Branchentalk Tourismus: Was die Gewinner beflügelt, und an was die Verlierer kranken

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Stefan Schulthess, Markus Graf, Urs Wagenseil und Norbert Patt (v.l.n.r.) diskutieren unter der Leitung von Björn Zern (Mitte). Bild: Sandra Blaser
Stefan Schulthess, Markus Graf, Urs Wagenseil und Norbert Patt (v.l.n.r.) diskutieren unter der Leitung von Björn Zern (Mitte). Bild: Sandra Blaser

Welche Medizin braucht der Schweizer Tourismus, und ist er überhaupt krank? Darüber haben am Branchentalk «Tourismus» in Luzern mehrere Experten diskutiert. Ein Allheilmittel haben sie nicht gefunden.

Auf die traditionellen Stärken setzen

Doch, es gibt sie noch, die Touristiker, die auf die traditionellen Stärken der Schweiz wie die Zuverlässigkeit, die Sicherheit, die reine Luft und das einmalige Alpenpanorama setzen. «Aufbauend auf diesem Fundament kann unser Land noch immer ein hervorragendes und zukunftsträchtiges Produkt anbieten», ist Norbert Patt, Chef der erfolgreichen Bergbahnen Engelberg-Trübsee-Titlis AG, überzeugt. Auch im rückläufigen Bergtourismus.

Einheimische Immobilieninvestoren sehen die Erfolgschancen des helvetischen Bergtourismus deutlich nüchterner. Es ist ein Fakt: Für Projekte in den Alpen gibt es von inländischen Investoren kaum mehr Bares. Viel lieber investieren diese Geldgeber in inländische Wohnungs- und Büroliegenschaften in den Städten, wo nach Ansicht von Markus Graf, Verwaltungsrat des Immobilienunternehmens Swiss Prime Site AG (SPS), noch solide Renditen von 3 bis 5% zu erwirtschaften sind.

Bruno Schöpfer stellt das Bürgenstock Resort vor. Bild: Sandra Blaser
Bruno Schöpfer stellt das Bürgenstock Resort vor. Bild: Sandra Blaser

Kapitalerhalt steht für Ausländer im Vordergrund

Was die Inländer nicht tun, wagen dafür ausländische Grossinvestoren. Beispielsweise solche aus Katar, die via die Tochtergesellschaft Katara Hospitality mehr als eine halbe Milliarde Franken in den Umbau und Ausbau der Bürgenstock Hotels investieren. Und der Ägypter Samih Sawiris will insgesamt sogar 1.8 Milliarden Franken für seine verschiedenen Projekte in Andermatt aufwenden. Bruno Schöpfer, Managing Director der Katara Hospitality gibt aber zu: «Es geht diesen Grossinvestoren in erster Linie um die Sicherheit und den Kapitalerhalt und nicht um die Rendite.»

Erfolgreiche Bahnen sollen kleine mitziehen

Es ist auch im Tourismus nicht alles «Hans was Heiri». Urs Wagenseil, Dozent an der Hochschule Luzern, bestätigt: «Während der Städtetourismus bereits seit 15 Jahren boomt, zeigt der Trend im Bergtourismus ebenfalls schon seit mehreren Jahren nach unten. Unter Dauerdruck steht insbesondere das Wintersportgeschäft der Schweizer Bergbahnen.» Dieser Tourismuszweig habe die besten Zeiten wohl eindeutig hinter sich. Zudem verhinderten kleinräumige Strukturen und ebenso kleinräumiges Denken häufig naheliegende Lösungen. Logischerweise müssten zum Beispiel kleinere Unternehmen versuchen, in den Sog der führenden und hervorragend arbeitenden Gruppen wie Jungfraubahn, Titlisbahn oder Rigibahn zu kommen. Unprofessionelle touristische Stellen und mangelhaftes Wissen der Verantwortlichen verhinderten dies aber allzu oft. In der Tat: Sogar die Branchenbesten scheuen sich nicht vor Kooperationen. So hat die Jungfraubahn vor kurzem beschlossen, mit dem österreichischen Wintersportort Sölden zusammenzuarbeiten. «Eine gute Tat, um den Wintersport in der Schweiz zu stärken», findet Titlisbahn-Chef Norbert Patt, «mit den Branchenbesten zu kooperieren macht Sinn».

Norbert Patt, CEO Titlisbahnen. Bild: Sandra Blaser
Norbert Patt, CEO Titlisbahnen. Bild: Sandra Blaser

«Alleine geht es nicht»

Wenig erbauliche Erfahrungen mit politischen Behörden hat auch Titlisbahn-Chef Norbert Patt gemacht. So hätten Politiker aus Engelberg liebend gerne eine Langlaufdestination gemacht, obwohl das Gelände hier alles andere als optimal sei. Nach Ansicht von Markus Graf hat sich der Tourismus grundlegend verändert. Billigflieger wie Easyjet machten es heute möglich, dass ein Städteflug wesentlich billiger komme als ein Weekend in den Bergen. Das Verschwinden der Skilager habe ebenso zum Abschwung beigetragen.

Die Quintessenz der Diskussion ist nach Ansicht von Stefan Schulthess, Chef der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees, die Erkenntnis, dass es alleine nicht geht. Markus Graf fordert für den Tourismus neue und gute Produkte. Und HSLU-Dozent Urs Wagenseil doppelt nach: «Man sollte sich nicht auf alte Erfahrungen abstützen, gefragt ist neues Wissen.» Titlisbahn-Chef Norbert Patt gibt einer Strategie, die auf den bewährten Stärken des Schweizer Bergtourismus aufbaut, dagegen weiterhin gute Chancen: «Ich bleibe dabei, wir können auf dieser Basis noch immer ein hervorragendes Produkt anbieten.»

Lesen Sie auch unseren Beitrag zur Branchenanalyse Bergbahnen und besuchen Sie die Bildergalerie vom Branchentalk Tourismus.

Referate: Gesamte Präsentationen Branchentalk Tourismus 2016 (Finanzsituation, Bürgenstock, SGV, Titlis Bahnen)

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