Macro Perspective: Trendpersistenz und Trendbrüche an den Börsen

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„Wer Chemie kann und nur Chemie, der kann auch nicht Chemie.“ Ludwig Wittgenstein,
1889-1951, Philosoph

Ein Trend ist ein Trend ist ein Trend … solange bis er gebrochen ist. Eine der einfachsten und erfolgreichsten Anlagestrategien besteht ganz einfach darin, in bestehende Trends zu investieren. Doch das kann, bei blindem Vertrauen, ebenso gefährlich sein wie die kontrazyklische Vorgehensweise oder die Turnaround-Spekulation.

Am besten ist es, wenn der Anleger sämtliche Methoden beherrscht und, vor allem, das grosse Bild erkennt und richtig interpretiert. Dabei kommt es nicht nur auf das Verständnis der Zahlen an, sondern auch auf Marktpsychologie. Der echte Börsianer will ja unabhängig von seiner Risikobereitschaft die Ineffizienzen in der Preisbildung der Aktien oder sonstigen gehandelten Vermögenswerte zu seinem Vorteil nutzen. Dabei sind die Extreme, d.h. Überschwang auf der einen Seite und Kapitulation auf der anderen, von besonderer Wichtigkeit.

Trendbruch bei Luxusgüterkonzern Richemont

Ein anschauliches Beispiel bildet Richemont, der international tätige Luxusgüter-Konzern mit Sitz in Genf. Gerade hat Richemont enttäuschende Zahlen zum ersten Halbjahr veröffentlicht. Der Gewinn brach um 52% ein, der Kurs stürzte ab. Doch der steile Kursanstieg seit 2009 von 15 CHF auf 95 CHF wurde bereits 2013 als Trend gebrochen. Die Korrekturen ab 2001 und 2007 hatten jeweils einen Kursrückgang um rund 65% mit sich gebracht. Langfristig scheint bei Richemont auch eine Buy- and Hold-Strategie erfolgreich zu sein, doch weit bessere Ergebnisse erzielt, wer die Wendepunkte erkennt und entsprechend handelt. Der Anstieg nach 2009 war zu steil, um lange anhalten zu können und zudem von einer masslosen Promotion des Luxusgüter-Sektors durch Zertifikat-Emittenten und spezialisierte Fonds getragen, was immer ein Warnzeichen sein sollte. Die globale Wachstumsabschwächung, vor allem in China, den Schwellenländern und Europa fordert ihren Tribut. Die Luxusgüterindustrie kann nicht allein von den Milliardären und Multimillionären leben, sie benötigt einen stetig wachsenden Pool von wohlhabenden und einkommensstarken Bürgern der Mittelklasse. Die anhaltend prekären Bedingungen in weiten Teilen der Welt wie in den Golfstaaten, in Brasilien, bei sonstigen Rohstoffexporteuren, in Thailand oder Russland verhindern eine Fortsetzung des Trends zum sozialen Aufstieg und haben vielfach sogar einen massiven sozialen Abstieg der sogenannten Mittelklasse zur Folge. Für Richemont ist zu befürchten, dass es erst noch schlechter kommen muss, bevor es besser werden kann.

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Entwicklung des Aktienkurses von Richemont seit Anfang 1998. Quelle: six-swiss-exchange.com

