Engadin St. Moritz Mountains / Piz Nair: Familie Niarchos initiiert Zukunftslösung für Lagalb, Diavolezza und Piz Nair – Stillschweigen über Konditionen

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Luftseilbahn Diavolezza (Bildquelle/Foto: Engadin St. Moritz Mountains – Andrea Badrutt)
Luftseilbahn Diavolezza (Bildquelle/Foto: Engadin St. Moritz Mountains – Andrea Badrutt)

Erst vor wenigen Wochen hatten wir an dieser Stelle über die mehrheitlich der Familie Niarchos gehörende und auf OTC-X gelistete AG Luftseilbahn Corviglia-Piz Nair („Piz Nair AG“) berichtet, die das touristisch sehr anspruchsvolle Geschäftsjahr 2014/2015 erfolgreich abschliessen konnte. Bei dieser Gesellschaft handelt es sich um eine wenig liquide OTC-Spezialität. In diesen Tagen steht der vergleichsweise kleine, aber gut geführte Bahnbetrieb im Mittelpunkt eines interessanten – und zumindest für Aussenstehende auch überraschenden – „Ringtauschs“ unter den Oberengadiner Bergbahnen Engadin St. Moritz Mountains AG und Piz Nair AG.

„Ringtausch“ unter Oberengadiner Bahnen

Wie aus einer gemeinsamen Medienmitteilung vom 24. Juni 2016 hervorgeht, erwirbt die ebenfalls auf OTC-X gehandelte Engadin St. Moritz Mountains AG zunächst die heutigen Anlagen der Piz Nair AG. Im Gegenzug erwirbt die Piz Nair AG von der Engadin St. Moritz Mountains AG die Diavolezza-Bahn sowie die einst im Jahr 2007 – über die ehemalige Diavolezza-Bahn AG – in die Engadin St. Moritz Mountains AG hinein fusionierte Lagalb-Bahn. Diese war zuletzt jedoch ein notorischer „Dauerverlustbringer“.

Im Anschluss an diese Transaktionen soll die AG Luftseilbahn Corviglia-Piz Nair in Diavolezza Lagalb AG umbenannt werden. Damit wäre auch der Weiterbetrieb der lokal umstrittenen Lagalb-Bahn bis auf Weiteres sichergestellt, und es wäre angesichts der wechselhaften Geschichte der beiden Bahnbetriebe Diavolezza und Lagalb quasi eine Rückführung in den Zustand vor der Fusion 2007, ein „Zurück zu den Wurzeln„.

Lagalb-Bahn kann weiterfahren

Die über fünfzigjährige Geschichte der Lagalb-Bahn, die ihrerseits 1988 mehrheitlich von der vormaligen Diavolezza-Bahn AG übernommen und schlussendlich 1992 in diese integriert wurde, war von Beginn an mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden (Geschichte der Lagalb-Bahn). Die Engadin St. Moritz Mountains AG hatte ursprünglich geplant, den Wintersportbetrieb der Lagalb-Bahn aus wirtschaftlichen Gründen zum Ende der abgelaufenen Wintersaison, am 17. April 2016, definitiv einzustellen. Dem 1963 gegründeten und erst seit 2007 – über die skizzierte Fusion mehrerer Oberengadiner Bahnbetriebe – zur Engadin St. Moritz Mountains AG gehörenden Unternehmen war es nie gelungen,  nachhaltig schwarze Zahlen zu schreiben.

Allerdings gab es seit Bekanntwerden der Schliessungspläne rund um die via-à-vis der sehr viel berühmteren Diavolezza gelegene Lagalb auf der gegenüberliegenden Seite der Bernina-Passstrasse – ebenfalls auf dem Gemeindegebiet von Pontresina – verschiedene lokale Initiativen, um die Lagalb als Wintersportdestination zu retten. Nun lag es, so der Text der Medienmitteilung, an der Familie Niarchos, eine „Gesamtlösung für alle drei Berge“ (Lagalb, Diavolezza, Piz Nair) zu initiieren und diesen faktischen „Tausch“ von Beteiligungen – obwohl als Erwerbsgeschäft konzipiert – auch strukturell umzusetzen.

Die Diavolezza und die Lagalb sollen im Juni 2017 – also in einem Jahr – in die neue Diavolezza Lagalb AG wechseln, die zuvor ihr bisheriges Kerngeschäft – den Betrieb der Anlagen im Gebiet Corviglia-Piz Nair – an die Engadin St. Moritz Mountains AG veräussert.

„Alles-aus-einer-Hand“-Strategie

Der Vorteil einer Übernahme der wirtschaftlich erfolgreichen Piz Nair-Anlagen im Corviglia-Gebiet für die Engadin St. Moritz Mountains AG liegt – in Abhängigkeit der effektiven Erwerbskonditionen – aus unserer Sicht darin, dass sie das bestehende Kerngeschäft „oberhalb von St. Moritz/Celerinaim Sommer wie auch im Winter geografisch geradezu ideal und komplementär ergänzt. „Alles aus einer Hand“ kann hier, nicht nur aus Kostenüberlegungen, eine zielführende Strategie sein, weil einerseits unnötige Doppelspurigkeiten beseitigt werden und andererseits dem Gast eine „Mehrwertstrategie“ geboten werden kann, was im Idealfall auch beim Bahnbetreiber selbst (und seinen Aktionären?) zu einem „Mehrwert“ führt.

