Macro Perspective: Wie ein Pipeline-Krieg und Provinzialismus Demokratie und Wohlstand zerstören

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„Denn der Fehler liegt im Anfang, und der Anfang, heisst es, ist die Hälfte des Ganzen, so dass also auch ein kleiner Fehler im Beginn entsprechend grosse Fehler im weiteren Verlauf zur Folge hat.“
Aristoteles, 384-322 v. Chr., Philosoph, Lehrer von Alexander dem Grossen

Man glaubt es kaum. Da fallen die EU-Grössen reihenweise vor dem autokratischen und megalomanischen Präsidenten der Türkei auf die Knie, und er sperrt Journalisten und Wissenschaftler ein und verlangt noch mehr Geld dafür, dass er der von einer Massenpsychose betroffenen EU die Flüchtlinge abnehmen soll.

Die UN bezeichnete das ganze Verfahren zwischen Türkei und EU als rechtswidrig. Zu Recht. Noch vor einem Jahr hätte jeder dem auch zugestimmt. Die Türkei müsste für die Schliessung bzw. Übernahme der Medien und andere undemokratische Umtriebe mit Sanktionen belegt werden. Doch heute, und das ist das eigentlich Alarmierende, sind die demokratischen Grundprinzipien in der EU offensichtlich nicht mehr wichtig. Anders in den USA, wo jetzt Erdogan untragbar wird und im Visier der Justiz ist. Um die Stimmen auf der rechten Seite abzufischen, sind den Politikern alle Mittel recht. Ein trauriger Tiefpunkt kommt wieder einmal aus Bayern. In Zorneding bei München hatten CSU Politiker eine Hasskampagne übelster Art gegen den einzigen schwarzen Pfarrer in Bayern gestartet, die schliesslich in Morddrohungen gipfelte, so dass der Geistliche aus dem Kongo sein Amt aufgab. Dagegen erscheinen die Entgleisungen von Erika Steinbach, ebenfalls CSU und ebenfalls rassistisch, fast nicht erwähnenswert. Eine solche weder christliche noch soziale noch dem Unionsgedanken verpflichtete Politik demaskiert die Parteibezeichnung als inhaltsleere Worthülse und Etikettenschwindel. Damit setzt sich eine über 100-jährige Verirrung der Geschichte in Bayern fort. Hätte die gar nicht zuständige bayerische Justiz den Fall nicht an sich gerissen und den Putschisten von 1923 nicht nur zu 5 Jahren Luxushaft verurteilt und dann schon nach 9 Monaten entlassen, wäre der Welt vieles erspart geblieben. Beispielsweise die verbrecherischen Nürnberger Rassegesetze, die scheinbar noch heute in vielen degenerierten Köpfen herumspuken. Ein Aspekt ist ja auch, dass der bayerische Innenminister letzten November ausgerechnet in Braunau am Inn die Flüchtlinge halb erfrieren liess und reichlich diffus etwas von Recht und Gesetz erzählte. Früher hätte man vielleicht von einer Instinktlosigkeit gesprochen, Hitlers Geburtsstadt für ein politisches Signal zu verwenden, doch heute wirkt das eher provokativ und ist im Kontext des 21. Jahrhunderts als höchst irregulär einzustufen. Allerdings steht es historisch in der Kontinuität der bayerischen Ordnungszelle. Zumal, wie Forschungen zeigen, am Ausgang des 19. Jahrhunderts dort Heiraten in sehr geringem Radius und zu 45% im erweiterten Familienkreis stattfanden, was bestimmt kein Rezept für eine genetisch gesunde Bevölkerung ist. Den speziellen kleinbürgerlichen „mörderischen“ Mief Bayerns hat Rainer Werner Fassbinder u.a. in seinem Skandalfilm „Wildwechsel“ anschaulich herausgearbeitet, der 1972 in 14 Tagen mit nur 550’000 DM gedreht wurde. An den Umständen hat sich auch in den letzten 40 Jahren wenig geändert. Weitere grosse Bayern sind der Dichter und Filmemacher Herbert Achternbusch, der sagte: „Dieses Land hat mich kaputt gemacht, ich bleibe solange, bis man es ihm anmerkt“. Oder der Schriftsteller Oskar Maria Graf, der 1933 emigrierte und nie wieder zurückkehrte.

