In der Macro Perspective vom Oktober haben wir Themen aufgegriffen, die wie ein Damoklesschwert über den globalen Finanzmärkten schweben. Themen, die aber teilweise im medialen Mainstream wenig bis gar nicht beleuchtet werden. Daraus wurden zwölf Prognosen für die nächste vier Jahren abgeleitet. Wir publizieren nachfolgend nochmals diese – teilweise unpopulären – Prognosen und erläutern kurz und prägnant, welche Auswirkungen diese auf die Finanzmärkte und auch auf Ihre Investments haben könnten.
- Carbon Divestment Movement erreicht rasch 10 Bio. US-Dollar.
- Ölpreis erholt sich zeitweise, bleibt aber wegen Überangebot und teuren carbon capture Auflagen im säkularen Abwärtstrend. Untere Preisbandbreite könnte bei 10-25 US-Dollar je Barrel liegen.
- Mehr Investment in Regenerative Energien senkt Produktionskosten signifikant.
- US-Dollar bleibt als Einäugiger König im Land der Blinden und tendiert aus geo-politischen Gründen fest.
- Die US-Dollar Verbindlichkeiten der Emerging Market Unternehmen i.H.v. 10 Bio. US-Dollar führen zu einer Insolvenzkaskade von schwer vorstellbarem Ausmass.
- Die Blase an den Bondmärkten platzt, Staatsschuldenkrise in Europa rückt center stage.
- Spekulative Immobilienblase platzt, Renditeobjekte bleiben als Sachwert dennoch gefragt.
- Aktienmärkte werden volatiler, Überbewertungen werden durch Korrekturen abgebaut. Als Sach- und Renditewert bleiben rational bewertete Unternehmensbeteiligungen aber langfristig gefragt.
- China, Russland, Indien, Pakistan, Iran, weitere Länder der Shanghai Cooperation werden als Gegenspieler von USA und NATO ihre Interessen hart, notfalls militärisch vertreten.
- USA und Europa verlieren relativ an Gewicht und Bedeutung.
- Der Goldpreis wird weiter mit allen Mitteln gedrückt, dürfte aber wegen Kapazitätsstillegungen, mangelnder Exploration und Finanzkrisen bis 2020 dennoch in der Nähe der Hochs bei 1 900 US-Dollar je Feinunze liegen, plus/minus 20%.
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Öl-, Chemie- und Automobilindustrie werden für Umwelt- und Katastrophenschäden haftbar gemacht, auch auf Druck der Versicherungsindustrie, deren relevante Schadensummen sich vervielfacht haben.
Carbon Bubble
Wenn bei der Klimakonferenz in Paris Ernst gemacht werden soll mit Massnahmen zur Begrenzung der Treibhausgase und damit der Klimaerwärmung, werden viele Reserven der fossilen Energieträger im Boden bleiben müssen und nicht verbrannt werden können. Mark Carney, Governor der Bank of England, hat die „Stranded Assets“ Hypothese unter Aspekten der Finanzmarktstabilität auf das Radar der Investmentwelt gebracht. 2015 haben im Carbon Divestment Movement vereinigte institutionelle und private Investoren wie der Norwegische Staatsfonds und Leonardo di Caprio, die 2.6 Bio. US-Dollar Anlagevermögen repräsentieren, sich vollständig aus Carbon Investments zurückgezogen.
Ölpreisentwicklung
Wegen der absehbar teuren Technologie zur Minimierung der schädlichen Emissionen gewinnt die Desinvestition weiter an Fahrt. Die massive Reinvestition des Kapitals fliesst in Regenerative Energien, die durch Skaleneffekte immer preiswerter werden. Die wirtschaftliche Abschwächung in China und anderen energieimportierenden Emerging Markets sowie die wirtschaftliche Malaise in der EU sorgen am Ölmarkt für Nachfragerückgänge bei gleichzeitiger Erhöhung der Produktion durch Iran u.a.
Mehr Investment in Regenerative Energien
Die höheren Investitionen in Wind-, Sonne-, Wasserkraftwerke sowie in Energieeffizienzmassnahmen führen über Skaleneffekte zu sinkenden Produktionskosten und weiterem technologischen Fortschritt, auch bei der Speicherung, z.B. über neuartige Polymerbatterien. Dies führt u.a. zu Energieautarkie bei Haushalten, Gemeinden, Unternehmen und verändert den Energiemarkt grundlegend.
