Im Rahmen eines Informationsanlasses für Investoren informierten die im ausserbörslichen Handel auf OTC-X gelisteten Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil AG (EWJR) sowie die mit der EWJR über eine Aktionärspartnerschaft eng verbundene SN Energie AG Ende November über aktuelle Themen der Energiewirtschaft und die jeweilige strategische Positionierung der beiden Unternehmen im Markt. Die EWJR AG ist mit 14% als wichtiger „Aktionärspartner“ an der SN Energie AG beteiligt und bildet zusammen mit der SN Energie AG und den anderen beteiligten Aktionärspartnern die SN Energie-Gruppe. Die Zusammensetzung des SN Energie-Aktionariats ist in der nachstehenden Tabelle illustriert.
Die SN Energie AG verfügt über eigene, leistungsfähige Produktionsanlagen und Beteiligungen und deckt für die Aktionärspartner die Strombeschaffung über langfristige Lieferverträge und Handel zu wettbewerbsfähigen Konditionen ab. So kann SN Energie-Gruppe, in die die EWJR eingebunden ist, im Strombereich die gesamte Wertschöpfungskette von der Produktion über den Handel bis zur Übertragung und Endverteilung abbilden. Rund 25 % der Stromversorgung des Kantons St. Gallen werden von SN Energie und ihren Aktionärspartnern Sankt Galler Stadtwerke, EWJR und Technische Betriebe Rorschach sichergestellt. Über die Technischen Betriebe Glarus Süd wird das hintere Glarnerland beliefert. Durch die Stadtwerke Arbon, EW Romanshorn und EW Wald werden Teile der Kantone Thurgau und Zürich versorgt. Die SN Energie AG hat selbst bis jetzt keine Endkunden, diese sind bei den Aktionärspartnern.
Der Strom der SN Energie kommt überwiegend – 2015 zu mehr als 70% – aus Wasser- und Kernkraftwerken, verstärkt aber auch aus erneuerbaren Energiequellen wie etwa Wind. Insbesondere die in der SN Energie heute noch hoch gewichtete Kernenergie ist umstritten und geniesst eine – im Vergleich zu den Erneuerbaren Energien – geringere politische wie gesellschaftliche Akzeptanz, obwohl sie für etwa 40% der Schweizer Stromproduktion steht. Mit einem „Nein“ an der Urne hat sich das Schweizer Stimmvolk Ende November bekanntlich gegen einen schnellen Ausstieg aus der Atomkraft entschieden. Dennoch geht die Diskussion um die vom Bundesrat erarbeitete „Energiestrategie 2050“ wohl jetzt erst richtig los, denn „nach der Wahl ist vor der Wahl“!
Regulatorischer Druck auf die Energiebranche nimmt zu
Die „Energiestrategie 2050“ gilt als Einstieg in einen langfristigen „geordneten Atomausstieg“ ohne kurzfristige Laufzeitbegrenzungen, auch wenn es kein Technologieverbot gibt und bestehende Kernkraftwerke so lange in Betrieb bleiben dürfen, wie die Sicherheit gewährleistet ist. Gleichzeitig sollen die Erneuerbaren Energien – etwa durch schnellere Bewilligungsverfahren – deutlich ausgebaut und die Energieeffizienz auf Stufe des Verbrauchers – über einen tieferen Strom- und Energieverbrauch – gesteigert werden, um die Ziele der „Energiestrategie 2050“ zu erreichen.
Es ist jedoch schon heute absehbar, dass Befürworter und Gegner der „Energiestrategie 2050“ bis zu einem allfälligen Referendum respektive einer allfälligen Volksabstimmung im kommenden Jahr – frühestens im Mai 2017 – im übertragenen Sinne „die Klingen kreuzen“ werden. Die Kritiker der „Energiestrategie 2050“ sehen darin eine weitere Verstaatlichung und preistreibende Regulierung der Energiewirtschaft unter Aushebelung der Marktkräfte, während die Befürworter in ihr den Schlüssel zu einer „nachhaltigen Energiewende“ erkennen. Die am Strommarkt schon in den letzten Jahren immer bedeutsameren regulatorischen Aspekte dürften so oder so, da die Schweiz schon heute auch in die europäischen, zunehmend dezentralen Strommärkte integriert ist, an Bedeutung gewinnen – ob mit „Energiestrategie 2050“ oder ohne. Insofern dürfte der regulatorische Druck in der Energiewirtschaft in den Folgejahren und Jahrzehnten tendenziell eher weiter zu- als abnehmen.
