Nebenwerte: Anlagenotstand lockt Institutionelle in den ausserbörslichen Markt

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Im 2. Quartal 2016 war sich der ausserbörsliche Markt wesentlich stabiler, als die Hauptbörse. Chart: www.money-net.ch
Im 2. Quartal 2016 entwickelte sich der ausserbörsliche Markt (grau) wesentlich stabiler, als die Hauptbörse (blau, SPI-Extra). Chart: www.money-net.ch

Während die Anleger in den grosskapitalisierten Aktien wie Nestlé, Novartis, Roche und vor allem den Grossbanken im zweiten Quartal dieses Jahres vor und nach dem Brexit viele schlaflose Nächte hatten, konnten die Aktionäre mit Papieren aus dem ausserbörslichen Segment im Portfolio sehr gut schlafen. Denn ungeachtet der Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten kletterte der von der Berner Kantonalbank errechnete Liquiditäts-Index mit einem Plus von 0,6% gemächlich weiter nach oben. Dies zeigt einmal mehr, dass die Kurse der nichtkotierten Nebenwerte einen Börsensturm teilweise unbeschadet überstehen.

UBS Fonds steigt bei WWZ und Repower ein

Zusätzlich sorgten im zweiten Quartal Firmenübernahmen und Kapitalerhöhungen für einen positiven Einfluss auf die Aktienkurse und die gehandelten Volumen. Letztere verzeichneten im Mai und Juni Höchstwerte. Auffällig an den Transaktionen ist, dass neben den vielen Privatanlegern auch professionelle Investoren wie Beteiligungsgesellschaften, Fonds und Family Offices verstärkt in dem Segment aktiv werden. Bereits im ersten Quartal sorgte ein UBS Energiefonds (UBS CEIS) mit dem Kauf von 9,5% der Aktien des regionalen Telekommunikations- und Versorgungsunternehmens Wasserwerke Zug für Aufmerksamkeit. Mit einem Volumen von 60 Mio. CHF war dieser Kauf eine der grössten Transaktionen im Nebenwertesegment. Nach dem Wechsel des ostschweizer Energieunternehmens Repower von der Schweizer Börse SIX in den ausserbörslichen Markt Ende April wurde der UBS Fonds ein zweites Mal aktiv: Zusammen mit dem Zürcher Versorgungsunternehmen EKZ beteiligte er sich im Rahmen einer Kapitalerhöhung mit 18,9% an Repower. Insgesamt flossen dem Bündner Unternehmen durch die Transaktion 171.8 Mio. CHF an frischem Geld zu.

Unternehmerfamilie finanziert Wachstum von Zur Rose

Einen Mittelzufluss von 20 Mio. CHF konnte sich die Versandapotheke Zur Rose Group sichern. Im Rahmen einer Kapitalerhöhung, die im September beschlossen werden soll, wird sich die Beteiligungsgesellschaft Corisol an Zur Rose mit 13,3% beteiligen. Die Unternehmerfamilie Frey, die auch grössere Anteile an börsenkotierten Firmen wie Schweiter und Comet besitzt, sieht offenbar grosses Potenzial für Zur Rose in der Schweiz und die zum Konzern gehörende, in Deutschland tätige Internetapotheke DocMorris. Sonst wäre sie nicht bereit, im Rahmen der geplanten Kapitalerhöhung 40 CHF pro Aktie zu zahlen: Die letzten Kurse auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X lagen bei 32 CHF und damit deutlich darunter. Hat Zur Rose bestimmte Meilensteine erreicht, sollen nochmals 18 bis 24 Mio. CHF fliessen. Das frische Geld wird vor allen Dingen in das Marketing und den Ausbau des Geschäfts mit rezeptpflichtigen Medikamenten sowie die Mehr-Kanal-Strategie in der Schweiz mit eigenen Geschäften fliessen. Gelingen die Expansionsschritte, so ist eines Tages der Börsengang oder auch der Verkauf an einen Wettbewerber denkbar. Vanessa Frey soll als Vertreterin des neuen Grossaktionärs auch in den Verwaltungsrat von Zur Rose gewählt werden. Es ist davon auszugehen, dass sie die ganze unternehmerische Erfahrung ihres Vaters Beat Frey in die Entwicklung der Zur Rose Group einfliessen lassen wird. Beat Frey hatte das Reiseunternehmen Private Safaris gegründet und später an Kuoni verkauft. Bekannt wurde er auch als Investor des Seilbahnunternehmens Garaventa Doppelmeyer.

