonen Bern und Luzern an. Aktuell hat die Medianet rund 30’000 Kunden in 46 Gemeinden. Wegen der hohen Kosten des Aufbaus eines eignen Kabelnetzes musste die Gesellschaft wiederholt frisches Kapital in der Form von Erhöhungen des Aktienkapitals beschaffen. Die letzte Erhöhung des Aktienkapitals fand im Jahr 2009 statt.
Hierbei zeichnete das im Kanton Baselland domizilierte Versorgungsunternehmen Elektra Baselland (EBL) mit einer breiten Angebotspalette von Energieversorgung und Telekommunikationsdienstleistungen die neuen Aktien und wurde so zu einem bedeutenden Aktionär der Medianet. Die EBL konnte damit ihr Absatzgebiet deutlich ausbauen, und Medianet gewann einen stabilen finanzkräftigen Partner, der das Unternehmen bei den Ausbauplänen finanziell und technisch unterstützte. Während der letzten Jahre hat die EBL den Anteil an der Medianet sowohl durch Zukäufe von Aktien über den Markt als auch durch ein Rückkaufangebot bis auf zuletzt rund 95% aufgestockt, wie die Aktionäre an der GV in Langnau im Emmental erfuhren. Die EBL bietet den Medianet-Aktionären weiterhin an, ihre Papiere zu erwerben. Angestrebt wird eine Vollintegration und allenfalls ein Squeeze Out der noch verbleibenden Aktionäre im nächsten Jahr. Derzeit besitzen noch rund 250 Personen Titel der Medianet.
Harter Wettbewerb mit Umsatzrückgang…
Wie Adrian Koessler, VR-Präsident und CEO der Medianet Gruppe, den Aktionären an der GV mitteilte, befindet sich die Gesellschaft in einem umkämpften Markt. Er verglich die Situation der Medianet-Gruppe mit der Swisscom. Während die Swisscom mit einer Erweiterung der Angebotspalette um Fernsehkunden kämpft, versucht die Medianet, neue Kunden für die Telefonie und das Internet zu gewinnen. Als Marktführer in der Telefonie dringt die Swisscom nun zusehends in das Fernsehgeschäft, dem Hauptgeschäftsfeld der Medianet, vor. Der Wettkampf führte dazu, dass Medianet im Jahr 2014 ein Umsatzminus um 1.2% auf gut 10 Mio. CHF verzeichnete. Gleichzeitig fiel die Anzahl der von Medianet betriebenen Kabelanschlüsse um 2.8% auf 21’308. Hingegen konnte Medianet bei den Internetanschlüssen mit plus 16.9% auf 6’006 und den Telefoniekunden mit plus 27.8% auf 2’810 deutlich zulegen. Dennoch besteht hier der Geschäftsleitung zufolge noch deutlich Luft nach oben für die Zukunft.
Auf der Kostenseite hinterliessen die Angebotsausbauten mit einem Anstieg der Material- und Energiekosten um 30.7% auf 3.55 Mio. CHF deutliche Spuren. Ein Teil der höheren Kosten geht auch auf die veränderte Verbuchung von Aufwendungen zurück. So fielen die übrigen Betriebsaufwendungen um 23.5% auf 2.8 Mio. CHF, und der Personalaufwand ging in Folge von Stellenstreichungen von 2.3 auf 1.4 Mio. CHF zurück. Dank der Kosteneinsparungen gelang es, den Betriebsgewinn vor Abschreibungen (EBITDA) von knapp 1.5 Mio. CHF im Vorjahr auf 2.3 Mio. CHF zu steigern. Wegen der im Berichtsjahr durchgeführten Investitionen im Umfang von gut 6 Mio. CHF stiegen die Sachabschreibungen um 500’000 CHF auf fast 3.3 Mio. CHF an. Dies führte zu einem Betriebsverlust von knapp 1 Mio. CHF nach einem Vorjahresverlust von 1.3 Mio. CHF. Bei nahezu konstanten Finanzaufwendungen von gut 700’000 CHF resultierte unter dem Strich ein Reinverlust von 1.6 Mio. CHF nach 1.9 Mio. CHF im Vorjahr.
