Energie Electrique du Simplon: Sonderrückstellung führt zu Verlust, keine Dividende für 2015 – Neuer Stromliefervertrag bringt nochmals tiefere Preise

0
1861
E.E.S.- Kraftwerk Gondo an der Landesgrenze nach Italien (Simplon-Gebiet) – 800 m ü.M. (Quelle: ww.alpiq.com)
E.E.S.- Kraftwerk Gondo an der Landesgrenze nach Italien (Simplon-Gebiet) – 800 M. ü.M.
(Quelle: ww.alpiq.com)

Schlimmer geht’s immer. Das Geschäftsjahr 2015 war für die Aktionäre der mehrheitlich zum börsenkotierten Alpiq-Konzern gehörenden OTC-Spezialität Energie Electrique du Simplon SA (E.E.S.) in jeder Hinsicht enttäuschend. Die Dividende wurde mit Beschluss der Generalversammlung vom 9. Juni 2016 nach massiven Kürzungen in den beiden Vorjahren diesmal komplett gestrichen, und die Gesellschaft weist nach einer hohen Sonderrückstellung über 1.4 Mio. CHF zur Abfederung sozialer und wirtschaftlicher Risiken diesmal einen Reinverlust aus.

Erträge aus der Stromproduktion auf Vorjahresniveau

Diese schleichende (Abwärts-)Entwicklung kommt für die Leser unseres Blogs nicht überraschend, haben wir doch wiederholt – letztmals Mitte Juni 2015 – auf die problematische Ausgangslage der kleinen Gesellschaft in einem anhaltend schwierigen Strommarkt hingewiesen. Die Produktion in den eigenen Kraftwerken Gondo, Gabi und Tannuwald war 2015 im Vergleich zum Vorjahr mit 280 GWh weitestgehend konstant (Vj.: 279.9 GWh), wobei es innerhalb der einzelnen Kraftwerksstandorte zu leichten Verschiebungen gekommen ist. Die Produktion im grenznahen Kraftwerk Gondo war zwar um etwa 1.5% rückläufig, doch blieb Gondo mit einem Produktionsanteil um 75% das mit Abstand wichtigste Kraftwerk der E.E.S. Die Stromproduktion im kleinsten Kraftwerk Tannuwald erhöhte sich um 6.3% auf knapp 21 GWh. Die Erträge aus der Stromproduktion bewegten sich 2015 mit 12.95 Mio. CHF auf dem Niveau des Vorjahres (Vj. 12.94 Mio. CHF).

Betriebsergebnis um mehr als 20% rückläufig

Die direkt zugeordneten Produktionskosten – ohne die Finanzaufwendungen – erhöhten sich dagegen um 5.5% auf 10.9 Mio. CHF (Vj. 10.3 Mio. CHF), so dass das betriebliche Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) 2015 nochmals um mehr als 20% gegenüber dem bereits eingetrübten Vorjahr auf 2 Mio. CHF rückläufig war. Die bereits eingangs erwähnte Sonderrückstellung über 1.4 Mio. CHF sowie der reguläre Finanzaufwand in der Grössenordnung um 0.7 Mio. CHF führten schlussendlich zu einem Reinverlust von 67’361 CHF nach einem Gewinn von 1.5 Mio. CHF im Vorjahr. Aus diesem Grund hatte die Gesellschaft für 2015 auch darauf verzichtet, eine Dividende an die Aktionäre auszuschütten. Die Generalversammlung vom 9. Juni 2016 folgte diesem Antrag der Verwaltung.

Stromlieferpreis wird um 40% gesenkt

So enttäuschend diese „Nulldiät“ aus Sicht der Aktionäre auch ist: Noch schwerer wiegt die Tatsache, dass der neue Vertragspreis für Stromlieferungen an die E.E.S.-Aktionärspartner in der Periode 2017/2018 mit Verweis auf das Marktumfeld und das gegenwärtige, von Überkapazitäten bestimmte Preisniveau im Februar 2016 auf nur noch 27.17 CHF /MWh festgesetzt wurde – nochmals um mehr als 40% unterhalb der Periode 2014-2016 (46.36 CHF/MWh). Zur Erinnerung an bessere Zeiten: Der Vertragspreis für Stromlieferungen an die Aktionärspartner in der Periode 2011 bis 2013 hatte noch bei 81.43 CHF/MWh gelegen. Insbesondere für die freien Aktionäre, die nicht selbst Vertragspartner der „Aktionärspartnerverträge“ sind, sondern nur indirekt von den Wirkungen dieser Aktionärspartnerverträge betroffen sind, ein letztlich unbefriedigender Zustand.

Bei gleichbleibender Kostenbasis oberhalb von 10 Mio. CHF p.a. bedeutet dies nämlich auch, dass die „blaue“ E.E.S. mit ihrem klimafreundlichen Wasserkraftportfolio im aktuellen Energiemarktumfeld mit Gültigkeit des neuen „Aktionärspartnervertrags“ ab 2017 für ihre Aktionäre nicht einmal mehr in der Lage sein wird, zumindest kostendeckend zu wirtschaften. Erträge um 27.17 CHF/MWh – ab 2017 – würden bei einer weitgehend konstanten Produktion um 280 GWh zu Gesamterträgen von lediglich 7.6 Mio. CHF führen, etwa 3 Mio. CHF unter den Kosten der letzten Jahre.

Auf dieser Basis werden also bis auf Weiteres keine Werte für die Aktionäre geschaffen, sondern erst einmal Werte „vernichtet“ – solange die Kosten- und Ertragssituation ist, wie von der Verwaltung für 2017 und 2018 geplant. Cui bono? Die „Energiewende“ frisst ihre Kinder! Die Dividende, vor längerer Zeit noch ein Argument „pro E.E.S“, ist mittlerweile auf „null“ gesenkt. Realistischerweise ist mit dem neuen Aktionärsvertrag und dem Problem der über den Aktionärsvertrag festgezurrten, tiefen Strom-Preise in Relation zur Kostenbasis für die Jahre 2016 bis 2018 nicht mit deutlich höheren Ausschüttungen zu rechnen,

Seriöse Prognosen über die künftige Strompreisentwicklung sind mit Blick auf den radikal veränderten Markt, neue „Energieformen“, einen Trend zur Dezentralisierung der Produktion und die auch heute kaum absehbaren, langfristigen Auswirkungen der „Energiewende“ weiterhin nur schwer möglich – wahrscheinlich sogar „unmöglich“. Die auf OTC-X zuletzt (Kurs v. 24.11.2015) mit 1’000 CHF bezahlte E.E.S.-Aktie erscheint angesichts der eingeschränkten Ausschüttungsperspektiven und der vielfältigen Unwägbarkeiten zumindest bis einschliesslich des Geschäftsjahres 2018 ambitioniert bewertet und heute eine „Strompreiswette“ auf die Zeit nach 2019. Ob sich die Ausgangslage bis dahin bessert, muss die Zeit zeigen. E.E.S.-Anleger benötigen einen langen Atem – oder ein kurzfristiges „Strompreis-Wunder“, das den Aktionärsvertrag vor Beginn seiner Gültigkeit ab Anfang 2017 in Frage stellen könnte! Realistisch ist letzeres aus heutiger Sicht eher nicht. Damit fehlt es der E.E.S.-Aktie weiterhin an der Perspektive für eine Höherbewertung, und ein Kauf des Titels drängt sich angesichts der unklaren Perspektiven nicht auf. Im Energie-Sektor gibt es aktuell bessere Valoren.

Transparenzhinweis: Dem Autor nahestehende Personen sind Aktionäre der Gesellschaft.

Kommentar verfassen