Molecular Partners: Ein smartes Investment – nicht nur für Milliardär Hansjörg Wyss

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Nach dem Börsengang im November 2014 hatte die Aktie des Schweizer Biotech-Unternehmens Molecular Partners erst gute Zeiten, dann jedoch schlechte durchlaufen. Als am 11. April 2017 bekannt wurde, dass sich der Milliardär Hansjörg Wyss mit 9.85% beteiligt hatte, wurde die Aktie dann wieder wachgeküsst. Der vielzitierte „Wyss-Effekt“ liess die Aktie in der Folge um gut 30% anspringen. Nach einer Welle von Gewinnmitnahmen ist die Molecular-Partners-Aktie jetzt wieder auf etwas attraktiverem Einstiegsniveau.

Trotz des jüngsten Kursanstiegs ist der aktuelle Kurs von 28 CHF deshalb attraktiv, weil er nur unwesentlich über den 25 CHF liegt, die am ersten Handelstag an der SIX Swiss Exchange  im November 2014 bezahlt wurden. Die Börsenbewertung auf dieser Kursbasis entsprach 482 Mio. CHF. Zwischen April 2015 und April 2016 handelte die Aktie dann bei über 30 CHF, das Hoch lag bei 38,75 CHF.

Die Beteiligung von Hansjörg Wyss am Unternehmen ist in der Aktienkursentwicklung deutlich erkennbar. Chart: SIX iD

Wenig News-Flow
Ab Oktober 2016 tauchte die Aktie jedoch ab, sogar unter die 20-CHF-Marke. Das Problem bei börsenkotierten Biotech-Unternehmen, die noch keine Produkte am Markt haben, ist oft, dass sie über Monate und sogar Jahre nur Verluste ausweisen und abgesehen von Personalien nur über den Fortgang ihrer präklinischen und klinischen Studienreihen berichten können. Das sind jedoch keine typischen Pressemitteilungen, die für jedermann leicht verständlich sind, sondern sehr wissenschaftliche Berichte, deren Relevanz meist nicht so ohne Weiteres nachvollziehbar ist, zumindest für Nicht-Mediziner – also fast alle Marktteilnehmer.

Unter der Wahrnehmungsschwelle
Biotech-Aktien führen daher oft, zu Unrecht oder nicht, ein Mauerblümchendasein an der Börse. Abwechslung im Kursverlauf bringen Zulassungen für Wettbewerber, die ähnliche Technologien einsetzen oder in gleichen Indikationsgebieten aktiv sind. Dann fällt der Blick der spezialisierten institutionellen Investoren und Fachmedien auf Marktpotenziale und erwartete Marktanteile. Und mit den erteilten Zulassungen gibt es auch recht verlässliche Timelines zum Diskontieren zukünftiger Cashflows. Umgekehrt lassen schlechte Studienergebnisse schnell Zweifel aufkommen, und Aktien von gleichartig eingestuften Unternehmen fallen nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren.

Gründung 2004 – Börsengang 2014
Molecular Partners war 2004 von Forschern an der ETH Zürich gegründet worden zur Kommerzialisierung der ermutigenden Forschungsergebnisse. Die selbst entwickelte Technologie, die auf molekularer Ebene ansetzt, haben die Gründer DARPin Technologie genannt. Die Bezeichnung ist markenrechtlich geschützt.

Heilung durch Verständnis molekularer Vorgänge
Die DARPin Therapie setzt da an, wo monoklonale Antikörper und andere protein-basierte Therapien an Grenzen stossen. Die Forschungen des späteren Gründerteams von Molecular Partners an der ETH Zürich hatten eine neue Klasse therapeutisch vielversprechender kleiner Proteinagenzien identifiziert, die dann DARPin genannt wurden. Während bisherige therapeutische Ansätze auf den jeweils als primär eingestuften spezifischen Krankheits-Pfad im Körper abzielen, verbindet die innovative DARPin-Technologie multiple Wirkungsweisen, die bessere Chancen im Kampf gegen komplexe Krankheiten versprechen. So zeichnen sich Krebserkrankungen durch die gleichzeitige oder aufeinanderfolgende Störung und Zerstörung verschiedener Krankheits-Pfade im Körper aus, etwa Blutkreislauf, Stoffwechsel, Immunsystem. Mit der DARPin-Technologie können zahlreiche massgeschneiderte sehr kleine Proteine so kombiniert werden, dass die jeweilige Krankheit gleichzeitig von allen Seiten bekämpft wird.