US-Dollar Stärke
In einer geo-politisch angespannten Situation mit neuen Blockbildungen und globaler Aufrüstung bleibt die US-Währung schon als „safe haven“ gefragt. Dazu kommt, dass Japan, EU und China in fortgesetzten QE-Programmen sind und durch die monatlich exorbitante Geldschöpfung von z.B. 60 Mrd. Euro bei der EZB ihre Währungen debasieren. In den USA sind nach offizieller Lesart die QE-Massnahmen abgeschlossen, die Frage ist jetzt, wann der Zinserhöhungszyklus beginnt. Zudem werden Petrodollar knapper, da die Exporterträge der Ölländer implodieren. Die hohen US-Dollar-Verbindlichkeiten der Emerging Market Unternehmen sorgen ebenfalls für eine starke Nachfrage, zumal Währungen wie Brasilianischer Real, Türkische Lira, Indonesische Rupiah und Thailändischer Baht (und auch Russischer Rubel) ungebrochen zur Schwäche neigen.
US-Dollar-Verbindlichkeiten von Emerging Market Unternehmen
Laut BIZ sind die US-Dollar Verbindlichkeiten von Nicht-US Unternehmen seit 2000 von 2 Billionen US-Dollar auf nun 10 Billionen US-Dollar gestiegen. Dazu kommen off balance-sheet Kredite von Unternehmen, Hedge Funds, Schattenbanken etc. in Billionenhöhe, die aber von den Aufsichtsbehörden nicht erfasst werden. Auf Unternehmen aus Asien und zum geringeren Teil aus Lateinamerika entfallen 5 Billionen US-Dollar der BIZ-Zahlen. Alle Währungen ausser dem Yuan haben seit der Kreditaufnahme um bis zu 50% gegen den US-Dollar abgewertet. Zinszahlungen werden zunehmend schwierig, Tilgungen sind vielfach fraglich.
Staatsanleihen-Baisse
Mag für die Schweiz und vielleicht auch Deutschland gelten, dass die Schuldenquote im Griff ist, so gilt dies nicht für Frankreich, Italien und andere gewichtige EU-Länder, in denen die Verschuldung als Folge der Austeritätsprogramme, der Sanktionen gegen Russland, der hohen und steigenden Arbeitslosigkeit, mangelnder Produktivitätsfortschritte und der schwachen Binnennachfrage kontinuierlich steigt, in Italien zuletzt auf 130% des GDP, gegenüber 60%, die in den Maastricht-Kriterien festgelegt sind. Frankreich überschreitet die jährliche Neuverschuldungsgrenze von 3% des GDP wiederholt. Diese Staaten bezahlen für 10-jährige Anleihen dank der EZB-Politik lediglich 1-2% Zinsen. Eine Vergemeinschaftung der Schulden ist politisch aber nicht durchsetzbar. Japan mit 230% öffentlicher Verschuldung als Prozentsatz des GDP liegt bereits weit jenseits der Schuldentragfähigkeit.
Immobiliennachfrage konstant
Als Sachwert und Renditeobjekte bleiben Immobilien im disinflationären bis deflationären Umfeld eine gefragte Anlage. Allerdings werden sich unterschiedliche Märkte sehr differenziert entwickeln. Ballungsräume wie Zürich, Frankfurt, Paris und London mögen korrigieren, bleiben aber stabil auf hohem Niveau. Regionen mit Landflucht, Abwanderung, De-Industrialisierung verlieren an Bedeutung. Mit dem Zinserhöhungszyklus werden Projekte eingestellt, die nur wegen der bislang geringen Finanzierungskosten rentabel erschienen.
Aktienmärkte zwischen zyklischer Korrektur und strukturellem Hausse-Trend
Schon aufgrund des gereiften globalen Konjunkturzyklus ist ausgehend von den USA mit einer Gewinnrezession zu rechnen. Bereits 2015 sind die Gewinne der S&P 500 Unternehmen mehr durch Aktienrückkaufprogramme, Financial Engineering und zuletzt gehäuft auftretende Fälle von kreativer Buchführung gestiegen als durch das zu Grunde liegende reale Geschäft. Wie in der Schweiz haben die US-Konzerne, auch die UK-Konzerne, exorbitante Cashbestände aufgebaut mit Blick auf den nächsten Abschwung. Die gleichzeitige Wachstumsabschwächung in Europa, China, Brasilien und vielen anderen wichtigen Märkten sowie die absehbare Zinswende werden auch die Aktienmärkte in Mitleidenschaft ziehen. Defensive Industrien wie Pharma, Kosmetik, Food sind daher zu favorisieren. Mangels Anlagealternativen bleiben Aktien als Sach- und Renditewerte dennoch die bevorzugte Anlageklasse.
