Erstmals seit Jahren ist der Abwärtstrend in der Geschäftsentwicklung bei den Schweizer Casino-Gesellschaften gebrochen. 2016 stiegen die Bruttospielerträge (BSE) der Schweizer Casinos laut einer Mitteilung des Schweizer Casino Verbands (SCV) um immerhin 1.2% auf 689 Mio. CHF. Die Entwicklung der einzelnen Casinos verlief jedoch, wie in den Vorjahren, recht unterschiedlich.
Zwar sind 1.2% Wachstum bestimmt kein Grund zum Jubeln, dennoch ist die leichte Steigerung ein Signal, das in der Branche in den vergangenen Jahren vergeblich erwartet worden war. Seit 2007, dem besten Jahr der Spielbanken, sind die Bruttospielerträge laut SCV-Medienmitteilung um 33% gefallen. Der SCV spricht gleichwohl nur von einer „Stabilisierung“.
Trendwende in 2016?
Auch die Eintritte sind 2016 wieder leicht von 4.7 Mio. auf 4.8 Mio. angestiegen. Die Anzahl der Spieltische stieg um 2.8% auf 254, die der Geldspielautomaten um 1.4% auf 4’482. Die Anzahl der Casinos blieb mit 21 unverändert, ebenso die Anzahl der Vollzeitstellen mit 2’024. In der Gesamtbetrachtung konnten 12 Casinos leichte Umsatzzuwächse verbuchen, neun hatten leichte Rückgänge zu verkraften.
Die Spielbankenabgaben an AHV und Kantone beliefen sich 2016 auf 323 Mio. CHF, eine Steigerung um 1.1% zu 2015. Der SCV weist in seinem Jahresbericht darauf hin, dass die Verbandsmitglieder somit im Zeitraum 2004 bis 2016 insgesamt 5.7 Mrd. CHF für das Gemeinwohl in der Schweiz beigesteuert haben.
Unfairer Wettbewerb durch unregulierte ausländische Online-Anbieter
Das ist ein wichtiger Punkt, den die Interessenvertretung der Branche zu Recht hervorhebt, verbunden mit der Forderung, Zugangssperren für ausländische Anbieter von Online-Casinos einzurichten. Nach Schätzungen des Verbandes fliessen pro Jahr rund 250 Mio. CHF von Schweizer Spielern über die Grenzen. Während das Spielen in ausländischen Online-Casinos für Schweizer Staatsbürger nicht strafbewehrt ist, stellen die gezielten Angebote der Betreiber aus dem benachbarten Ausland einen nach Schweizer Recht illegalen Akt dar. Allerdings können Sanktionen im Ausland nicht durchgesetzt werden.
Neues Geldspielgesetz in der parlamentarischen Beratung
Die Forderung nach Zugangssperren ist wohl fundiert, denn auch Frankreich, Italien, Belgien und Dänemark haben solche installiert. Die Frage ist für die Schweiz noch nicht letztendlich entschieden. 2016 hatte der Ständerat das neue Geldspielgesetz behandelt und auch die Standpunkte der Unternehmen und des SCV zur Kenntnis genommen. Nach Ansicht der Casino-Lobby tragen die ausländischen Online-Anbieter nichts zum Gemeinwohl in der Schweiz bei, weil sie keine Abgaben entrichten, noch setzen sie die Präventionsmassnahmen um, die sich in der Schweiz nach allgemeinem Konsens zum Schutz vor Spielsucht bewährt haben. Aktuell liegt der Gesetzesentwurf zum neuen Geldspielgesetz dem Nationalrat zur parlamentarischen Beratung vor.
Weitere wichtige Punkte sind, dass die konzessionierten Schweizer Spielbanken zukünftig auch Online-Angebote machen wollen, was bislang verboten ist, sowie Geschicklichkeitsspiele organisieren. Zudem fordern die Casino-Gesellschaften, auch Lotterien und Sportwetten im Auftrag von Swisslos und Loterie Romande verkaufen zu können.