Molekulargenetik und Rassismus

Dabei ist heute nach der Sequenzierung des Humangenoms und auch des Neandertalers sowie des Denisova-Menschen völlig klar, dass es überhaupt keine menschlichen Rassen gibt, sondern dass Merkmale wie Mandelaugen, Hautfarbe, Behaarung etc. einzig und allein auf Anpassungen an die entsprechende Umgebung bzw. bevorzugte Partnerwahl und damit Vererbung zurückgehen. Das Genom von Mongolen, Finnen, Franzosen und Kanadiern ist ansonsten kaum divers, sondern viel enger und weniger variationsreich als bei den Afrikanern, die einen ungleich reicheren Genpool aufweisen. Die Forscher erklären das so, dass alle Nicht-Afrikaner auf eine äusserst geringe Anzahl von Individuen zurückgehen, die Afrika in einer Migrationswelle verlassen haben und sich dann nach Eurasien ausdehnten. Es waren nur 50 000 Auswanderer, manche sagen auch sehr viel weniger, auf die alle Nichtafrikaner genetisch zurückverfolgt werden können. Wenn überhaupt, so das Max-Planck Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, dann sind die Afrikaner und die Aborigines Australiens die einzigen reinen Homo-Sapiens-Vertreter, während bei Europäern und Asiaten sowie Amerikanern 2-8% der Gene von den primitiveren Vorläufern stammen. Bisher hatte die Wissenschaft angenommen, dass die Neandertaler einfach ausgestorben sind, doch die Molekulargenetik offenbarte nach der vollständigen Sequenzierung des Neandertaler-Genoms und dann des Denisova-Frühmenschen, dass diese sich mit den Homo-Sapiens-Auswanderern aus Afrika vor ca. 100’000 Jahren vermischt haben. Ca. 3’000 Generationen Menschheitsgeschichte entschlüsselt durch objektive Molekulargenetik – aber provinzialistische ungebildete Stammtischpolitiker können mit dummen Sprüchen, die Ressentiments aus dem Mittelalter adressieren, immer noch auf Stimmenfang gehen, und keiner regt sich auf. Das Korrektiv der Medien funktioniert nicht. Beruhigend ist das Verständnis für Demokratie und wissenschaftlichen Fortschritt bei den europäischen Nachbarn für die Schweiz wirklich nicht.

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Neil Turok – der Initiator der Next Einstein (from Africa) Initiative. Quelle: www.cbc.ca

Next Einstein from Africa

In diesem Zusammenhang sei auf das African Institute for Mathematical Sciences AIMS hingewiesen, welches der Kosmologe Neil Turok in Südafrika 2003 mit grossem Engagement gestartet hat. Turok ist weisser Südafrikaner und in der Apartheid-Zeit aufgewachsen. Beide Elternteile waren in der Anti-Apartheid Bewegung und im African National Congress aktiv und öfters im Gefängnis. Turok forschte u.a. mit Stephen Hawking am Urknall und gilt als einer der brillantesten Köpfe in der Erforschung des Universums. Seine auch für Laien gut verständliche Vorlesung „The Astonishing Simplicity of Everything“ vermittelt in einer Stunde mehr Wissen zu den grossen Fragen als die meisten Menschen bisher gewusst haben oder je wissen werden. Auch für die Finanzmärkte sind die kosmologischen Erkenntnisse sehr relevant, z.B. zur Inflation, die im universellen Sinn nur die Folge eines falschen Modells ist oder die Erkenntnisse zur Zyklizität aller Bewegung. Seiner Überzeugung nach konnte sich in Afrika wenig ändern, wenn die Afrikaner selbst keine erstklassigen Bildungseinrichtungen haben, die ihnen dann die Türen zu den besten Universitäten der Welt öffnen. Also überzeugte er seine Professorenkollegen in Princeton, Harvard, Berkeley, Cambridge am AIMS kostenlos für 4 Wochen im Jahr zu lehren. Die Studenten kommen aus allen Ländern Afrikas, müssen rigorose Prüfungen absolvieren, erhalten Vorlesungen und Unterkunft jedoch kostenfrei. Schon nach wenigen Jahren hat sich gezeigt, dass Turoks Kalkül aufgegangen ist, denn inzwischen gibt es plötzlich mehr und mehr afrikanische Professoren mit Abschlüssen an den besten Universitäten der Welt, weil eben der Zugang nach AIMS gegeben war. Mit der Next Einstein (from Africa) Initiative will Turok belegen, dass Afrika genau wie alle anderen Kontinente grosse Wissenschaftler hervorbringen kann, sogar den nächsten Einstein.

