Regionale Energie- und Versorgungsunternehmen stehen weiterhin in der Gunst der Anleger. Im Gegensatz zu den grossen, börsenkotierten Energiefirmen haben sich die Aktienkurse der Regionalwerte in den letzten zehn Jahren stabil entwickelt (siehe auch Blog-Beitrag vom 5. Oktober). Mittlerweile zogen auch die Kurse der börsenkotierten Energiefirmen wie BKW und Romande Energie wieder an. Nachdem mit der CKW AG vor knapp zwei Jahren und der Bündner Repower im April dieses Jahres zwei Energiefirmen ihren Weg auf das ausserbörsliche Tableau fanden, plant Mitte November mit der Energie ZürichseeLinth AG (EZL) ein weiterer Versorgertitel das Listing im ausserbörslichen Bereich. Die Stadt Rapperswil als Hauptaktionärin will sich von zwei Dritteln der Aktien trennen. 30% übernimmt die Anlagestiftung Energie-Infrastruktur der Credit Suisse (CSA) als neue Ankeraktionärin. Weitere 12’000 Aktien können noch bis zum 15. November bei der Gesellschaft von privaten Aktionären über ihre Hausbank gezeichnet werden.
Privathaushalte grösste Kundengruppe des regionalen Gasversorgers
Bisher gehörte das vormals unter dem Namen Erdgas Obersee AG firmierende und 60 Mitarbeiter zählende Unternehmen zu 95% der Stadt Rapperswil-Jona. Entstanden ist der regionale Energiedienstleister 1999 aus der 1903 gegründeten Gasversorgung der Stadt Rapperswil. Über ein 350 Kilometer langes Netz an eigenen Transport- und Verteilleitungen versorgt das Unternehmen heute 5’500 Objekte mit Erd- und Biogas, darunter 20’000 Wohnungen. Mit einem Anteil von 32% am Gesamtumsatz von 52.5 Mio. CHF im Geschäftsjahr 2014/15 (Ende 30. September 2015) sind daher private Haushalte die grösste Kundengruppe. Die zwei Tochtergesellschaften Lampert Heizungen AG und MZ Sanitär + Heizung AG bieten integrierte Wärme- und Heizungsleistungen sowie Sanitärarbeiten an. Mit dem Namenswechsel und der Platzierung der Aktien bei dem Ankeraktionär CSA und im Publikum strebt die EZL eine breitere strategische Ausrichtung an. «Wir wollen zusätzlich zum Erdgas weitere Geschäftsfelder im Energiebereich aufbauen und neue Produkte anbieten», erklärt Verwaltungsratspräsident Hansruedi Müller die neue Strategie. In den kommenden zehn Jahren wolle das Unternehmen eine Vielzahl von unternehmerischen Initiativen umsetzen. Im angestammten Geschäft mit dem Erd- und Biogas sollen beispielsweise bis 2020 insgesamt 600 zusätzliche Wohn- und Gewerbegebäude an das bestehende Netz der EZL angeschlossen werden. Auch den Anteil an Biogas an der gesamten verkauften Gasmenge will die EZL von heute 5 auf 20% steigern, wobei die Hälfte davon in eigenen, regionalen Anlagen produziert werden soll. «Die Bereitstellung von nachhaltig produzierter Energie und die Nutzung vorhandener Ressourcen wie Biogas, Holz oder Erdwärme werden Schlüsselthemen des Unternehmens sein», erklärt CEO Ernst Uhler. Dazu gehört auch der Betrieb von acht regional verteilten Erdgastankstellen. Im Bereich von Contractinglösungen und Dienstleistungen sieht Uhler ebenfalls Potenzial zur Stärkung der Marktposition der EZL in der Region. Weiteres Wachstum verspricht sich der CEO von Partnerschaften mit regionalen Gemeindewerken, zu denen auch Elektrizitätswerke wie EW Jona-Rapperswil (EWJR) und die EW Uznach gehören. Mit dem strategischen Partner und Ankeraktionär CSA sei die EZL gut gerüstet für die nächsten Schritte, so Uhler. Für Präsident Müller befindet sich die EZL daher auf dem Weg zu einem diversifizierten Energie- und Dienstleistungsunternehmen.