Der Vorteil für die Familie Niarchos als Initiantin der aktuellen Massnahmen dürfte darin liegen, dass sie auch als „Hoteliers“ der gehobenen Kategorie im Engadin vertreten sind und deshalb ein Interesse an einer perfekt funktionierenden Infrastruktur und vielseitigen Angebotswelten für ihre Gäste haben müssen.

Aufwertung der Destination Pontresina?

Zum weitverzweigten Beteiligungsimperium der Familie Niarchos gehören das Grand Hotel Kronenhof in Pontresina sowie das Kulm Hotel St. Moritz, beides Häuser der Luxuskategorie. Entsprechend anspruchsvoll sind auch die Gäste.

St. Moritz als mondäner Wintersportort geniesst heute global bereits einen legendären Ruf. Das ruhigere, familienfreundliche Pontresina steht – aus unserer Sicht mit Blick auf die umgebende Landschaft und den Charakter des Ortes nicht gerechtfertigt – immer im Schatten von St. Moritz. Die Familie Niarchos müsste, wenn sie in eine ähnliche Richtung denkt, deshalb auch an einer „Revitalisierung“ der Kronenhof-Destination Pontresina ein vitales Interesse haben. Dies könnte mit einer „neuen“, kombinierten Diavolezza-Lagalb-Verbindung gelingen, dürfte aber auch (erhebliche) Investitionen voraussetzen, die die Engadin St. Moritz Mountains AG als bisherige Eigentümerin der Diavolezza/Lagalb alleine nicht mehr stemmen konnte bzw. wollte. Die Familie Niarchos macht hier mit ihrem Grand Hotel Kronenhof in Pontresina mutmasslich andere Rechnungen auf als sie der Engadin St. Moritz Mountains AG – ohne Hotelinfrastruktur im Rücken – zuletzt möglich waren. Sicher scheint uns: Pontresina ist attraktiv und verfügt über erhebliches touristisches Potenzial, das es in den kommenden Jahren mit einer nachhaltigen Strategie zu heben gilt.

Über die Konditionen der skizzierten Transaktionen haben die Parteien Stillschweigen vereinbart. Angesichts der Tragweite der Transaktionen für die beteiligten Unternehmen ist dies zumindest aus Sicht der aussenstehenden Aktionäre beider Unternehmen – Engadin St. Moritz Mountains AG und auch Piz Nair AG – nicht glücklich. Hier wäre es wünschenswert, wenn die Verwaltungsräte nach Vollzug noch mehr finanzielle Details zu den vorgeschlagenen Transaktionen veröffentlichen würden, damit sich alle Aktionäre ein eigenständiges Bild der neuen Situation machen können. Da beide Unternehmen aber zur Publikation von Geschäftsberichten verpflichtet sind, gehen wir davon aus, dass sich zumindest einzelne Eckdaten aus den kommenden Jahresabschlüssen ableiten lassen.

Für den Wintersport und die von der CHF-Aufwertung überdurchschnittlich getroffene Region Oberengadin ist die neue Konstellation mit den angestossenen Veränderungen ein Gewinn. Ob am Ende jedoch auch der „normale Aktionär“, der nicht nur das Wintersportangebot im Blick hat, im Rahmen seiner Kapitalbeteiligung von diesen Veränderungen profitiert, lässt sich aus heutiger Sicht nicht seriös prognostizieren. Die Vergangenheit lehrt diesbezüglich mit Blick auf die Geschichte der Engadin St. Moritz Mountains AG und den stark rückläufigen Aktienkurs seit der Fusion 2007 eher zur Zurückhaltung, doch dürften in den heutigen Aktienkursen bereits viele Risiken reflektiert sein.

Bis auf Weiteres eignen sich die Aktien beider Gesellschaften Engadin St. Moritz Mountains AG und Piz Nair AG, nicht nur aufgrund ihrer tiefen Handelsliquidität, vor allem für Anleger mit einem regionalen Bezug. Es dürfte aber interessant sein, die weiteren Entwicklungen nach dem faktischen „Ringtausch“ – da auf Ebene der Engadin St. Moritz Mountains AG die Fusion aus dem Jahr 2007 zu einem Teil zurückgedreht wird – aufmerksam zu beobachten.

Transparenzhinweis: Dem Autoren nahestehende Personen sind Aktionäre der AG Luftseilbahn Corviglia-Piz Nair sowie der Engadin St. Moritz Mountains AG.

5 Kommentare

  1. Die Geheimnistuerei ist typisch für die Behandlung von Minderheitsaktionären. Man fühlt sich – nicht nur hier – in Lenin´scher Diktion als „nützlicher Idiot“, dessen Geld gerne genommen wird, der sich aber ansonsten doch besser nicht zu erkennen gibt und die wirklich wichtigen Leute „mal machen lässt“!

