Bell Food Group: Euroschock im 1. Semester 2015 gut verdaut, Konsolidierung von Hilcona hilft – Aussichten verhalten optimistisch

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Verpackung von Cervalat bei Bell in Basel
Die Verpackung von Cervelats bei Bell in Basel. Bild: www.bell.ch

Die Bell AG konnte im ersten Semester 2015 die Nettoverkaufserträge trotz zahlreicher belastender Faktoren auf dem Vorjahresniveau von 1.26 Mrd. CHF halten. Möglich machte dies vor allem die erstmalige Konsolidierung des Tochterunternehmens Hilcona per 1. Mai 2015. Zu den belastenden Faktoren gehört insbesondere der deutlich tiefere Eurokurs infolge der Aufgabe der Kursunterstützung durch die Schweizerische Nationalbank per 15. Januar 2015. Der negative Umsatzeffekt aus den ausländischen Betrieben betrug 49 Mio. CHF. Ebenfalls drückten die tieferen Preise insbesondere beim Schweinefleisch auf die Erträge der Gruppe. Dank der Konsolidierung der Hilcona per 1. Mai 2015, die Umsätze von 88 Mio. CHF zur Gruppe beisteuerte, konnten diese negativen Effekte kompensiert werden und die Absatzvolumen gegenüber dem Vorjahr um 13.9% auf 120’366 Tonnen gesteigert werden. Auf organischer Basis erreichten die mengenmässigen Verkäufe die Vorjahreswerte.

Euroschwäche lässt Auslandsumsätze fallen

Von den einzelnen Märkten publiziert werden gemäss der Strategie des Verwaltungsrats lediglich die jeweiligen Absatzmengen und die Erträge aus den Warenverkäufen. Letztere zeigen bei Bell Schweiz einen marginalen Anstieg der Absatzvolumen von 60.6 Tonnen auf 60.8 Tonnen und einen Umsatzrückgang um 2.2% auf 897.2 Mio. CHF. Das Minus geht Unternehmensangaben zufolge auf den rückläufigen Preis bei Schweinefleisch zurück. Ein deutliches Umsatzminus von 14.3% auf 237.4 Mio. CHF bei einer um 0.3% rückläufigen Verkaufsmenge verzeichnete Bell in Deutschland als direkte Folge des tieferen Eurokurses. In Lokalwährungen gelang es hingegen, die Umsätze zu halten. Der Bereich Bell International mit Frankreich, Benelux, Polen, Ungarn und Tschechien verzeichnete einen Volumenanstieg von 3.8% bei einem Umsatzminus von 20.4% auf 106.5 Mio. CHF. Wie das Unternehmen in einer Medienmitteilung ausführt, konnte Bell Frankreich die Mengen erhöhen und das operative Ergebnis verbessern, obwohl die Umsätze zurückgingen. Die Zusammenlegung der Verkaufsorganisationen vom Schinkenproduzenten Abraham und Bell Frankreich eröffnen neue Absatzchancen in Frankreich und im Export. Als sehr positiv bezeichnet wird der Geschäftsgang in Polen, wo der Ausbau der Produktionskapazitäten planmässig vorangetrieben werden konnte. Weitere operative Fortschritte machte Bell in Ungarn, während in Tschechien die Ziele nicht erreicht wurden. Auch in den Benelux-Staaten musste Bell mit dem Verlust eines Handelspartners einen Rückschlag verbuchen. Insgesamt befinden sich die internationalen Aktivitäten jedoch auf Kurs und erreichten die Budgetziele.