Patientennutzen: Schutz vor Erblindung
Die ersten Produkte von Molecular Partners zielen auf Makuladegeneration ab, sowohl die altersbedingte als auch die mit Diabetes einhergehende Form. In den entwickelten Ländern ist es mit 32% die Hauptursache von Neuerblindungen. Weltweit sind 30 Mio. Menschen betroffen, jährlich kommen eine halbe Million neue Fälle dazu.

Partnerschaft mit Allergan
Im Bereich Augenheilkunde kooperiert Molecular Partners mit dem amerikanischen Weltmarktführer Allergan. Insgesamt vier Projekte sind in der Pipeline, darunter das am weitesten entwickelte, „Abicipar“ genannt, gegen altersbedingte feuchte Makuladegeneration (wet AMD). Das sind 80% aller Fälle. Die Phase-III-Studie wurde im Juli 2015 begonnen. Mit der Zulassung durch die FDA ist frühestens 2020 zu rechnen. Für die Formulierung gegen die diabetische Form (DME) ist eine Phase-III-Studie in Planung.

Cashflows aus Produkt 1
Entsprechend der Rahmenvereinbarung mit Allergan bekommt Molecular Partners 10% bis 15% der Umsatzerträge als jährliches Royalty Payment sowie beim Erreichen definierter Meilensteine Zahlungen von 360 Mio. USD. Das Marktvolumen für „Abicipar“ bei altersbedingter Makuladegeneration wird auf 1 Mrd. USD bis 3,5 Mrd. USD jährlich geschätzt. Somit werden Molecular Partners voraussichtlich bis zum Jahr der Markteinführung, 2021 oder 2022, rund 500 Mio. USD zufliessen und danach ansteigend bis zu potenziell 500 Mio. USD p.a. Immer vorausgesetzt, dass auch die letzten Hürden bis zur FDA-Zulassung noch genommen werden! Bis dahin werden Impulse für die Aktie von den verschiedenen Studienreihen und der Bekanntgabe der Ergebnisse kommen. Mit 180 Mio. CHF Cash ist das Unternehmen auf absehbare Zeit durchfinanziert.

Weitere Kandidaten in der Entwicklungs-Pipeline
Molecular Partners hat weitere sechs Projekte aus den Bereichen Onkologie und Immunologie in der Pipeline, die bislang ohne Partner in Eigenregie verfolgt werden. Hier ist ein Projekt in der frühen Phase II, ein weiteres beim Start in Phase I. Je weiterentwickelt, umso besser ist die Verhandlungsposition beim späteren Auslizenzieren. Die Royalties können auch 20% ausmachen oder mehr.

Minimale Research-Abdeckung
Eine breite Research-Abdeckung zu Molecular Partners gibt es leider nicht. Lediglich S.G. Cowen in New York und J.P. Morgan in London decken die Aktie ab. Kursziele sind einmal 25 CHF und einmal 50 CHF, entsprechend Hold- und Buy-Rating. Die Studien sind nur für institutionelle Anleger und Kunden zugänglich.

Das Wyss-Engagement
Das Engagement des erfolgreichen Life-Sciences-Investors Hansjörg Wyss ist daher für Kleinanleger ein Glücksfall. Zwar können auch Milliardäre falsche Entscheidungen treffen, dennoch ist das Engagement auf einer Basis des Wissens entstanden, das weder den Kleinanlegern noch den Bankanalysten zur Verfügung steht. Eine Due Diligence in eigener Sache und auf hohem Niveau, die sich auch Co-Investoren zunutze machen können. Wyss war auch seit längerem bei Actelion engagiert und zählte zu den grössten Profiteuren der Übernahme durch Johnson & Johnson (J&J) Anfang des Jahres.

