In den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres verzeichnete die Zur Rose-Gruppe ein Wachstum von 6%, wie das Unternehmen heute in einer Medienmitteilung bekannt gab. Damit sei es gelungen, die europäische Marktführerschaft sowohl im profitablen Kerngeschäft – dem Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln und der Ärztebelieferung in der Schweiz – als auch im Onlinegeschäft mit rezeptfreien Arzneimitteln weiter auszubauen, so Zur Rose.
TV-Kampagne in Deutschland gestartet
Mit einer deutschlandweiten TV-Kampagne startete die Zur Rose-Tochtergesellschaft DocMorris nach der erfolgreichen Kapitalerhöhung ihre angekündigte Marketinginitiative. Im Fokus der Kampagne stehen dauerhaft erkrankte Patienten mit einem regelmässigen Bedarf an rezeptpflichtigen Medikamenten. Zur Rose plane auch, im Geschäft mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln wieder ein zweistelliges Wachstum zu erzielen, so die Gesellschaft. Von grosser Bedeutung für die Geschwindigkeit des Wachstums in diesem Bereich wird allerdings der Entscheid des europäischen Gerichtshofs am 19. Oktober 2016 in Luxemburg sein, der die Frage der Zulässigkeit des deutschen Festpreissystems für EU-ausländische Versandapotheken beantworten wird.
Versand rezeptfreier Medikamente wächst stark
Beschleunigen konnte DocMorris auch das Wachstum im Bereich der rezeptfreien Arzneimittel (OTC), in dem die Onlineapotheke nach eigenen Angaben deutlich schneller als der Gesamtmarkt wächst. „Lag das Wachstum von DocMorris im ersten Halbjahr 2016 bereits bei knapp 40 Prozent, beschleunigte sich dieses aufgrund des starken dritten Quartals auf kumuliert 45 Prozent“, schreibt Zur Rose in der Medienmitteilung. Hier konkurriert das Unternehmen mit der Shop Apotheke Europe, die am 13. Oktober in Frankfurt an die Börse gehen will. Walter Oberhänsli, CEO der Zur Rose Group AG, weist auf Nachfrage von schweizeraktien.net auf die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der beiden Unternehmen hin. Die Shop Apotheke vertreibe im Gegensatz zu DocMorris nur OTC-Arzneimittel und Kosmetika. In diesen Bereichen weise die Shop Apotheke den höchsten Versandumsatz aus, so Oberhänsli. „DocMorris als grösste Versandapotheke Europas ist indes in beiden Sparten, dem Versand von rezeptpflichtigen und rezeptfreien Arzneimitteln, tätig, wobei das verschreibungspflichtige Segment den Löwenanteil ausmacht“, präzisiert Oberhänsli. Er sieht im deutschen Markt für Versandapotheken eine Konsolidierungstendenz. „Am Ende der Konsolidierungsphase werden sich wohl drei relevante Anbieter behaupten, zu welchen neben DocMorris mutmasslich auch die Shop Apotheke gehören wird.“, glaubt er.
Keine Angst vor Shop Apotheke-IPO
Den geplanten Börsengang des Wettbewerbers sieht der Zur Rose-CEO positiv. „Es zeigt, wie viel Potenzial im Ausbau des Online-Versandmarktes steckt“. Insofern sehe man darin auch eine Bestätigung der eigenen Pläne. Den Wettbewerb mit der Shop Apotheke im Bereich des OTC-Geschäfts scheut Walter Oberhänsli nicht. Auch der Fakt, dass der Shop Apotheke im Rahmen des geplanten Börsengangs voraussichtlich 100 Mio. EUR frisches Kapital und damit mehr, als Zur Rose bei der jüngsten Kapitalerhöhung erhalten hat, zufliessen werden, beunruhigt ihn nicht. Er weist darauf hin, dass gemäss der Verlautbarungen der Shop Apotheke rund 20 Mio. EUR ins Marketing fliessen sollen, während der Rest für die Rückführung von Gesellschafterdarlehen, Investitionen in Logistik und IT und den Aufbau des Working Capital vorgesehen sei. Die Investitionen in Logistik und IT habe Zur Rose bereits getätigt, so Oberhänsli. Zudem habe Zur Rose in einer 1. Tranche 20 Mio. CHF erhalten. Bei Erreichen der Meilensteine würde das Unternehmen im Rahmen der 2. Tranche insgesamt über 40 Mio. CHF und damit deutlich mehr als die Shop Apotheke erhalten.
Die bekannt gegebenen Zahlen zeigen, dass die Zur Rose-Gruppe weiter auf Wachstumskurs ist. Die gestarteten Marketinginitiativen dürften das Wachstum zudem nochmals beschleunigen. Ein zusätzlicher Treiber wäre ein für Zur Rose positiver Entscheid des EuGH am 19. Oktober. Aber auch bei einem negativen Entscheid könnte Zur Rose mit dem bisherigen Geschäftsmodell weiterhin wachsen. Angesichts der komfortablen Kapitalausstattung braucht das Unternehmen auch den zu erwartenden, sich verstärkenden Wettbewerb mit der Shop Apotheke nicht zu scheuen. Grundsätzlich sollten das deutlich breitere Geschäftsmodell der Zur Rose-Gruppe und die Profitabilität im Kerngeschäft für mehr Stabilität sorgen. Die Kursentwicklung der Shop Apotheke dürfte dennoch ein Benchmark für einen möglichen eigenen Börsengang von Zur Rose darstellen. Die völlig unterschiedliche Bewertung der beiden Unternehmen – hier Zur Rose mit einem Kurs/Umsatz-Verhältnis 2016 von 0.2 bei einem geschätzten Umsatz von ca. 900 Mio. CHF und auf der anderen Seite Shop Apotheke mit einem KUV von 1.4 bei geschätzten 175 Mio. EUR in 2016 – zeigt, welches Potenzial Zur Rose bei einem IPO hätte. Andererseits lässt sie auch Zweifel an der Bewertung der Shop Apotheke aufkommen. Erst in einigen Jahren, wenn die Unternehmen nachhaltig Gewinne schreiben, wird sich zeigen, welche Bewertungsansätze gerechtfertigt waren. Die Aktien von Zur Rose werden derzeit ausserbörslich auf OTC-X zu Kursen um die 40 CHF gehandelt. Dies entspricht einer Marktkapitalisierung von 150 Mio. CHF. Die Shop Apotheke strebt eine Bewertung von 254 bis 317 Mio. EUR an.