Wie überleben die Regionalbanken, wenn im klassischen Zinsgeschäft bald nichts mehr zu verdienen ist? Könnte man bezüglich Strukturwandel von der Medienbranche lernen? Darüber haben am Branchentalk «Regionalbanken» in Bern mehrere Experten diskutiert. Ein Allheilmittel haben sie nicht gefunden.
Der Karren läuft doch gut. Auf den ersten Blick haben die Regionalbanken viele Leistungswerte, wie etwa die Profitabilität oder die Cost/Income-Ratio (CIR), im vergangenen Geschäftsjahr erneut gesteigert. Sogar im aktuell so schwierigen Zinsgeschäft hat die Branche etwas mehr verdient als im Vorjahr. Gut ist aber leider noch nicht gut genug. Insgesamt haben die Regionalbanken nämlich immer noch zu wenig verdient, um die Eigenkapitalkosten zu decken, ergibt eine Studie von Andreas Neeracher vom Beratungsunternehmen IFBC. Und nicht weniger als 94% der vom IFBC untersuchten Regionalinstitute weisen einen negativen Economic Profit auf. Dazu kommt nun noch die rasch wachsende Herausforderung durch die Digitalisierung, die teilweise völlig neue Geschäftsmodelle erforderlich macht.
Der Stimmung in der Branche tut dies allerdings noch keinen Abbruch. Die Zuversicht ist gemäss einer Umfrage für OTC-X Research im Vergleich zum Vorjahr sogar gestiegen. Dies, obschon die Institute mit einer weiteren Verengung der Zinsmargen rechnen. Und schon fast 80% aller Regionalbanken haben mittlerweile eine Strategie erarbeitet, wie sie die digitale Zukunft bewältigen wollen. Vor einem Jahr war dies nicht einmal bei der Hälfte der Institute der Fall.
Banken müssen auf Vertrauen der Kunden setzen
Für die Zukunft sieht Thomas Vettiger, Partner des Beratungsunternehmens IFBC, die besten Chancen für Banken, die eine hohe Service- und Produktequalität erreichen und so dauerhaft das Vertrauen ihrer Kunden gewinnen. Durch die zunehmende digitale Konkurrenz werden vor allem die Bereiche Zahlen, Finanzieren, mehr und mehr aber auch der Bereich Anlegen/Vorsorgen unter Druck kommen. Nur wenig Alternativen sieht Vettiger dagegen im Sparbereich. Zur sicheren Geldverwaltung bei einer Bank gebe es kaum Ausweichmöglichkeiten. Chancen böten sich bei intakten Kundenbeziehungen aber auch im Beratungsgeschäft.
Margen werden weiter sinken
Markus Gygax, Chef der Valiant, ist trotzdem pessimistisch: «Das Zinstief wird die nächsten 5 bis 10 Jahre anhalten, und die Margen im Zinsgeschäft werden weiter sinken. Dann wird es für die meisten Banken sehr sportlich. Nicht wenige werden sich dann die Frage stellen müssen, ob sie wirklich die kritische Grösse haben», erklärte er an der Podiumsdiskussion am Branchentalk «Regionalbanken». Weniger schwarz sieht Thomas Vogt, Leiter der kleinen Spar- und Leihkasse Bucheggberg. Dank verschiedenen Kooperationen könne man den Zwang zur Grösse vermeiden. Seinem Institut sei es trotz der Kleinheit gelungen, den Kosten/Ertragssatz in den letzten Jahren von 60 auf 54 zu drücken. Als Trumpf bleibe auch einer kleinen Bank die intakten Beziehungen zu den Kunden.
Industrie ist das noch bessere Vorbild
Doch so oder so: Im klassischen Zinsgeschäft sind die besten Zeiten wohl endgültig vorbei. Müssen es also neue Geschäftsmodelle richten, und könnten die Banken beim nötigen Strukturwandel von der Medienbranche lernen? Diese hat in den letzten Jahren bewiesen, dass sie den Weckruf durch die Digitalisierung zumindest beim zweiten Mal gehört hat. «Heute verdienen wir bereits 50% unserer Erträge im digitalen Bereich», bestätigt Pietro Supino, Präsident der Tamedia, mit einigem Stolz. Sowohl die Medien als erst recht die Banken sollten sich aber die Industrie zum Vorbild nehmen, die bezüglich laufender Modernisierung, Professionalität, Dienstleistungsorientierung, Ingenieur- und Pioniergeist den übrigen Branchen weit voraus sei.
Mitarbeiter – der Schlüssel zum Erfolg
Das konsequente Eingehen auf die Kundenbedürfnisse und die stetige Weiterbildung der Mitarbeiter ist auch für Antoinette Hunziker-Ebneter, Präsidentin der Berner Kantonalbank (BEKB), der Schlüssel zum Erfolg. «Die Ansprüche der Kunden steigen stetig, und wir müssen diesen auch entsprechen können». Bei den Mitarbeitern ihrer Bank ortet sie noch ein grosses Innovationspotenzial. Von diesen kämen häufig sehr gute Ideen, wie sie schon bei ihrem Antritt bei der BEKB festgestellt habe.
Die Zeit ist wichtig
«In der Schweiz gibt es noch keine einzige reine Internetbank», wundert sich Hanspeter Ackermann, Chef der Bank Cler, der ehemaligen Bank Coop. Dieses Institut will zusammen mit dem Namenswechsel auch eine radikale Neuausrichtung des Unternehmens vornehmen. Beim bestehenden Bankgeschäft will man konsequente Verbesserungen vornehmen. Daneben soll aber auch ein digitaler Quantensprung erfolgen. Mit verschiedenen neuen Geschäftsmodellen. Dabei könnte auch die in Vergessenheit geratene Allfinanz wieder zum Thema werden. «Die Zeit ist entscheidend, deshalb müssen wir Tempo machen», betont Ackermann.
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