WIR Bank: Zinserfolg legt im 1. Semester um 8% zu, Gewinn mehr als verdoppelt – Gedrosseltes Hypo-Wachstum

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Investitionen in neue Projekte und Kampagnen, wie die "KMU und du?"-Anlässe (im Bild Luzern) haben den Geschäftsaufwand der WIR Bank ansteigen lassen. Bild: www.kmu-und-du.ch
Investitionen in neue Projekte und Kampagnen, wie die „KMU und du?“-Anlässe (im Bild Luzern), haben den Geschäftsaufwand der WIR Bank ansteigen lassen. Bild: www.kmu-und-du.ch

Die Genossenschaft WIR Bank gehört mit ihrer eigenen Tauschwährung WIR zu den Exoten in der Schweizer Bankenlandschaft. Von der Bilanzsumme her kann sie allerdings mit den grossen Regionalbanken wie der Hypo Lenzburg oder der Bank Linth mithalten. Im ersten Semester 2016 stagnierte die Bilanzsumme der WIR Bank zwar, lag aber immer noch mit 5’188 Mio. CHF (- 0.5%) über der 5- Mrd.-CHF-Grenze. Hingegen konnten Geschäftserfolg (+ 39.1% auf 13.8 Mio. CHF) und Reingewinn (+ 115.5% auf 17.2 Mio. CHF) kräftig gesteigert werden, wie das Unternehmen in einer Medienmitteilung bekannt gab.

Ausleihungen im Hypothekargeschäft stagnieren

Nachdem die Bank in 2015 noch durch ein starkes Volumenwachstum von über 10% bei den Ausleihungen aufgefallen war, stagnierten die Hypothekarvolumen sowohl in CHF (- 0.2%) als auch in der eigenen Währung WIR (- 0.2%). Dennoch entwickelte sich der Erfolg aus dem Zinsengeschäft sehr erfreulich. Dank eines deutlich niedrigeren Zinsaufwands von 11.8 Mio. CHF (- 17.7%) erreichte der Netto-Zinserfolg mit 29.7 Mio. CHF ein Plus von 8.4%. Im Kommissions- und Dienstleistungsertrag, der traditionell geprägt ist von den Kommissionen aus dem WIR-Geschäft, lag der Erfolg mit 12.1 Mio. CHF (- 2.8%) unter dem Wert der vergleichbaren Vorjahresperiode. Die Verluste aus dem Handelsgeschäft gingen deutlich zurück. 2015 wirkte sich noch die Aufhebung des EUR/CHF-Mindestkurses negativ auf das Ergebnis aus. Auch der übrige ordentliche Erfolg war rückläufig.

Investitionen lassen Geschäftsaufwand um 20% steigen

Auf der Kostenseite hinterliessen hingegen die Investitionen in neue Projekte deutliche Spuren. Sowohl der Personalaufwand (+ 11.0% auf 16.5 Mio. CHF) als auch der Sachaufwand (+ 37.6% auf 10.4 Mio. CHF) führten zu einem um 20% höheren Geschäftsaufwand von 26.9 Mio. CHF. Die kräftig gestiegenen Ausgaben begründet das Unternehmen mit einem strategischen Grossprojekt, welches das Komplementärwährungssystem WIR vereinfachen und digitalisieren soll. „Unsere Pipeline ist voll gefüllt mit Projekten“, lässt sich Germann Wiggli, der Vorsitzende der Geschäftsleitung der WIR Bank, in der Medienmitteilung zitieren. In einem der Projekte beschäftigt sich die WIR Bank intensiv mit der Digitalisierung und der digitalen Transformation. Im Rahmen der Initiative „KMU – und du?“ möchte die Bank ihren KMU-Kunden durch Anlässe in der ganzen Schweiz einen Zugang zu diesen Themen verschaffen.

Gewinnplus dank Liegenschaftsverkauf

Trotz des deutlich höheren Geschäftsaufwands ist es der WIR Bank in den erstens sechs Monaten des laufenden Geschäftsjahres gelungen, den Geschäftserfolg und auch den Reingewinn deutlich zu steigern. Beim Geschäftserfolg mit einem Plus von 39.1% auf 13.8 Mio. CHF half der Rückgang der Wertberichtigungen um 64%. Beim Reingewinn (+ 115.5% auf 17.2 Mio. CHF) profitierte die Bank von einem ausserordentlichen Erfolg aus dem Verkauf einer nicht mehr benötigten Liegenschaft, der das Ergebnis um 5.7 Mio. CHF verbesserte.

Einen Erfolg konnte die WIR Bank auch in der Refinanzierung erreichen. 35 Mio. CHF holte sie über die Emission einer gemeinsamen Anleihe mit der Emissionszentrale für kleine und mittelgrosse Finanzinstitute (Efiag), welche Ende 2014 unter Federführung der WIR Bank ins Leben gerufen worden war. Im Gegenzug reduzierten sich die Verpflichtungen gegenüber Banken um 36%. Über eine Kapitalerhöhung stärkte die WIR Bank zudem ihr Eigenkapital und erhöhte die Eigenkapitalquote (BIZ-Ratio) auf 15.8%.
Künftig will die genossenschaftlich organisiert Bank auch im Bereich der Privatkunden wachsen.

Ein erster Blick auf den Semesterabschluss der WIR Bank zeigt, dass der „Euroschock“, welcher das Vorjahresergebnis prägte, verdaut ist. Hinzu kommt, dass die Bank nach dem kräftigen Ausleihungswachstum im letzten Jahr offenbar auf die Bremse getreten ist. Der Wachstumskurs der Vorjahre spiegelt sich dennoch positiv im steigenden Netto-Zinserfolg wider. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen im Banking hat die WIR Bank eine offensive Strategie eingeschlagen und investiert in Zukunftsprojekte, statt wie einige andere Institute auf der Kostenbremse zu stehen. Kurzfristig werden diese Projekte die Erfolgsrechnung belasten. Mittelfristig sollten so jedoch wieder steigende Erträge in bestehenden (z.B. Währung WIR) und neuen Geschäftsfeldern erzielt werden können. Die Genossenschaftsanteile der WIR Bank werden ausserbörslich auf der OTC-X Plattform zu Kursen um die 427 CHF gehandelt. Gemessen an klassischen Kennzahlen wie dem Kurs/Gewinn-Verhältnis (KGV) bzw. dem KGV auf der Basis des Geschäftserfolgs sind die Papiere eher hoch bewertet. Attraktiv erscheint nach wie vor die Rendite – eine gleichbleibende Ausschüttung von 10 CHF je Anteilsschein vorausgesetzt – von 2.3%.

Für langfristig orientierte Anleger, die einen Bezug zur WIR Bank haben und mit Kursschwankungen leben können, ist der Anteilsschein der WIR Bank im aktuellen Niedrigzinsumfeld nach wie vor eine gute Alternative zu anderen Anlagen. Sollten sich die zahlreichen in der Pipeline der WIR Bank befindlichen Projekte erfolgreich entwickeln, sind auch höhere Kurse denkbar. Allerdings benötigt der Anleger hier etwas Geduld.

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