Die Geschäftsergebnisse der Schweizer Regionalbanken fielen bisher eher unspektakulär aus. Obwohl die Zinsmargen unter Druck sind, können die vorwiegend vom Zinsdifferenzgeschäft lebenden Institute meist einen stabilen oder leicht höheren Jahresgewinn ausweisen. Die zur Liechtensteinischen Landesbank (LLB) gehörende Bank Linth reiht sich beinahe nahtlos in die Reihe der unspektakulären Ergebnisse ein: Der Geschäftsertrag in 2016 blieb mit 87 Mio. CHF stabil – das Zinsengeschäft steuerte mit 61.7 Mio. CHF um 2.9% mehr als im Vorjahr zum Ertrag bei, während die Erträge aus dem Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft mit 17.4 Mio. CHF (- 3.2%) rückläufig waren. Unter dem Strich verblieb ein Jahresgewinn von 20.1 Mio. CHF (- 1.9%). Auffällig ist allerdings der Rückgang des Geschäftserfolges um 16.7% auf nur noch 21.1 Mio. CHF. Hier wirkten sich die gestiegenen Geschäftsaufwendungen negativ aus. Neben höheren Ausgaben fürs Personal – die Bank Linth investiert im Gegensatz zu anderen Retailbanken in die persönliche Beratung – belasteten auch Um- und Neubauten einiger Filialen die Erfolgsrechnung. Verwaltungsratspräsident Ralph Peter Siegl bezeichnet die höheren Aufwendungen als Investitionen in die „konsequente Weiterentwicklung unseres Instituts zur Bank der Zukunft“. Mit einer Cost/Income-Ratio von 69.3% hat die Bank allerdings auch ein Kostenniveau erreicht, das für klassische Regionalbanken hoch ist.
Kooperationen als Modell für die Zukunft
Doch nicht nur der Umbau der Geschäftsstellen verursachte bei der Bank Linth höhere Kosten. Auch im operativen Geschäft ist das vorwiegend am oberen Zürichsee und der Linthregion tätige Bankhaus daran, neue Ideen für die „Bank der Zukunft“ zu entwickeln. Der Verwaltungsrat setzt dabei auch künftig auf persönliche Beratung sowie eine Kombinationen aus digitaler und persönlicher Beratung („hybride Beratung“) und zeigt sich offen für die Zusammenarbeit mit externen Partnern. Für CEO David Sarasin ist gerade der letzte Punkt eine Chance, das Bankgeschäft unter dem Einfluss neuer Ideen aus der Fintech-Szene weiterzuentwickeln. Zu den Partnern der Bank Linth gehören die Crowdlending-Plattform swisspeers.ch, das Factoringunternehmen Advanon und die im Investitionsgüterleasing tätige IG Leasing. Während es sich bei Swisspeers und Advanon um sogenannte „Fintech-Start-ups“ handelt, ist die IG Leasing ein etabliertes Leasingunternehmen, das sich heute im Besitz der Regiobank Solothurn und der WIR Bank befindet. „Wir müssen nicht alles selber machen“, erklärt Sarasin die Kooperationsstrategie und erläutert am Beispiel von Swisspeers, wie eine solche Kooperation aussehen werde. So könne der Firmenkundenberater der Bank Linth, der einem KMU aufgrund interner Restriktionen der Bank keinen Kredit für neue Maschinen oder die Eröffnung einer neuen Niederlassung gewähren dürfe, diesen auf Swisspeers aufmerksam machen und ihn bei der Beantragung eines Peer-to-peer-Kredits sogar unterstützen. „Wir müssen diesen Kunden dann nicht wegschicken, sondern können ihm weiterhelfen“, so Sarasin. Das stärke die langfristige Beziehung zu dem Kunden.
„Innovation Lab“ soll neue Ideen generieren
Doch diese Kooperationen stellen nur eine Massnahme dar, mit der sich die Bank Linth Zukunftsthemen widmet. Eine andere ist das „Innovation Lab“, das die Bank erst kürzlich eingeführt hat. Dieses Innovationslabor setzt sich aus Mitgliedern der Gruppenleitung, des Verwaltungsrates, ausgewählten Mitarbeitern sowie wechselnden externen Personen zusammen, welche nicht direkt mit dem Bankgeschäft zu tun haben. In dem Gremium würden sämtliche Bereiche der Wertschöpfungskette der Bank unter die Lupe genommen und diskutiert. „Ziel ist es, so neue Ideen und Tätigkeitsfelder zu identifizieren“, erklärt David Sarasin. Es sei in Zukunft auch denkbar, dass die Bank Linth einzelne Kompetenzen Dritten anbiete – losgelöst von ihren klassischen Produkten und Dienstleistungen. Exemplarisch nennt er hier die Risikoeinschätzungskompetenz der Bank. „Wenn wir im Jahr zwei Testballons starten können, wären wir zufrieden“, so der CEO. Allerdings betont er auch, dass sich das ganze Projekt „noch in den Kinderschuhen“ befindet.
