Im Brennpunkt: Warum die jüngste Frankenschwäche Schweizer Aktien unter Druck setzt

Der Schweizer Franken - eine einzigartige Währung mit besonderen Nebenwirkungen.

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Führt die aktuelle Schwäche des Schweizer Frankens auch zu Aktienverkäufen von ausländischen Investoren? Bild: fotolia.de

Meist ist er zu stark, manchmal auch schwach. Geredet und geschrieben wird schon von jeher viel über den Franken. Oft wird geklagt, es wurden sogar schon Abgesänge auf ganze Industrien angestimmt, wegen der Frankenstärke, wenngleich meistens verfrüht. Derzeit ist das Bild reichlich asymmetrisch. Die eher überraschende leichtere Tendenz vor allem zum Euro bringt ein wenig Rückenwind für Exporteure und auch den Tourismus. An den Finanzmärkten jedoch machen die rapiden Trendwenden bei Devisen einen dicken Strich durch manche Rechnung.

Das Verhalten des Frankens an den Devisenmärkten ist immer wieder erneut überraschend. Die Bewegungen folgen auch schon ziemlich lange nicht mehr den Lehrbüchern, die Zins- und Wachstumsdifferenzen als wesentliche Faktoren bestimmen. Beim Franken, soviel ist klar, sorgen insbesondere seit Auflegung der QE-Programme seit 2008 gigantische Zuströme von internationalem Anlagekapital, darunter viel Fluchtkapital, für einen Aufwärtsdruck.

Guter Job der SNB

Die aktuelle Bilanz der SNB umfasst 724 Mrd. CHF an Fremdwährungen, vor allem Anleihen. Mit diesen Interventionen hat die SNB trotz aller Kritik überaus erfolgreich dem Aufwärtsdruck beim Franken entgegengewirkt. Bei einer längerfristigen Betrachtung der Wechselkursverhältnisse CHF/USD, CHF/Euro und CHF/GBP wird schnell offensichtlich, dass, entgegen den teilweise laut formulierten Polemiken gegen die SNB, der CHF tatsächlich über die Zeit relativ stabil gehalten wurde. Die Schwankungen sind in der mehrjährigen Betrachtung zwar nicht zu vernachlässigen, doch keinesfalls so dramatisch, dass die teilweise hysterischen Proteste auch nur entfernt begründet scheinen.

Auf längere Sicht ist der CHF gegenüber den anderen Währungen stark. Chart: sixID

Fitness-Programm Frankenstärke

Denn in Wirklichkeit ist es doch so, dass die Schweizer Unternehmen seit Jahrzehnten mit dem starken Franken zu leben gelernt haben. Jede neue Stärkephase war Anlass zu Kostensenkungen, Effizienzsteigerungen und sonstigen Anpassungsprozessen, die, per Saldo, die Unternehmen nur „fit for survival“ gemacht haben. Von wenigen Ausnahmen abgesehen ist die lohnintensive Fertigung sukzessive aus der Schweiz näher zu den Kunden in der EU, den USA, China usw. verlagert worden. Bei nüchterner Betrachtung sind die Schweizer Unternehmen durch das vielzitierte „Fitness-Programm Frankenstärke“ nur noch wettbewerbsfähiger geworden.

Opportunistische Portfolioentscheidungen internationaler Anleger

Das scheinen die ausländischen Anleger, vor allem aus den englischsprachigen Ländern, klar und früh erkannt zu haben, denn ihre Beteiligungsquote bei den börsenkotierten Schweizer Unternehmen beträgt auf den SPI bezogen 60%. Abgesehen von den drei Mega-Caps Nestlé, Novartis und Roche, die wegen ihrer Indexgewichtung eine Liga für sich bilden, sind die Engagements der oft opportunistisch handelnden institutionellen Investoren aus London und New York von Momentum, aktuellen Trends und auch Hype getragen. So war beispielsweise Huber+Suhner seit Ende 2015 ein Liebling der ausländischen Anleger, die Aktie stieg von 40 CHF auf 73 CHF. Doch seit Juli 2017 gab die Aktie sehr schnell Boden preis. Nach Vorlage der Halbjahreszahlen rauschte die Aktie unter massiven Abgaben bis auf 55 CHF ab. Dementsprechend sind nun die gesamten Kursgewinne seit Januar 2017 wegrasiert.

Schattenseiten der Popularität

Das Beispiel zeigt die Schattenseite der internationalen Popularität. Denn in die Investitions- und Devestitionsentscheidungen der Anleger fliessen auch Überlegungen zu den Wechselkursveränderungen bzw. deren (erwarteten) Veränderungen ein. Aus Sicht eines unter Performancedrucks stehenden Fondsmanagers mit Sitz in London lieferten Schweizer Aktien bis vor Kurzem nicht nur eine gute Aktienperformance, sondern sie gewannen auch erheblich an der Pfundschwäche und der Frankenstärke. Es ist gar nicht so selten geworden, dass die hohe Volatilität an den Devisenmärkten sogar dazu führt, dass die Währungsgewinne die Aktienperformance übersteigen und somit den Hauptteil des Gewinnes bringen. Es sollte nachvollziehbar sein, dass solche Entscheidungsträger aufgelaufene Gewinne bei einer sich abzeichnenden Trendwende nach dem bei Anlageprofis gängigen Motto „sell first, ask questions later“ handhaben.

