Die Lenzerheide Bergbahnen AG rutschten im Geschäftsjahr 2015/16 erstmals seit dem im 2005 erfolgten Zusammenschluss der Lenzerheide Bergbahnen Danis Stätz AG und der Rothornbahn & Scalotas AG zur heutigen Gesellschaft in die Verlustzone ab. Auch die Aktionäre müssen erstmals auf eine Dividendenausschüttung verzichten. Nach einem sehr schönen Sommer 2015, der zu einer markanten Ertragssteigerung führte, folgte ein sehr schwacher Winter. Die Gesellschaft weist im aktuellen Geschäftsbericht offen auf die ungünstige Situation hin, in der sie sich befindet. Gute Ergebnisse werden insbesondere nach den Investitionen von über 100 Mio. CHF in den vergangenen Jahren gebraucht. Dies führte auch dazu, dass die Verschuldung höher ausfällt, als dies den Vorgaben entspricht. Da diese Situation so erwartet worden war und dem Investitionsplan entspricht, wird diese auch von den Banken geduldet. Die Investitionsprojekte sind mit der Beschneiung Churwalden und dem Neubau der Mottahütte abgeschlossen. Der Hüttenbau wird allerdings, nach der schwachen Wintersaison 2015/16, um ein Jahr verschoben und überarbeitet. Zusammen mit dem Architekten werden Einsparmöglichkeiten evaluiert.
Insgesamt verfügt das Unternehmen aber im Gegensatz zu anderen Bahngesellschaften stets über eine ausreichende Liquidität. Um langfristig erfolgreich sein zu können, steht denn auch ab dem Winter 2017/18 die Konsolidierung im Vordergrund. So soll der erwirtschaftete freie Cashflow in erster Linie zur Reduktion der Verschuldung eingesetzt werden. Vorerst zurückgestellt werden muss indessen der wünschenswerte Ersatz der wichtigen Zubringerlifte Valbella und Proschieri. Für weiterführende Investitionen seien alternative Finanzierungsmöglichkeiten unabdingbar. Als mögliche Varianten genannt werden eine Kapitalerhöhung, eine Auslagerung der Beschneiungsinfrastruktur, wie dies etwa die Weisse Arena erfolgreich machte, aber auch Privatinvestments. Weitere Wachstumschancen sieht die Geschäftsleitung im Sommergeschäft, während insgesamt der Fokus auf einer weiteren Optimierung des Betriebs und der Nutzung von Synergien aus der Zusammenarbeit mit Arosa liegt.
Rekordsommer verhindert Verlust nicht
Der Start ins Geschäftsjahr 2015/16 stand mit einem erneuten Sommerrekord unter sehr guten Vorzeichen. So konnten die Sommereinnahmen um 10.2% bei einem Gästezuwachs um 4.6% ausgeweitet werden. Dennoch machen die gesamten Sommererträge von 1.7 Mio. CHF nur einen einstelligen Prozentsatz des Gesamtumsatzes der Lenzerheide Bergbahnen aus. Dies verdeutlicht, dass selbst ein enormes Wachstumspotenzial im Sommer nur einen kleinen Beitrag zum Geschäftsergebnis beisteuert. Deutlich wird dies auch bei den Verkehrserträgen, die gesamthaft um 8% auf 22.7 Mio. CHF fielen. Hiervon entfielen 1.5 Mio. CHF auf die um 5.1% höheren Sommererträge, während das Wintergeschäft einen Rückgang um 8.8% auf 21.2 Mio. CHF erlitt. Deutlich schlechter entwickelte sich vor allem der Verkauf von Tageskarten mit minus 11.5%, was auf das Wegbleiben der Tagesgäste während der Festtage und an den Wochenenden im Januar und Februar infolge des schlechten Wetters zurückgeht. Hingegen entwickelte sich der Verkauf von Saisonkarten mit plus 4.3% positiv. Deren Besitzer besuchten das Gebiet regelmässig, so dass die Anzahl der Ersteintritte nur um 3.3% auf 702’747 fiel. Insgesamt positiv entwickelten sich die Pachteinnahmen aus der Gastronomie, die um 4.8% auf 1.3 Mio. CHF anstiegen. Auch hier war der Sommer mit einem Plus von 15.7% sehr erfreulich. Der Auftakt des Wintergeschäfts verlief mit einem Plus der Umsätze von 61% im Dezember ebenfalls positiv, um in den Folgemonaten markant nachzugeben. So gingen die Umsätze bis Saisonende auf das Vorjahresniveau zurück. Durch mehr Erträge aus dem Dienstleistungsbereich und der Parkplatzbewirtschaftung wuchsen die sonstigen betrieblichen Einkünfte um 8.7% auf 1.9 Mio. CHF an. Die erhöhte Bautätigkeit liess die Eigenleistungen um 0.4 Mio. CHF auf 0.8 Mio. CHF anschwellen. Insgesamt musste die Lenzerheide Bergbahnen AG dennoch ein Umsatzminus von 4.8% respektive minus 1.4 Mio. CHF auf 26.8 Mio. CHF verbuchen.
