In Basel beginnt eine neue Ära: Nach 90 Jahren unter dem Namen Bank Coop wechselt das 1927 als „Genossenschaftliche Zentralbank“ gegründete Geldhaus per 20. Mai seine Namen in Bank Cler. Die Besitzverhältnisse ändern sich ebenfalls. Die Coop-Gruppe hat ihren 10.4%-Anteil an der Bank Coop für 78 Mio. CHF (oder 44.45 CHF je Aktie) an die Basler Kantonalbank verkauft, die seit 1999 Mehrheitsaktionärin ist. CEO Hanspeter Ackermann möchte der Bank ein neues Markenimage verpassen und vor allem die Digitalisierung im Banking nutzen, um zu wachsen und effizienter zu werden. Die dafür benötigten Investitionen belasteten allerdings die Kostenseite der Bank in 2017 und 2018, so Ackermann im Gespräch mit schweizeraktien.net. Ab 2019 werde das Ergebnis jedoch spürbar entlastet. Im Geschäftsjahr 2016 erzielte die Bank Coop mit einer Bilanzsumme von fast 17 Mrd. CHF einen Geschäftsertrag von 245.4 Mio. CHF (+ 0.8%). Unter dem Strich verblieb ein Jahresgewinn von 44.7 Mio. CHF. Die Aktionäre sollen an der Generalversammlung am 20. April einer gleichbleibenden Ausschüttung in Höhe von 1.80 CHF je Aktie zustimmen.
Herr Ackermann, Sie haben angekündigt, dass die Bank Coop ab dem 20. Mai in Bank Cler umfirmiert wird. Wie haben Ihre Kunden darauf reagiert?
Ich möchte die Frage gerne erweitern und erklären, wie unsere Kunden und Mitarbeitenden reagiert haben. Denn auch bei den Mitarbeitenden unserer Bank ist der Namenswechsel sehr gut aufgenommen worden. Allerdings waren sie frühzeitig informiert und wurden in das Projekt, das schon 18 Monate dauerte, miteinbezogen. Sie freuen sich nun über den frischen Wind innerhalb der Bank. Viele Kundinnen und Kunden empfinden die Loslösung vom Einzelhandels-Image als positiv. Für viele ist das Wichtigste, dass ihr Kundenberater der gleiche bleibt. Natürlich gab es auch Reaktionen zur Beziehung mit Coop. Viele haben gar nicht gewusst, dass die Bank Coop schon seit vielen Jahren gar nicht mehr zu Coop gehört. Dass die gemeinsame Partnerschaft weitergeführt wird, zeigt jedoch, dass wir auch zukünftig eng miteinander verbunden bleiben.
Durch den Namenswechsel und die Neupositionierung werfen Sie auch eine 90-jährige Geschichte über Bord, die vom Genossenschaftsmodell geprägt war. Rechnen Sie damit, dass die Kunden der Bank nun den Rücken kehren werden, und wie gross könnte dieser Anteil sein?
Wir sind 90 Jahre unter der Flagge Coop gesegelt, obwohl wir schon lange keine Bank mehr von Coop waren. Auf diese langjährige Tradition sind wir stolz, und sie ist ein wichtiger Grundstein unserer Zukunft. Gerade weil gewisse Themen, wie zum Beispiel gesellschaftliche Verantwortung, auch zukünftig einen hohen Stellenwert bei uns haben. Die Neupositionierung gibt uns nun die Chance für einen eigenständigen Markenauftritt. Die Bank Cler wird zwar die «jüngste Bank der Schweiz», aber sie bleibt eine Bank mit sehr guten Beziehungen zur Coop-Gruppe, zu Wohnbaugenossenschaften, zu Familien und zu kleinen Unternehmen. Diese Zielgruppem haben immer eine wichtige Rolle gespielt und werden das auch in Zukunft tun.
Wie genau sieht Ihre Kundenstruktur derzeit aus, und gibt es neue Kundengruppen, auf die Sie abzielen, die bisher nicht im Fokus der Bank Coop waren?
