Die Welinvest AG verzeichnete im Geschäftsjahr 2014/15, welches per 30. Juni 2015 endete, einen deutlichen Gewinneinbruch auf 2.6 Mio. CHF (Vorjahr: 10.6 Mio. CHF). Für den Rückgang macht die Gesellschaft gemäss Angaben des neuesten Geschäftsberichts Wertberichtigungen auf Aktien- und Goldpositionen sowie Devisenverluste auf den Euroanlagen von gesamthaft 6 Mio. CHF verantwortlich. Zudem weist das Unternehmen auf den Wegfall des ausserordentlichen Gewinns in Höhe von 4.2 Mio. CHF im Vorjahr hin, der aus dem Verkauf einer Liegenschaft resultierte. Da im Berichtsjahr keine Immobilie veräussert wurde, ist kein derartiger Gewinn angefallen. Allerdings befindet sich Welinvest nach eigenen Angaben in „fortgeschrittenen Verhandlungen“ zum Verkauf einer Liegenschaft mit der Aussicht „auf einen erheblichen Gewinn“.
Betriebserträge gehen um 0.5% zurück
Auf der Einnahmenseite verbuchte Welinvest einen leichten Rückgang der Betriebserträge um 0.5% auf 15.3 Mio. CHF. Deutlich stärker gingen mit minus 4.1% auf 8.5 Mio. CHF die Mieteinnahmen zurück, während die Leerstandsquote wie im Vorjahr 1.2% betrug. Im Anhang des Geschäftsberichts wird ein um knapp 11’000 CHF auf 99’800 CHF gesunkener Leerstand bei den Mietzinseinnahmen bei einem Rückgang der Mietzinseinnahmen von 8.9 Mio. CHF auf 8.5 Mio. CHF erwähnt, ohne dass dieser näher ausgeführt wird. Diese Zahlen lassen vermuten, dass die tieferen Mietzinseinnahmen in Höhe von 8.5 Mio. CHF, die wiederum dem Budget entsprechen, auf den Verkauf der Liegenschaft im Jahr 2013/14 zurückgehen. Aus dem Wertschriftenhandel konnte die Gesellschaft im Berichtsjahr einen Erfolg von 4 Mio. CHF nach 3.5 Mio. CHF im Vorjahr erwirtschaften bei einem Minus des Wertschriftenertrags von knapp 0.3 Mio. CHF auf 2.2 Mio. CHF.
Aufwendungen leicht gesunken
Die betrieblichen Aufwendungen fielen wegen der gesunkenen Liegenschaftsaufwendungen um 2.4% auf 3.55 Mio. CHF. Dies führte trotz der leicht gesunkenen Einnahmen zu einem Anstieg des Betriebsgewinns vor Abschreibungen und Wertberichtigungen um 1.9% auf 11.8 Mio. CHF. Allerdings hatte die ungünstige Entwicklung an den Finanzmärkten und die stichtagsbezogene Bewertung der Aktiven einen erheblichen Bedarf an Wertberichtigungen in Höhe von 4.9 Mio. CHF (Vorjahr: 0.8 Mio. CHF) zur Folge. Bei nahezu unveränderten Sachabschreibungen auf die Immobilien im Umfang von gut 1 Mio. CHF resultierte so ein Minus des Betriebsgewinns (EBIT) um 39.6% auf 5.9 Mio. CHF. Auf das Finanzergebnis wirkte sich der gesunkene Kurs des Euro gegenüber dem Schweizer Franken negativ aus. So musste Welinvest Devisenverluste von fast 1.2 Mio. CHF nach 0.2 Mio. CHF im Vorjahr zulasten der Finanzrechnung verbuchen. Profitieren konnte das Unternehmen hingegen von den anhaltend tiefen Zinsen, die einen Rückgang des Zinsaufwands um 0.4 Mio. CHF auf 1 Mio. CHF erlaubten. Ebenfalls deutlich tiefer fiel mit 1.2 Mio. CHF nach 1.9 Mio. CHF im Vorjahr der Steueraufwand aus. Im Ergebnis resultierte dennoch ein deutlicher Einbruch des Gewinns auf 2.6 Mio. CHF. Die Aktionäre sollen dennoch eine um 50 CHF auf 250 CHF pro Aktie erhöhte Dividendenausschüttung erhalten. Wie die Gesellschaft im Geschäftsbericht mitteilt, erfolgt die Ausschüttung aus dem in der Holding zur Verfügung stehenden Bilanzgewinn von 11.85 Mio. CHF. Die Einbehaltung von Gewinnreserven mache nur Sinn, wenn ihr Einsatz auf den Finanzmärkten eine überdurchschnittliche Performance verspreche. Da dies aktuell nicht der Fall sei, ist die Ausschüttung angezeigt.
