Jörg Frei, VRP Plaston: „Wir erwarten für das laufende Geschäftsjahr schwarze Zahlen“

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Jörg Frei ist Verwaltungsratspräsident der Plaston Holding AG. Bild: zvg
Jörg Frei ist Verwaltungsratspräsident der Plaston Holding AG. Bild: zvg

Der im St. Galler Rheintal ansässige Kunststoffspezialist Plaston Holding produziert Aufbewahrungslösungen für Elektrowerkzeuge, technische Teile im Kunststoffspritzguss und Luftbehandlungsgeräte. Während der Bereich Plaston Koffer (u.a. rote Hilti-Koffer) und technischen Teile umfasst, werden die Luftbefeuchter und -reinigungsgeräte unter der Marke „Boneco“ angeboten. Im Geschäftsjahr 2014/15 (Ende: März 2015) erzielte die Plaston-Gruppe einen Brutto-Verkaufsertrag von 89.7 Mio. CHF und konnte einen Gewinn von 1.8 Mio. CHF ausweisen. Bedingt durch die Aufhebung des EUR/CHF-Mindestkurses und die Saisonalität im Geschäft mit den Luftbefeuchtern erwirtschaftete Plaston im 1. Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres bei Brutto-Umsätzen von 32.5 Mio. CHF einen Verlust. Im Interview mit schweizeraktien.net erklärt Verwaltungsratspräsident Jörg Frei, wie das Unternehmen auf den schwachen Euro reagiert hat, wo Plaston Wachstumspotenzial sieht, und mit welcher Entwicklung er für das Gesamtjahr rechnet.

Herr Frei, die Plaston-Gruppe hat in ihrem Halbjahresbericht für das Geschäftsjahr 2015/16 über die Auswirkungen des starken Frankens auf die Margen berichtet und geschrieben, dass Sie die mit dem SNB-Entscheid geschürten Unsicherheiten noch länger beschäftigen würden. Mit welchen Folgen rechnen Sie konkret für das laufende Geschäftsjahr, und welche Massnahmen haben Sie ergriffen?

Diese Situation wird die ganze Schweizer Industrie und allen voran die KMU weiter beschäftigen. Durch den SNB-Entscheid haben sich die Rahmenbedingungen für den Produktionsort Schweiz natürlich verschlechtert, da unsere Kostenbasis in Franken im Vergleich zum Euro-Raum teurer geworden ist. Allerdings haben wir dem Thema schon vor Jahren höchste Aufmerksamkeit geschenkt und waren durch ein natürliches Hedging in vielen Bereichen auf die Situation vorbereitet. Nach dem 15. Januar wurden nochmals alle unsere Kostenpositionen analysiert und optimiert. Dazu gehörte auch die Erhöhung der Arbeitszeit von 42.5 auf 44 Stunden pro Woche. Diese Arbeitszeitverlängerung konnten wir allerdings erst per 1. August umsetzen, so dass diese und andere Massnahmen erst vollständig im 2. Halbjahr ihre Wirkung entfalten.

Ist die Verlagerung von Teilen der Produktion ins Ausland für Plaston eine Option?

Von aussen betrachtet wäre dies eine Option, denn auch wir verfügen über alternative Produktionsstandorte. Da wir in der Kofferherstellung aber möglichst nahe bei unseren Kunden produzieren müssen, ist eine Produktionsverlagerung nur bedingt möglich. Denn die Logistikkosten für den Transport der Koffer wären bei längeren Transportwegen rasch höher als die Einsparungen auf der Produktionsseite. Selbstverständlich setzen wir Produktionsverlagerungen in einem kleineren Rahmen und in Absprache mit den Kunden laufend um.

Wo sehen Sie weiteres Sparpotenzial?

Wir sehen weitere Möglichkeiten in der kontinuierlichen Prozessoptimierung und im Ausbau des Lean-Managements. Allerdings dürfte das Sparpotenzial langsam ausgeschöpft sein. Wir müssen daher vor allen Dingen wieder auf der Umsatzseite wachsen.

Sie haben sich im letzten Jahr wieder von der wez Kunststoffwerk AG getrennt. Der Bereich Kunststoffspritzguss wurde jedoch schon in die Plaston AG integriert. Wie zufrieden sind Sie mit der Akquisition und der anschliessenden Integration?

Die Firma wez bestand aus den zwei Bereichen `technische Teile‘ und `Logistikbehälter‘. Den Bereich der technischen Teile haben wir bei uns integriert, die übrige Firma wez restrukturiert und den verbleibenden Bereich der Logistikbehälter an die Firma Scherer verkauft. Wir sind sehr zufrieden mit der Akquisition und der anschliessenden Integration. Das Geschäft mit den technischen Teilen konnte damit gestärkt werden und entwickelt sich äusserst erfreulich. Gleichzeitig wurde die wez auf gesunde Beine gestellt und für sie eine langfristige Zukunftslösung gefunden.

Welchen Einfluss hat der Bereich der technischen Teile aus der wez auf den Geschäftsbereich Plaston?

