Auto AG Holding: 100 Mio. CHF-Umsatz-Grenze dank Übernahme in 2017 geknackt – Firmenstruktur wird gestrafft

Sonderdividende von 2 CHF dank Firmenjubiläum.

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Das NFZ-Center in Weiningen ist bereits zu 93% vermietet. Bild: autoag.ch

Das Timing der Auto AG-Gruppe aus Rothenburg stimmt nahezu perfekt. Rechtzeitig zum 100-jährigen Jubiläum der im öffentlichen Verkehr und Nutzfahrzeuggeschäft tätigen Unternehmung kann Verwaltungsratspräsident Georges Theiler den Aktionären den Abschluss eines sehr erfolgreichen Geschäftsjahres präsentieren. Der Umsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 42% auf 114.4 Mio. CHF und knackte damit zum zweiten Mal in der 100-jährigen Firmengeschichte die Marke von 100 Mio. CHF. Besonders erfreut zeigte sich Theiler auch darüber, dass der Umsatz nicht nur durch die Akquisition des Ostschweizer Nutzfahrzeugunternehmens Nater AG, sondern auch organisch bei der Auto AG um 7% zugelegt hat. Dass der Zukauf nicht nur umsatz-, sondern auch ergebnisseitig den erwünschten Effekt hatte, zeigen die weiteren Zahlen der Erfolgsrechnung. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) kletterte um 32.8% auf 8.4 Mio. CHF (Vorjahr: 6.4 Mio. CHF) und auch das Unternehmensergebnis lag mit 3.1 Mio. CHF um 14.5% über dem Vorjahreswert. Den unterproportionalen Ergebnisanstieg begründete Theiler mit Goodwill-Abschreibungen für die Nater-Akquisition sowie Rückstellungen für die Integration des Ostschweizer Unternehmens. Der Goodwill soll nach Aussagen von Finanzchef Walter Odermatt innerhalb von fünf Jahren abgeschrieben sein. An dem guten Ergebnis werden die Aktionäre mit einer Dividende in Höhe von 12 CHF in Form einer Nennwertreduktion partizipieren. Davon werden 10 CHF als reguläre Dividende und 2 CHF als Jubiläumsdividende ausgeschüttet. «Ob wir auch im kommenden Jahr wieder 12 CHF zahlen werden, möchten wir zum heutigen Zeitpunkt offenlassen», so Theiler. Dies hänge von der Geschäftsentwicklung in diesem Jahr ab. 

Nater-Akquisition als «krönender Abschluss» für CEO Robert Meyer

Auch für Robert Meyer, der seit zwölf Jahren das Unternehmen als CEO geleitet hat und sein Amt per 1. Mai an Marc Ziegler übergibt, stimmte das Timing. Denn unabhängig von der Nater-Akquisition, die man auch als «krönenden Abschluss» seiner Karriere bei der Auto AG bezeichnen könnte, konnte er in allen Bereichen ein Wachstum vorweisen. Der Geschäftsbereich «öffentlicher Verkehr» – hier betreibt das Unternehmen mehrere Buslinien in Raum Luzern – wies mit 18 Mio. CHF einen leicht höheren Umsatz aus. Auch im Bereich Werkstatt und Ersatzteilverkauf habe die Auto AG ein organisches Wachstum erzielen können. Erfreulich entwickelt sich auch die Vermietung der Räumlichkeiten am Standort in Weiningen, wo die Auto AG im letzten Jahr ein Nutzfahrzeugcenter nach dem Vorbild Rothenburgs erstellt hat. Derzeit seien 93% der Flächen langfristig vermietet, so Meyer. Für die restlichen Flächen sei man im Gespräch mit potenziellen Mietern. Einziger Wehmutstropfen in der Abschlussbilanz von Robert Meyer ist das geplante Immobilienprojekt am Standort Rothenburg. Obwohl das Vorprojekt bereits seit 2016 abgeschlossen ist, befindet sich die Auto AG immer noch in Abklärung mit den Behörden. Mietinteressenten gebe es nach wie vor, so Meyer. Aber diese würden auch nicht ewig warten. Daher hofft er auf eine baldige Einigung und einen Start des Projektes.