Obwohl ausgebildeter Bauingenieur, arbeitete Wyss u.a. in der Automobilindustrie und sanierte ein Textilunternehmen, bevor er ab 1977 den innovativen Orthopädiekonzern Synthes aufbaute und dann 2012 für fast 20 Mrd. USD an J&J verkaufte. Seitdem gilt den Life Sciences die besondere Aufmerksamkeit.

Window on Technology
Aus Dankbarkeit gegenüber der Harvard University gründete der Mäzen dort das Wyss Institute for Biologically Inspired Engineering und stattete es mit 225 Mio. USD Stiftungskapital aus. Das Institut beschäftigt sich mit den spannendsten Technologien wie hoch dichte Informationsspeicherung in DNA, Wirkstofftransport mit DNA-Nanostrukturen, 3D Organ Engineering oder Molekular-Robotik. Ob Technologien funktionieren und therapeutisch vielversprechend sind, kann dort ganz gut beurteilt werden. Seit Gründung hat das Wyss-Institut bereits 1’888 Patente angemeldet und war an der Gründung von 18 Start-ups beteiligt.

Die kursbewegende Transaktion
Molecular Partners meldete am 6. April, dass die Venture-Capital-Investoren ihren Anteil von 42% auf 28% durch Umplatzierung der Aktien an private Investoren abgebaut haben. Erst fünf Tage später wurde bekannt, dass Hansjörg Wyss von den 14% allein 9,85% übernommen hat. Der Preis je Aktie lag bei 22.90 CHF und damit nur um 50 Rappen über dem Emissionspreis von 22.40 CHF vor 30 Monaten. Venture-Capital-Investoren wie die beteiligten Essex Woodland Health Ventures, Index Ventures und der VC-Arm von J&J sind auf die Frühphasenfinanzierung von Biotech-Unternehmen spezialisiert. Sie bauen ihre Beteiligungen in der Regel stufenweise ab. Nachdem Wyss Synthes 2012 an J&J verkauft hat und auch beim Actelion-Deal beteiligt war, ist das eine weitere Begegnung mit dem akquisitionshungrigen US-Multi, dieses Mal allerdings unter umgekehrten Vorzeichen.

Fazit
Wenngleich der Weg zur nachhaltigen Profitabilität bei Molecular Partners noch lang zu sein scheint: Das Investment ist vielversprechend. Allein auf Basis der Vereinbarungen mit Allergan werden Molecular Partners aus dem ersten Kommerzialisierungsprojekt beginnend voraussichtlich ab 2021 oder 2022 jährlich mehrere hundert Mio. USD zufliessen. Bis in fünf Jahren werden auch voraussichtlich mindestens vier weitere Kandidaten aus dem Portfolio sehr viel näher an der FDA-Zulassung sein oder sie sogar erreicht haben. Im Erfolgsfall könnte Molecular Partners bis 2025 bereits ein Vielfaches der aktuellen Börsenkapitalisierung aus den Royalty-Einnahmen des ersten Produktes am Markt zugeflossen sein. Im Vergleich zu den vielen hoch bewerteten Small- und Mid Cap-Aktien in der Schweiz und anderswo scheint das Chance-Risiko-Verhältnis bei Molecular Partners sehr attraktiv. An der Börse sind bei Lösungen für „unmet medical needs“ wie die Makuladegeneration konjunkturelle und monetäre Faktoren für den Kursverlauf nach aller Erfahrung kaum noch von Bedeutung. Allfällige Rückschläge sollten Aktionäre allerdings verkraften können. Ein Totalverlust ist dagegen äusserst unwahrscheinlich. Der aktuelle Kurs weist bei überschaubarem Risiko eine gute Chance auf Vervielfachung auf, jedoch nur bei einem längerfristigen Anlagehorizont. Und längerfristig heisst im gegebenen Kontext drei bis fünf oder sogar sieben Jahre.

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