Die auf OTC-X gelistete Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees (SGV) AG bildet zusammen mit ihren Tochtergesellschaften Shiptec AG und Tavolago AG die SGV Gruppe. In dem in wenigen Tagen beendeten Jahr 2017 steuert die SGV Gruppe sowohl umsatz- als auch ertragsseitig auf Rekordkurs zu, wie einem kürzlich veröffentlichten Aktionärsbrief zu entnehmen ist.
Der konsolidierte Gruppenumsatz soll 2017 um rund 10% höher ausfallen und insgesamt etwa 77 Mio. CHF betragen. Als Treiber für diese positive Entwicklung im laufenden Geschäftsjahr nennt die SGV AG die guten meteorologischen Bedingungen, eine verbesserte Währungssituation für ausländische Gäste, steigende Besucherzahlen aus Amerika und Asien, das neue Kursschiff MS Diamant sowie die Wiederinbetriebnahme der direkten Schiffsverbindung zwischen Luzern und Kehrsiten-Bürgenstock Ende August 2017.
Umsatz und EBITDA werden 2017 kräftig steigen
Die SGV AG als Betreiberin der überwiegend touristischen Schifffahrt auf dem Vierwaldstättersee rechnet für 2017 mit im Vergleich zum Vorjahr um rund 8% höheren Personenfrequenzen (2.6 Mio.) bei einem Gesamtumsatz von 39 Mio. CHF (+5%). Damit ist das Stammhaus mit der Schifffahrt auch umsatzmässig das wichtigste Standbein der Gruppe. Allerdings kann die Tavolago AG als Gastronomiespezialist zu Wasser und auf dem Land auch 2017 mit einem geschätzten Umsatzzuwachs von 12% auf 33 Mio. CHF überdurchschnittlich zulegen und ist umsatzmässig nicht mehr weit von der Schifffahrt entfernt. Die Shiptec AG rechnet für 2017 mit einem Umsatz von 19 Mio. CHF (+5%), wobei in einer konsolidierten Konzernbetrachtung nur die (im jetzigen Zeitpunkt unbekannten) Umsätze mit Drittkunden (Vj. 3.6 Mio. CHF) relevant und die internen Umsätze wieder zu eliminieren sind. Die für die neue Schiffsverbindung zwischen Luzern und Kehrsiten-Bürgenstock (Bürgenstock Resort) gegründete SGV Express AG nimmt ihre operative Tätigkeit erst im Frühling 2018 nach Inbetriebnahme des sich im Bau befindenden neuen Shuttleschiffes auf, so dass deren Zahlen erst 2018 anteilig in die Jahresrechnung einfliessen werden.
Aufgrund der erwarteten Umsatzsteigerung im laufenden Jahr in allen drei Geschäftsbereichen prognostiziert die SGV AG im Aktionärsbrief einen konsolidierten Rekord-Betriebsgewinn auf Stufe EBITDA von knapp 10 Mio. CHF nach 8.8 Mio. CHF im Vorjahr (+13.6, vgl. Abbildung).
Kapitalstruktur soll vereinfacht werden – Einführung der Einheitsaktie für 2018 geplant
Verwaltungsrat und Gruppenleitung der SGV beabsichtigen eine Überführung des heutigen Stammhausmodells in eine Holdingstruktur. Ziel dieser strukturellen Veränderung ist es dabei auch, die strategische Weiterentwicklung der SGV-Gruppe in den drei bisherigen Bereichen Schifffahrt (SGV AG), Gastronomie & Hotellerie (Tavolago AG) sowie industrieller Schiffbau (Shiptec AG) durch eine moderne Organisation zu unterstützen. Im Rahmen dieser organisatorischen Strukturmassnahme ist auch geplant, die bisherige „komplizierte Aktienstruktur“ (SGV) anlässlich der kommenden Generalversammlung vom 5. Juni 2018 zu vereinheitlichen und die aus der Historie der Gesellschaft gewachsene zweigleisige Kapitalstruktur mit Stammaktien und Prioritätsaktien zugunsten einer neu zu schaffenden „SGV-Einheitsaktie“ zu reformieren.
Historisch bedingt gibt es heute noch zwei Aktiengattungen: die im OTC-X-Handel im Mehrjahresvergleich etwas liquideren Prioritätsaktien (Valoren-Nr. 227.567, letzter Kurs 19.12.2013: 710 CHF, Geld/Brief 650/710 CHF) sowie Stammaktien (Valoren-Nr. 227.565, letzter Kurs 19.12.2017: 690 CHF, Geld/Brief 681/735 CHF), alle auf den Namen lautend und vinkuliert. Nach unseren Informationen sind auch noch viele physische Effekten im Umlauf – und gar nicht so wenige SGV-Aktien bzw. die zugehörigen Aktionäre gelten sogar als „verschollen“. Ausstehend sind 31’100 Prioritätsaktien zu CHF 250 nominal sowie 10’296 Stammaktien zu CHF 1.00 nominal. Daraus ergibt sich eine OTC-Kapitalisierung von aktuell etwa 29 Mio. CHF. Die Prioritätsaktien haben gegenüber den Stammaktien den theoretischen Vorteil eines doppelten Stimmrechts, was in der Praxis jedoch ohne Relevanz ist. Die Gesellschaft bezahlt keine Bardividenden. Stattdessen erhalten die Aktionäre branchenübliche Naturaldividenden, die im konkreten Fall der SGV AG nach der Höhe des Anteilsbesitzes gestaffelt sind. Seit Ende November 2017 ist die Führung des Aktienregisters an einen externen Dienstleister ausgelagert.