Besserer Produktemix und Hilcona-Konsolidierung lassen Margen steigen

Den Konzerneinnahmen auf Vorjahresniveau stehen deutliche Rückgänge bei den Waren- und Materialaufwendungen um 4.2% auf 816.8 Mio. CHF gegenüber. Neben den Wechselkurseinflüssen trugen auch die rückläufigen Rohmaterialpreise im Inland zu den Einsparungen bei. Hingegen stieg der Personalaufwand infolge der Integration von Hilcona markant um 11.1% auf 227.3 Mio. CHF an. Der Bereich Convenience sei deutlich personalintensiver, erklärte CEO Lorenz Wyss anlässlich der Präsentation der Semesterergebnisse. Der sonstige Betriebsaufwand, der die Positionen Miete, Energie, Unterhalt und Reparaturen, Werbung und Transporte umfasst, stieg um 3.3% auf 129.7 Mio. CHF an. Im Ergebnis führte dies zu einem Plus des Betriebsgewinns vor Abschreibungen (EBITDA) von 10.9% auf 90.5 Mio. CHF bei einem Anstieg der EBITDA-Marge von 6.4% auf 7.2%. Ebenfalls vorwiegend wegen Hilcona stiegen die Abschreibungen um 2.5 Mio. CHF auf 45 Mio. CHF an. Per Saldo nur wenig verändert fiel das Nettofinanzergebnis aus. So stieg der Finanzaufwand inklusive Währungsverlusten zwar von 4.7 Mio. CHF im Vorjahr auf 7 Mio. CHF an. Dies konnte aber durch den Anstieg des Finanzertrags, der ebenfalls Währungseffekte beinhaltet, um 2.8 Mio. CHF auf 6.7 Mio. CHF grossteils kompensiert werden. Das verbesserte Ergebnis liess die Steuern um 1.1 Mio. CHF auf 11.5 Mio. CHF ansteigen. Dennoch resultierte unter dem Strich ein Plus des Reingewinns von 14.6% auf 32 Mio. CHF. Bereinigt um Währungseffekte betrug der Zuwachs 5%.

Positive Grillsaison lässt gutes zweites Semester erwarten

Dank einer witterungsbedingt guten Grillsaison blickt Bell verhalten optimistisch in die Zukunft. Ebenfalls weiterhin positiv entwickeln soll sich der Geschäftsgang bei Hilcona. Auch im Auslandgeschäft sollen die eingeleiteten Optimierungsmassnahmen eine weitere Verbesserung der Zahlen ermöglichen. Allerdings ist das Ergebnis abhängig von der Entwicklung der Rohmaterialpreise. Trotz einer sich abzeichnenden Verschärfung des Preiskampfs im Retailgeschäft geht Bell für das zweite Semester von einer weiteren Ergebnisverbesserung gegenüber dem Vorjahr aus.

Die von Bell vorgelegten Zahlen des ersten Semesters fallen nicht nur angesichts der negativen Einflüsse des tieferen Euros sehr positiv aus. Dem Unternehmen gelang es, die Margen in einem vom Margendruck geprägten Geschäft deutlich zu verbessern. Auch wenn der Grossteil der Verbesserung auf Hilcona zurückgeführt werden kann, trugen alle Bereiche zu besseren Kennzahlen bei. In einem derart schwierigen Marktumfeld mit einem markant zunehmenden Einkaufstourismus ins benachbarte Ausland sind derartige Ergebnisse als sehr gut zu bezeichnen. Ein deutlicher Indikator ist auch die gehaltene Verkaufsmenge im Inland. Als überdurchschnittlich positiv angesehen werden können ebenfalls die Bilanzkennzahlen. Mit einer Eigenmittelquote vor Minderheiten (resultierend aus der 49%-Beteiligung der Hilcona durch Dritte) von 43.7% und nach Minderheiten von 48.6% ist Bell solide finanziert.

Die Aktien von Bell sind an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotiert. Auf der Basis des letztbezahlten Kurses von 2’510 CHF werden die Titel auf der Basis der Zahlen für 2014 mit einem KGV von rund 11 bewertet und weisen eine Dividendenrendite von 2.6% auf. Angesichts der verhalten positiven Aussagen des Managements, das erstmals in der langjährigen Firmentradition eine Ergebnisverbesserung im zweiten Semester in Aussicht stellt, erscheint unter konservativen Aspekten ein Gewinnplus von 10% für das Gesamtjahr als möglich. Unter dieser Annahme weisen die Papiere auf dem aktuellen Kursniveau ein KGV von unter 10 auf. Eine weitere Steigerung der Dividende analog des Vorjahrs um nochmals 5 CHF auf 70 erscheint durchaus denkbar. Dies würde einer Rendite von 2.8% entsprechen – ein Wert, der nicht nur im aktuellen Umfeld als attraktiv angesehen werden kann. Für die Folgejahre sind trotz des anhaltenden Preis- und Margendrucks zumindest keine Rückgänge zu erwarten. Aus der Integration der Hilcona dürften zudem zusätzliche Synergieeffekte möglich sein. Diese sollten ebenso wie die sich allmählich abzeichnende Verbesserung im Auslandgeschäft zur langfristig positiven Entwicklung des Unternehmens beitragen. Die Aktien dürften dennoch keine grossen Kurssprünge machen und ähnlich wie in der Vergangenheit vor allem für langfristig agierende Anleger attraktiv bleiben.

Transparenzhinweis: Der Autor ist Aktionär der Gesellschaft.

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