Der Schweizer Bergtourismus wurde, unterstützt von einer voranschreitenden Industrialisierung und neuen technischen Möglichkeiten, gegen Ende des 19. Jahrhunderts von einer Aufbruchstimmung erfasst, die vielfach in – bis heute – teilweise spektakulären „Bahnprojekten“ zur Alpenerschliessung mündete. Einige dieser Bahnen sind zwar längst in Vergessenheit geraten, doch haben andere hingegen Krisen und Kriege – in Europa und der Welt – überlebt und ihrerseits Spuren in den Geschichtsbüchern hinterlassen. Oft waren es in der Schweiz – neben den „Industriepionieren“ – die Bergbahnen selbst, die am Anfang einer touristischen Erfolgsgeschichte standen, die bis in die Gegenwart hinein reicht und den Wandel von einstmals bäuerlich geprägten Wirtschaftsstrukturen hin zu dienstleistungsorientierten Tourismusunternehmen sowie den „Sprung in die Moderne“ erst ermöglicht haben.
Aufbruchstimmung Ende des 19. Jahrhunderts
Im Juli 1891 verkehrte beispielsweise erstmals ein durchgängiger Zug zwischen Visp und der Matterhorn-Gemeinde Zermatt, das damit für den einsetzenden Alpintourismus erschlossen wurde. Zermatt war mit der Visp-Zermatt-Bahn an das europäische Schienennetz angebunden – und das legendäre Matterhorn von Paris oder Frankfurt nur noch eine (wenn auch beschwerliche) Zugreise entfernt. Das Jahr 1891 markiert damit letztlich auch das Geburtsjahr der heutigen BVZ Holding AG. Am Vierwaldstättersee im Herzen der Schweiz konnten Ausflugsgäste bereits ab 1871 mit der Vitznau-Rigi-Bahn die Rigi als selbsterklärte „Königin der Berge“ entdecken. Die Rigibahn gilt zugleich als die älteste Zahnradbahn Europas. Die Pilatusbahn von Alpnachstad auf den Luzerner Hausberg Pilatus – vis-à-vis des Stanserhorns gelegen – eröffnete im Juni 1889.
Angesichts dieser touristischen Aufbruchstimmung in der Schweiz allgemein und am Vierwaldstättersee im Speziellen wollten auch die Pioniere der Stanserhorn-Bahn um Franz Josef Bucher-Durrer und Josef Durrer-Gasser, „Hotelkönige vom Bürgenstock“, nicht hintenanstehen.
Am 11. Mai 1891 fand auf ihre Initiative hin die 1. Generalversammlung der Stanserhorn-Bahn AG statt. Im Juni 1891 – also wenige Wochen vor der in Europa viel beachteten Jungfernfahrt der Visp-Zermatt-Bahn – wurde mit dem Bau der Stanserhorn-Bahn begonnen. Nur knapp zwei Jahre später, am 23. August 1893, fand die Eröffnung der Stanserhorn-Bahn von Stans aufs Stanserhorn und des Hotel Stanserhorn Kulm statt (Link zur Stanserhorn-Geschichte). Im Jahr 1893 war die Stanserhorn-Bahn die einzige Standseilbahn-Anlage der Welt mit drei Sektionen. Aus damaliger Sicht galt die Bahn als technisches Meisterwerk, nicht nur wegen ihrer für die Zeit revolutionären Zangenbremse, die den Wagen bei einem Seilriss an den Schienen festschraubte. Weitere Bahnen wurden nach dem Stanserhorn-Vorbild gebaut.
2018 jährt sich dieses Datum der Bahneröffnung auf das Stanserhorn zum 125. Mal – und die Bahngesellschaft feiert das „125. Jubiläumsjahr“ nach der Saisoneröffnung Mitte April noch bis zum Saisonschluss Mitte November mit verschiedenen Veranstaltungen.
2017 gutes, aber nicht sehr gutes Geschäftsjahr
2017 war für die Stanserhorn-Bahn ein gutes, aber kein sehr gutes Geschäftsjahr. Wetterbedingt und aufgrund von Sondereffekten in den Vorjahren ist es der Bahngesellschaft im abgelaufenen Jahr nicht gelungen, an die sehr guten Ergebnisse der Jahre 2015 und 2016 anzuknüpfen. Bei der gleichen Anzahl an Betriebstagen (219) war die Anzahl der Bahnbesucher mit 163’506 im Vergleich zum Vorjahr 2016 um fast 11% rückläufig.