Über 50 Mio. CHF Umsatz – Einmalige Faktoren belasten Gewinn kurzfristig
Im Geschäftsjahr 2014/15 erzielte das Unternehmen bei einem Umsatz von 52.5 Mio. CHF einen Gewinn von 4.1 Mio. CHF. Der Betriebsgewinn vor Abschreibungen (EBITDA) erreicht 7.6 Mio. CHF oder 14.4% des Umsatzes. Obwohl das laufende Geschäftsjahr bereits Ende September abgeschlossen wurde, gibt das Management derzeit noch keine konkreten Zahlen bekannt. Im ersten Halbjahr erreichte der Umsatz allerdings 32.2 Mio. CHF, und das EBITDA lag bei 6.5 Mio. CHF. Aufgrund der Saisonalität des Geschäfts – der grösste Umsatzanteil wird in den Wintermonaten erzielt – könne man diese Entwicklung nicht für das Gesamtjahr fortschreiben, erklärt CEO Ernst Uhler. Zudem werde das Gesamtjahr 2015/16 noch durch Ausgaben belastet, die im Zusammenhang mit der neuen Ausrichtung stehen. Der Reingewinn für das letzte Geschäftsjahr werde daher deutlich tiefer als in den Vorjahren ausfallen, kündigt die EZL auch in den Informationen zur Aktienplatzierung an. Ausserdem hat die Stadt Rapperswil-Jona als ehemalige Hauptaktionärin für das Geschäftsjahr 2015/16 noch eine ausserordentliche Dividende in Höhe von 500’000 CHF erhalten. Künftig sollen auch die neuen Aktionäre gemäss der im Sommer 2016 beschlossenen Dividendenpolitik 40 bis 60% des jeweiligen Jahresgewinns als Dividende erhalten. Verwaltungsratspräsident Hansruedi Müller weist allerdings darauf hin, dass die Ausschüttung für 2015/16 aufgrund der Sonderfaktoren sowie der Aktienplatzierung, die erst nach dem Ende des Geschäftsjahres 2015/16 erfolgt ist, geringer ausfallen wird. Erst ab dem neuen Geschäftsjahr 2016/17 dürften die Aktionäre die volle Ausschüttung erwarten.
Mit der Aktie der Energie ZürichseeLinth AG können sich private Aktionäre direkt an einem regionalen Versorger am oberen Zürichsee und in der Linth-Region beteiligen. Damit reiht sich das Unternehmen in die über 20 Titel von ausserbörslich gehandelten Energie- und Versorgeraktien ein. Als regionales Verteilunternehmen im Bereich Gasversorgung weist der Titel ein ähnliches Risikoprofil auf wie andere regionale Versorger, darunter beispielweise die EW Jona-Rapperswil. Diese ist jedoch im Strommarkt tätig. Bei einem Preis von 1’833 CHF je Aktie beträgt die Marktkapitalisierung der EZL 73.3 Mio. CHF. Für das abgelaufene Geschäftsjahr 2015/16 rechnen wir aufgrund der Sonderfaktoren mit einem Gewinn von 2.5 bis 3 Mio. CHF. In den kommenden Jahren sollte dieser allerdings wieder auf 4 bis 4.5 Mio. CHF steigen, so dass sich darauf ein Kurs-/Gewinnverhältnis von etwa 17 errechnet. Bei einer Ausschüttungsquote von 40 bis 60% liegt die Dividende dann bei 45 bis 67.50 CHF. Mit einer Dividendenrendite von mindestens 2.5% wären die Titel dann ähnlich bewertet wie der Westschweizer Gasversorger Holdigaz, dessen Aktien ebenfalls ausserbörslich gehandelt werden.
Auch wenn für das abgelaufene Geschäftsjahr 2015/16 die Rendite noch viel tiefer liegen dürfte, so scheint der Titel bei einem Preis von 1’833 CHF pro Aktie fair bewertet. In den kommenden Jahren ist jedoch nicht nur mit einer stabilen Geschäftsentwicklung zu rechnen, sondern auch moderates Wachstum zu erwarten. Sollte sich die EZL zudem zu einer Plattform entwickeln, die regionale Versorger konsolidiert, würde daraus ein spannender Investment Case entstehen. Mit dem Ankeraktionär CSA hätte die EZL zumindest einen kapitalkräftigen Partner an Bord, der auch Übernahmen finanzieren könnte. Für längerfristig orientierte Anleger ist die Aktie der EZL auf dem Niveau des Platzierungspreises daher nicht nur wegen der stabilen Dividenden, sondern auch wegen dieser Wachstumsperspektiven interessant.