Havarie von MS Diamant Anfang Dezember überschattet Rekordjahr – MS Diamant funkelt frühestens im Frühling 2018 wieder
Überschattet wurde das Rekordjahr 2017 auf der Zielgerade des ausklingenden Jahres von der Havarie von MS Diamant Anfang Dezember: Das erst seit Mai 2017 fahrplanmässig eingesetzte neue Kursschiff MS Diamant – zugleich das grösste, modernste und mit über 15 Mio. CHF Baukosten auch teuerste Schiff der SGV-Geschichte – machte am 7. Dezember 2017 vor der Schiffstation Kehrsiten-Bürgenstock die Bekanntschaft mit einem offenbar allzu neugierigen Felsen, der in Ufernähe unweit der Station Kehrsiten-Bürgenstock im Schutz der Dunkelheit wohl zu nahe an das Schiff herangeschwommen war, um sich von dessen Leucht- und Strahlkraft auch bei Nacht aus nächster Nähe zu überzeugen… Der Kontakt war zu nah, wie man heute weiss. Leider gab der Fels nicht nach, die teure Schiffshaut aber schon. Ergebnis dieser ungeplanten nächtlichen Begegnung vor der imposanten Kulisse des Bürgenstock war ein Leck im Schiffsrumpf und ein Wassereinbruch, der von Feuerwehr und Einsatzkräften noch vor Ort abgepumpt und provisorisch abgedichtet wurde (vgl. Luzerner Zeitung vom 8.12.2017). Alle 163 Gäste einer Extrafahrt für Gäste der Bürgenstock-Hotels sowie die Mitarbeitenden an Bord konnten das Schiff an der nahe gelegenen Station Kehrsiten-Bürgenstock unverletzt verlassen. Das ist die gute Nachricht.
Nach Augenzeugenberichten stand jedoch die Schiffsküche 150 Zentimeter unter Wasser. Seit dem 8. Dezember 2017 ist MS Diamant auf dem Schwimmdock in Luzern zur Reparatur. Der Schaden aus der Havarie einschliesslich Rumpfreparatur und Ersatz der technischen Geräte dürfte sich auf einen siebenstelligen Betrag belaufen, ist nach Information seitens der SGV aber „zum grossen Teil versichert“. Das neue Flaggschiff wird voraussichtlich bis Frühling 2018 ausfallen, was nach dem sehr gelungenen Start von MS Diamant – die Passagierfrequenzen waren auf vergleichbaren Kursen nach SGV-Informationen „um rund einen Drittel höher beim Einsatz des neues Schiffes“ – mehr als nur ein kleiner Wermutstropfen am Ende eines ansonsten ausserordentlich erfolgreichen Jahres ist.
Die SGV AG ist und bleibt auf Kurs, wie die jüngst im Aktionärsbrief publizierten Prognosen zu Umsatz und Betriebsergebnis im Geschäftsjahr 2017 eindrucksvoll belegen. Die gut geführte SGV-Gruppe hat sich in den letzten Jahren zu einer kleinen, feinen Perle auf dem OTC-X-Tableau entwickelt. Die beiden 2018 vor einer Vereinheitlichung stehenden SGV-Aktien – Prioritäts- und Stammaktien – sind über die letzten Jahre, wohl weitgehend unbemerkt von einer breiteren Öffentlichkeit, eine DER Erfolgsgeschichten im ausserbörslichen Aktienmarkt auf OTC-X gewesen mit prozentual dreistelligen Kurszuwächsen. Noch Ende 2014 kostete die SGV-Prioritätsaktie um 300 CHF und hat sich seither mehr als verdoppelt. Alleine 2017 beträgt das Kursplus bei den Prior-Aktien bisher fast 40%. Die Dezember-Havarie von MS Diamant ist aus betrieblicher Sicht sowie aus einer Marketing-Perspektive ärgerlich und könnte zu einer kurzfristigen „Jahresanfangsdelle“ beim Umsatz (und auch beim Ergebnis) führen. Allerdings dürfte diese durch andere Bereiche oder auch die Erfolge der künftigen SGV Express AG kompensiert werden und nur von vorübergehender Dauer sein. Wichtiger ist aus unserer Perspektive für den operativen Erfolg das Wetter- und Währungsglück, welches sich allerdings von der SGV AG nur schwerlich beeinflussen lässt. Zudem sehen wir den finanziellen Havarie-Schaden für die SGV AG durch die Aussagen der Verwaltung angesichts der überwiegenden Schadensversicherung letztlich als begrenzt an. Insgesamt sind beide Aktiengattungen wenig liquide und teilweise sehr weit gestellt mit teilweise nur (sehr) kleinen Einzelumsätzen von vielfach nur wenigen Aktien. Entsprechend umsichtig sollten interessierte Anleger – die einen Bezug zur Zentralschweiz mitbringen sollten – disponieren.
Transparenzhinweis: Dem Autoren nahestehende Personen sind Aktionäre der SGV AG.