Ausverkauf der Demokratie?

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Der US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump. Quelle: uk.businessinsider.com

Was bedeutet es in der Konsequenz, wenn in Frankreich, dem Vorreiter in der Erstreitung der unveräusserlichen Menschenrechte, auf die auch die amerikanische Verfassung zurückzuführen ist, ein dauerhafter Polizeistaat etabliert wird? Und Hollande jetzt in einem letzten Verzweiflungsakt Grosskonzerne gegen die deutsche Vormachtstellung in Europa formen will? Wenn Merkel und die EU-Vertreter vor dem absolut undemokratischen Erdogan auf die Knie gehen? Wenn Trump und die anderen republikanischen Kandidaten mehr Folter fordern können? Und jeden Tag weitere Kriegsflüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, aber dies mehr und mehr in Zahlen und unmenschlichen Termini gefasst wird, so dass sich die Bevölkerung abgestumpft daran gewöhnt. Sogar Kliniken und Feldlazarette sind in den aktuellen schmutzigen Kriegen bevorzugte Ziele, was gegen internationales Kriegsrecht verstösst. Die mehrfach bombardierten Ärzte-ohne-Grenzen sprechen von einem Rückfall in die Barbarei. Eine Entmenschlichung der Opfer, wie es das in der europäischen Geschichte schon zuvor gab. Und ganz wichtig: willfährige und gleichgeschaltete Medien, die aus der Geschichte nichts gelernt haben. So sagte der 1936 verstorbene Autor Karl Kraus, dass die Presse die Nazis erfunden hat. Hätten sie nicht so dumm und euphorisch über den grossen Redner geschrieben, wäre auch keiner zu den Hetzpredigten gekommen. Wie mag die Zukunft der wohl am meisten gefestigten Demokratie der Welt, der Schweiz, aussehen, wenn in den Nachbarländern sukzessive demokratische Grundprinzipien verloren gehen. Front National, Lega Nord, AfD und die -gidas sind bereit, wie ein übles Echo der Geschichte, allerdings ohne die, wenn auch bösartige, Intelligenz ihrer Vorläufer. Sollten sie an die Macht kommen, wird ihr Provinzialismus und unzeitgemässer Nationalismus bestimmt nicht zu einer florierenden Wirtschaft mit Innovationen, Fortschritt, kultureller Blüte, Wohlstand, Frieden und Freiheit führen, sondern wie im Nahen Osten zu Krieg und Zerstörung, und das innerhalb kürzester Zeit. Auch ein Präsident Trump wäre eine Katastrophe für die Welt, dazu wird es allerdings wohl nicht kommen, weil jetzt sogar die einflussreichen Neo-Konservativen mobil machen. Eine Unterschriftenliste von 116 führenden Neo-Cons will Trump verhindern, viele republikanische Meinungsbildner haben sogar öffentlich gemacht, dass sie eher Hillary Clinton wählen würden. „Die Partei ist am Ende, aber das Land noch nicht“, sagte ein prominenter Republikaner angesichts der bislang absehbaren Nominierung Trumps.

