Der im Rheintal ansässige Kunststoffverarbeiter Plaston Holding hatte seit Ende letzten Jahres mit Gegenwind zu kämpfen. Erst führten die zwei vorangegangenen warmen Winter zu rückläufigen Verkäufen von Luftbehandlungsgeräten der Tochterfirma Boneco. Luftbefeuchter werden vor allem in den Wintermonaten gut verkauft, um der trockenen Raumluft während der Heizperiode entgegenzuwirken. Dann zogen plötzlich und unerwartet die Preise für das wichtigste Rohmaterial der Gruppe, Kunststoffgranulat, stark an, so dass die abrupt gestiegenen Preise nicht direkt an die Kunden weitergegeben werden konnten. In der Plaston AG wird das Kunststoffgranulat verwendet, um daraus Koffer für die Elektrowerkzeugindustrie (Power Tools) sowie technische Teile herzustellen. Zu den Kunden im Bereich der Koffer gehören bekannte Firmen wie Hilti, Bosch und zunehmend Unternehmen aus der Sanitär- und Messtechnik. Mit einem der Power-Tool-Kunden konnte Plaston im Herbst 2016 einen neuen 10-Jahres-Vertrag als exklusiver Lieferant abschliessen.
Umsatzrückgang bei Luftbehandlungsgeräten
Diese zwei ungünstigen Begleitumstände führten dazu, dass die Plaston-Gruppe im Geschäftsjahr 2016/17, das bereits am 31. März 2017 endete, in die roten Zahlen rutschte. Der konsolidierte Bruttoumsatz ging um 7.1% auf 74.8 Mio. CHF zurück. Während es der Plaston AG mit den Koffern und technischen Teilen sogar gelang, den Umsatz um 3.8% auf 51.4 Mio. CHF zu erhöhen, verzeichnete Boneco einen markanten Umsatzrückgang um 24.5% auf 23.4 Mio. CHF. Besonders der US-Markt habe dem Unternehmen zu schaffen gemacht, erklärt VR-Präsident Jörg Frei im Gespräch mit schweizeraktien.net. Grund dafür sei ein weiteres Mal ein sehr warmer Winter in den USA gewesen. Auch in China waren die Verkäufe rückläufig, während sich die europäischen Märkte stabil entwickelten. Russland verzeichnete sogar ein deutliches Wachstum. Die höheren Rohmaterialpreise sowie gestiegene Personalaufwendungen, die auf eine Ausweitung der Kapazitäten zurückzuführen sind, führten zu einem Einbruch des Betriebsgewinns vor Abschreibungen auf 3.2 Mio. CHF. Unter dem Strich verblieb ein Nettoverlust von 1.2 Mio. CHF, was auch ein Aussetzen der Dividende zur Folge hatte.
Grosse Pläne mit Boneco
Im Bereich der Koffer hat das Unternehmen bereits Verhandlungen mit seinen Kunden geführt, um die höheren Rohmaterialpreise weitergeben zu können. Dieser Effekt werde die Erfolsrechnung im Geschäftsjahr 2017/18 daher nicht mehr so stark wie im Vorjahr belasten, berichtet Jörg Frei. Der 10-Jahresvertrag mit einem grossen Power-Tool-Kunden sowie weitere neue Produkte insbesondere für Kunden aus der Sanitär- und Messtechnikbranche lassen ihn zuversichtlich ins laufende Geschäftsjahr blicken. Auch im Bereich der technischen Teile gebe es positive Zeichen, dass sich das Wachstum fortsetzt. Neue Impulse hat das Unternehmen der Tochter Boneco verliehen. Gemeinsam mit dem neuen CEO Michael Leitner wurde eine «Plattform- und Gleichteile-Strategie» entwickelt. Konkret bedeutet dies, dass nach dem aus der Automobilindustrie bekannten Plattformkonzept mit einem Grundgerät und einer bestimmten Anzahl Teile mehr Gerätetypen produziert werden können. Der Investitionsaufwand reduziert sich erheblich, während auf der Angebotsseite rasch neue Produkte an den Markt gebracht werden können. «Durch unsere neue Plattformstrategie können wir gezielt auf die Bedürfnisse unserer Kunden im On- und Offlinegeschäft reagieren», so Jörg Frei. Denn immer mehr der Luftbehandlungsgeräte werden derzeit über den Online-Handel verkauft. Diese Geräte sollen sich allerdings klar von den Geräten, die im stationären Handel verkauft werden, unterscheiden. An der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin präsentierte Boneco eine Vielzahl neuer Produkte im angestammten Luftbefeuchter- und Luftreiniger-Segment, vor allem aber eine Sortiments-Erweiterung mit attraktiven Ventilatoren für das Sommergeschäft. «Das Feedback unserer Kunden von der IFA auf die neuen Produkte ist sehr positiv», berichtet Frei. Er attestiert Boneco daher ein überdurchschnittliches Wachstumspotenzial innerhalb der Gruppe. Bereits in einem früheren Interview mit schweizeraktien.net hatte Frei diese Aussage gemacht. Allerdings machten die erwähnten Schwierigkeiten im Russlandgeschäft und die warme Witterung dem Unternehmen in den letzten Jahren immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Der Umsatz von Boneco hat sich in den letzten vier Jahren von 42.7 Mio. CHF auf 23.4 Mio. CHF fast halbiert.