Trendpersistenz bei Schweizer MidCaps

Zum Glück bietet der Schweizer Kurszettel neben den hervorragend positionierten globalen Multis wie Nestlé und Novartis auch eine Vielzahl hoch innovativer und erfolgreicher Unternehmen, die von wirtschaftlichen und technologischen Trends nachhaltig zu profitieren vermögen und diese oft sogar selbst wesentlich prägen. Gemeint sind Innovationsführer wie Huber+Suhner, die bestens für die dynamischen Märkte rund um den Ausbau des Schienensystems, vor allem in wichtigen Schwellenländern wie Indien und China, sowie die Geschäftsmöglichkeiten von Big Data positioniert sind. Mit optischen Komponenten, Glasfasertechnologie und sicheren und effizienten Rechenzentren steht das hochprofitable Unternehmen an der Speerspitze der Entwicklung. Dabei entfielen 2015 auf die Schweiz nur 8% des Umsatzvolumens,  34% aber auf die Asien-Pazifik Region. Gleiches gilt für die Logistikunternehmen Kardex und Interroll, deren Innovationsführerschaft längst zu einer starken Positionierung auf den Weltmärkten geführt hat. Oder Comet, die in den Bereichen Radiofrequenz und Röntgenstrahlen aktiv ist und vom starken Wachstum in den Segmenten Medizin, Luftfahrt, Solar, Halbleiter und Sicherheit profitiert. Auch bei Comet entfallen 34% des Umsatzes auf Asien. Die Aktien der genannten Hightech-Unternehmen zählen zu den besten Performern an der SIX Swiss Exchange. Von vereinzelten Rücksetzern abgesehen sind die langfristigen Trends dieser Unternehmen intakt, was sich auch in der Börsenbewertung widerspiegelt. Die Frage ist, wie bei Richemont 2013, ob die aktuelle Bewertung nicht schon mehrere Jahre einer weiterhin positiven Unternehmensentwicklung reflektiert?

Vergleich der Entwicklung des SPI mit der der Kardex AG, der Interroll Holding AG und der Comet Holding AG seit 2011. Quelle: SIX iD
Vergleich zwischen der Performance des SPIs und der Kardex AG, der Interroll Holding AG und der Comet Holding AG seit 2011. Quelle: SIX iD

Trendwende bei Goldminenaktien

Wie eine richtige Trendwende aussieht, das zeigen eindrucksvoll die „Totgesagten“, in diesem Fall die Goldminen-Aktien, vor allem die Junior Goldmines. Seit Jahresbeginn, als der Goldpreis bei 1050 USD je Feinunze nach oben abgedreht hat, sind die zuvor ausverkauften Minenaktien allgemein und die der Juniors im Besonderen regelrecht explodiert. Sogar die hoch kapitalisierte American Barrick (ABX) ist von über 50 USD kommend im vierten Quartal 2015 bei nur noch 5,94 USD angekommen, doch dann fulminant bis Juli um rund 300% auf über 23 USD in die Höhe geschossen. Bei Junior Mines lagen die Kurssteigerungen oft bei 500% und mehr. Selbst das VanEck Juniors Gold Mining ETF kletterte seit Januar von unter 17 USD auf 52 USD.

Aktienkursentwicklung der Barrick Gold Corporation seit Januar 2015. Quelle: SIX iD
Aktienkursentwicklung der Barrick Gold Corporation seit Januar 2015. Quelle: SIX iD

Produktionskosten und Gewinnhebel

Hier schlägt sich folgerichtig der Trend der seit 2011 sinkenden Preise nieder, welcher zu stark reduzierten Explorationsvorhaben geführt hat und auch zu Produktionskürzungen und Stilllegungen bei Minen, deren Kosten zu hoch waren. Da Produktionssteigerungen bei Goldminen jahrelangen Vorlauf haben, ist heute abzusehen, dass die Produktionsmengen auf Jahre hinaus rückläufig sein werden. Das Spiel beginnt von vorne, wenn die Minenbetreiber davon überzeugt sind, dass die Tendenz zu steigenden Preisen nachhaltig ist. Bei den grösseren Minenbetreibern liegen die durchschnittlichen Kosten pro Feinunze meist bei 850 USD bis 1’100 USD. Der Gewinnhebel ist beträchtlich, wenn der Preis von 1’050 USD auf 1’300 USD oder höher steigt, so erklären sich auch die hohen prozentualen Steigerungen der Goldminen-Aktien.

Metallmarkt hat gedreht

Obwohl Gold ein Sonderfall ist, da nur ein sehr geringer Anteil der jährlichen Fördermenge in industrielle Anwendungen fliesst, hat es dieses Jahr den gesamten Metallmarkt mit nach oben gezogen. Die Preise für Kupfer, Zink und weitere Industriemetalle haben sich nach dem Ausverkauf inzwischen nachhaltig gefestigt. Die drastischen Kapazitätskürzungen durch Glencore, BHP-Billiton, Rio Tinto, Anglo American usw. haben den Markt überraschend schnell aus seinem vorherigen Ungleichgewicht befreien können.