Beteiligungsgesellschaft schnappt sich die Mehrheit am Parkresort

Martin Staub, Thomas Kirchhofer und Marco Martelli (v.l.n.r)
Thomas Kirchhofer (Mitte) hat seine Mehrheitsbeteiligung am Parkresort an Invision – im Bild die Partner Martin Staub (l.) und Marco Martelli (r.) – verkauft.

Für den Preis von 55 Mio. CHF wechselte die Parkresort Rheinfelden Holding ihren Besitzer. Neuer Eigentümer des Betreibers von Bädern, Kliniken und dem Parkhotel am Rhein wird mit mehr als 80% die schweizerische Beteiligungsgesellschaft Invision. Sie übernimmt die Anteile von Mehrheitsaktionär und Geschäftsführer Thomas Kirchhofer. Den Kleinaktionären wurde ein Übernahmeangebot zu 1100 CHF je Aktie unterbreitet, was dem Preis entspricht, den Kirchhofer und drei weitere Aktionäre für ihr Paket erhalten haben. Thomas Kirchhofer bleibt über eine neue Gesellschaft mit einer Minderheit beteiligt und wird auch in Zukunft das Unternehmen führen. Mit Invision taucht abermals ein Institutioneller Anleger am ausserbörslichen Markt auf. Für Rolf Bigler, Leiter des ausserbörslichen Handels bei der Berner Kantonalbank (BEKB), ist das zunehmende Interesse von Beteiligungsgesellschaften und Fonds an dem Marktsegment wenig überraschend. «Der Anlagenotstand und die hohen Preise in anderen Anlageklassen haben dazu geführt, dass sich professionelle Investoren wieder stärker für den ausserbörslichen Markt interessieren», erklärt er. Viele ausserbörslich gelistete Firmen existierten seit Jahrzehnten, wiesen ein stabiles Geschäftsmodell sowie kontinuierliche Erträge und regelmässige Ausschüttungen auf. Hinzu komme die günstige Bewertung mit deutlichen Abschlägen auf den inneren Wert der Gesellschaften. «Diese Kombination ist in der heutigen Zeit bei Anlegern gefragt», resümiert Bigler.

Mehrheitsbeteiligungen im Visier

Martin Staub, seit 17 Jahren Partner bei Invision, bestätigt das generelle Interesse seiner Beteiligungsgesellschaft an den Unternehmen im ausserbörslichen Markt. Allerdings relativiert er auch gleich wieder: «Dieses Segment ist nicht neu für uns. Wir waren auch schon vor einigen Jahren bei Firmen wie dem Fruchtsaftunternehmen Granador oder der LZ Medien-Gruppe beteiligt“. Zudem sei die Aktionärsstruktur mit vielen Kleinaktionären für einen professionellen Investor wie Invision schwierig. Als Beteiligungsgesellschaft mit dem Fokus auf Schweizer KMU sei Invision eher an Mehrheitsbeteiligungen interessiert, erklärt Staub. Daher handelt es sich bei den meisten Beteiligungen von Invision um Investitionen im Zuge von Nachfolgelösungen oder um sogenannte „Buy-and-build“-Geschäfte. Bei diesen stellt der Investor den Firmen gemeinsam mit dem Unternehmer Kapital für Zukäufe und Expansionsprojekte zur Verfügung, um aus einem kleinen Unternehmen eine grössere Unternehmensgruppe zu entwickeln. Beim Logistik-Unternehmen Schneider handelt es sich um eine Nachfolgelösung. Die Hotelfachschulengruppe Swiss Education-Group gehört zu den „Buy-and-build“-Investments der Zuger Gruppe. „Beide Unternehmen haben keine Vergangenheit im ausserbörslichen Markt“, betont Beteiligungsmanger Martin Staub.