Dazu möchten wir keine Angaben machen. Was wir hingegen sagen können ist, dass wir die ehemaligen wez-kunden von unseren Leistungen überzeugen konnten und sie am Ausbau der Geschäftsbeziehungen interessiert sind. Dies zeigt sich insbesondere in der starken Zunahme von neuen Projekten. Zudem sind wir überzeugt, dass wir in Zukunft insbesondere auch im Bereich der technischen Teile weiter wachsen können. Das 2. Halbjahr dürfte sich in diesem Segment besser als das 1. Halbjahr entwickeln. Allerdings ist bei allen neuen Projekten zu berücksichtigen, dass am Anfang eines Projektes nur Engineering-Umsätze stehen und erst in den kommenden Jahren dann die deutlich höheren Umsätze aus der Serienfertigung folgen. Insgesamt sind wir davon überzeugt, dass der Bereich der technischen Teile für unser Unternehmen noch an Bedeutung gewinnt. Es ist durchaus möglich, dass wir komplette Baugruppen für unsere Kunden oder sogar fertige Produkte herstellen. Dies tun wir heute bereits für unsere Tochterfirma Boneco bei den Luftbehandlungsgeräten.

Im Halbjahresbericht schreiben Sie für den Bereich der Kunststoffkoffer von einer „generellen Marktabschwächung“. Handelt es sich dabei um einen strukturellen oder lediglich um einen konjunkturellen Rückgang?

Dies sind temporäre Schwankungen, die es immer wieder gibt. Das 2. Halbjahr zeigt sich bis jetzt erfreulich, und wir gehen bei Plaston von einem höheren Umsatz im 2. Halbjahr aus.

Also gibt es keine Trends im Markt, welche sich negativ auf den Absatz der Koffer auswirken könnten?

Ein Trend geht im Bereich der Elektrowerkzeuge hin zu leichteren, kompakten Geräten. Dies hat allerdings keinen Einfluss auf Plaston. Im Gegenteil: Da die Geräte immer komplexer werden, steigen auch die Anforderungen an die Aufbewahrungsbehälter für diese Geräte. Generell können wir sagen, dass sowohl bestehende Kunden als auch potenzielle Neukunden den Wert eines Koffers nicht nur in der sicheren Aufbewahrung ihrer Geräte und Instrumente sehen, sondern immer mehr auch als wichtiges Instrument zur Markenprofilierung und zur Steigerung des Wiedererkennungswertes. Hier sehen wir auch weiteres Potenzial. Dies wollen wir nutzen, indem wir für unsere Kunden nicht einfach nur ein Spritzgiesser für Kunststoffkoffer sind, sondern zu einem Lösungsanbieter werden. Diesen 360-Grad-Service stellt auch der dynamische Ring im neuen Plaston-Logo dar.

Für den Bereich Kunststoffkoffer weisen Sie in Ihrem Halbjahresbericht auch auf die Neuausrichtung auf die Sanitärbranche hin. Was verstehen Sie darunter genau, und wie gross ist hier das Potenzial?

Dies ist keine grundsätzliche Neuausrichtung. Die Sanitärbranche und auch jene der Vermessungsindustrie wurden schon vor längerer Zeit als Branchen mit Potenzial identifiziert. In beiden Fällen handelt es sich um Aufbewahrungslösungen für Werkzeuge und Instrumente, welche in den Branchen bei Montagearbeiten oder bei der Vermessung genutzt werden.

Für den Bereich der Luftbehandlungsgeräte, Boneco, sprechen Sie von ersten positiven Signalen in Russland. Wie entwickelt sich das Russlandgeschäft aktuell, und welchen Einfluss wird dies auf das Boneco-Geschäft im gesamten Geschäftsjahr haben?

Nachdem das Russlandgeschäft im Verlaufe des vergangenen Jahres durch äussere Faktoren stark eingebrochen ist, gingen wir mit einer vorsichtigen Erwartungshaltung ins neue Jahr. Diese Annahmen wurden übertroffen. Allerdings werden wir im Vergleich zum Vorjahr in Russland nochmals einen Rückgang zu verzeichnen haben. Insgesamt ist der Markt in Russland um über 70% eingebrochen.

Das China-Geschäft von Boneco leide unter der verbesserten Luftqualität in China, schreiben Sie. Wie sieht hier die aktuelle Entwicklung aus? Insbesondere der Smog in Städten wie Peking müsste Boneco doch zu ausserordentlichen Verkäufen verhelfen.

Grundsätzlich ja. Jedoch werden die grössten Mengen in China insbesondere mit Produkten im unteren bis mittleren Preissegment gemacht. Boneco ist jedoch im Segment der Premium-Luftreinigungssysteme vertreten. Hier müssen wir unseren Platz gegenüber den etablierten Marken erst noch erkämpfen.

Wie teilen sich die Umsätze bei Boneco auf die Sommer- und Wintermonate auf?