Der Grossteil unserer Privatkunden befindet sich in der mittleren Altersklasse. Grundsätzlich wollen wir in Zukunft für alle Kundengruppe da sein – von der Geburt bis ins hohe Alter. Mit unserer Strategie und unserem erweiterten digitalen Angebot möchten wir noch mehr junge Kunden begeistern. Wir betreuen zahlreiche Firmenkunden, darunter auch viele Kleinunternehmen. Auch im institutionellen Geschäft sind wir vertreten. Mit dem neuen Auftritt wollen wir in allen Kundengruppen vermehrt zur Hauptbank werden.
Sie haben angekündigt, mit der Bank Cler wachsen zu wollen. Die Schweiz ist im Retailbanking «overbanked». Wie sieht hier Ihre Wachstumsstrategie aus?
Die Ränge im Retailbanking in der Schweiz sind tatsächlich eng besetzt. Aber wir sehen gleichwohl viel Potenzial für die Bank Cler, welche die Bankgeschäfte für Kunden unkompliziert und verständlich machen will. Ich glaube sehr stark an Ehrlichkeit, Offenheit und Transparenz – auch im Banking. Deshalb haben wir eine klare Zielsetzung genannt: Die Bank Cler will die zufriedensten Kunden und auch die zufriedensten Mitarbeiter haben.
Aber wie wollen Sie konkret wachsen?
Die Bank Coop möchte ihren Marktanteil substanziell erhöhen. Hier haben wir grosses Potenzial im Anlagebereich, aber auch bei den sogenannten Mono-User-Kunden. Diese Kunden nutzen seit vielen Jahren ein spezifisches Produkt der Bank Coop, wie beispielweise das Sparkonto plus. Wir können diesen Kunden auch noch andere Produkte und Dienstleistungen aus unserem Haus anbieten. Wichtig sind auch die neuen digitalen Möglichkeiten. Unterstützt werden diese Massnahmen durch Investitionen in neue Geschäftsstellen und den Aussenauftritt.
Das Hypothekargeschäft bleibt insgesamt schwierig: sinkende Zinsen, geringere Margen, hohe Restriktionen bei der Vergabe von Hypotheken. Auch die Bank Coop ist 2016 nur mit 2% gewachsen. Wie wollen Sie es schaffen, schneller als der Markt zu wachsen?
Für die Bank Coop ist ein gesundes, kontinuierliches Wachstum ohne unnötige Risiken zentral. Wir haben strenge Vergaberichtlinien und gehen keine Kompromisse ein. Ausserdem ist uns eine faire Marge wichtig, um unser Geschäft rentabel betreiben zu können. Erst an dritter Stelle steht das Volumenwachstum. Daher sind wir im letzten Jahr nur mit 2% gewachsen. Wenn wir sagen, dass wir über dem Markt wachsen wollen, dann bezieht sich das auf den Ausbau der bestehenden Kundenbeziehungen und die Gewinnung von Neukunden.
Viele Banken setzen aus Gründen der Diversifikation auf das indifferente Geschäft. Die Bank Coop erzielt heute schon mit 27% fast einen Drittel der Erträge mit der Vermögenverwaltung und dem Handel. Wo sehen Sie hier noch Steigerungsmöglichkeiten?
Die Bank Cler wird sich noch stärker als kompetente Anlagebank positionieren. Für uns sind dabei auch Kunden mit kleineren Vermögen wichtig. Denn unsere Anlagelösung erlaubt schon ab 10‘000 CHF eine professionelle Vermögensverwaltung. Bereits in den ersten drei Monaten seit der Lancierung haben Kunden 80 Mio. CHF in diese Anlagelösung investiert, die Fondsanteile enthält. Die Titel werden aktiv durch unsere Experten nach einem Best-in-class-Ansatz ausgewählt
Bisher war die Bank Coop vor allem auch für nachhaltige Anlageprodukte bekannt. Ist dies auch eine Stossrichtung der Bank Cler?
Nachhaltigkeit bleibt ein wichtiger Pfeiler in der Geschäftspolitik der Bank Cler. Gesellschaftliche Verantwortung, welche im Thema Nachhaltigkeit integriert ist, ist auch ein Pfeiler in unserem dreiteiligen Leistungsversprechen. Im Frühsommer wird ausserdem noch eine neue nachhaltige Anlagelösung auf den Markt kommen.
