Gerade einmal fünf Minuten vor dem Beginn der ausserordentlichen Generalversammlung der Zuger Privatbank MediBank ist es zu einer Einigung zwischen den zwei streitenden Hauptaktionären gekommen. Dies erklärte jedenfalls Verwaltungsratspräsident Rico Baumgartner bei der Begrüssung der 28 Aktionäre im Parkhotel Zug. Einer der Punkte in der Vereinbarung zwischen Hans-Rudolf Rahm und Bruno De Nicolò sah offenbar vor, dass nicht die Verwaltungsräte Rico Baumgartner und Carlo de Paoli zu den Liquidatoren der Gesellschaft bestellt werden sollten, sondern drei andere Personen, darunter VR-Mitglied Richard Rahm und der Rechtsanwalt von De Nicolò. Mit zwei Nein-Stimmen wurde der Antrag auf freiwillige Liquidation mit dem neuen Liquidatoren-Team anschliessend auch angenommen, so dass die Bank nun ordnungsgemäss liquidiert werden kann. Der Verwaltungsrat wird in den nächsten Tagen Verhandlungen mit der Aufsichtsbehörde FINMA führen, die das Zuger Geldinstitut im Dezember 2014 unter ihre Fittiche genommen hatte. Ob und wann die Liquidation und auch die von der FINMA bisher blockierte, aber von den Aktionären an der letzten ordentlichen Generalversammlung beschlossene Ausschüttung einer Sonderdividende in Höhe von 8 Mio. CHF erfolgen kann, blieb offen.
Fast alle Kundenvermögen veräussert
Eigentlich müsste die Finanzmarktaufsicht das Unternehmen bei den von den Aktionären beschlossenen Schritten nun bestmöglich unterstützen. Denn im Grunde wurden seit der ordentlichen Generalversammlung im März 2015 (siehe Blog-Beitrag vom 19. März) wichtige Punkte umgesetzt. So konnten 588 Kunden mit einem Vermögen von 187 Mio. CHF an andere Banken veräussert werden, darunter die in Liechtenstein ansässige Bank Alpinum, wie der Verwaltungsratspräsident den Aktionären berichtete. Allein von der Bank Alpinum habe die MediBank dafür eine Zahlung in Höhe von 750’000 CHF erhalten. Heute verfügt die MediBank nur noch über vier Kunden mit einem Vermögen von 1.6 Mio. CHF, für die noch eine Lösung gesucht werde. Zudem habe sich die Bank mit den US-Steuerbehörden geeinigt. Aufgrund des geringen Kundenstammes konnte auch der Personalstamm deutlich reduziert werden. „Wir möchten die Bank möglichst kosteneffizient herunterfahren“, erklärte Baumgartner. Ganz glücklich ist der Verwaltungsrat nicht mit der Aufsichtsfunktion der FINMA. Denn die von der FINMA eingesetzten Rechtsanwälte hatten es der Bank verunmöglicht, den kompletten Kundenstamm zu veräussern. Sie forderten auf einmal die Zustimmung jedes einzelnen Kunden zur Übertragung der Vermögenswerte. Gegen diesen Entscheid hat die MediBank zwischenzeitlich Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht in St. Gallen eingereicht.
Aktionäre sparen durch freiwillige Liquidation 4 Mio. CHF
Dass es nun doch noch zur freiwilligen Liquidation der Bank kommt, freut auch die übrigen Aktionäre. Denn nach Angaben von Baumgartner hätte die Zwangsliquidation durch die FINMA rund 10 Mio. CHF gekostet. Bei der freiwilligen Liquidation rechnen die Verantwortlichen nur noch mit 6 Mio. CHF, wovon rund 4 bis 5 Mio. CHF auf die Sicherstellung einer zehnjährigen Aufbewahrungspflicht entfallen. Sparen können sich die Aktionäre hingegen nun die Liquidation durch teure, von der FINMA beauftragte Anwälte. Diese sollten Tagessätze von bis zu 11’400 CHF verrechnen dürfen. „Durch den heutigen Entscheid haben die Aktionäre mindestens 4 Mio. CHF gespart“, so Baumgartner an der a.o. Generalversammlung. Nach Abzug der noch entstehenden Kosten dürften rund 24 Mio. CHF Eigenkapital in den Kassen der Bank verbleiben, welche schrittweise an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Wann dies der Fall sein wird, lässt sich heute noch nicht genau sagen. Fachleute rechnen mit einer Dauer der Liquidation von ein bis zwei Jahren. Bis dahin sollte auch der Prozess gegen einen ehemaligen Berater des Unternehmens abgeschlossen sein.
Alles sieht danach aus, dass das Kapitel MediBank nun definitiv beendet werden kann. Auch wenn die beiden Hauptaktionäre und ehemaligen Geschäftspartner in dem ganzen Theater eine unrühmliche Rolle spielten und ihren Streit auf dem Rücken der Minderheitsaktionäre ausgetragen haben, so tauchte am Schluss ein weiterer Mitspieler auf der Bühne auf, der keine Glanzrolle spielte. Die Schweizer Finanzmarktaufsicht FINMA. Die von ihr veranschlagten Kosten für die Liquidation scheinen in keinem Verhältnis zu der eigentlichen Tätigkeit im Rahmen der Liquidation zu stehen. Wie sonst sollte es möglich sein, dass die freiwillige Liquidation nun 4 Mio. CHF weniger kosten wird? Auch die Tagessätze für die Honorare der externen Liquidatoren scheinen absolut übertrieben zu sein. Schlussendlich erscheint es auch erschreckend, wie die FINMA Entscheide der Generalversammlung der Aktionäre blockiert und diese daran hindert, an den überschüssigen Teil ihres Kapitals zu kommen. Bei aller Kritik an der FINMA im letzten Akt der MediBank-Farce muss man darauf hinweisen, dass diese ohne die Rivalitäten der Hauptaktionäre vermutlich gar nicht auf der Bühne erschienen wäre. Daher ist es umso erfreulicher, dass sich am Schluss nun beide Hauptakteure noch einigermassen gefunden haben und die Geschichte – für alle Beteiligten – nun ein gutes Ende nimmt.
Die Inhaber- und Namenaktien der MediBank AG werden auf der Handelsplattform OTC-X der BEKB gehandelt.
Das mit dem guten Ende ist dann doch deutlich übertrieben. Allenfalls könnte man sagen: Großaktionaeren und Finma durfte man zutrauen, dass noch viel mehr Geld verbrannt wird – und für Letztere kann man das immer noch nicht ausschließen.
Unter einem guten Ende haben sich ganz sicher einige viele doch etwas anderes vorgestellt.
Angesichts der verhärteten Fronten zwischen den zwei Hauptaktionären war diese späte Einigung sicherlich nicht ein optimales, aber dennoch ein gutes Ende. Statt einer mehrjährigen und teuren Liquidation unter staatlicher Aufsicht kann die MediBank nun rasch ordentlich liquidiert werden. Nachdem am 11.9. bereits ein zweiter Liquidations-Schuldenruf erfolgte, rückt die Ausschüttung der Sonderdividende in greifbare Nähe. Damit wird die MediBank-Geschichte zwar ein Ende mit Schrecken haben, aber nicht zu einem Schrecken ohne Ende führen.