Ursachenforschung – die Qatar Pipeline und die US-Öllobby

Wie konnte es so weit kommen? Was ist schief gelaufen? Die allgemeine Berichterstattung zu den Hintergründen ist allenfalls partikular, wenn nicht desinformativ. Es geht aber hier nicht um Verschwörungstheorien, sondern um Fakten, die nur keiner wahrnehmen will, weil es unbequem wäre, weil der Konflikt zwischen Anspruch und Wirklichkeit so eklatant geworden ist, dass der unkritische Geist des konditionierten modernen Zivilisationsmenschen scheinbar zwangsläufig in einer schizoiden Reaktion stecken bleibt. Gut, dass mit Robert F. Kennedy Jr., dem Sohn des ermordeten Präsidenten, jetzt ein Insider der amerikanischen Politik die ganze Geschichte des schmutzigen Syrienkrieges und seiner langen Vorgeschichte erzählt. Minutiös und im Zusammenhang. Vom ersten CIA-Putschversuch in Syrien 1948 bis zur Aufrüstung der „moderaten“ Killermilizen, die dann mitsamt den Waffen zu der zuvor gross gemachten Plage IS überliefen. Das Essay von Robert F. Kennedy Jr. ist zweifellos das Beste und Informativste, was bislang von informierter Stelle zu der ganzen Problematik von Kriegen der USA und ihrer Verbündeten gegen Länder im Nahen Osten während der letzten 70 Jahre veröffentlicht wurde. Es bestätigt und bezieht sich auf die Enthüllungen von Seymour Hersh und weiteren investigativen Journalisten, die zunehmend gefährlich leben. Die EU hat daher eine Plattform zum Schutz der freien Medien geschaffen. Um es vorwegzunehmen: Die Ursache des seit 2009 unternommenen Versuchs, den syrischen Präsidenten Assad zu stürzen, ist eine Pipeline von Qatar durch Syrien, die nicht gebaut wurde, weil Assad es ablehnte. Zugunsten einer iranischen Pipeline durch Syrien. Damit wurden die sunnitisch-fundamentalistischen Qataris, die zu den grössten Unterstützern der verschiedenen Terrororganisationen zählen, vom kostengünstigen Zugang zum europäischen Markt ausgeschlossen. Damit wollten sie sich nicht abfinden, dass die verhassten Schiiten an ihrer statt ihr Öl an die Europäer verkaufen sollten. Gemeinsam mit den Saudis finanzierten sie fundamentalistische Terrorgruppen, die trotz unterschiedlicher Namen allesamt, wie ihre Financiers auch, die Welt ins Mittelalter oder noch weiter zurückwerfen wollen. Keine Rechte für Frauen, keine Musik, grausame Strafen, öffentliche Hinrichtungen und dergleichen mehr.

Postindustrielle Gesellschaft und repressive Verbündete

Wäre nicht das Öl, wären die rückschrittlichen Golfmonarchien im aufgeklärten postmodernen 21. Jahrhundert allesamt absolut inakzeptabel. Die westlichen Politiker müssen sich allerdings schon fragen, ob ihre konziliante Politik gegenüber Saudi-Arabien, Qatar und auch der Türkei wirklich von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird, oder ob es nicht vielmehr so ist, dass, wie im Fall der Apartheid in Südafrika, die Zeit für ein Ende der Schreckensherrschaft gekommen ist. Eigentlich ist der völkerrechtwidrige Genozid an den Houthi im Yemen durch die schiesswütigen Saudis ein Verbrechen erster Ordnung, wie auch Kennedy es nennt. Was Erdogan mit den Kurden und auch anderen Minoritäten mit dem Krieg im eigenen Land anstellt, ist auch nicht besser und daher verwerflich und inakzeptabel. Es ist ja bezeichnend, dass die Türken bis heute den Genozid an über einer Million christlichen Armeniern sowie einer weiteren halben Million urchristlichen Assyrern und Aramäern vor 100 Jahren bis heute leugnen. Viele der Überlebenden haben in Syrien über Jahrzehnte ein friedliches Leben in Koexistenz von Armeniern, Aramäern, Assyrern und Alewiten, um nur den Buchstaben A abzudecken, verbracht, denn Syrien war, neben dem Libanon, das einzige Land in der Region, das wirklich säkularisiert war und in dem syrisch-orthodoxe, armenische und katholische Christen friedlich mit Schiiten und Sunniten zusammenlebten. Bis die amerikanischen Hegemonialpolitiker von Rumsfeld und Bush bis Cheney anfingen, den Fanatismus der fundamentalistischen sunnitischen Milizen für ihre Zwecke zu nutzen und ihn zu nähren – mit der Folge, dass heute von Mali bis zu den Philippinen weite Teile der Welt in einem apokalyptischen Flammenmeer versinken. Kennedy folgert, dass die Syrer fliehen, weil es sich nicht lohnt, wegen einer Pipeline zu sterben, und das ist auch der Grund, warum Bodentruppen für Syrien in den USA kein Thema sind. Kein Politiker will Soldaten wegen einer Pipeline opfern. Das sollten auch die europäischen Politiker bedenken, die aus Unwissenheit oder Dummheit eigentlich genau das tun, was die Amerikaner, die Russen, die Saudis und die Fundamentalisten aus unterschiedlichen Motiven wollen. Panik, Furcht, Angst, Psychosen, Spaltung, Handlungsunfähigkeit, Zersplitterung. Ein Gegner, oder eine Partei, in einer solchen Schockverfassung ist leicht fernzusteuern – sogar für historische Zwerge wie Erdogan. Dies umso mehr, als die Struktur mit 28 EU-Mitgliedern, die alle höchst unterschiedliche Interessen verfolgen, in praktischer Hinsicht unmöglich ist. Dies gilt auch in militärischer Hinsicht.