Bei Boneco haben wir ein sehr saisonales Geschäft. Etwa zwei Drittel der Umsätze werden in den Herbst- und Winter-Monaten von Oktober bis März erzielt. Daher schliessen wir unser Geschäftsjahr auch immer Ende März ab. Mit dem Ausbau unseres Ganzjahres-Sortimentes durch Luftreinigungssysteme wird das Umsatzverhältnis zwischen Winter und Sommer mittelfristig entschärft. Jedoch taucht die Smog-Problematik in China ebenfalls vor allem in den Wintermonaten auf, so dass das Geschäft immer eine Saisonkomponente beinhalten wird.

Boneco sollte eigentlich der Wachstumstreiber der Plaston-Gruppe werden. So haben Sie dies jedenfalls vor zwei Jahren gesagt. Halten Sie an dieser Aussage fest? Und wo sehen Sie weitere Wachstumsfelder für die Plaston-Gruppe?

Zur ersten Frage: ein klares Ja. Wir sind überzeugt, dass uns die weltweit steigende Sensibilisierung in Sachen Luftqualität und die Zunahme von Allergikern und Atemwegserkrankungen in die Hände spielt. Zur zweiten Frage: Für die Plaston AG ist die Boneco bereits heute ein wichtiger Kunde, der weiter an Bedeutung gewinnen wird. Darüber hinaus sehen wir aber auch bei Plaston, wie zuvor bereits erwähnt, ein grosses Potenzial im Bereich der kundenspezifischen Koffer und der technischen Teile.

Mittlerweile haben wir Dezember. Das Geschäftsjahr dauert nur noch etwa drei Monate. Wie schätzen Sie die Entwicklung für das Gesamtjahr 2015/16 ein?

Eine konkrete Aussage dazu ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich, da die Hauptumsätze bei Boneco in den Wintermonaten erzielt werden. Allerdings hat uns der sehr milde Herbst und Winter bisher nicht gerade geholfen. Sollte sich die Witterung ändern und nun ein langer, kalter Winter folgen, dürfte sich das Boneco-Geschäft noch positiv entwickeln. Insgesamt werden die wirtschaftlichen Einflüsse der letzten Monate, insbesondere die veränderte Währungssituation, nicht spurlos an uns vorüber gehen. Dennoch erwarten wir, dass wir trotz all dieser Herausforderungen für 2015/16 schwarze Zahlen schreiben werden.

Welche Auswirkungen hat das Ergebnis auf Ihre Dividende?

Wir halten generell an unserer Ausschüttungspolitik fest. Dass heisst, dass rund ein Drittel des Jahresgewinns der Plaston-Gruppe an die Aktionäre ausgeschüttet wird. In den letzten zwei Jahren haben wir Sondereffekte, welche sich negativ auf die Zahlen auswirkten, berücksichtigt und klar mehr als einen Drittel ausgeschüttet. Wichtig ist bei unserem Entscheid die langfristige Entwicklung unserer Unternehmung. Diese steht vor dem kurzfristigen Renditedenken.

Erwarten Sie Veränderungen im Aktionariat Ihrer Gruppe, nachdem der Aktienkurs in den letzten Monaten massiv verloren hat?

Uns sind keine grösseren Änderungen bekannt. Der Aktienkurs notiert aktuell klar unter dem Substanzwert. Mit einer hohen Nettoliquidität und einer Eigenkapitalquote von über 70% sind wir langfristig solide aufgestellt.

Auch die Plaston-Gruppe leidet unter dem Währungsschock. Dank frühzeitiger Internationalisierung und der Produktion in Tschechien und China wird das Unternehmen durch den starken Franken im Exportgeschäft nicht ganz so stark getroffen wie andere Unternehmen. In der 2. Jahreshälfte dürften sich auch die eingeleiteten Sparmassnahmen positiv auf die Rechnung auswirken. Einen viel stärkeren Einfluss auf das Jahresergebnis als der Währungseffekt dürfte allerdings der Umsatzrückgang im Geschäft mit den Luftbehandlungsgeräten haben. Neben den schwachen Verkäufen im bisher wichtigen russischen Markt leidet der Absatz von Boneco-Luftbefeuchtern unter der milden Witterung in weiten Teilen der Welt. Hinzu kommt, dass die Luftreiniger im Premium Segment im wachsenden chinesischen Markt noch zu wenig bekannt sind. Mittelfristig bieten jedoch alle drei Geschäftsbereiche – Kunststoffkoffer, technische Teile und Luftbehandlungsgeräte – interessante Wachstumsperspektiven. Der Kurs der Plaston-Aktie auf OTC-X hat seit Jahresbeginn um fast einen Drittel verloren und notiert mit 3’400 CHF deutlich unter dem Buchwert von 5’170 CHF pro Aktie (Ende März 2015). In dieser Bewertung sind viele der Marktrisiken wohl schon enthalten. Obwohl konkrete Aussagen zum Geschäftsverlauf 2015/16 noch nicht möglich sind, so dürfte ein Engagement für langfristig agierende, unternehmerisch denkende Investoren nicht uninteressant sein. Wer das Risiko scheut, wartet lieber bis zur Bekanntgabe der Jahreszahlen für 2015/16.

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