Konkurrenz durch illegale Spielclubs
Die permanenten Rückgänge bei Umsätzen und Besucherzahlen seit 2008 sind bedingt durch die höhere Wettbewerbsintensität in Folge struktureller Änderungen wie dem explosiven Wachstum digitaler Glücksspielangebote in den letzten 10 Jahren. Weitere geschätzte 150 Mio. CHF p.a. fliessen in der Schweiz in illegale Spielclubs, die von organisierten Banden betrieben werden. Das Phänomen hat nach Einschätzung des SCV in den letzten Jahren beträchtlich an Intensität gewonnen.
Frankenstärke fordert Tribut
Schliesslich ist, laut SCV, durch die fortgesetzte Frankenstärke eine regelrechte Casino-Infrastruktur jenseits der Schweizer Grenze in allen direkten Nachbarländern entstanden. Hierdurch würden mindestens weitere 100 Mio. CHF aus der Schweiz ins Ausland abfliessen.
Zusammenfassend werden durch die strenge Schweizer Regulierung laut SCV die heimischen Casinos einem verzerrten Wettbewerb unterworfen, da die drei neu entstandenen Konkurrenzgruppen weniger oder gar nicht reguliert sind. Die Branche erwartet daher das neue Geldspielgesetz, das frühestens ab Januar 2019 in Kraft treten wird, mit hohen Hoffnungen, zumindest jedoch, dass die Spiesse wieder auf gleiche Länge gebracht werden.
Ungleiche Spiesse verzerren Wettbewerb
Zur Untermauerung der Thesen hat der SCV die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO mit einer unabhängigen Untersuchung von 20 Online-Casinos beauftragt. Von diesen werben acht offen Schweizer Spieler an, obwohl verboten. Bei 15 Anbietern konnte mit Schweizer Adresse und Kreditkarte ein Konto eröffnet werden, obwohl verboten. Und 11 Anbieter versichern auf Anfrage wahrheitswidrig, dass ihr Angebot in der Schweiz legal sei.
Der Verband weist auch auf Artikel 106 der Bundesverfassung hin, der verlangt, dass die Konsumenten vor den Gefahren des Glücksspiels geschützt werden müssen, und sagt, dass dies nur die konzessionierten Casino-Gesellschaften in der Schweiz erfüllen können, nicht jedoch die unregulierten Konkurrenten.
Die Gewinner und Verlierer in 2016
Bei der Betrachtung der 21 Casinos zeigt sich eine Fortsetzung des Trends aus den letzten Jahren, bei dem insbesondere Spielbanken in Grenznähe Umsatzeinbussen erleiden. Schaffhausen verlor 2016 um deutliche 6.1% und Basel 1.8%. Zu den Gewinnern zählten dagegen Zürich mit 5.5% Umsatzzuwachs sowie Bad Ragaz und Interlaken mit je 5.3%. Umsatzstärkstes Casino blieb auch 2016 Montreux mit 74.1 Mio. CHF, der Bruttospielertrag hatte um 2% zugelegt. Dies, obwohl auch das Casino Montreux als grenznahes Casino bezeichnet werden könnte.
Umsatzschwächstes Casino war das zur Stadtcasino Baden-Gruppe gehörende Davos mit 2.1 Mio. CHF, wobei dies eine Steigerung um 7.4% repräsentiert, nach jahrelangen signifikanten Rückgängen. Das Grand Casino in Baden verlor hingegen um 3.6% an BSE und büsste in der Rangliste der Schweizer Casinos gegenüber Zürich seinen 2. Platz ein. Sehr erfreulich gestaltet sich die Situation für die Kongress+Kursaal Bern AG (KKB): In Bern selbst erwirtschaftete das Grand Casino, an dem die KKB mit 55% beteiligt ist, mit knapp 50 Mio. CHF einen um 1% höheren BSE. Der grosse Gewinner ist hingegen das Casino in Neuenburg mit einem Plus von 7% auf 23.6 Mio. CHF. Hier ist die KKB mit 98% beteiligt.