Rigi Bahnen sind noch auf Geldsuche

Noch nicht bekannt ist derzeit, ob bei den Aktien der Innerschweizer Rigi Bahnen auch ein grösserer Aktionär zugreifen wird. Die Bahn sucht bis Anfang September im Rahmen einer Kapitalerhöhung 9 Mio. CHF. Insgesamt werden 1,2 Mio. Aktien zu einem Preis von 7.50 CHF ausgegeben. Mit dem Geld möchte das Unternehmen die Luftseilbahn von Weggis nach Rigi Kaltbad erneuern, einige Bahngebäude und einen Teil der Züge erneuern. Angesichts des mit 9 Mio. CHF grossen Volumens der Kapitalerhöhung wäre es wenig überraschend, wenn auch hier ein Family Office oder eine spezialisierte Beteiligungsgesellschaft als Ankerinvestor auftauchen würde.

Ein neuer grösserer Aktionär meldete sich auch bei der Kursaal-Casino AG Luzern. Die ER Group, hinter der die zwei Investoren Erwin Röösli und Romano Brandenberg stehen, gab bekannt, dass sie einen Anteil von 4,8% am Betreiber des Luzerner Casinos erworben hat. In „einem konstruktiven Dialog mit dem Management“ will die Beteiligungsgesellschaft dem Casino zu einer besseren Entwicklung verhelfen. Das Spielcasino musste in den letzten Jahren laufend einen Rückgang der Spielerträge hinnehmen, was vor allen Dingen mit der schwierigen Situation in der Branche begründet wird. Scheinbar gibt es bei der ER Group Ideen, wie die Ertragslage in Luzern verbessert werden kann.

Dieser Beitrag ist bereits am 14. Juli in der Printausgabe der Handelszeitung erschienen.

Gewinner/Verlierer aus dem OTC-X Liqudity-Index 2. Quartal 2016
3957686 OTC-X Liquidity- Index 973.68 979.61 0.61%
Valor Firma Bid CHF 31.3. Last CHF 31.3. Bid CHF 30.6. Last CHF 30.6. Veränd.
157459 Kursaal-Casino AG, Luzern N 260.00 260.00 350.00 350.00 34.6%
4261528 Zur Rose Group AG 24.50 25.50 31.00 32.00 25.5%
205250 Brunni-Bahnen N 1900.00 1900.00 2250.00 2250.00 18.4%
160200 Generale Beaulieu Holding SA 12500.00 13100.00 11500.00 14250.00 8.8%
132857 Regiobank Solothurn AG 4200.00 4250.00 4360.00 4550.00 7.1%
262089 Wasserwerke Zug AG, Zug 12850.00 13000.00 13400.00 13800.00 6.2%
254158 Grand Resort Bad Ragaz, Bad Ragaz 5000.00 5200.00 5000.00 5450.00 4.8%
900597 Pilatus-Bahnen AG, Kriens 1905.00 2100.00 2100.00 2200.00 4.8%
1075653 BBO Bank Brienz-Oberhasli 130.00 130.00 135.00 136.00 4.6%
251331 Sté Suisse des Explosifs, Brig (SSE Holding) 2750.00 2775.00 2850.00 2900.00 4.5%
1804361 Biene-Bank im Rheintal 225.00 234.00 225.00 225.00 -3.8%
1017318 Welinvest AG, Basel 3800.00 3800.00 3650.00 3650.00 -3.9%
1072696 Beau-Rivage Palace SA, Lausanne-Ouchy 200.00 210.00 200.00 201.00 -4.3%
1132220 Alpha Rheintal Bank, Heerbrugg 445.00 465.00 445.00 445.00 -4.3%
19749084 Sunstar-Holding N -A- 910.00 910.00 880.00 850.00 -6.6%
167170 Zürcher Oberland Medien AG, Wetzikon 1025.00 1050.00 950.00 980.00 -6.7%
3033336 Rapid Holding N 455.00 460.00 418.00 410.00 -10.9%
10202256 CasaInvest Rheintal AG, Diepoldsau 306.00 350.00 310.00 310.00 -11.4%
4986484 Athris Holding AG N 280.00 325.00 280.00 285.00 -12.3%
2588916 BLS N 0.60 0.70 0.55 0.55 -21.4%
Quelle: www.otc-x.ch

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