Stoosbahnen: Licht und Schatten im Geschäftsjahr 2016/2017 – Sommergeschäft gewinnt an Bedeutung.

Eröffnung der neuen Standseilbahn für Dezember 2017 vorgesehen. Rechtsstreit mit Implenia dauert an.

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Illustration der neuen Stoos-Standseilbahn. Bild: www.stoos.ch

Die auf der ausserbörslichen OTC-X-Plattform der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelte Stoosbahnen AG blickt auf ein durchwachsenes Geschäftsjahr 2016/2017 mit Licht und Schatten zurück. Auch das zurückliegende Geschäftsjahr war finanziell und organisatorisch – wie schon die Vorjahre – in vielerlei Hinsicht geprägt vom Bau der neuen Standseilbahn auf den Stoos. Das technologisch eindrucksvolle, aber geologisch und auch finanziell herausfordernde „Jahrhundertprojekt“ (Geschäftsbericht 2016/2017, S. 4) hatte sich um mehrere Jahre verzögert. Am Ende dürften sich die Kosten für den Bau der neuen Erschliessungsbahn auf über 50 Mio. CHF belaufen – eine stolze Summe für ein vergleichsweise kleines Bahnunternehmen wie die Stoosbahnen AG (zur neuen Stoosbahn siehe auch Beitrag in 10vor10, SRF, 18. August 2017 [mit Video]).

Umsatz um 5% und Verkehrsertrag um knapp 4% tiefer

Der Verkehrsertrag ermässigte sich von knapp 5.9 Mio. CHF im Vorjahr um 3.7% auf etwa 5.7 Mio. CHF. Der Ertrag aus der wichtigsten Säule, dem Personenverkehr (98% des Verkehrsertrags), nahm im Vergleich zum Vorjahr um 5% auf etwa 5.6 Mio. CHF ab. Unter Einrechnung der Nebenerträge, die z.B. Pacht- und Mieteinnahmen, aber auch Abgeltungen des Bundes und vom Kanton Schwyz enthalten, ermässigte sich der Nettoertrag (Umsatz) von zuvor über 9 Mio. CHF in der Periode 2015/2016 um 5% auf nur noch 8.6 Mio. CHF im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/2017. Die Nebenerträge standen 2016/2017 für 34% vom Gesamtumsatz und blieben prozentual wie absolut weitgehend stabil, wobei die Transportabgeltungen mit 0.8 Mio. CHF zuletzt deutlich tiefer ausfielen als noch im Vorjahr (1.3 Mio. CHF). Dieser Rückgang bei den Abgeltungen konnte durch einen Anstieg der nicht näher aufgeschlüsselten „Übrigen Erträge“ auf fast 1.2 Mio. CHF (Vj. 0.9 Mio. CHF) zumindest teilweise kompensiert werden.

Sehr erfreulich entwickelte sich nach Aussagen der Verwaltung das Sommergeschäft mit deutlich höheren Frequenzen und einem saisonal verbesserten Sommer-Verkehrsertrag. Der Anteil des Sommergeschäfts am Verkehrsertrag beträgt mittlerweile 39.3% nach 34.6% im Vorjahr. Dabei profitierten die Stoosbahnen im Sommer auch von der Zusammenarbeit mit ihren Partnern Oberallmeindkorporation Schwyz (OAK) und UBS (Bergaktion). Allerdings haben Frequenzsteigerungen im Sommer, teilweise auch noch „künstlich induziert“ durch entsprechende Partneraktionen wie jene mit der UBS, gemäss Analyse der Stoosbahnen nicht dieselbe Wertschöpfungstiefe wie Winterumsätze, so dass die Umsatzentwicklung den Frequenzen – trotz Steigerungen im Sommer – „hinten nachhinkt“ (Geschäftsbericht 2016/2017, S. 4). Das Wintergeschäft bezeichnet der Verwaltungsrat, trotz „immer guter Pisten“ als „wiederum hart“ mit einem (zu) frühen Schnee und einem vorzeitigen Saisonende im „sehr warmen März„. Ohne die erfreulichen Entwicklungen im Sommergeschäft wäre der Umsatzrückgang insgesamt deutlicher ausgefallen.

