Der Branchentalk Regionalbanken von schweizeraktien.net in Zürich wurde von über 80 Teilnehmern besucht, die sich aus erster Hand über die aktuelle Entwicklung der Geschäftszahlen der Regional- und Kantonalbanken des Jahres 2015, die Aussichten der Branche sowie Chancen und Herausforderungen im Firmenkundengeschäft informieren wollten. Dieses Jahr übernahm erstmals das Beratungsunternehmen IFBC die Auswertung der Jahresabschlüsse von Regional- und allen 24 Kantonalbanken. Bei den Regionalbanken wurden nur diejenigen Institute berücksichtigt, deren Bilanzsumme über 1 Mrd. CHF liegt oder deren Aktien auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gelistet sind. Somit wurden gesamthaft die Daten von 51 Häusern näher analysiert.
Transparenz des ausserbörslichen Handels wächst
Zu Beginn des Branchentalks informierte Reto Padrutt, Leiter Handel und Financial Institutions der BEKB, über die von der BEKB betriebene OTC-X-Plattform. Das Handelssystem sei auch den strengen regulatorischen Vorschriften der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA unterstellt, so Padrutt. Die BEKB will zudem die Transparenz des Handels noch weiter erhöhen. So sollen zukünftig bei allen Papieren jeweils die sechs besten Kurse auf der Geld- und der Briefseite (unter der Voraussetzung, dass genug Kursstellungen bestehen) angezeigt werden. Eine weitere Besonderheit des Systems ist, dass jeder Auftrag zuerst überprüft wird, bevor er abgewickelt wird. So können „unfaire“ Kurse und zu starke Volatilitäten vermieden werden.
Rentabilität der Banken steigt
Im Anschluss präsentierte Dr. Thomas Vettiger vom IFBC die Ergebnisse der Analyse der Jahresabschlüsse und Kennzahlen im Retailbanking (Impulsreferat als pdf zum Download). Die wichtigste Erkenntnis der Analysen ist, dass die Banken nicht genug Gewinn erzielen, um eine ordentliche Verzinsung der Eigenmittel zu erlauben. Dies sehe er denn auch als Grund für die niedrige Bewertung derjenigen Banken, deren Titel handelbar sind, so Vettiger. Diese falle deutlich tiefer aus als der Buchwert. Im Schnitt liegt die Bewertung der Papiere bei nur rund der Hälfte des Buchwerts. Bei einer genaueren Betrachtung der Zahlen falle auf, dass die Kantonalbanken eine um rund 2 bis 3% höhere Verzinsung der Eigenmittel erreichten als die Regionalbanken. Insgesamt sei im 2015 die Rentabilität der Eigenmittel der Regionalbanken auf 4.5% nach 4.2% im Vorjahr gestiegen. Der wesentliche Treiber für die Verbesserung der operativen Zahlen war die Entwicklung des Zinsdifferenzgeschäfts, welches die Haupteinnahmequelle der Regionalbanken darstellt.
Hohe Sachaufwendungen belasten besonders
Bei der für die Regionalbanken sehr wichtigen Zinsmarge sei allerdings nach wie vor kein Boden auszumachen. Der Trend zu einer weiterhin rückläufigen Marge setzte sich auch im 2015 fort. Allerdings konnte dennoch eine Verbesserung der allgemeinen Situation festgestellt werden. So verbesserte sich die Cost/Income-Ratio nach Abschreibungen trotz der höheren regulatorischen Anforderungen und der weiter sinkenden Zinsmarge um 2% auf 68%, womit der Wert aus 2010 wieder erreicht werden konnte. Ein belastender Faktor stellt der hohe Sachaufwand dar, der im 2015 bei 34% der Einkünfte lag.
Für die Zukunft sei neben einer Ertragsdiversifikation auch das Filialnetz zu überprüfen, so Vettiger. In den nächsten Jahren werde das Wachstum der Ausleihungen auch weiterhin in der Höhe zwischen 4% und 4.5% verharren. Um wachsen zu können, sind auch entsprechende Eigenmittel notwendig, weshalb die Institute hierauf ein Augenmerk richten sollten. Allfällige Kapitalerhöhungen würden nicht immer goutiert, ergänzte Vettiger. Insgesamt steigen die Herausforderungen auch für Regionalbanken stetig an. Gute Chancen biete das Firmenkundengeschäft. Hierbei handle es sich um eine wenig volatile, margenstarke Aktivität mit überschaubaren Risiken, so der Senior Partner von IFBC.