… und eingetrübte Perspektiven
Die Zukunftsaussichten beschreibt die Geschäftsleitung als weiterhin schwierig. Mit zusätzlichen Angeboten sollen der Erosion bei den Kunden Einhalt geboten und vor allem für die Bereiche Internet und Telefonie weitere Kunden hinzugewonnen werden. Mit dem per 1. April 2015 lancierten Angebot eines 3-in-1-Anschlusses, der neben dem Kabelfernsehen eine Internetverbindung und einen Telefonanschluss beinhaltet, will die Gesellschaft Neukunden gewinnen respektive die Angebotspalette bei den bestehenden Kunden ausbauen. Mit dem neuen Angebot sollen Kunden dazu bewogen werden, neben dem Kabelfernsehen weitere Angebote von Medianet zu beziehen, wodurch sich das Unternehmen Skaleneffekte erhofft.
Die Geschäftszahlen der Medianet fallen trotz einer deutlichen Verbesserung nach wie vor tiefrot aus. Hieran wird sich wegen der hohen Kosten für den Ausbau und den Unterhalt des Netzes und den daraus resultierenden hohen Sachabschreibungen so rasch nichts ändern. Weitere Kosteneinsparungen dürften zudem schwierig sein. Zu keiner Freude Anlass bieten auch die Kennzahlen der Bilanz, welche die Auswirkungen der langjährigen Verluste deutlich widerspiegeln. So beträgt der ausgewiesene Eigenmittelanteil lediglich noch gut 10% der Gesamtsumme. Mit einem ausgewiesenen Wert von 3.26 Mio. CHF bei einem Aktienkapital von 8 Mio. CHF ist zudem der Wert unter die Schwelle von 50% des Aktienkapitals gefallen. Dies würde gemäss den gesetzlichen Vorschriften des Obligationenrechts eine Bilanzsanierung erfordern, die aber wegen des Rangrücktritts des Hauptaktionärs ausbleiben kann. Der überwiegende Teil der Finanzverbindlichkeiten von gut 28 Mio. CHF steht zugunsten der EBL in den Geschäftsbüchern der Medianet. Die EBL will die Medianet weiterhin unterstützen und hält daher am Geschäftsbetrieb fest.
Die Aktien der Gesellschaft werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Die nur sehr selten gehandelten Papiere wurden letztmalig im laufenden Monat zu Kursen von 50 CHF umgesetzt. Derzeit werden die Titel zu einem Geldkurs von 18 CHF gesucht und für einen Briefkurs von 90 CHF offeriert. Der ausgewiesene Buchwert liegt aktuell bei rund 40 CHF pro Anteilsschein. Mit der zu erwartenden weiteren Erhöhung des Verlusts dürfte der Buchwert weiter zurückgehen. Aktuell offeriert die EBL allen verkaufswilligen Aktionären einen Preis von 30.32 CHF pro Aktie, der Firmenangaben zufolge nach der Ermittlung des aktuellen Substanzwerts festgelegt wurde. Dieser Wert erscheint angesichts des weiteren zu erwartenden Verlustes für das laufende Jahr als realistisch und übersteigt den Geldkurs auf der OTC-X-Handelsplattform deutlich. Angesichts der wenig erfreulichen Zukunftsaussichten kann den freien Aktionären die Annahme des Rückkaufangebots uneingeschränkt empfohlen werden. Eine Spekulation auf eine mögliche Preiserhöhung im Rahmen des für nächstes Jahr geplanten Squeeze Outs dürfte wenig erfolgreich ausgehen. Allenfalls Aktionäre mit nur wenigen Papieren können möglicherweise auch beim Besuch der Generalversammlung im nächsten Jahr – an der voraussichtlich wiederum ein Nachtessen serviert wird – eine attraktive Naturaldividende erzielen.