EBITDA reduziert sich um über 16%, aber Jahresergebnis nur dank Sondereffekten leicht positiv

Während die Umsätze also rückläufig waren, gelang es nicht, die Aufwandpositionen im gleichen Umfang anzupassen. Tatsächlich lagen der Personalaufwand sowie der übrige betriebliche Aufwand in Summe mit 5.4 Mio. CHF sogar um 2% leicht über Vorjahr. Die Ausweitung der Aufwandpositionen trotz gegenläufiger Trends auf der Einnahmenseite erklärt die Gesellschaft u.a. mit erhöhtem Arbeitsaufwand für die weitere Konzessionsverlängerung der alten Standseilbahn sowie Steigerungen beim IT-Aufwand und höheren Unterhaltsaufwendungen (Sesselbahn Fronalpstock/Beschneiung). Innerhalb des übrigen Betriebsaufwands entfielen 23% oder fast 0.6 Mio. CHF (+16.7%) auf die Position „Unterhalt, Reparaturen und Ersatz Betriebsanlagen“.

Das Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) ermässigte sich in dieser Ausgangslage – sinkende Einnahmen bei gleichzeitig höheren Kosten – von 3.3 Mio. CHF im Vorjahr um hohe 16% auf zuletzt noch 2.8 Mio. CHF (EBITDA-Marge 32.6%). Wenn die Entwicklung im Sommer ein gutes Licht auf die Bahn wirft, so zeigt die EBITDA-Entwicklung die Schattenseite des zurückliegenden Geschäftsjahres.

Angesichts der auch mit der neuen Bahn künftig notwendigen hohen Abschreibungen – zuletzt entfielen 2.4 Mio. CHF auf Abschreibungen – und Finanzierungskosten in der Grössenordnung von zuletzt fast 0.7 Mio. CHF erscheint uns ein EBITDA in der Grössenordnung von 2.8 Mio. CHF als dauerhaft zu niedrig und noch unter der kritischen Grenze, wenn die Gesellschaft – gerade auch mit der neuen Bahn und anstehender weiterer Investitionen – nicht nachhaltig in die Verlustzone rutschen möchte. Es ist anzunehmen, dass sich der Verkehrsertrag zumindest in den ersten Betriebsjahren der neuen Bahn alleine aufgrund der Neugier der Öffentlichkeit deutlich positiv entwickelt. Der eigentliche „Lackmus-Test“ für den Betrieb kommt erst später mit der Verzögerung um einige Jahre, wenn sich der Reiz des Neuen gelegt haben dürfte.

Im abgelaufenen Jahr verhinderte ein „nebenbetrieblicher Ertrag“ in der Grössenordnung von 0.34 Mio. CHF in Kombination mit einem Gewinn aus einem Anlagenverkauf (38’000 CHF) ein negatives Jahresergebnis nach Steuern, denn der Betriebsgewinn nach Finanzaufwand (EBT) hätte in einer isolierten Betrachtung bereits im „roten Bereich“ bei -337’246 CHF gelegen. Beim nebenbetrieblichen Ertrag handelte es sich um eine „Verrechnung der Mehrkosten infolge verspäteter Inbetriebnahme der neuen Standseilbahn„. Auch wenn es bereits im Vorjahr einen vergleichbaren, positiven Effekt von damals etwa 250’000 CHF gegeben hatte, so ist absehbar, dass diese Position „endlich“ ist und nicht in die Ewigkeit fortgeschrieben werden kann. Diese positiven Sondereffekte über fast 0.4 Mio. CHF überlagerten im abgelaufenen Geschäftsjahr 2016/2017 ein ansonsten nur auf den ersten Blick zufriedenstellendes Ergebnis, das bei näherer Betrachtung jedoch auch Schwächen zeigte.

Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sind gefordert, neben der Ertragsseite auch die Aufwandpositionen in den Folgejahren eng zu überwachen und – falls nötig – auch korrigierend einzugreifen, wenn die Kosten stärker steigen als die Ertragsseite. Dies gilt insbesondere auch in Jahren höherer Einnahmen aus dem Verkehrsgeschäft, wie sie in den Folgejahren aufgrund des skizzierten „Neugier-Effekts“ realistischerweise zu erwarten sind. Die Erfahrung auch von anderen Bergbahnbetrieben lehrt, dass es schwieriger ist, einmal gewachsene, „eingeschwungene“ Kostenstrukturen zurückzuführen als ein zu starkes Wachstum der Kosten möglichst frühzeitig – gerade auch in besseren Jahren – zu verhindern.

Eröffnung der neuen Standseilbahn für den 17. Dezember 2017 vorgesehen – wenn alles nach Plan läuft…

DER Meilenstein im laufenden Jahr soll die Eröffnung der neuen Standseilbahn auf den Stoos werden. Wenn alles nach Plan läuft, ist es am 17.12.2017 endlich soweit. Die bisherige, alte Stoosbahn wurde 1933 in Betrieb genommen und fährt im Dezember 2017 – so der Plan – nach 84 Jahren in den verdienten Ruhestand.

Um den nach unserer Interpretation der Zeilen im Geschäftsbericht immer noch ambitionierten Eröffnungstermin am 17. Dezember 2017 überhaupt einhalten zu können, laufen aktuell viele Arbeiten parallel. Neben Arbeiten an der Bahntrasse sind dies etwa Montagearbeiten der beiden Wagen mit umfangreichen Funktionstests beim Hersteller Garaventa. Auch werden die zur (Mit-)Finanzierung der Bahn in das neue Stoos-Konzept integrierten „Mantelnutzungen“ von der Verwaltung vorangetrieben: Dies sind das neue Parkhaus, Shops bei Berg- und Talstation sowie weitere Anlagen mit Partnern.

Rechtsstreit mit Implenia dauert an – Ende offen

Über die eingetretenen Probleme und Verzögerungen beim Bau sowie den Streit mit Implenia über Fragen der Geologie hatten wir an dieser Stelle bereits im Juli 2015 berichtet. Wie dem aktuellen Geschäftsbericht der Stoosbahnen AG (S. 24) zu entnehmen ist, dauert der Streit rund um die Verzögerung des Fertigstellungstermins unverändert an, und ein Ende dieses Streits scheint bisher – auch nach drei erfolglosen Schlichtungsverhandlungen – nicht in Sicht. Wörtlich schreiben die Stoosbahnen in ihrem Bericht:

„Im Zusammenhang mit der Verzögerung des Fertigstellungstermins hat die ARGE Implenia Vetsch Nachforderungen geltend gemacht. Die Standseilbahn Schwyz-Stoos AG und die Stoosbahnen haben ihrerseits Schadenersatzforderungen gegen die ARGE Implenia Vetsch sowie Rückforderungen von diversen unter Rückforderungsvorbehalt geleisteten Vorauszahlungen an die ARGE geltend gemacht. Nach drei Schlichtungsverhandlungen konnte noch keine Einigkeit erzielt werden. Die Standseilbahn Schwyz Stoos AG verzichtet auf die Passivierung der Nachforderungen der ARGE Implenia Vetsch wie auch auf die Aktivierung der Schadenersatzforderung in ähnlicher Höhe.“

Mit einem zuletzt bezahlten Kurs von 11.00 CHF (6. September 2017) notiert die Aktie weit unterhalb ihres Nominalwertes und ihres anteiligen Eigenkapitalwertes von jeweils 25 CHF pro Aktie. 25 CHF sind zugleich der Ausgabebetrag einer der Finanzierung der neuen Standseilbahn und weiteren Investitionen dienenden, bereits seit 2014 in mehreren Etappen laufenden Kapitalerhöhung, an der sich Aktionäre weiterhin beteiligen können. Die Mindestanzahl bei der freien Zeichnung beträgt 10 Namenaktien à 25 CHF, also 250 CHF in Summe. Trotz ihrer auf dem Papier soliden und dank der Kapitalerhöhungen gestärkten Eigenkapitalquote von 40% ist die Jahresrechnung der Stoosbahnen AG mit ihren Beteiligungen nicht trivial.