Negativzins führt zu Aktienverlusten

JP Morgan hat die Verluste der Aktienmärkte untersucht, die sich weit überwiegend in den Ländern eingestellt haben, die eine Negativzinspolitik betreiben: Schweiz, Schweden, EU, Japan. Lediglich in Dänemark gab es eine positive Entwicklung. Doch das hat die EZB nicht davon abgehalten, am 10. März für eine weitere Verschärfung des Negativzinsszenarios zu sorgen. Bankeinlagen werden bei der EZB nun mit 0,4% Negativzins belegt, nach 0,3% seit Dezember. Weiterhin wurde entschieden, die monatlichen QE-Käufe von bisher 60 Mrd. Euro ab April auf 80 Mrd. Euro zu erhöhen. Zu beachten ist, dass Jens Weidmann von der Deutschen Bundesbank, der im Dezember gebremst hatte, bei der März-Sitzung nicht stimmberechtigt war. In der direkten Reaktion fiel der Euro um 1,5%, DAX, CAC um 40, IBEX und MIBTEL stiegen um 2-3%, und auch die Kurse der EU Staatsanleihen kletterten. 10-jährige italienische Staatsanleihen warfen nur noch 1,24% ab. Doch kaum eine Stunde später war der Euro wieder über 1,10 US-Dollar, und die Gewinne bei Aktien und Anleihen schmolzen wie Butter in der Sonne. Noch eine Stunde weiter lag der Euro nahe an 1,12 US-Dollar. Damit hat Goldman Sachs nach dem Dezember-Call zum zweiten Mal in kurzer Folge mit der Empfehlung, den Euro zu shorten, eine teure Fehleinschätzung vorgenommen. Und Draghi hat das Gegenteil dessen erreicht, was seine Intention war.

Aktienrückkaufprogramme werden zur Belastung

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Entwicklung des Aktienkurses von Apple im Vergleich zum S&P 500 während des 4. Quartals 2015. Quelle: marketwatch.com