    Prof. Dr. Leonhard Knoll

    • Sehr geehrter Herr Knoll

      Ich stimme Ihrer Aussage im Allgemeinen zwar zu, insbesondere was kleinere Deals bei grösseren Firmen anbetrifft. Vermehrt kann man da feststellen, dass über die Konditionen Stillschweigen beschlossen wurde. So auch hier bei den Bergbahnen im Engadin.
      Allerdings stimmt es überhaupt nicht, dass sich die Familie Niarchos knausrig verhält und gerne das Geld der kleinen Mitaktionäre verpufft. Das Gegenteil ist der Fall. Die Familie hat hier einmal mehr, wohl mit Millionenbeträgen, mitgeholfen eine Bahn vor dem Untergang zu retten. Wo stünde so manches Museum, das Spital Samedan, mindestens 2 Luxushotels und praktisch die ganze Bergbahninfrastruktur im Oberengadi, etc., wenn diese Familie nicht wiederholt den Geldbeutel grosszügig geöffnet hätte? An eine Rendite ist bei praktisch all diesen Projekten kaum zu denken.

      • Sehr geehrter Herr Zahner,

        es geht hier weniger um Mäzenatentum als um die Frage, was den Minderheitsaktionären von BEST Engadin noch alles zugemutet werden soll. Wenn man es nicht schafft, in einer der weltweit berühmtesten Alpindestinationen profitabel zu wirtschaften, muss daran gearbeitet werden und nicht an der Erhaltung von Liftanlagen, „koste es, was es wolle“.

        Dass man auch in der Schweiz Bergbahnen wirtschaftlich betreiben kann, zeigt ein Blick nach Engelberg. Dort gab es noch keine Olympischen Spiele und keinen Promiauflauf, aber Gewinne! Wann sehen wir die in St. Moritz?

        • Lieber Herr Knoll
          Ich kenne die Bergbahnenwelt in der Schweiz schon ein wenig. Die erfolgreichen Bahnen, sind neben einem guten Marketing, vor allem deshalb so erfolgreich, weil sie 1) das ganze Jahr über den vielen Touristen ein Schneeerlebnis bieten können und 2) nahe an Tourismus-Hotspots wie Luzern oder Interlaken gelegen sind. Von der Diavolezza oder dem Corvatsch sieht man zwar auch Schnee, aber die gehören spätestens jetzt nicht mehr zu den BEST. Landschaftlich ist das Engadin es in meinen Augen zwar mindestens so schön, aber eben zu dezentral. Daneben sind 2 der Hauptmärkte (Italien und Russland) wirtschaftlich gebeutelt und das unversteuerte Geld aus Mailand, etc. fliesst auch nicht mehr.
          Das ist schon etwas gar viel Gegenwind. Ich stimme Ihnen aber bei, dass es noch einiges an Verbesserungspotential gibt. Aber Gewinne wie am Titlis, der Jungfrau oder des Pilatus, das können Sie sich gleich abschminken. Das schafft man nur, wenn man wie in jeder Industrie, die Anlagen möglichst gleichmässig gut auslastet und nicht nur an einzelnen Wochen und Wochenenden.

          • Lieber Herr Zahner,
            es ist bedauerlich, dass wir als vermutlich durchaus ähnlich denkende Zeitgenossen diese Diskussion führen, aber da sich scheinbar sonst niemand der Sache annehmen oder öffentlich auftreten will, sei noch das Folgende ergänzt:
            BEST ist eine Aktiengesellschaft, d.h ein Unternehmen mit erwerbswirtschaftlicher Ausrichtung, dessen Anteile auf elektronischen Plattformen gehandelt werden. Es geht dabei nicht um dubiose Zockereien oder virtuelle Geschäftsideen, sondern um gute, solide „Old Economy“ bzw. ein braves Geschäft an einer der – ich wiederhole mich – berühmtesten Alpindestinationen überhaupt. Solange ein solches Unternehmen nicht insolvent ist, werden zunächst alle Arbeitnehmer, Lieferanten, Kreditgeber etc. mit ihren betragsmäßig fixierten Ansprüchen bedient, bevor etwas an die Aktionäre zu verteilen ist. Diese erhalten erst das Residuum und der Umstand, dass jeder Franken mehr oder weniger daher auf Rechnung der Aktionäre geht, definiert ihr Recht, dass die Unternehmenspolitik auf die Maximierung dieses Residuums ausgerichtet ist. D.h. nicht notwendigerweise stets einen maximalen Periodengewinn anzustreben, aber wenn wie bei BEST die Dinge so lange schief liegen, ist Handlungsbedarf angesagt und kein Verweis auf die besseren Rahmenbedingungen anderswo oder Jubel über die Erhaltung unrentabler Liftanlagen. Die Schweizer Wirtschaft hat immer wieder gezeigt, dass sie mit sich verschlechternden Vorgaben zurechtkommt – warum nicht ein großes Bergbahnen-Unternehmen an einem Ort, der demnächst die alpinen Ski-Weltmeisterschaften ausrichtet?

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