Zwar gab es schon vor Jahrtausenden regionale oder weithin gefächerte Handelsstrassen wie die Seidenstrasse zwischen China, Zentralasien und Arabien, die Bernsteinstrasse vom Baltikum durch Mitteleuropa bis zum Mittelmeer oder die alten Karawanenwege durch die Sahara. Wie schon die Namen sagen, ging es dabei stets um Luxusgüter wie Seide, Salz, Gold, Elfenbein, Weihrauch und Gewürze. Wikinger, Phönizier, Karthager, Tuareg, Araber und Chinesen blieben dabei jedoch überwiegend unter sich, bis etwa zu der Zeit, als Marco Polo nach China reiste, eine Zeit, in der das „dunkle Zeitalter“ in Europa zu Ende ging und vom Mittelalter abgelöst werden sollte. Das grösste Vermögen in Europa zu dieser Zeit konzentrierten die berühmten Pfeffersäcke auf sich, die Fugger aus Augsburg. Sie waren zunächst mit Tuchwaren, dann mit Pfeffer reicher als die Könige geworden, da dieser mit Gold aufgewogen wurde. Zeitgleich entwickelten sich die frühen venezianischen und Genueser Handelsdynastien, die mit Seide, Brokat, Gewürzen und Edelsteinen unvorstellbare Vermögen aufhäuften. Hier wurde auch das moderne Bankwesen entwickelt, das sich noch heute in Begriffen wie Giro, Konto, netto usw. manifestiert. In weiteren Wellen folgten die frühen Kolonialwaren wie Kakao, Zimt, Kaffee und Tee. Die Niederlande wurden zum Zentrum des Welthandels, und in Amsterdam wurde auch die erste Börse der Welt ins Leben gerufen. Berühmt wurde aus dieser Zeit die Tulpenzwiebelspekulation, ein reines Luxusvergnügen, das in einem totalen Platzen der ersten Spekulationsblase der Geschichte endete. Später gab es Kautschukmilliardäre in Manaus mitten im brasilianischen Amazonasbecken, die so unvorstellbar reich waren, dass sie ihre Wäsche in Lissabon erledigen liessen und das prachtvollste Opernhaus der Welt mitten im Dschungel bauten; die Intarsien und Kacheln, der Marmor und die Skulpturen wurden aus Italien, Frankreich und Portugal mitsamt den Kunsthandwerkern eingeschifft.
Von Preziosen und Spezereien
Andere Episoden betreffen den Pelzhandel, den Gewürzhandel, das Gold- oder Diamantenfieber, Smaragde, Platin, Tropenhölzer, Moschus oder sonstige rare und teure Objekte der Begierde. Die Händler solcher begehrter Preziosen und Spezereien haben über Jahrhunderte hinweg hohe Gewinne gemacht und damit die Basis der alten grossen Vermögen in Florenz, Antwerpen, Nürnberg und Hamburg gelegt. Nur, dass mit dem Voranschreiten der neuzeitlichen Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft etwa ab 1840 die Anzahl der potenziellen Käufer von Luxusgütern exponentiell zugenommen hat und sich diese Entwicklung nunmehr auf globaler Ebene die breite Bahn bricht.
Luxus und Sklavenarbeit
Zwar sind Leopardenfellmäntel, Krokoledertaschen und Schildpattbrillen mittlerweile gesellschaftlich gebannt, doch neue Luxusobjekte wie Smart Phones sind auch nicht unproblematisch. Bis heute können Apple, Samsung & Co. nicht nachweisen, dass das von ihnen verwendete Coltan sowie andere seltene Metalle und Elemente, ohne die es keine Mobiltelefone geben würde, nicht aus Bürgerkriegsgebieten mit Kinder- und Sklavenarbeit wie im Kongo kommen. Das ist auch nach wie vor das Problem der Schokoladenindustrie, die trotz aller Zertifizierungen das Image der Ausbeutung von Kindern in Westafrika nicht glaubhaft abstreifen kann. Bei Nestlé gab es unlängst gar eine Anklage der US-Justizbehörden wegen einem Fall von systematischer Sklavenarbeit auf Schiffen im Pazifik. Die stellen direkt auf hoher See aus Fischen Katzenfutter her, ein anderer Luxuszweig, der in den Ländern der ersten Welt Milliardenumsätze erzielt, teilweise mit Biokost, angereichert mit Omega3 Fettsäuren, wertvollem Kalzium und Magnesium für unsere Lieblinge auf vier Pfoten.
Dem interessierten Leser sei an dieser Stelle noch folgende Ausstellung, auch online, zum Besuch empfohlen, die einen breiten historischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Überblick zum Thema Luxus bietet: http://www.wertpapierwelt.ch/de/home/exhibitions/current/luxury.html
Im folgenden und abschliessenden Teil der Serie erfahren Sie alles über den Börsengang der Luxusmarke Ferrari, und ob sich ein Engagement auszahlen kann.
Mit dem neuen Format „Im Kontext“ beabsichtigen wir von schweizeraktien.net, in periodischen Artikel-Serien den gewohnten analytischen Blick auf das Micro-Level von einzelnen Aktien und Branchen durch einen breiteren und tieferen Kontext zu ergänzen, hin zu einem „Grossen Bild“. Dieses soll unseren Lesern in eher prosaischer Form und lebendig, bisweilen auch vergnüglich, wirtschaftliche, gesellschaftliche und historische Zusammenhänge vermitteln und Anregungen für die eigene Analyse der behandelten Sujets und Anlagethemen bieten, die oftmals im hektischen Tagesgeschäft in den Hintergrund gedrängt werden, aber für die fundierte Meinungsbildung „Im Kontext“ unabdingbar sind.
Sämtliche Beiträge unserer Luxus-Serie finden Sie unter: Gastbeiträge – Im Kontext.