Stefan Schulthess, CEO SGV: «Im Tourismus spielen zu oft nicht sachliche Faktoren eine Rolle.»

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Stefan Schulthess Stefan Schulhess ist seit September 2005 Direktor und Vorsitzender der Gruppenleitung der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV). Daneben ist der 52jährige Dipl. Ingenieur HTL auch noch Präsident des Verbandes Schweizerischer Schifffahrtsunternehmen (VSS) und Verwaltungsrat der Treib-Seelisberg-Bahn. Bild: zvg
Stefan Schulthess ist seit September 2005 Direktor und Vorsitzender der Gruppenleitung der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV). Daneben ist der 52-jährige Dipl. Ingenieur HTL auch noch Präsident des Verbandes Schweizerischer Schifffahrtsunternehmen (VSS) und Verwaltungsrat der Treib-Seelisberg-Bahn. Bild: zvg

Am jüngsten Branchentalk Tourismus von schweizeraktien.net erklärte Stefan Schulthess, CEO der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV), den Teilnehmern, wie sich seine Firma in den letzten zehn Jahren vom reinen Schifffahrtsbetrieb zu einem diversifizierten Unternehmen entwickelt hat. Heute setzt die SGV-Gruppe mit ihren Tochterunternehmen Tavolago AG (Gastronomie, Hotels) und Shiptec AG (Werft) über 70 Mio. CHF um. Im Geschäftsjahr 2015 lagen die Verkehrserträge bei 31.5 Mio. CHF. Gastronomie, Catering und Hotels steuerten 29.7 Mio. CHF bei und der Werfbetrieb 5.8 Mio. CHF. Der Gewinn vor Abschreibungen (EBITDA) lag mit 9 Mio. CHF – dies entspricht einer Marge von 12.5% – auf einem ansprechenden Niveau. Unter dem Strich verblieb ein Jahresgewinn von knapp 2 Mio. CHF. Barausschüttungen können die Aktionäre trotz der guten Ertragslage derzeit nicht erwarten, sagt CEO Stefan Schulthess im Interview mit schweizeraktien.net. Im Moment sei er froh, dass die Gewinne im Unternehmen verbleiben. Statt einer Bardividende profitieren die Aktionäre jedoch von vergünstigten Tickets. Für die Zukunft sieht Schulthess Wachstumspotenzial in allen drei Geschäftsbereichen.

Die SGV macht seit Jahren stetige Fortschritte. Keine Selbstverständlichkeit für ein Touristikunternehmen. Was machen Sie besser als andere Branchenunternehmen?

Stefan Schulthess: Neben den eigenen Leistungen ist für jedes Touristikunternehmen die Destination, in der es tätig ist, von grosser Bedeutung. Mit Luzern als attraktive Tourismusstadt für in- und ausländische Gäste sowie den vielen Ausflugsmöglichkeiten rund um den Vierwaldstättersee haben wir ein Umfeld, das ein erfolgreiches Arbeiten erleichtert.

Und was ist neben dem günstigen Umfeld entscheidend?

Wir haben ein auf mehrere Branchen und unterschiedliche Produkte abgestütztes Geschäftsmodell, das wir streng nach betriebswirtschaftlichen Kriterien führen. Dazu hat die konsequente Ausrichtung auf das Kundenbedürfnis zu unserem Erfolg der letzten Jahre beigetragen.

Wie wird sich die Anzahl der Passagiere, Umsatz und Ertrag in den nächsten Jahren entwickeln?

Unser prognostiziertes Wachstum der Passagier- und Umsatzzahlen in den nächsten Jahren liegt – je nach Entwicklung der asiatischen Märkte – im tiefen einstelligen Prozentbereich.

Wo sehen Sie die langfristige Entwicklung der SGV? Im welchem Bereich sehen Sie das grösste Potenzial?

Wir gehen heute davon aus, dass sich die SGV Gruppe in allen drei Bereichen, das heisst in der Schifffahrt, in der Gastronomie und in der Hotellerie sowie im industriellen Schiffbau für Dritte positiv entwickeln wird. Das grösste und das am „einfachsten“ zu erschliessende Potenzial liegt dabei sicher im Gastronomie- und Hotelleriebereich.

Was sind Ihre Prognosen für das laufende und das kommende Geschäftsjahr?

In einem erschwerten Umfeld rechnen wir im laufenden Jahr mit einem um rund 2 Prozent tieferen Umsatz der SGV Gruppe. Ausschlaggebend für den leichten Umsatzrückgang sind primär das unbeständige Wetter im Frühsommer, die schwierige Währungssituation für ausländische Gäste sowie die Verunsicherung bei amerikanischen und asiatischen Gästen wegen der Terroranschläge in Europa. Zusätzlich erschwerten schwieriger gewordene wirtschaftliche Rahmenbedingungen in China die Situation.