Personalkosten steigen deutlich an
Auf der Kostenseite stiegen die Personalausgaben im Vorjahresvergleich um 2.6% respektive plus 0.2 Mio. CHF auf 7.9 Mio. CHF an. Verantwortlich dafür waren die erhöhte Bautätigkeit und die Mithilfe des Personals bei den sehr intensiven Beschneiungsarbeiten sowie die durch einen Direktionswechsel verursachte Salär-Doppelbelastung. Auch bei den Sachkosten verzeichnete die Gesellschaft einen Anstieg um 0.2 Mio. CHF auf 10.7 Mio. CHF. Während die Energiekosten dank der tiefen Preise um 0.2 Mio. CHF auf 2.7 Mio. CHF fielen, zogen die Aufwendungen für Unterhalt, Reparaturen und Ersatz um 0.3 Mio. CHF auf 2.8 Mio. CHF an. Der Ausbau des Angebots für Biker führte zu Mehrkosten von 0.1 Mio. CHF bei den Gebäudekosten. Zudem fielen Mehraufwendungen von 0.2 Mio. CHF für ein neues Zutrittssystem und eine neue IT an. Im Ergebnis führte dies zu einem Minus des Betriebsgewinns vor Abschreibungen um 17.4% auf 8.2 Mio. CHF. Investitionsbedingt stiegen die Sachabschreibungen um 1.6 Mio. CHF auf 8.9 Mio. CHF an. Hieraus resultierte ein Betriebsverlust (EBIT) von minus 0.7 Mio. CHF nach einem positiven EBIT von 2.6 Mio. CHF im Vorjahr. Aus dem Verkauf des Gebäudes Stätz Inn in Churwalden resultierte ein ausserordentlicher Ertrag in Höhe von 2.1 Mio. CHF. Diesen stehen ausserordentliche Abschreibungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Anlagevermögen von 0.7 Mio. CHF gegenüber. Im Ergebnis führte dies nach einem um 43’000 CHF auf 300’000 CHF gesunkenen Steueraufwand zu einem Reinverlust von 0.6 Mio. CHF nach einem Vorjahresgewinn von 1.2 Mio. CHF. Die Aktionäre müssen erstmalig in der Firmengeschichte auf eine Ausschüttung verzichten.
Beschneiung Churwalden wird ausgebaut
Das Grossprojekt des Sommers 2016 ist der Bau der Beschneiungsanlage zwischen Parpan und Churwalden. Bei einem plangemässen Verlauf der Bauarbeiten kann bereits ab Dezember 2016 die Rückführpiste nach Churwalden mit Kunstschnee geöffnet werden. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit zwei Kooperationspartnern, der IBC Chur (Energie- und Wasserversorger der Region Chur) und der Pradaschier AG Top, realisiert, was eine Kostenteilung erlaubt. Bei der Pradaschier AG handelt es sich um die Nachfolgegesellschaft der in finanzielle Schieflage geratenen Pradaschier AG, die durch einen privaten Mäzen gerettet wurde. Im 2017 wird die IBC Chur zudem eine Trinkwasserleitung durch Parpan erstellen, was die Lenzerheide Bergbahnen dazu nutzen werden, eine Leitung für die technische Beschneiung zu legen. Dies wird es erlauben, Wasser vom Speichersee Valos zum Speichersee Scharmoin zu befördern, wodurch die Ost-West-Verbindung des Skigebiets sichergestellt werden kann. Die fehlende Speicherkapazität der Speicherseen führte im letzten Winter dazu, dass der noch fehlende Schnee nicht durch maschinellen Schnee ersetzt werden konnte, was die Bedeutung der Anlagen aufzeigt. Auf das nächste Jahr verschoben wurde der Bau der neuen Mottahütte, die nun rechtzeitig für den Start der Saison 2017/18 fertiggestellt werden soll. Auch zukünftig wird es nach Meinung der Lenzerheide Bergbahnen keinen normalen Winterstart geben, so dass das Unternehmen auf einen weiteren Ausbau der Beschneiungsinfrastruktur und eine Optimierung der hierfür notwendigen Wasserbewirtschaftung setzt. Mit gezielten Marketingaktionen soll dem Gast verdeutlicht werden, dass der Aufwand für den Bahnbetrieb sehr hoch ist und die Billetpreise keinesfalls überteuert sind.
