Die Cendres + Métaux Holding SA (CMSA) befindet sich nach wie vor in einer Umbau- und Restrukturierungsphase. Neben internen Veränderungen hat sich vor allem der Absatzmarkt für die Produkte des Bieler Unternehmens drastisch verändert. Zu spüren bekam CMSA dies besonders im Bereich der Dentaltechnik, die zur Sparte Medtech gehört. Die Gesellschaft lief der Marktentwicklung lange Zeit hinterher und setzte entgegen dem allgemeinen Trend weiterhin auf Edelmetalle als Werkstoff für Dentalimplantate. Die Edelmetalle werden allerdings nicht nur aus ästhetischen Gründen zunehmend durch Kunststoffprodukte ersetzt. Mittlerweile ist es CMSA gelungen, zumindest in der Schweiz die Marktführerschaft im Bereich Dentalimplantate wieder zu erreichen und von der stetig steigenden Nachfrage nach Kunststoffprodukten zu profitieren. Allerdings belastete die weiterhin rückläufige Nachfrage bei den Edelmetallprodukten den Geschäftsgang im Geschäftsjahr 2016/17. Zudem leidet auch die ebenfalls von CMSA belieferte Schmuck- und Uhrenindustrie unter einer deutlichen Nachfrageschwäche. Vor allem bei den Halbzeugen und bei der Verfeinerung der Produkte musste das Unternehmen deutliche Umsatzeinbussen hinnehmen. Wie VR-Präsident Marco Zingg den Aktionären an der Generalversammlung am 14. Dezember in Biel erklärte, kaufen die Produzenten zunehmend tiefere Qualität zu günstigeren Preisen ein.
Vom Komponentenhersteller zum Vollanbieter für die Uhrenindustrie
Diesem Trend setzt CMSA die Erweiterung der Angebotspalette entgegen. So wird die Gesellschaft vom Komponentenhersteller für die Uhrenindustrie zum Vollanbieter mutieren. Diese Transformation wird flankiert von neuen Produkten, wie etwa der neu entwickelten Schwungmasse für Automatikuhren K1. Aber auch die Medizinaltechniksparte sieht sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. So steigen die regulatorischen Anforderungen zur Produktregistration besonders im Ausland massiv an. Um den Anforderungen gerecht werden zu können, wird die Unternehmensstruktur neu aufgegleist. So wird CMSA zukünftig aus den drei juristisch eigenständigen Einheiten Medtech, Luxury + Industry und zu einem späteren Zeitpunkt dem Start-up Diavantis bestehen.
Diavantis als Spin-off mit Beteiligungsmöglichkeit für Aktionäre
An der GV stellte Arne-Christian Faisst die Pläne von CMSA für die Diavantis dar. Das Unternehmen soll als ein Spin-off geführt werden. Dies trage den möglichen hohen Risiken der Gesellschaft Rechnung, die sich aktuell in der Entwicklungsphase für das neue Produkt Vivax befindet. Unter dem Namen Vivax entwickelt die CMSA-Tochter Diavantis den sogenannten Bone anchored Port (BAP), der für Dialysepatienten einen direkten Zugang zum Blutkreislauf bietet. Die bis dato mit dem neuen Produkt behandelten Patienten zeigen sich sehr zufrieden. Weitere Testergebnisse stehen indessen ebenso wie detaillierte klinische Studien noch aus. Zur Finanzierung der Tests und der Registrierung des Produkts inklusive der Zulassung durch die amerikanische Gesundheitsbehörde FDA werden 6 Mio. CHF veranschlagt. Diese Summe will CMSA gemeinsam mit den Aktionären aufbringen, die zu einem späteren Zeitpunkt Informationen über Umfang und Höhe der für Diavantis geplanten Kapitalerhöhung erhalten werden. An der Kapitalerhöhung beteiligen können sich nur diejenigen Anteilseignern, die am Tag der GV (14.12.17) als Aktionäre von CMSA eingetragen waren. Bei einem erfolgreichen Abschluss der Testphase und der Zulassung des Produkts soll in einem zweiten Schritt die Produkteinführung erfolgen. Hierfür werden weitere Kosten zwischen 14 und 16 Mio. CHF geplant. Zu deren Finanzierung will CMSA einen Partner mit an Bord nehmen. Faisst nannte an der GV den Namen Fresenius Medical Care als Beispiel einer grossen Firma in der Dialyse-Branche, ohne jedoch durchblicken zu lassen, ob dies der zukünftige Partner sein wird.