Die Aktien der Casino- und Kursaalgesellschaften von Baden (Stadtcasino Baden AG), Bad Ragaz (Grand Resort Bad Ragaz AG), Bern (Kongress+Kursaal Bern AG), Luzern (Kursaal Casino AG Luzern), Interlaken (Congress Centre Kursaal Interlaken AG) und Montreux (Casino de Montreux SA) werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Mit Ausnahme der Congress Centre Kursaal Interlaken AG, dem Casino de Montreux und der Grand Resort Bad Ragaz-Gruppe haben die Gesellschaften ihre konsolidierten Jahresabschlüsse bisher noch nicht publiziert.
Es ist allerdings zu erwarten, dass die Kongress+Kursaal Bern AG von der guten Entwicklung in Neuenburg profitiert hat und sich allein durch die Konsolidierung des Casinos Neuenburg in der Konzernrechnung ein Gewinnsprung ergeben dürfte. Die Stadtcasino Baden ist 2016 trotz des empfindlichen Rückgangs beim BSE wieder in die Gewinnzone zurückgekehrt und kann einen Gewinn von 2.1 Mio. CHF ausweisen. Zudem soll die Dividende auf 20 CHF erhöht werden, so dass die Dividendenrendite bei Kursen um die 460 CHF rund 4.3% beträgt. Von der Kursaal-Casino AG Luzern wird in der kommenden Woche die Publikation des Jahresabschlusses erwartet. Angesichts der Stagnation im Casino dürfte es gegenüber den Vorjahreszahlen keine grossen Abweichungen geben. Auch dürfte der Verwaltungsrat an der Auszahlung der bisherigen Dividende in Höhe von 12 CHF je Aktie (Rendite 3.3% bei Kursen von 358 CHF je Namenaktie) festhalten.
Rangliste Schweizer Spielcasinos 2016
Rang (VJ) | Casino | BSE 2015 | BSE 2016 | in % |
1 (1) | Montreux (A) | 72’634’862 | 74’104’924 | 2.0% |
2 (4) | Zürich (A) | 63’907’912 | 67’437’297 | 5.5% |
3 (2) | Baden (A) | 61’781’563 | 59’576’861 | -3.6% |
4 (3) | Basel (A) | 60’080’594 | 59’024’782 | -1.8% |
5 (5) | Meyrin (B) | 56’749’319 | 58’548’044 | 3.2% |
6 (6) | Mendrisio (B) | 47’359’682 | 50’922’896 | 7.5% |
7 (7) | Bern (A) | 49’509’468 | 49’994’237 | 1.0% |
8 (9) | Luzern (A) | 35’959’100 | 35’969’105 | 0.0% |
9 (8) | Lugano (A) | 33’611’461 | 34’128’956 | 1.5% |
10 (10) | St. Gallen (A) | 31’306’229 | 32’398’312 | 3.5% |
11 (11) | Pfäffikon (B) | 27’054’252 | 26’092’557 | -3.6% |
12 (13) | Neuenburg (B) | 22’040’252 | 23’604’261 | 7.1% |
13 (14) | Bad Ragaz (B) | 21’068’014 | 22’191’216 | 5.3% |
14 (12) | Locarno (B) | 21’415’044 | 20’250’666 | -5.4% |
15 (15) | Fribourg (B) | 19’605’843 | 19’306’754 | -1.5% |
16 (17) | Crans-Montana (B) | 14’791’098 | 14’473’871 | -2.1% |
17 (16) | Courrendlin (B) | 14’835’350 | 14’135’655 | -4.7% |
18 (19) | Interlaken (B) | 10’882’191 | 11’462’483 | 5.3% |
19 (18) | Schaffhausen (B) | 11’449’850 | 10’820’044 | -5.5% |
20 (21) | St. Moritz (B) | 2’841’101 | 2’781’520 | -2.1% |
21 (20) | Davos (B) | 1’990’910 | 2’141’355 | 7.6% |
TOTAL | 680’874’095 | 689’365’796 | 1.2% | |
* A, B=A- und B-Konzession | ||||
Quelle: eigene Darstellung schweizeraktien.net, Zahlen: SCV |