In einer interessanten Untersuchung kommen die Analysten von HSBC zum Ergebnis, dass Aktienrückkäufe der börsennotierten Unternehmen seit 2008 die mit Abstand grösste Nachfragequelle für Aktien waren. Dies könnte sich nun aus verschiedenen Gründen ändern, z.B. machen die höheren Spreads es teurer, Fremdkapital aufzunehmen, um damit eigene Aktien zu kaufen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist, dass Hillary Clinton und zahlreiche Senatoren untersuchen wollen, ob die seit 1982 gültige SEC-Regel 10b-18, die den Rückkauf eigener Aktien regelt und deren Einführung zeitlich mit dem Beginn der grössten Aktienhausse aller Zeiten zusammenfällt, missbräuchlich zur Manipulation der Aktienkurse verwendet wird. Die superreichen CEOs und die Bereicherungsmaschine über Optionen und steigende Aktienkurse steht zunehmend in der Kritik, nicht nur von der verarmenden Bevölkerung, sondern auch von Seiten einflussreicher Ökonomen und Meinungsbildner, die die immer weiter auseinanderlaufende Ungleichheit in der Gesellschaft beklagen. Zudem seien Aktienrückkäufe per se nicht unbedingt förderlich für den Aktienkursverlauf. Als Beispiel wird Apple genannt, die trotz 6,9 Mrd. US-Dollar Aufwand für Aktienrückkäufe in Q IV 2015 in diesem Zeitraum einen Rückgang der Aktie um 4,6% zu verzeichnen hatte, während der S&P 500 in dieser Zeit um 6,5% gestiegen ist.

Gewinnrezession zum 7. Geburtstag der Hausse

Am 09.03. feierte die Wall Street den siebten Geburtstag des noch laufenden Börsenaufschwungs. Bei einer kritischen Analyse zeigt sich, dass die Gewinne der Unternehmen mit 13% p.a. sehr viel stärker gestiegen sind als deren Umsätze mit nur 2% p.a. und auch als das GDP. Allerdings zeigt sich auch, dass insbesondere während der letzten Quartale die Unternehmensgewinne stagnierten und sogar leicht zurückgingen. Der Zenith in der zyklischen Gewinnexpansion ist bereits überschritten. Selbst wenn die Energieunternehmen herausgerechnet werden. Nur die Gewinne je Aktie (EPS) sind weiter gestiegen, weil die massiven Aktienrückkaufprogramme die Anzahl der umlaufenden Aktien kontinuierlich verringern, mit der Folge, dass selbst ein geringerer Unternehmensgewinn trotzdem zu steigenden EPS führen kann. Doch das ist Camouflage und kann nicht lange gut gehen.

Ausgesuchte Pharma-Aktien werden attraktiv

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Die Entwicklung des Aktienkurses von GlaxoSmithKline innert Jahresfrist. Quelle: money-net.ch

In der Pharmabranche sieht die Welt anders aus. Wegen dem Patent-Cliff, d.h. auslaufender Patente, und der allgemeinen Kostendämpfung im Gesundheitswesen hat die Branche viele Anpassungen bereits vorgenommen. Natürlich ist die Entwicklung jedes einzelnen Unternehmens anders, z.B. leidet Novartis insbesondere unter dem Währungseffekt, die reich gefüllte Pipeline an neuen, vielversprechenden Wirkstoffen fliesst aktuell in die Kursentwicklung nicht ein. Die Aktie ist seit Monaten in einem noch ungebrochenen Abwärtstrend. Das KGV beträgt nur noch 10, die Dividendenrendite ist knapp unter 4%. Bei der britischen Glaxo SmithKline (GSK) sieht es im Moment noch attraktiver aus. Der Börsenwert liegt bei 95 Mrd. US-Dollar, das KGV beträgt 7,5 und die Dividendenrendite 6,7%. Angesichts der hohen Qualität der Gewinne, die sich aus zahlreichen Produkten und Produktkategorien speisen, sowie einer ebenfalls vielversprechenden Pipeline kann die Dividende als sicher und weiterhin steigerungsfähig gelten. Der Aktienkurs hat bereits einen Boden gebildet, was eine gute Gelegenheit bietet. Der Bewertungsabschlag bei Glaxo zu US-Pharmawerten oder auch zu europäischen Vertretern ist durch nichts gerechtfertigt, vielleicht in jüngerer Zeit die Brexit-Ängste, wobei der international tätige Glaxo-Konzern davon kaum betroffen sein wird. An der Börse werden Unternehmen mit stabiler Gewinnentwicklung und sicheren Dividenden immer dann attraktiv, wenn die Gewinne der zyklischen Branchen zurückgehen. Daher ist Glaxo schon jetzt, und Novartis wohl in Kürze, auf Einstiegsniveau.

Ob in Fragen der Welt- oder der Anlagepolitik, es gilt Aristoteles Erkenntnis:
“ Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“

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