Ressourcen werden knapper

Dazu kommt bei fast allen Edelmetallen und Metallen, dass die leicht und kostengünstig abzubauenden Ressourcen weitgehend bekannt und oft schon nahezu vollständig ausgebeutet sind. Besonders gravierend ist die Schere von Angebot und Nachfrage bei Zink, dem nach Kupfer und Aluminium wichtigsten Industriemetall. Innerhalb der nächsten Jahre sind mehrere grosse Vorkommen, entsprechend 15% der Weltfördermenge, erschöpft. Doch neue Ressourcen gibt es nur sehr wenige. Ab 2016 beginnt sich ein Angebotsdefizit zu entwickeln, das sich aus heutiger Sicht bis 2025 auf rund einen Drittel der dann erwarteten Nachfrage ausweiten wird. Zink ist überall da, wo Stahl korrosionsbeständig gemacht werden muss, unverzichtbar, also im Automobilbau, bei der Schieneninfrastruktur, bei der Industrialisierung, bei Bauvorhaben etc.

Entwicklung des Zinkpreises seit Anfang 2011. Quelle: lme.com
Entwicklung des Zinkpreises seit Anfang 2011. Quelle: lme.com

Neue Anwendungen und Nachfrageschub

Dass neue Anwendungen dramatische Folgen für die Preisentwicklung haben können, zeigt sich überdeutlich bei Lithium, welches für die Batterieindustrie in Zeiten der regenerativen Energien und der Elektromobilität zum Rohstoff schlechthin geworden ist. Die Preise haben sich im letzten Jahr verdreifacht. Die Elektromobilität beeinflusst auch den Kupferpreis. Hat ein herkömmlicher gehobener Wagen rund 30 Kilogramm Kupfer in sich, so erfordern gehobene Elektrofahrzeuge 100 Kilogramm. Die zusätzliche Nachfrage lässt sich bei ca. 80 Mio. Neuzulassungen p.a. und einer bisherigen Penetrationsrate der E-Vehicles von noch unter 1%, jedoch mit exponentiell wachsenden Raten, leicht ausrechnen.  So waren 2015  in China noch 1,3% der Neuzulassungen Elektrofahrzeuge, doch aktuelle Zahlen zeigen, dass die 2%-Marke im ersten Massenmarkt der Elektromobilität schon gefallen ist.

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Entwicklung der Verkäufe von Elektrofahrzeugen in China. Quelle: ev-volumes.com/country/china/

Bevölkerungsentwicklung am Beispiel Japan

Zu den für Investoren wichtigsten Trends überhaupt zählen die demografischen Entwicklungen. Die recht einfache Formel lautet: Bevölkerungswachstum plus Kreditwachstum gleich Wirtschaftswachstum. So betrachtet wird auf den ersten Blick klar, wo die Ursachen für die seit 25 Jahren dauernde Malaise der Japaner liegt. Während die Bevölkerungszahlen in der Vergangenheit stets zugenommen haben, sind sie nun seit sieben Jahren rückläufig. Erstmals seit 17 Jahren ist die Bevölkerungszahl wieder unter 126 Mio. gefallen. 33% sind über 60 Jahre. 2014 sind erstmals die Windelverkäufe für Erwachsene höher gewesen als die für Kleinkinder. Aufgrund der rückläufigen Fertilität und hohen Kosten für Familiengründung, Lebenshaltung und Ausbildung der Kinder wollen immer weniger Japaner heiraten und Kinder bekommen. Bei einer Fortsetzung der etablierten Trends wird die Bevölkerung bis 2060 auf voraussichtlich 87 Mio. schrumpfen, 40% der Japaner werden dann über 65 sein. Daraus resultieren neue Trends, z.B. der erhöhte Bedarf an Alten- und Pflegeheimen sowie entsprechendem Personal. Letzteres ist schwierig, denn Ende 2015 kamen auf 125 Jobangebote nur 100 Jobsuchende. Auch das Pensionssystem ist in einer doppelten Schieflage. Während die Lebenserwartung, weltweit mit 84 Jahren die höchste, weiter steigt, kommen immer weniger neue Beitragszahler. Infolge der Negativzinspolitik der Bank of Japan erzielen Pensionäre und Pensionsfonds kaum noch Rendite. Der Pensionsfonds der Regierung, weltweit der grösste seiner Art, verbuchte im zweiten Quartal gar einen Verlust von 46 Mrd. USD auf das riesige Rentenportfolio. Die UN errechnete, dass Japan bis 2050 rund 17 Mio. Arbeitsimmigranten benötigt, um ein tragfähiges Verhältnis zwischen Pensionären und Beitragszahlern zu haben. Doch damit ist bei den sprichwörtlich xenophoben Japanern kaum zu rechnen. Es leben weniger als 2,2 Mio. registrierte Ausländer in Japan, oft Hausmädchen, Sexarbeiterinnen, oder, bei Männern, Bau- und Schiffbauarbeiter.