Herausforderndes Umfeld
Dieses Marktumfeld ist für die SN Energie – aber auch alle anderen Unternehmen der Energiewirtschaft – herausfordernd. Die Energiemärkte der Zukunft dürften – insbesondere in einem post-nuklearen Zeitalter – im Vergleich zur Gegenwart deutlich volatiler werden, sowohl bei den Preisen als auch bei der „Versorgungssicherheit“ und der Netzstabilität. Ein langfristiger Ausstieg aus der Kernenergie würde einen sehr weitreichenden Umbau der SN Energie AG notwendig machen, der in der Konsequenz natürlich auch Auswirkungen auf die Aktionärspartner und die Versorgungssicherheit bei den Endkunden in den Regionen hat. Die SN Energie AG hat den vor dem Hintergrund der „Energiewende 2050“ notwendigen Umbau durch ein Bündel verschiedener strategischer Massnahmen bereits eingeleitet und will die sprichwörtliche „Erneuerung“ des Geschäftsmodells in der Zukunft noch forcierter und konsequenter umsetzen.
Gemeinsam mit den Aktionärspartnern ist die SN Energie-Gruppe um die SN Energie AG bereits heute Betreiberin/Beteiligte zahlreicher Kleinwasserkraftwerke. Auch entwickelt die SN Energie AG über ihre 100%-Tochter HiQ Energy AG Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK) und ist schon seit einigen Jahren in der Windenergie – insbesondere im angrenzenden Ausland – engagiert, so etwa über eine 21.4%-Beteiligung an der Terravent AG. Um den Herausforderungen der „Energiewende“ und des Marktes zu begegnen, verfolgt die SN Energie weitere „erneuerbare Projekte“ mit Schwerpunkt Wasserkraft, aber auch Windprojekte (Beteiligungen) im angrenzenden Ausland. Windprojekten im Inland steht die Gesellschaft nach eigenen Angaben zwar aufgeschlossen, aber noch eher „abwartend“ gegenüber.
EWJR: attraktive Positionierung am Ende der Wertschöpfungskette
Entlang der Wertschöpfungskette in der Energie- und Stromwirtschaft in der Stadt Rapperswil-Jona deckt die EWJR die der Produktion und dem Handel nachgelagerten Bereiche Verteilung, Vertrieb und Dienstleistungen Haustechnik ab (siehe Grafik). Die EWJR sieht sich als „Energiedienstleistungsunternehmung“ mit dem Geschäftszweck einer leistungsfähigen, sicheren und wirtschaftlichen Energieversorgung im Versorgungsgebiet der Stadt Rapperswil-Jona.
Damit ist die EWJR selbst auch nicht den (Markt-)Risiken aus Produktion und Handel ausgesetzt, sondern übernimmt lediglich die sehr viel weniger volatilen, aber nicht minder herausfordernden Aufgaben am Ende der Wertschöpfungskette beim Endkunden. Produktion und Handel bieten – in Abhängigkeit vom herrschenden Marktumfeld – mehr unternehmerische Chancen, aber auch deutlich höhere Risiken, wie gerade die zurückliegenden Jahre gezeigt haben. Das untere Ende der Wertschöpfungskette steht, gerade in räumlich begrenzten Gebieten, dagegen – obwohl man sich zumindest teilweise im regulierten Bereich bewegt – für ein höheres Mass an Stabilität und auch für eine bessere Planbarkeit, wovon nicht nur die Kunden, sondern auch die Aktionäre schlussendlich profitieren. Gleichwohl kann sich auch ein Unternehmen wie die EWJR dem Marktdruck und den Herausforderungen gerade in den Bereichen Verteilnetze und Energievertrieb nicht entziehen. Die vollständige Strommarktöffnung, Revisionen Strom VG/Strom VV, neue Energieprodukte beim Kunden, aber auch die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen in zunehmend „intelligenten Netzen“ (Smart Grids) sind hier nur einige Schlagworte für Entwicklungen und Markttrends, mit denen die EWJR – je länger, desto mehr – konfrontiert ist.
EWJR plant weiteren Ausbau ihrer Energie-Dienstleistungen
Einen weiteren Ausbau ihres Dienstleistungsangebots mit teilweise neuen und innovativen Lösungen beabsichtigt die EWJR in angrenzenden Geschäftsfeldern, in denen sie schon heute tätig ist. Dazu zählen etwa die Bereiche Energieberatung, IT und Kommunikation, Haustechnik, Beleuchtungen, Instandhaltungen, EMobility-Ladestationen oder Photovoltaik-Anlagen. Das weitestgehend regulierte, aber stabile Kerngeschäft Verteilnetze steht heute und auch in Zukunft für den überwiegenden Ertragsanteil in der Erfolgsrechnung der EWJR. Das Wachstumspotenzial liegt hier um 1 bis 2% p.a. Dieses Wachstum speist sich etwa aus der Raumplanung für die Stadt Rapperswil Jona, die – primär aus Bautätigkeit – mit einem Bevölkerungswachstum von etwas mehr als 10% in den nächsten Jahren kalkuliert.