Nachholpotenzial in Sachen Digitalisierung

In die Zukunft wird der IT-Experte Marc Ziegler das Unternehmen führen. Er zeigte an der Medienkonferenz auch gleich, wo man ansetzen wolle. In der Digitalisierung gibt es seiner Ansicht nach trotz erster Projekte noch Nachholpotenzial für die Gruppe – aber auch Chancen. Zudem möchte Ziegler, der 18 Jahre für die Softwarefirma SAGE tätig war, weitere Zukäufe tätigen. Bei SAGE habe er zehn Firmen akquiriert und erfolgreich integriert, so Ziegler. Eines der ersten grossen Projekte wird für Ziegler und sein Team allerdings die Zusammenführung der IT-Systeme der Auto AG und der Nater AG sein, da beide bisher auf unterschiedlichen Plattformen arbeiten. Zudem soll bis Ende 2018 die Firmenstruktur vereinfacht werden. Unterhalb der Holding gibt es dann statt 13 Einzelgesellschaften nur noch sechs Tochterunternehmen: für den öffentlichen Verkehr, das Nutzfahrzeuggeschäft, den Fahrzeugbau, die Fahrzeugvermietung, das Management und die Immobilien. Insgesamt werden fünf Geschäftsliegenschaften der Unternehmensgruppe in die neue Immobilienfirma eingebracht, die nach Angaben von Finanzchef Walter Odermatt eine Bilanzsumme von rund 60 Mio. CHF haben dürfte. Ein Teil der Flächen ist derzeit an die Gesellschaften der Auto AG Group vermietet. Für das laufende Geschäftsjahr zeigte sich Georges Theiler zuversichtlich. Sämtliche Geschäftsbereiche seien gut in das neue Jahr gestartet. Als zentrale Herausforderung bezeichnete Theiler den hohen Wettbewerbsdruck. Ziel sei es, dennoch die Margen zu verbessern. 2017 lag die EBITDA-Marge bei 7.4%. Noch im Vorjahr waren es (ohne Nater) 7.9%.

Mit der Akquisition der Nater AG hat die Auto AG Group einen wichtigen Expansionsschritt gemacht. Diesem dürften wohl mittelfristig weitere folgen. Erfreulich ist jedoch, dass die Auto AG 2017 nicht nur akquisitionsbedingt, sondern auch organisch wachsen konnte. In den kommenden Jahren muss es der Firma gelingen, durch Effizienzsteigerungen die Margen zu verbessern bzw. diese zumindest auf dem heutigen Niveau zu halten. Das grösste Wachstumspotenzial liegt im Bereich Nutzfahrzeuge. Der öffentliche Verkehr und auch das Immobiliengeschäft bilden weiterhin zwei stabile Ertragspfeiler, welche das volatilere Nutzfahrzeuggeschäft ergänzen. Für das laufende Geschäftsjahr zeichnet sich zum heutigen Zeitpunkt ein weiteres organisches Wachstum ab. Zwar wird die Erfolgsrechnung in den nächsten vier Jahren noch durch die Goodwill-Abschreiber für Nater belastet. Allerdings könnte die neue Firmenstruktur ab 2019 kostenseitig zu positiven Effekten führen. Für die Integration der Nater AG wurde 2017 bereits ein Betrag zurückgestellt, so dass hier keine grossen ausserordentlichen Effekte zu erwarten sind. Insgesamt ist daher für 2018 ein Ergebnis mindestens auf Vorjahresniveau im Bereich von 3 bis 4 Mio. CHF (oder 35.50 bis 47.30 CHF) zu erwarten. Dies entspricht bei Kursen von um die 580 CHF auf OTC-X einem KGV von 16 bis 12. Die Dividendenrendite beträgt aktuell 2.1%, könnte aber bei einem Wegfall der Jubiläumsdividende im 2018 auf 1.7% sinken.

Angesichts dieser Bewertung sind die Aktien auf dem aktuellen Kursniveau nicht zu teuer. Allerdings könnten in den kommenden Jahren Investitionen insbesondere in die Digitalprojekte zu einer Belastung der Erfolgsrechnung führen. Sofern die Projekte erfolgreich und effizient durchgeführt sowie zusätzliche Unternehmen ähnlich der Nater AG konsolidiert werden können, bietet sich für die Aktien mittelfristig weiteres Aufwärtspotenzial. Angesichts der hohen Substanz – der Buchwert lag per Ende 2017 bei 649 CHF und damit über dem aktuellen Kurs – sollte der Aktienkurs auch bei einem etwas schwierigeren Geschäftsverlauf nach unten abgesichert sein. Für langfristig denkende Value-Investoren bleiben die Titel trotz des Kursanstiegs von über 50% im letzten Jahr interessant.

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