Die Geschäftszahlen der Lenzerheide Bergbahnen fallen nicht gut aus. Als wenig erfreulich angesehen werden muss vor allem der Verzicht auf die Erneuerung wichtiger Zubringerbahnen und die Verschiebung des Neubaus der Mottahütte. Positiv zu bewerten ist, dass die Gesellschaft ihre Aktionäre hierüber offen informiert und nicht versucht, die Lage zu verschleiern. Dem Geschäftsbericht kann weiter entnommen werden, dass die Gesellschaft wie bereits im Vorjahr stille Reserven in Höhe von 2.8 Mio. CHF aufgelöst hat. Dies ist bei der Analyse des Ergebnisses ebenso zu berücksichtigen wie der Gewinn aus dem Immobilienverkauf im Geschäftsjahr 2015/16. Nur die halbe Wahrheit darstellen dürften allerdings die Bilanzkennzahlen, die effektiv deutlich besser ausfallen sollten als ausgewiesen. Als Indiz kann die erneute Auflösung stiller Reserven von 2.8 Mio. CHF angesehen werden. Wie hoch diese allerdings sind, kann nicht annähernd zuverlässig geschätzt werden. Das einzige Indiz liefert der Buchwert der Sachanlagen von 103 Mio. CHF bei einem Anschaffungswert von 300 Mio. CHF.
Keinen positiven Eindruck der Gesellschaft zu vermitteln vermag der Cashflow, der nach einem bereits im Vorjahr auf 8.5 Mio. CHF gesunkenen Wert nochmals auf 7.9 Mio. CHF gefallen ist. Dieser Wert ist bei einem Gesamtinvestitionsvolumen der Sachanlagen von 300 Mio. CHF nicht ausreichend, um die üblicherweise alle 30 Jahre anstehende Erneuerung der Anlagen aus den eigenen Mitteln zu finanzieren. Mit dem Cashflow des Berichtsjahres würde die Gesellschaft 38 Jahre benötigen, um die Erneuerung der Anlagen zu finanzieren. Somit verwundert es nicht, dass die Gesellschaft Kürzungen bei den Investitionsprojekten macht. Für eine langfristige Erfolgsstrategie der Gesellschaft ist es daher essenziell, den Cashflow massiv um rund 50% zu steigern. Sofern dies nicht gelingt, wird die Erneuerung der Sachanlagen in einigen Jahren zumindest eine erhebliche finanzielle Belastung mit sich bringen. Dies ist angesichts einer per Ende des Geschäftsjahres 2015/16 auf knapp 35% der Bilanzsumme gesunkenen Eigenmittelquote keine einfache Aufgabe. Auch wenn zu vermuten ist, dass die Gesellschaft über weitere stille Reserven verfügt, wird dies die langfristige Zukunft nicht unerheblich belasten.
Die Aktien der Lenzerheide Bergbahnen werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Auf der Basis des letztbezahlten Kurses von 21.15 CHF werden die Titel auf dem Niveau des Buchwerts per 30. April 2016 bewertet. Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass die Gesellschaft über weitere stille Reserven verfügt, sind die Aktien auf diesem Niveau keinesfalls unterbewertet. Zudem erhalten die Aktionäre zumindest für das vergangene Geschäftsjahr 2015/16 keine Dividende mehr. Ob eine Wiederaufnahme der Ausschüttungen auf der Agenda steht, ist derzeit offen. Es kann keinesfalls ausgeschlossen werden, dass auch zukünftig die Dividende ausfällt. Die einzige Rendite, die die Aktionäre noch erhalten, ist ein guter Apéro, der den Teilnehmern an der GV serviert wird. Um in den Genuss einer Vergünstigung für Tickets zu kommen, müssen die Anleger mindestens 50 Aktien besitzen. Für Aktionäre mit 50 bis 99 Aktien wird ein Gutschein für den Bezug einer Tageskarte mit 50% Rabatt ausgegeben, Aktionäre mit mindestens 100 Aktien erhalten zwei Gutscheine zum Bezug von Tageskarten mit einem Rabatt von 50%. Die Papiere sind bis zu einer deutlichen Verbesserung der Kennzahlen, die aktuell nicht ersichtlich ist, nur noch für Anleger mit einem engen Bezug zur Region und der Gesellschaft interessant.
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