Die Währungsverluste der britischen Investoren fressen die Kursgewinne der Aktien auf. Chart: sixID

Performance vor Überzeugung

In diesem Moment der Glattstellung von Gewinnen (oder Beschränkung von Verlusten) geht es in aller Regel allein um Performance, und die Gründe für den Kauf der Aktie treten in den Hintergrund. Fondsmanager lieben es zwar, recht zu bekommen, doch noch wichtiger ist es, im Wettbewerb zu bestehen und den Job zu behalten. Dass die Ergebnisse von Huber+Suhner bei genauer Betrachtung gar nicht so schlecht sind und dass die richtigen Entscheidungen zur Effizienzsteigerung getroffen wurden, fällt bei einer Aktie im freien Fall kaum ins Gewicht bei der Entscheidung zur Glattstellung.

M&A-Euphorie kann auch zu Bauchlandungen führen

Die Höhenflüge der letzten Jahre sind vorbei: Der Aktienkurs von Hochdorf hat in den letzten Wochen korrigiert. Chart: moneynet.ch

Hochdorf ist ein weiterer Wert, der derzeit die Schattenseite der Popularität erleben muss. Wie schon so oft wurde die „game-changing“-Akquisition des rasch wachsenden und komplementären Baby-Care-Unternehmens Pharmalys von den Anlegern mit permanenten Kurssteigerungen gefeiert. Die Hausse nährt die Hausse. Kaum eine Schweizer Aktie war bei internationalen Anlegern beliebter. Was in der Euphorie jedoch übersehen wurde, ist, dass viele Akquisitionen nicht funktionieren oder jedenfalls nicht so schnell wie erwartet. Akquisitionen erfordern viel Management-Kapazität, was vor allem bei kleineren Unternehmen dazu führen kann, dass die Erfordernisse des operativen Geschäfts vernachlässigt werden. Und das scheint bei Hochdorf der Fall gewesen zu sein.

Unsicherheit ist wesentliche Determinante für Kapitalzuflüsse

Was jedoch an den Bewegungen an den Devisenmärkten in den letzten Monaten wirklich bedeutsam ist, ist der Fakt, dass die SNB und andere Notenbanken in den letzten Jahren viel Research angestellt haben, um herauszufinden, was die wirklichen Gründe für die zu- und abnehmenden Ströme an Auslandkapital in den Franken sind. Diese empirischen Studien haben für die Zeiträume 2010-2013 und 2010-2015 die These belegen können, dass immer dann, wenn die „Unsicherheit“ an den globalen Finanzmärkten zunimmt, die Zuströme in den Franken, und auch den japanischen Yen, stark zunehmen. Flaut das Unsicherheitsgefühl ab, ebbt auch der Kapitalzustrom ab. Mit Unsicherheit sind Phänomene bezeichnet, die jenseits von Konjunkturprognosen oder Arbeitslosenquoten liegen, für die ja mathematische Modelle stets in Sekundenschnelle die Auswirkungen in Zahlen errechnen. Unsicherheit würde in einer anderen Terminologie vielleicht auch „Black Swan“ genannt. Risiken, die einmalig in ihrem jeweiligen Kontext stehen und daher durch mathematische Modelle nicht oder nur ungenügend bewertet werden können, wie etwa die Befürchtungen zu Jahresbeginn, dass in der EU bei den wichtigen Wahlen Populisten die Macht in den Niederlanden, Frankreich und den deutschen Landesparlamenten gewinnen könnten und die EU dann auseinanderbricht. Oder aktuell die scheinbare Kriegslüsternheit des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un, der, wie es scheint, den amerikanischen Präsidenten Trump immer weiter dazu bringt, die USA nicht aus der Rolle der „Ordnungsmacht“ zu entlassen.

Die Dollarschwäche seit Beginn des zweiten Quartals in einer globalen geopolitischen Krisensituation ist neu. Dies könnte zum Teil auch die Erklärung dafür sein, dass der Franken trotz „Unsicherheit“ derzeit leicht schwächer tendiert. Ein weiterer Faktor sind die Glattstellungen von Gewinnen durch Nicht-Schweizer Anleger an der Börse, die sowohl erzielte Kursgewinne als auch aufgelaufene Währungsgewinne realisieren. Heraus kommt ein Bild, in dem die Erleichterung auf der Währungsseite auf operativer Ebene viele Schweizer Aktiengesellschaften mit Rückenwind versieht, gleichzeitig aber Portfoliodispositionen internationaler Investoren zu Korrekturen am Aktienmarkt führen und den Franken leichter machen.

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