Demographische Entwicklung der Bevölkerungsstruktur Japans seit 1920 und mit einer Prognose bis 2060. Quelle: en.wikipedia.org/wiki/Aging_of_Japan
Demografische Entwicklung der Bevölkerungsstruktur Japans seit 1920 und mit einer Prognose bis 2060. Quelle: en.wikipedia.org/wiki/Aging_of_Japan

Xenophobie vs. kluge Einwanderungspolitik

Eine ähnliche demografische Entwicklung zeichnet sich, etwas zeitversetzt, auch für Italien, Frankreich, Österreich und viele europäische Länder sowie ebenfalls China ab, nicht jedoch für die Schweiz und die USA sowie Israel, Kanada, Neuseeland und Australien. Diese Länder sind geprägt von einer langfristig klugen Zuwanderungspolitik, die das langfristige Bevölkerungswachstum bei ca. 2% p.a. hält. Das ist einer der Gründe, warum die genannten Länder höhere Zuwachsraten beim Wirtschaftswachstum erzielen als die schrumpfenden Länder. Darüber hinaus bildet aber auch die Attraktivität bzw. deren Gegenteil einen wesentlichen Faktor. So sind die wohlhabenden und die gut ausgebildeten Griechen längst in London, USA, Kanada, Deutschland und Australien, weswegen die Bevölkerungszahl Griechenlands stark abnimmt. Das gilt auch für Italien, Frankreich usw. Zudem schlägt sich auch das zunehmend vergiftete soziale Klima in gegenläufigen Migrationsbewegungen nieder. In Frankreich häufen sich nicht nur Übergriffe gegen Muslime und Schwarze, sondern auch gegen Juden und Asiaten. In Deutschland brennen fast täglich Asylunterkünfte, und Todesdrohungen gegen liberale Politiker und Meinungsbildner sind inzwischen Normalität.

Mangelnder Sachverstand bei Trump & Konsorten

Der Trend zum Rechtspopulismus ist aus Börsensicht, im Gegensatz zu vielfach gegenteiligen Äusserungen, pures Gift. Ob Le Pen, Orban, Petry oder Trump: Alle haben keine Ahnung von Wirtschaftskreisläufen, monetären Rahmenbedingungen, nachhaltiger Fiskalpolitik oder der Etablierung eines neuen Weltwährungssystems. Über Aktien und Bonds aus Trumps Unternehmerlaufbahn sagte Jim Chanos, der Hedgefund Manager, der den grössten Börsenschwindel aller Zeiten, Enron, aufgedeckt hatte, dass die Leerverkäufe von Trump-Wertpapieren seine einfachsten Gewinne in den letzten Jahrzehnten gewesen seien. Mal für Mal sei es gewesen, als ob eine Reihe von Ozeandampfern auf eine Reihe von Eisbergen aufgelaufen sei! Dass eine hohe Anzahl von Amerikanern seinen Hasstiraden und unsubstantiierten Äusserungen zu erliegen scheint, zeigt nur, dass das Ausmass an historischer Amnesie und der Mangel an demokratischen und freiheitlichen Überzeugungen nur schwer überschätzt werden können. Und die Geschichte autoritärer und totalitärer Systeme zeigt, dass diese allem kurzfristigen Aktionismus zum Trotz immer sehr schnell in sich zusammenbrechen, weil die anachronistische Liebe zum Vaterland und der von Ressentiments genährte Hass auf das Fremde eben kein Wachstum generieren, sondern vielmehr die betroffenen Gesellschaften um Jahrzehnte zurückwerfen. Heute redet bei Ungarn oder Polen niemand mehr von den Tigern im Osten, was sowieso nie angebracht war, sondern von Grenzfällen, die, wie z.B. Luxemburg fordert, mangels demokratischer Zustände aus der EU ausgeschlossen werden sollten. Das war schon vor Monaten die Prognose in der Macro Perspective.