Um das Firmenkundengeschäft erfolgreich betreiben zu können, müssen allerdings einige Grundsätze beachtet werden. Zunächst müssen die Kundenberater zugleich Partner und Problemlöser für die Kunden sein. Die Beratungsansätze sollten sich an den strategischen Zielen des Kunden orientieren, die wiederum die Grundlage von kundenspezifischen Angeboten sein müssten. Bei der Kreditvergabe müssen klare Richtlinien definiert und eingehalten werden. Für die Analyse von grösseren Krediten komme in erster Linie der vom Kunden erzielte Cashflow in Betracht. Ebenfalls ein wichtiges Tool seien digitale Angebote, welche eine Vereinfachung von Prozessen erlauben.
Bessere Stimmung bei den Bankdirektoren
Eine leichte Aufhellung zeigte das Stimmungsbarometer der Banken an, das wie im letzten Jahr durch eine anonyme Umfrage von schweizeraktien.net unter den Bankdirektoren erhoben wurde (siehe Präsentation als pdf zum Download). Allgemein wird die Lage wieder deutlich besser eingeschätzt als noch vor Jahresfrist. Obwohl die Lage in einigen Kommentaren als „herausfordernd“ und „die schwierigste seit Langem“ beschrieben wird, ist der Grundtenor aber mit einer Bewertung der Lage mit 6.9 von 10 maximal möglichen Punkten bei den Regional- und von 7.7 von 10 bei den Kantonalbanken positiv. Auch wurden erstmalig die beiden Noten 9 und 10 vergeben.
Die Einschätzung zur Lage spricht eine ebenfalls deutliche Sprache. So sind je 34.6% der Bankdirektoren der Meinung, die Lage habe sich verbessert oder sei gleich geblieben. 30.8% erkennen eine Verschlechterung der Lage. Ähnlich wie das IFBC erwarten auch 71% der Bankdirektoren eine weitere Verengung der Zinsmarge in den nächsten Jahren, während 21% mit einer gleichbleibenden Marge rechnen. Lediglich 8% erwarten sogar eine höhere Marge. Bei den Kantonalbanken rechnen indessen nur 60% mit einer Verengung der Zinsmargen. Hierbei zu berücksichtigen sind wiederum die Ergebnisse des IFBC, demzufolge die Kantonalbanken eine um 0.1% respektive 10 Basispunkte tiefere Zinsmarge erwirtschaften als die Regionalbanken. Im Vergleich zum Vorjahr fand ein deutliches Umdenken der Bankdirektoren statt. Im 2015 rechneten noch über 66% mit einer Ausweitung der Zinsmarge in fünf Jahren.
Zufrieden mit der Politik der SNB
Weiterhin zufrieden zeigten sich die Bankenverantwortlichen mit der Politik der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Zwar ist der Durchschnittswert mit 6.2 etwas niedriger als der Vorjahreswert von 6.4, liegt aber immer noch im deutlich positiven Bereich. Weiterhin im negativen Bereich verharrte indessen die Meinung der Bankvertreter zur Berücksichtigung ihrer Interessen durch die FINMA. Auch wenn eine leichte Verbesserung des Gesamtwerts von 2.5 im Vorjahr zu 3.1 im 2015 beobachten ist, wurde keine bessere Gesamtnote als 5 vergeben. Weiterhin unzufrieden zeigten sich die Banken auch mit der Vertretung ihrer Interessen durch den Branchenverband. Der Vorjahreswert von 3.3 wurde bestätigt, und auch hier fällt ins Auge, dass kein Institut eine bessere Note als 5 vergeben hat.
Fast die Hälfte hat keine Digitalisierungsstrategie
Auf die Frage nach einer Digitalisierungsstrategie erklärten 48% der Banken, über keine derartige Strategie zu verfügen. Nur knapp in der Mehrheit waren die Institute, die eine entsprechende Strategie haben. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die Antwort auf die Frage, wie sich die Anzahl der Banken in Zukunft entwickeln wird, die allerdings nur den Vertretern der Regionalbanken gestellt wurde. Hier gehen 96% davon aus, dass die Anzahl Regionalbanken in den nächsten Jahren sinken wird. Nicht ganz so pessimistisch wird die Entwicklung des Marktumfelds gesehen. Zwar sind auch hier 36% der Direktoren der Meinung, das Umfeld werde sich verschlechtern. Aber gleichzeitig rechnen 52% damit, dass das Umfeld gleich bleibt, und sogar 12% erwarten eine Verbesserung.
Morgen werden wir an dieser Stelle über die Referate zum Firmenkundegeschäft sowie die Podiumsdiskussion berichten.