Geo-Politik
Der erste Akt des gerade gewählten neuen Premierministers von Canada war es, die militärische Allianz mit den USA im Nahen Osten zu beenden. In Syrien scheint die US-Strategie, Terroristen für den Sturz Assads einzuspannen, offensichtlich versagt zu haben. Eben wurde der zuständige General Nagata gefeuert. Die Allianz aus Türkei, Saudi-Arabien und Quatar zerfällt. Die europäischen NATO-Mitglieder sehen sich plötzlich in einen türkischen Krieg gegen die Kurden im eigenen Land hineingezogen. Wegen der Flüchtlingsproblematik und der Annäherung der Türkei an Russland kommen plötzlich die EU-Beitrittsverhandlungen wieder auf die Tagesordnung. Russland, China, Indien, Iran bilden bereits eine starke Allianz und sind bereit, ihre Interessen auch militärisch durchzusetzen. Die Ukraine entpuppt sich als Milliardengrab für die EU, deren Vertreter als Marionetten der Neokonservativen in den USA fungiert haben.
Ende des atlantischen Zeitalters
Die USA bleiben Hegemonialmacht, haben aber den Zenith als Weltmacht bereits überschritten, ähnlich wie Grossbritannien etwa 1915. Als Folge der gescheiterten kostspieligen Interventionen in Afghanistan, Irak, Syrien wenden die USA den Blick noch mehr nach innen, auf die Binnenwirtschaft. Die EU desintegriert weit schneller als zu befürchten war. Hatte schon die Ukraine-Krise tiefe Gräben zwischen dem demokratischen Westen und den irrational russophoben Osteuropäern offenbart, so sind die Klüfte mit der menschenunwürdigen Flüchtlingspolitik in Ungarn, Bulgarien, Polen usw. nunmehr unüberbrückbar geworden und werden zu einer Spaltung der EU aufgrund mangelnder demokratischer Werte und Prinzipien in Osteuropa führen. 750’000 Asylanten in 2015 in der EU entsprechen lediglich 0.14% der Bevölkerung und sind damit lächerlich wenige im Verhältnis zu den Flüchtlingswellen nach 1945 oder den über 200’000 Ungarn, die 1953 in der Bundesrepublik Deutschland Aufnahme fanden. Der Konflikt zwischen den Mittelmeerländern und dem Norden über eine Fiskal- und Transferunion bildet einen weiteren Riss im Fundament der EU. Die Briten werden beim Referendum die EU verlassen, was eine Initialzündung sein könnte.
Goldprognose
Gold ist das ultimative Geld, da es niemandes Zahlungsversprechen oder -verpflichtung beinhaltet und jederzeit liquidierbar ist. Chinesen und Inder kaufen seit Jahren mehr als die Hälfte der jährlichen Fördermenge auf. Notenbanken sind ebenfalls als Nettokäufer zurück am Markt. Aufgrund der Preisrückgänge seit 2011 werden Kapazitäten mit hohen Förderkosten stillgelegt, Exploration findet kaum noch statt, womit ein Rückgang der Fördermenge absehbar ist. Es ist auch nicht auszuschliessen, dass Gold in dem Weltwährungssystem, welches auf das gegenwärtige folgt, eine wieder bedeutendere Rolle spielt.
Haftungsproblematik für Öl-, Gas-, Petrochemie- und Automobilindustrien
Der VW-Skandal hat jedermann vor Augen geführt, wie ernst die Klima- und Umweltproblematik genommen wird. Eine Insolvenz mit weitreichenden Folgen ist nicht auszuschliessen. Von Exxon wurde jetzt bekannt, dass die eigenen Forscher schon vor Jahrzehnten als erste Wissenschaftler überhaupt den Treibhauseffekt entdeckt hatten. Die Erkenntnisse wurden der Öffentlichkeit und den Aktionären vorenthalten, was jetzt eine Klagewelle nach sich zieht, deren Ausmasse jene aus dem Kreuzzug gegen die Tabakindustrie um ein Vielfaches übertreffen kann.