Geschäftszahlen durch Sonderfaktoren geprägt
Deutlich wird die Umbauphase, in der sich CMSA befindet, auch bei einem Blick in den Jahresabschluss. Dieser enthält für das am 30. September 2017 beendete Geschäftsjahr 2016/17 zahlreiche Sonderfaktoren. So wurden ausserordentliche Abschreibungen und Wertkorrekturen auf den Sachanlagen in Höhe von 15.1 Mio. CHF zulasten der Erfolgsrechnung verbucht. Die grösste Abschreibung führte CMSA auf das Gebäude „Extension“ durch, das um 13.4 Mio. CHF wertberichtigt wurde. Wie das Unternehmen im neuesten Geschäftsbericht schreibt, wurde das Gebäude an den Marktwert vergleichbarer Gebäude in Biel angepasst. Den hohen Abschreibungen stehen Auflösungen von Reserven in Höhe von insgesamt 27.3 Mio. CHF gegenüber. Hiervon gehen 20 Mio. CHF auf die Reduktion der Wertschwankungsreserve für die Edelmetallbestände. Im Rahmen einer Neubeurteilung der Märkte wird nunmehr eine Wertschwankungsreserve zwischen 20% und 30% als ausreichend erachtet. Neben dieser Reservenauflösung wurden noch Rückstellungen im Umfang von 7.3 Mio. CHF aufgelöst. Gleichzeitig wurden neue Rückstellungen im Umfang von 5.3 Mio. CHF gebildet. Insgesamt resultierte ein ausserordentlicher positiver Beitrag zugunsten der Erfolgsrechnung in Höhe von 6.9 Mio. CHF. Ein weiterer Sonderfaktor sind die Wertkorrekturen der Warenlager in Biel mit minus 3.2 Mio. CHF und in den Filialen mit minus 1.2 Mio. CHF. Nach Abzug dieser Kosten lag der positive Effekt der Sonderfaktoren bei netto 2.7 Mio. CHF.
Umsatzrückgang und höhere Warenkosten belasten
CMSA musste im Berichtsjahr ein Umsatzminus von 3.3% auf 123 Mio. CHF verbuchen. Weiterhin rückläufig waren hierbei vor allem die Verkäufe von Edelmetallprodukten. Details zu den Sparteneinnahmen publiziert CMSA nicht. Auf der Kostenseite fällt der starke Anstieg der Warenkosten um 14.3 Mio. CHF auf 69.6 Mio. CHF auf. Gleichzeitig gingen die Veränderungen der Warenlager zulasten der Erfolgsrechnung im Vorjahresvergleich um 4.6 Mio. CHF auf 1.2 Mio. CHF zurück. Im Ergebnis führte dies zu einem Rückgang des Bruttoergebnisses um 13.8 Mio. CHF auf 52.1 Mio. CHF. Hierbei zu berücksichtigen sind die zulasten der Bruttomarge des Berichtsjahres 2016/17 verbuchten Wertkorrekturen der Warenlager in Höhe von 4.4 Mio. CHF. Im Vorjahr hingegen war die Bruttomarge gemäss Angaben des Geschäftsberichts durch einen Gewinn auf die Edelmetallbestände in Höhe von 3 Mio. CHF und die Auflösung von Rückstellungen für Wertschwankungen im Umfang von 2.2 Mio. CHF positiv beeinflusst worden. Der effektive Rückgang der Bruttomarge betrug somit 4.3 Mio. CHF auf 56.5 Mio. CHF, was in etwa dem Umsatzminus entspricht. Für den Rückgang verantwortlich zeigten sich die Umsatzrückgänge im Bereich Luxury + Industries mit 3 Mio. CHF und Medtech mit 1.7 Mio. CHF. Hingegen hatte die neue Gesellschaft Microtech einen positiven Einfluss von 0.5 Mio. CHF.
Leicht tiefere Betriebskosten
Die Betriebskosten im Berichtsjahr lagen mit 53.9 Mio. CHF leicht tiefer als im Vorjahr, in dem sie 54.1 Mio. CHF betrugen. Der Rückgang geht auf das Konto der um 0.9 Mio. CHF gesunkenen Personalkosten. Im Ergebnis führte dies zu einem Betriebsverlust vor Abschreibungen (EBITDA) von -1.8 Mio. CHF (Vorjahr: +12 Mio. CHF). Die Sachabschreibungen betrugen 23.8 Mio. CHF nach 8.4 Mio. CHF. Hierin enthalten sind die vorerwähnten Sonderabschreibungen von 15.1 Mio. CHF. Für das Berichtsjahr musste CMSA einen Betriebsverlust von 25.6 Mio. CHF nach einem positiven EBIT von 3.5 Mio. CHF im Vorjahr ausweisen. Positiv auf das Reinergebnis wirkten sich die ausserordentlichen Faktoren von 23.9 Mio. CHF nach 0.8 Mio. CHF im Vorjahr aus. Dennoch musste CMSA unter dem Strich einen Reinverlust von 1.4 Mio. CHF nach einem Vorjahresgewinn von 3.2 Mio. CHF ausweisen. Die Aktionäre erhalten trotz des Verlustausweises eine gegenüber dem Vorjahr unveränderte Dividende in Höhe von 180 CHF pro Aktie, die aus den Reserven, welche die Gesellschaft in den Vorjahren bildete, ausgeschüttet wird.