Sucht die SGV auch nach neuen Geschäftsfeldern?

Suchen nicht explizit – aber neue und betriebswirtschaftlich interessante Geschäftsmodelle mit einem Bezug zur heutigen Tätigkeit stossen bei uns immer auf Interesse.

Die ganze Branche klagt über die massive Frankenaufwertung. Wie stark trifft Sie dieses Problem?

In ganz unterschiedlichem Mass. Die Shiptec als Industrieunternehmen ist stärker betroffen als die Tavolago im Gastronomie- und Hotelbereich oder die SGV in der Schifffahrt. Generell gilt auch bei uns wie bei fast allen Unternehmen mit Produktionsstandort Schweiz: Schweizer Produkte sind für viele ausländische Gäste zu teuer geworden.

Wo hoch ist bei Ihnen der Anteil der Auslandgäste, und was unternehmen Sie, um diesen Anteil zu steigern und insbesondere bei den Asiaten zu punkten?

Der Anteil ausländischer Gäste liegt bei der Schifffahrt und in der Gastronomie/Hotellerie bei rund 25 Prozent. Um eine Steigerung dieses Anteils zu erreichen, passen wir neue Angebote auf die Bedürfnisse der Kunden an und verkaufen aktiv in den entsprechenden Fernmärkten mit eigenen Mitarbeitenden oder in Kooperation mit anderen Anbietern.

Im Gegensatz zu Ihnen haben viele Schweizer Touristikunternehmen ihre Hausaufgaben noch nicht gemacht. Wo sehen Sie die grössten Versäumnisse?

Danke für Ihre Wertschätzung! Aus der eigenen Position heraus die Leistung anderer zu beurteilen ohne alle Rahmenbedingungen zu kennen, ist nicht seriös. Generell erlaube ich mir höchstens die Feststellung, dass im Tourismus leider oft persönliche, regionalpolitische und nicht sachbezogene Faktoren eine Rolle spielen anstatt Fachverstand und eine nüchterne, betriebswirtschaftliche Betrachtung.

Sind Kooperationen mit ausländischen Stationen, Beispiel Jungfraubahnen, tatsächlich eine gute Idee?

Diese Frage kann ich nicht abschliessend beantworten. Wenn die Jungfraubahnen Kooperationen in Betracht ziehen, wird das in ihrem Fall wahrscheinlich nicht ganz falsch sein. Ob Kooperationen Sinn machen, muss von Fall zu Fall beurteilt werden. Persönlich bin ich der Meinung, dass wir tendenziell eher zu wenig Kooperation eingehen als zu viele.

Was genau sind die Eckpunkte Ihrer Strategie?

Als SGV Gruppe streben wir eine wachstumsorientierte Entwicklung mit qualitativ hochwertigen und innovativen Leistungen in den drei Geschäftsbereichen Schifffahrt, Gastronomie/Hotellerie und Schiffstechnik an.

An welchen sehr erfolgreichen Unternehmen der Branche orientiert sich die SGV?

An den Titlisbahnen, Pilatusbahnen oder an der Weisse Arena Gruppe.

Was sind die wichtigsten langfristigen Grossprojekte?

Schiffsneubauten, Generalsanierungen von Dampfschiffen, Hotelprojekte und ein paar Ideen, die für die Öffentlichkeit noch nicht spruchreif sind.

Wann wird die SGV zum ersten Mal eine Bardividende ausschütten?

Diese Frage wird die Generalversammlung beantworten müssen. Im Moment sind wir froh, dass unsere Aktionäre den Gewinn im Unternehmen belassen und wir diesen vollumfänglich in die Geschäftsentwicklung investieren können. Kommt hinzu, dass wir, beziehungsweise die Generalversammlung, vor der Ausschüttung einer Bardividende noch eine sinnvolle Einigung finden müssten, wie wir die Stammaktionäre und Vorzugsaktionäre mit unterschiedlichen Nennwerten, Stimmrechten und Sonderrechten behandeln oder vereinheitlichen.

2017 feiert die SGV ihr 180-Jahr-Jubläum. Haben Sie schon Ideen, wie das gefeiert werden soll?

Im August 2012 haben wir bereits das 175-Jahre Jubiläum gefeiert. Weitere Jubiläumsfeiern sind meines Wissens (noch) nicht geplant. Und persönlich mache ich lieber Pläne für die Zukunft, als mich mit der Vergangenheit zu beschäftigen.

Die Stamm- und Vorzugsaktien der SGV AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 520 CHF für die Stammaktien und 478 CHF für die Vorzugsaktien gezahlt.

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