Martin Wipfli neu im Verwaltungsrat – Vinkulierung aufgehoben
Zum laufenden Geschäftsjahr möchte Jörg Frei noch keine konkreten Aussagen machen. Er stellt aber eine Rückkehr in die Gewinnzone in Aussicht. «Es ist ganz klar auch unser Ziel, wieder eine Dividende ausschütten zu können», macht er deutlich. An der diesjährigen Generalversammlung wurden weitere Weichen für die Zukunft gestellt. Roland Frei, Gründer des Unternehmens und langjähriger CEO und Präsident des Verwaltungsrates, trat aufgrund seines 80. Geburtstages aus dem Verwaltungsrat zurück. Als neues Mitglied wurde der Zürcher Jurist Martin Wipfli in den Verwaltungsrat gewählt. Er ist auch gleichzeitig Präsident der Beteiligungsgesellschaft Nebag, die mit knapp 17% an Plaston beteiligt ist. Jörg Frei betont allerdings auf Nachfrage, dass Wipfli nicht als Vertreter der Nebag in den VR gewählt wurde, sondern aufgrund seiner Kompetenzen im juristischen und im Finanzbereich. An der GV wurde zudem die Beschränkung der Stimmrechte auf 10% der Aktien aufgehoben. So können künftig auch Aktionäre, die mehr als 10% der Plaston-Aktien halten, ihre Stimmrechte voll ausüben. Im Frühjahr 2017 hatte die Nebag einen Teil des Plaston-Aktienpaketes der Beteiligungsgesellschaft Menzi Muck-Gruppe übernommen.
In den letzten Jahren musste die Plaston-Gruppe immer wieder aufgrund externer Einflüsse – Russlandkrise, Euroschwäche, warme Winter – ihre Wachstumspläne zurückschrauben. Dabei ist das Unternehmen in allen Bereichen gut aufgestellt. Zudem sollte es von der positiven Weltkonjunktur, dem Wachstum im Bereich der Powertools sowie der zunehmenden Luftverschmutzung in den grossen Städten profitieren. Die Voraussetzungen sind dafür gut. 2017/18 dürfte aufgrund der verzögerten Weitergabe der höheren Rohmaterialpreise an die Kunden nochmals ein Übergangsjahr werden. Allerdings sollte sich im Bereich Boneco bereits ein positiver Trend abzeichnen. Sofern sich die Wachstumspläne in diesem Bereich erfolgreich umsetzen lassen, könnte der Aktienkurs schon bald positiv darauf reagieren.
Derzeit notiert der Titel auf OTC-X bei Kursen um die 3’250 CHF über 30% unter dem Buchwert von 4’891 CHF je Aktie. Viele Risiken sind in diesem Kurs schon eingepreist. Allerdings hat Plaston in den letzten Jahren seine Aktionäre immer wieder enttäuscht. Es ist daher wichtig, dass das Unternehmen nun wieder auf den Wachstumspfad zurückkehrt. Dennoch sollten Investoren sich darüber im Klaren sein, dass ihnen ein Investment in Plaston auch in Zukunft Geduld abverlangt. Geduld, für die sie eines Tages belohnt werden könnten.