Positives Nettoergebnis erwartet
Für das laufende Geschäftsjahr 2017/18 wird ein positives Konzernergebnis erwartet. Die Geschäftsentwicklung der ersten zwei Monate des neuen Geschäftsjahres stimmen das Management zuversichtlich, dieses Ziel zu erreichen. Weitere Aussagen zu den Finanzzielen des aktuellen Jahres machte die Geschäftsleitung auch an der GV nicht. Das laufende Jahr wird allerdings ein Langgeschäftsjahr werden, das 15 Monate umfasst und erst am 31.12.2018 abgeschlossen wird. Die Gesellschaft passt sich damit dem allgemeinen Marktumfeld an und will die schwierige Kommunikation mit den Kunden vereinfachen. Komplett abgeschlossen werden soll die Reorganisation des Unternehmens. Vorangetrieben wird die Planung des neuen Refininggebäudes in Lyss, das anstelle des alten Gebäudes in Biel geplant ist. Dieses soll im 2019 abgebrochen werden. Das Gesamtinvestitionsvolumen des neuen Gebäudes einschliesslich des Grundstücks wurde mit 15 Mio. CHF angegeben.
Die Geschäftszahlen von CMSA für das abgelaufene Geschäftsjahr fallen durchwachsen aus. Die zahlreichen Sonderfaktoren, welche das Ergebnis beeinflussen, reflektieren den laufenden Umbau des Konzerns. Die sehr hohen ausserordentlichen Sachabschreibungen lassen allerdings hoffen, dass CMSA hier „tabula rasa“ gemacht und alle möglichen negativen Effekte in die Jahresrechnung 2016/17 integriert hat. Der Verlustausweis wurde lediglich durch die Auflösung von sehr hohen Wertschwankungsreserven auf die Edelmetallbestände deutlich reduziert. Angesichts der stetig abnehmenden Bedeutung des Edelmetallgeschäfts für das Unternehmen erscheint dieser Schritt eine logische Konsequenz. Mit einer Schwankungsreserve zwischen 20% und 30% des aktuellen Werts dürften alle möglichen Kursschwankungen abgedeckt werden.
Für die Beurteilung der effektiven Margen der Gesellschaft kann am ehesten das um die Sonderfaktoren Wertkorrekturen bereinigte EBITDA herangezogen werden. Dieses lag im Berichtsjahr bei nur 2.6 Mio. CHF, was einer Umsatzrendite von sehr tiefen 2.1% entspricht. Bereits im Vorjahr lag die Marge bei wenig ansprechenden 5.3%. Nicht bezifferbar sind indessen die in beiden Jahren enthaltenen Kosten des Konzernumbaus, die einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Resultat haben dürften. Die wirtschaftlichen Margen dürften mit hoher Wahrscheinlichkeit deutlich höher ausfallen als dies im Geschäftsabschluss erscheint.
Auf den ersten Blick sehr gering erscheint die bilanzielle Eigenmittelquote, die mit lediglich 20.1% der Bilanzsumme ausgewiesen wird. Allerdings besitzt die Gesellschaft Rückstellungen im Umfang von knapp 42% der Bilanzsumme, die zumindest grösstenteils Eigenmittelcharakter aufweisen dürften. Selbst unter sehr konservativen Aspekten lässt sich somit ein solider Eigenfinanzierungsgrad von mindestens 50% ermitteln.
Die Aktien der Gesellschaft werden auf der ausserbörslichen Handelsplattform OTC-X der Berner Kantonalbank (BEKB) gehandelt. Der Kurs der Papiere hat sich nach einem deutlichen Anstieg auf bis zu 10’500 CHF wieder auf den letztbezahlten Wert von 9’100 CHF reduziert. Dieser Wert entspricht dem aktuellen Geldkurs der Titel. Auf dieser Basis beträgt die Dividendenrendite auch im aktuellen Tiefzinsumfeld eher niedrige 2%. Eine Ermittlung des fairen Preises mittels der Kennzahlen der Erfolgsrechnung erscheint aufgrund der zahlreichen Sonderfaktoren und dem daraus resultierenden Verlustausweis als wenig sinnvoll. Auch auf der Basis des Unternehmenswerts im Verhältnis zum EBITDA (EV/EBITDA) lässt sich aktuell keine verlässliche Bewertung der Aktien ermitteln. In Betracht kommt somit ausschliesslich der Substanzwert. Dieser dürfte den ausgewiesenen Buchwert von 3’360 CHF pro Aktie deutlich übersteigen und sicher nicht unter 10’000 CHF pro Titel anzusiedeln sein. Das Risiko für Kursrücksetzer erscheint aktuell begrenzt, während die Medtechsparte und insbesondere die Diavantis-Beteiligung bei einer erfolgreichen Lancierung von Vivax den Kursen deutlichen Auftrieb verleihen könnte.