Sehr geehrter Herr Zern
Mit Interesse habe ich Ihren Bericht zur EZL gelesen. Etwas erstaunt hat mich Ihre Aussage, dass die EZL ungefähr gleich bewertet sei wie die Holdigaz. Wenn Sie rein auf die Dividendenrendite abstellen, stimmt das zwar, es ist aber wohl so, dass man eine Aktie nicht nach der Dividendenrendite bewerten soll. Etwas aussagekräftiger sind da Kennzahlen wie EBITDA wenn man mit der Holdigaz vergleicht sowieso. Nach dieser Kennzahl schreibt die Holdigaz ab was die Bilanz hergibt. Würde die EZL so abschreiben, würde man gar keinen Gewinn ausweisen können. Ein Blick auf die Bilanzen und die Geschichte der beiden Firmen zeigt ebenfalls krasse Unterschiede. Die EZL ist ein relativ junges Pflänzchen im Vergleich zur Holdigaz. Sie verfügt über keine nennenswerten Fettpölsterchen in Form von stillen Reserven. Zudem ist der finanzielle Spielraum recht eng. Holdigaz ist das pure Gegenteil. Stille Reserven wo man hinschaut und obendrein eine Cashposition deutlich über Fr. 100 Mio. Ich schätze den Free-Cashflow pro Jahr (2015 waren die Investitionen etwas höher wegen des Neubaus in Forel) auf ungefähr Fr. 40 Mio. Dieser liegt bei der EZL ca. bei Fr. 4.5 Mio. (Schätzung nächstes Jahr). Das EK der Holdigaz liegt offen ausgewiesen (inkl. langfristige Rückstellungen welche nie benutzt werden und immer weiter ansteigen, aber ohne die hohen st. Reserven auf den Leitungen, Immobilien und den Beteiligungen) bei ca. Fr. 290 Mio. , dasjenige der EZL bei ca. Fr. 41 Mio. (stille Reserven hat’s wenn’s hoch kommt vielleicht Fr. 5 Mio.).
Und nun kommt der Vergleich. Die EZL wird mit Fr. 73 Mio. bewertet in diesem quasi IPO, die Holdigaz kommt auf eine Bewertung von Fr. 325 Mio. Wenn man die Bewertung der EZL als fair erachtet, dann müsste konsequenterweise die Holdigaz 8-10x (EBITDA 9x, EK 7-10x je nachdem wie man die st. Reserven bewertet, zudem ist die Holdigaz viel besser finanziert, resp. verfügt über mehr als Fr. 100 Mio. liquide Mittel) mehr wert sein als die EZL, also ca. Fr. 580-730 Mio. oder Fr. 282-355 pro Aktie.
Der Fall ist in meinen Augen glasklar. Wer eine Aktie mit Kurssteigerungspotential will, der kauft Holdigaz. Wem eine Obligation zu 2.5%-3% inkl. EK-Risiken (Marktöffnung Gas, die Gasverbrennung ist nicht besonders CO2-arm) und einem gesellschaftlichen Anlass genug ist, der kauft 2-3 Aktien EZL. Aber nur dann. Ich gratuliere auf jedem Fall dem Stadtrat von Rapperswil-Jona, der einen Käufer gefunden hat, diesen Preis zu bezahlen.
Weniger lustig finde ich das Ganze für die Versicherten der PK’s welche der CSA ihr Geld anvertrauen. Die haben dann wohl nach Gebühren noch eine klägliche Cash-Rendite von weniger als 2% p.a. und eine EK-Rendite von vielleicht knapp 5% p.a. und das für Eigenkapital. Da muss man sich dann nicht wundern, wenn unsere PK’s derart tolle Renditen erwirtschaften.
Freundliche Grüsse
A. Zahner
Lieber Herr Zahner
Vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre Präzisierungen. Im Vergleich zur EZL ist die Holdigaz-Aktie ganz klar viel günstiger, gemessen an Kennzahlen wie dem EV/EBITDA. Zudem ist sie auch deutlich grösser. Wir schliessen uns daher Ihrer Aussage an, dass das Potenzial für Kurssteigerungen bei Holdigaz wesentlich grösser als bei EZL ist. Interessant würde der Investmentcase EZL allerdings – wie von uns auch beschrieben – wenn das EZL in der Region als Konsolidator auftritt. Aber das ist derzeit nur Spekulation und braucht vermutlich Jahre, bis sich so etwas politisch durchsetzen lässt.
Interessant würde die Sache allerdings schon, wenn die EZL wirklich konsolidieren würde. Dazu bräuchte sie aber den Support der Stadt Rapperswil-Jona und der Kleinaktionäre, wenn man sich nicht gänzlich in die Arme der CSA begeben will. Da glaube ich nicht, dass die Stadt dann plötzlich Geld bereitstellen würde, um ihr noch fremdere Firmen zu kaufen, wo man „zu Hause“ abbaut.
Sinn machen würde es aber allemal. Am interessantesten ist aber nicht das EWJR oder das EWU, sondern die EVK in Kaltbrunn. Dieser Versorger vertreibt Strom+Gas (bezieht es über die EZL) über eigene Netzte und hält bedeutende Immobilien und hat zudem ein eigenes Projekt für den Bau eines Kraftwerkes, welche fast den ganzen Bedarf der Firma abdecken würde. Nur eben, diese Aktionäre verkaufen sicher nicht.
Mal schauen….. ich wäre auf jeden Fall sehr überrascht.