LLB steht hinter den Projekten
Der Geschäftsleitung und dem Verwaltungsrat der Bank Linth ist bewusst, dass sich solche Initiativen und Massnahmen nicht auf die Schnelle rechnen werden. Für die Dauer der Investitionsphase hat die Bank Linth daher das Zielband für die Cost/Income-Ratio auf 65 gesetzt. Damit gibt der Hauptaktionär der Bank Linth Spielraum für die Weiterentwicklung des Retailbankengeschäfts in der Schweiz, von dem mittelfristig auch die LLB profitieren kann. Denn klar ist, dass das klassische Zinsengeschäft, das heute noch 71% zu den Gesamterträgen beisteuert, auch in den nächsten Jahren weiterhin die tragende Säule für die Erträge der Regionalbank bleiben wird.
Die Bank Linth hat in der aktuellen Transformationsphase, in der sich die Finanzindustrie befindet, einen mutigen Entscheid gefällt. Statt primär Kosten zu sparen, setzt sie auf Innovationen von innen und aussen sowie die Beratungskompetenz ihrer Mitarbeiter. Begrüssenswert daran ist, dass auch die LLB-Gruppe als Hauptaktionär hinter dieser Strategie steht und auf die Gewinnoptimierung zugunsten höherer Ausschüttungen verzichtet. Denn mit den aktuellen Geschäftszahlen kann die Bank Linth nicht unbedingt punkten. Die CIR ist mit über 60% für eine Regionalbank hoch. Das Wachstumspotenzial ist auf die Region begrenzt – auch wenn die Hypothekarforderungen in 2016 nochmals um 4.8% gesteigert werden konnten. Auch im indifferenten Geschäft lief es 2016 nicht mehr ganz so gut wie im Vorjahr, obwohl die Bank Linth die Summe der verwalteten Vermögen um 5.6% auf 6.8 Mrd. CHF steigern konnte. Mit ihren Zukunftsprojekten setzt die Bank daher am richtigen Punkt an, auch wenn diese nicht sofort einen positiven Effekt auf die Ertragsseite haben werden. Die Offenheit gegenüber Kooperationen zeigt zudem, dass Banken in Zukunft möglicherweise nicht alle Elemente der Wertschöpfungskette selber abdecken, ja vielleicht noch nicht einmal beherrschen müssen. Als entscheidender Punkt könnte sich am Ende der Kontakt zum Kunden – ob persönlich oder digital – und die hohe Beratungskompetenz herausstellen.
Nüchtern nach den Kennzahlen des Geschäftsjahres 2016 beurteilt erscheint die an der SIX kotierte Aktie bei Kursen um die 537.50 CHF mit einem KGV auf Basis des Geschäftserfolgs von 20 und einer Dividendenrendite von 1.5% nicht günstig bewertet. Wir bleiben daher bei unserer Einschätzung, dass die Aktie auf diesem Niveau vor allen Dingen für Investoren geeignet ist, die auch einen Bezug zur Bank haben. Für andere Investoren dürfte es sich allerdings lohnen, die Bank Linth genauer zu beobachten. Vielleicht ergeben sich im Rahmen der Zukunftsstrategie neue Perspektiven, die ein Investment interessant machen. Für Investoren interessanter dürfte zum jetzigen Zeitpunkt die Aktie der LLB-Gruppe sein (siehe auch Blog-Beitrag vom 25. Januar 2017), auch wenn diese binnen Jahresfrist bereits sehr gut gelaufen ist.
Hinweis in eigener Sache: Am 13. Juni 2017 findet der 4. Branchentalk Regionalbanken ab 15.30 Uhr in Bern statt. Im Fokus stehen „Geschäftsmodelle in der Transformation“. Weitere Informationen unter schweizeraktien.net/branchentalk.