Die Bereiche Dienstleistungen, Liegenschaften und Finanzanlagen dürften mit innovativen Dienstleistungen rund um das Thema Energie einerseits sowie verschiedenen Projekten und Investitionen andererseits in den nächsten Jahren relativ an Bedeutung gewinnen. Im Rahmen des Investorenanlasses informierte die EWJR AG auch darüber, dass sich verschiedene Liegenschaftenprojekte vorteilhaft entwickeln und für stabile bzw. in den Folgejahren – mit der Fertigstellung weiterer Liegenschaften im Bau 2017 und 2018 – auch für künftig steigende Mieterträge sorgen dürften.
Generationswechsel in der Geschäftsleitung im Frühjahr 2017
Im kommenden Frühjahr 2017 steht bei der EWJR – da im Verwaltungsrat bereits eine Verjüngung stattgefunden hat – ein Generationswechsel auf Ebene der Geschäftsleitung an. Nach mehr als 25 Jahren an der Spitze des Unternehmens geht der amtierende Direktor Ernst Gossweiler in den verdienten Ruhestand. Gossweiler hat die EWJR in den zurückliegenden Jahrzehnten stark geprägt und ihm nicht nur nach aussen ein Gesicht gegeben. Mit Umsicht, Weitblick und auch Zuversicht steuerte er das Unternehmen durch jedes Fahrwasser. Gossweiler übergibt das Unternehmen im Frühjahr 2017 in einem sehr guten Zustand an seinen Nachfolger.
Anlässlich des Investorenanlasses Ende November 2016 stellte sich der designierte Nachfolger Michael Bätscher den anwesenden Investoren persönlich vor. Michael Bätscher ist seit mehr als 10 Jahren in der Axpo-Gruppe tätig, zuletzt als Leiter Kraftwerksgruppe Vorderrhein in der Axpo-Tochter Axpo Hydro Surselva AG. Die Axpo Hydro Surselva AG betreibt insgesamt acht Wasserkraftwerke im Vorderrheintal, an denen die Axpo eine Mehrheitsbeteiligung hält. Michael Bätscher ist auch Mitglied im Verwaltungsrat der Kraftwerke Zervreila AG (KWZ), an der die Axpo-Gruppe mit 21.6% beteiligt ist. Die KWZ ist Betreiberin eines der grössten Wasserkraftwerke der Schweiz. Grösster Aktionär der Kraftwerke Zervreila AG ist mit 28.8% wiederum die SN Energie AG. An dieser Stelle schliesst sich der Kreis – und wir verweisen auf den Beginn dieses Blog-Beitrags.
Die starke Verankerung der EWJR in der Stadt Rapperswil-Jona am Oberen Zürichsee schafft eine gute Grundlage für den weiteren Unternehmenserfolg in turbulenten Energiemarktzeiten. Die Auswirkungen der „Energiestrategie 2050“ sowie die allgemeinen Marktentwicklungen an den Energiemärkten haben aufgrund des dominanten Kerngeschäftes Verteilnetz und der tendenziell wachsenden Erträge aus Dienstleistungen, Liegenschaften und Finanzanlagen nur einen beschränkten Einfluss auf den Geschäftsgang der EWJR. Die Bilanz der EWJR ist grundsolide, und es ist davon auszugehen, dass die Gesellschaft – nicht zuletzt aufgrund ihrer stets sehr grosszügigen Abschreibungspolitik – über hohe, historisch gewachsene „stille Reserven“ verfügt.
Die Aktien der EWJR eignen sich insbesondere für wertorientierte Investoren mit einem langfristigen Anlagehorizont und einem Bezug zur Region Oberer Zürichsee. Anlässlich des Informationsanlasses bekannte sich die Verwaltung zu einer „konstanten, guten Dividendenrendite„. Vor diesem Hintergrund ist für das Geschäftsjahr 2016 mit einer zum Vorjahr mindestens stabilen Dividende zu rechnen. Bei einer Dividende von 200 CHF (2015) bieten die EWJR-Aktien auf Basis der zuletzt auf OTC-X bezahlten Kurse von 6’100 CHF eine attraktive Dividendenrendite um 3.3%.
Das Aktienkapital der bereits 1902 gegründeten Traditionsgesellschaft beträgt 750’000 CHF und ist eingeteilt in 15’000 Aktien à 50 CHF. An der Gesellschaft sind mehr als 1’300 Aktionäre – weit überwiegend aus der Region – beteiligt. Grösster Aktionär ist die Stadt Rapperswil-Jona mit einem Anteil um 20%. Zu beachten ist die zuletzt deutlich rückläufige Handelsliquidität in der Aktie. Die nächste Generalversammlung findet am 28. April 2017 statt.