In den Folgejahren stehen gemäss Emissionsprospekt (S. 5) zur Aktienkapitalerhöhung weitere hohe Investitionen auf der Agenda. Der Umsatz soll – so die Planungen im Emissionsprospekt vom Herbst 2016 – in den kommenden Jahren bis 2019/2020 in Richtung 12 Mio. CHF und das EBITDA auf über 4 Mio. CHF ansteigen, was – wenn es dazu käme – sehr erfreulich wäre. Von heutiger Basis aus wäre dies ein Zuwachs um immerhin gut 40% beim Umsatz und 50% beim EBITDA. Mit Blick auf das Jahresergebnis 2016/2017 liegt die Gesellschaft aktuell jedoch hinter ihren eigenen Zielen aus dem Herbst 2016 für das Jahr 2016/2017 zurück, und es braucht einen erheblichen Schub in den Folgejahren, um das Ziel 12 Mio. CHF Umsatz / > 4 Mio. EBITDA zu erreichen. Wir wünschen es den Verantwortlichen und der Region, dass dies mit der neuen Stoos-Bahn und den anderen Projekten gelingen wird.

Als Ganzjahresdestination im Herzen der Zentralschweiz ist das autofreie Hochplateau für Gäste attraktiv und vielseitig – insbesondere auch im Sommer. Allerdings gibt es auch im Nahbereich z.B. mit den Rigibahnen und anderen Akteuren Konkurrenz im Wettbewerb um nationale wie internationale Gäste, die ebenfalls in erheblichem Umfang in den Ausbau ihrer Infrastruktur und der Angebotswelten investieren. Das Geschäft der Stoosbahnen AG bleibt nicht zuletzt angesichts der hohen Investitionen der Vergangenheit (und auch in der Zukunft) anfällig für äussere Einflüsse, nicht nur beim Wetter. Mit Blick auf die Bilanz und das schwieriger gewordene touristische Umfeld könnte es deshalb – aus der Aktionärsperspektive – auch eine Strategie sein, bei den geplanten Investitionen künftig zurückhaltender vorzugehen und jede heute geplante Zukunftsinvestition auch mit Blick auf ihre betriebswirtschaftliche Notwendigkeit hin kritisch zu hinterfragen bzw. die Investitionen über länger als ursprünglich geplante Zeiträume zu staffeln. Eine für die Entwicklung der Destination in jedem Fall sinnvolle „Vorwärtsstrategie“ darf nicht dazu führen, dass man sich eines Tages im schlimmsten Fall bei insgesamt weiter rückläufigen Frequenzen und Umsätzen bei den Investitionen übernimmt – finanziell wie organisatorisch.

Die vergleichsweise selten gehandelte Aktie der Stoosbahnen AG eignet sich primär für Anleger aus der Region mit einem Faible für Lokalwerte, die von der branchenüblichen Naturaldividende sowie weiterer Ermässigungen und Event-Teilnahmen – gestaffelt nach Aktienbesitz (Emissionsprospekt, Seite 5) – profitieren können. Die diesjährige Generalversammlung findet am 21. September 2017 um 17:30 Uhr in der Fronalphalle auf dem Stoos statt.

Transparenzhinweis: Der Verfasser ist Aktionär der Stoosbahnen AG.

Hinweis in eigener Sache: Am 31. Oktober 2017 findet ab 13.30 Uhr zum 3. Mal der Branchentalk Tourismus von schweizeraktien.net statt. Weitere Infos und Anmeldungen unter Branchentalk Tourismus 2017.

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