Kapitalflucht als Trend

Das Kapital ist scheu und sucht sich immer einen sicheren Hafen, und der liegt in Ländern, die, wie die Schweiz, demokratisch und rechtssicher sind sowie bestandsfeste Rahmenbedingungen aufweisen. Das trifft für weite Teile der Welt nicht zu, bei einer Tendenz zur weiteren Verschlechterung, weswegen die Kapitalflucht in die sicheren Häfen wohl noch zunehmen wird. So ist kaum bekannt, dass allein im Zollfreihafen Genf ca. eine Million Kunstwerke lagern, darunter allein 1’000 Picasso-Werke, insgesamt doppelt so viele Kunstwerke wie im Louvre!

Wall Street baut Führerschaft aus

Die Wall Street ist und bleibt die Leitbörse der Welt, alle gegenteiligen Behauptungen in den vergangenen Jahrzehnten haben sich als lächerlich erwiesen. Weder Japan noch europäische Börsen oder China konnten New York den Führungsanspruch auch nur entfernt streitig machen. Beispielsweise ist die Biotechindustrie nicht nur in den USA entstanden, sondern auch 30 lange Börsenjahre später in jeder Hinsicht immer noch unangefochten an der Spitze. Trotz guter Ausgangslage konnten britische, kanadische und australische Unternehmen kaum eine und französische, deutsche, italienische fast gar keine nennenswerte Rolle einnehmen. Die Schweiz ist in einer besonderen Position, weil die Pharmariesen früh die Potenziale erkannten und mittlerweile eine spezialisierte Anlegerschaft, natürlich institutionell, herangewachsen ist. 2015 entfielen in der Schweiz 78% des Venture Capital Investment Volumens auf die Life Sciences Industrie – und fast nichts auf Fintech-Unternehmen. Dennoch fällt auch die Schweiz global kaum ins Gewicht.

Beispiel Biotech

Während sich in den USA die Biotech Indices in den letzten Jahren vervielfacht hatten, passierte in Europa wenig. Nach einer rapiden Korrektur bis Februar 2016 drehte der Index nach oben. Ein kurzes IPO-Fenster öffnete sich, welches zahlreiche US-Biotechs nutzten. In Europa gab es kaum Börsengänge, was zeigt, dass die Unternehmen hier eher staatlich oder regional gefördert werden, vielleicht Lizenzeinnahmen aus Partnerschaften mit Pharma-Unternehmen haben, aber mit Blick auf Finanzierungsoptionen nicht marktorientiert sind . Nach 30 Jahren Biotech an der Börse ist die US-Dominanz sogar gestiegen. Der Börsenwert der US-Biotechs beträgt nach Berechnungen von Scientific American das 5,5fache des Werts aller anderen weltweit. Die 847 Mrd. USD der US-Biotechs entsprechen dem Zwanzigfachen des zweitplatzierten UK.

Vergleich der Entwicklung des NYSE Arca Biotechnology Index mit der des SPI über die letzten 5 Jahre. Quelle: SIX iD
Vergleich der Entwicklung des NYSE Arca Biotechnology Index mit der des SPI über die letzten 5 Jahre. Quelle: SIX iD

Was lässt sich aus dem bunten Sammelsurium von Trends ableiten? Dass es zutrifft, was eine der bewährteren Börsenweisheiten besagt: „The trend is your friend“. Worauf es ankommt, um die Anlageergebnisse zu optimieren und grössere Verluste zu vermeiden, ist, den Trends nicht hinterherzulaufen, sondern sie vielmehr früh zu erkennen und auch allfällige Trendwenden zu antizipieren oder zumindest zu realisieren. Das kann nur gelingen, wenn Wissenschaft, Politik, Kultur usw. den Horizont weit halten, denn Zahlen und Betriebswirtschaft oder Algo-Trading können ein gesundes Urteilsvermögen nicht ersetzen. Oder mit Wittgengestein: „Die für uns wichtigsten Aspekte der Dinge sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit verborgen.“

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