Keine Änderung der Geschäftspolitik: 70% Immobilien und 15% Wertschriften
Für die Zukunft hält die Welinvest an der bisherigen Geschäftspolitik fest. Diese besteht darin, 70% der Aktiven auf der Basis von Verkehrswerten in Immobilien mit einem sicheren und stabilen Ertrag anzulegen. Nur 15% sind in Wertschriften angelegt, 11% in liquiden Mitteln und 4% in Gold. Trotz des gesunkenen Goldpreises will die Gesellschaft an diesem „Wertanker“ angesichts der heiss laufenden Notenpressen und den weiter steigenden Staatsschulden festhalten. Bei den Wertschriften ergeben sich je nach Börsenstand erhebliche Schwankungen, die zu Wertberichtigungen führen. Für das laufende Jahr zeigt sich die Geschäftsführung überzeugt, keine ähnlich hohen Korrekturen wie im Vorjahr verbuchen zu müssen. Dies insbesondere, da der Grossteil der Wertberichtigungen auf Tiefstkurse im Energiesektor und den Kurssprung des Euro zurückgeht, welche als nicht wiederholende Belastungen angesehen werden.
Die Kennzahlen der Erfolgsrechnung der Welinvest fallen wenig spektakulär aus. Keinen Anlass zur Freude liefern die hohen Wertberichtigungen und die Währungsverluste auf den Devisenanlagen in Euro. Da dieser Bereich nur einen kleinen Teil des ansehnlichen Portfolios der Gesellschaft betrifft, der grossmehrheitlich auf Immobilien basiert, halten sich die Auswirkungen auf das Gesamtportfolio in Grenzen. Zu keiner Kritik Anlass liefert die Bilanz der Gesellschaft, die als grundsolide angesehen werden kann. Auch ohne die Berücksichtigung stiller Reserven beträgt die ausgewiesene Eigenmittelquote beachtliche 66.7% der Bilanzsumme. Wie hoch der tatsächlich realisierbare Wert der Liegenschaften ausfällt, kann nur geschätzt werden. Ein gewisses Indiz liefert der von der Gesellschaft publizierte Verkehrswert von 171.2 Mio. CHF. Unter Einbezug der Finanzanlagen und der liquiden Mittel in Höhe von 73.3 Mio. CHF lässt sich so ein Gesamtwert des Portfolios von 244.5 Mio. CHF emitteln. Nach Abzug der Verbindlichkeiten von 50.9 Mio. CHF resultiert ein theoretischer Wert von 193.6 Mio. CHF respektive rund 4’850 CHF pro Aktie. Diesem steht ein ausgewiesener Buchwert von gut 2’500 CHF gegenüber. Es ist allerdings zu vermuten, dass der Substanzwert der Papiere den offen ausgewiesenen Wert von 4’850 CHF pro Aktie nicht unerheblich übersteigt. Inwieweit dieser für die freien Aktionäre jemals realisiert werden kann, ist vollkommen offen. Keinesfalls unbeachtet werden darf die Abhängigkeit der freien Aktionäre von der Familie von Finck als beherrschende Aktionäre. Die freien Aktionäre sind von deren Ideen und Zielen abhängig. Ein weiterer Abbau des hoch profitablen Immobilienportfolios mit hohen Reserven steht offenbar unmittelbar bevor, wie die Aussagen des Geschäftsberichts vermuten lassen. Ob hierbei ein Teil der Substanz zulasten der freien Aktionäre verloren geht, bleibt offen. Möglicherweise können die Aktionäre an der am 16. November stattfindenden Generalversammlung weitere Informationen erhalten. Wir werden zeitnah über allfällige zusätzliche Informationen berichten. Zumindest ein Lichtblick liefert die Aussage, wonach aus dem geplanten Verkauf ein erheblicher Gewinn zu erwarten ist. Der tatsächliche Gewinn und der Verkaufspreis können auch eine Indikation über den effektiven Wert der Papiere liefern.
Die Aktien der Welinvest werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Auf der Basis der letztbezahlten Kurse von 3’900 CHF sind die Aktien mit einem deutlichen Agio zum ausgewiesen Buchwert von gut 2’750 CHF pro Aktie zum Bilanzstichtag bewertet. Auch wenn die freien Aktionäre vom Substanzwert nur wenig profitieren dürften, erscheinen die Titel mit einem Abschlag von rund 20% zum offen ausgewiesenen Substanzwert nicht zu teuer. Als sehr attraktiv kann auch die Dividendenrendite in Höhe von derzeit 6.4% angesehen werden. Eine weitere Erhöhung der Ausschüttung erscheint angesichts des angestrebten Immobilienverkaufs durchaus denkbar. Die Veräusserung dürfte allerdings zulasten der Substanz gehen, dem wichtigsten Asset der Gesellschaft. Für Investoren, die mit der durch die Beherrschung der Familie von Finck einhergehenden Unsicherheit und einer möglichen Reduktion des Substanzwerts ohne Kompensation leben können, stellen die Titel nach wie vor eine interessante Anlage dar.
Transparenzhinweis: Der Autor ist Aktionär der Gesellschaft.