Wie wichtig ist die Zusammenarbeit mit Coop, und was wird sich daran ändern? Werden der Bank Cler hier zusätzliche Kosten entstehen?
Die Bank Cler ist mit der Coop-Gruppe in einer strategischen Partnerschaft eng verbunden, auch wenn der Name Coop nicht mehr im Namen unserer Bank erscheint. Das Angebot in Zusammenarbeit mit Coop bleibt in gleichem Mass bestehen. Die Bank Cler ist exklusiver Bankpartner des Supercard Programms von Coop. Und wir bewirtschaften auch weiterhin Bancomaten in Coop Supermärkten. Zusätzliche Kosten entstehen der Bank Cler keine.
Sie haben ein Investitionsprogramm im digitalen Bereich angekündigt. Wo werden Sie genau investieren, und wie hoch werden die Investitionen sein?
Wir verfügen heute über 32 Geschäftsstellen und wollen mit der 33. Geschäftsstelle, unserer digitalen Geschäftsstelle, wachsen. In der digitalen Geschäftsstelle können Neukunden in wenigen Minuten ein Konto eröffnen oder eine Kreditkarte beantragen, Anlegerinnen und Anleger ihr Anlageprofil ermitteln und in eine der Anlagelösungen investieren. Kundenberater stehen online für Beratungsgespräche bereit – in einer ersten Phase über Chatfunktionen und später auch über Video. Konkrete Zahlen zu der Investitionssumme möchten wir aus Wettbewerbsgründen jedoch keine nennen. Die 32 physischen Geschäftsstellen werden wir zu Begegnungsorten umbauen, wo wir für unsere Kunden auch Ausbildungen anbieten werden.
Welche Auswirkungen wird das Investitionsprogramm im laufenden und in den kommenden drei Jahren auf die Erfolgsrechnung haben?
Die Bank Cler wird die Investitionen aus eigener Kraft und aus den laufenden Erträgen finanzieren. Die bedeutendsten Investitionen werden in den Jahren 2017 und 2018 in der Erfolgsrechnung sichtbar und werden die Cost/Income-Ratio belasten. Ab 2019 erwarten wir eine wesentliche Verbesserung der finanziellen Eckwerte.
Wie ist die Zusammenarbeit mit der BKB geregelt?
Die Bank Cler ist, wie bereits die Bank Coop, eng mit der BKB verbunden und nutzt die Synergien, die sich aus der Zusammenarbeit mit der starken Mehrheitsaktionärin ergeben.
Welche Bedeutung haben die rund 25% Kleinaktionäre noch für die künftige Bank Cler?
Der Free-float bleibt ja unverändert. Die Bank Cler pflegt die Kleinaktionäre weiterhin intensiv, unter anderem mit einer attraktiven Dividendenpolitik und mit einer Generalversammlung, die auch ein wichtiges gesellschaftliches Ereignis ist.
Bitte geben Sie noch einen kurzen Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr 2017.
Wie bereits an der Bilanzmedienkonferenz am 8. Februar kommuniziert, gehen wir davon aus, dass die Zinswende 2017 ausbleibt und das Umfeld im Kerngeschäft anspruchsvoll bleibt. Davon unabhängig werden wir weiter in die physischen und digitalen Kundenkanäle investieren. Die Investitionen und das Negativzinsumfeld stellen für uns weiterhin grosse Herausforderungen dar.
Die Aktien der Bank Coop werden an der SIX Swiss Exchange gehandelt. Am 12. April wurden 45.60 CHF für eine Aktie gezahlt.
Hinweis in eigener Sache: Am 13. Juni 2017 findet der 4. Branchentalk Regionalbanken ab 15.30 Uhr in Bern statt. Im Fokus stehen „Geschäftsmodelle in der Transformation“. Hanspeter Ackermann wird im Rahmen des Veranstaltung über den Wechsel von der Bank Coop zur Bank Cler referieren. Weitere Informationen unter schweizeraktien.net/branchentalk.