Allerdings profitierte die Stanserhorn-Bahn im Vorjahr 2016 gemäss Geschäftsbericht von der „10-CHF-Bergbahn-Aktion der UBS„. Dieser Sondereffekt, der 2016 aussagegemäss für 14% der Gäste sorgte, konnte 2017 im normalen Ausflugsgeschäft nicht kompensiert werden. Bereinigt um den UBS-Sondereffekt hätte sich die Besucheranzahl gleichwohl moderat im niedrigen einstelligen Prozent-Bereich erhöht.
Das Stanserhorn lebt von Schweizer Tagesgästen
Unsichere Wetterprognosen insbesondere in den Sommermonaten 2017 belasteten die Gästezahlen zwischen Juli und September. Das Stanserhorn lebt stärker als andere Berge der Region vom wetterabhängigen Tagesausflugsgeschäft und von inländischen Individualgästen, die alternativ – bei schlechtem Wetter – auch „zuhause in der warmen Stube“ bleiben können. Schweizer Tagesgäste stehen für 85% der Gäste am Stanserhorn – und gerade bei diesen inländischen Individualgästen spielt das Wetter – und die Wetterprognose – eine zentrale Rolle in der Ausflugsplanung.
Internationales Gruppengeschäft steht nicht im Fokus
Wie die Gesellschaft in ihrem Geschäftsbericht schreibt, hält man den Anteil am „internationalen Gruppengeschäft“ absichtlich klein. Damit verfolgt die Stanserhorn-Bahn einen völlig anderen Ansatz als z.B. die benachbarten „internationalen Ausflugsberge“ Pilatus und Rigi. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch: Das Gruppengeschäft mit den Asiaten wird nicht mehr aktiv beworben. Gleichzeitig sind asiatische Individualgäste gerne gesehene Gäste auf dem Stanserhorn.
Bruttoertrag rückläufig
Insgesamt war der Bruttoertrag 2017 um 7.2% auf knapp 7.7 Mio. CHF rückläufig. Der Rückgang im Bahnbetrieb als wichtigster Säule im Ertragsmodell der Stanserhorn-Bahn (Anteil: 55% vom Umsatz) fiel mit 8.1% sogar noch leicht höher aus. Im Bereich der Gastronomie (Drehrestaurant Rondorama) betrug der Umsatz knapp 3.1 Mio. CHF nach 3.3 Mio. CHF im Vorjahr, ein Minus von 7.3%. Der Anteil der Gastronomie am Gesamtumsatz blieb trotz tieferer Erträge stabil bei 40%, da auch das gesamte Umsatzvolumen rückläufig war. Die Shop-Erträge konnten – von niedriger Basis aus – um fast 5% auf 381’000 CHF erhöht werden, sind insgesamt mit einem Umsatzanteil von 5% aber von nur untergeordneter Bedeutung.
Die wesentlichen Aufwandpositionen (Material, Personal) blieben im Vergleich zum Vorjahr weitgehend konstant und konnten kurzfristig nicht an das tiefere Umsatzniveau angepasst werden. Verbessert hat sich hingegen der Aufwandposten für den „übrigen betrieblichen Aufwand Bahnbetrieb“. Dieser Aufwandposten fiel dank tieferer Unterhaltskosten für Anlagen und fehlender Investitionen in Summe mit -0.6 Mio. CHF besser aus als im Vorjahr (-0.8 Mio. CHF).
Das EBITDA (Betriebserfolg vor Steuern, Finanzerfolg, Abschreibungen und Wertberichtigungen) verschlechterte sich im Sog der rückläufigen Betriebsumsätze bei weitgehend stabilen Aufwandpositionen um fast 15% auf 1’663’058 CHF (Vj. 1’953’264 CHF).
Reingewinn nur knapp über der Null-Linie
Die Gesellschaft hat auch 2017 im Rahmen ihrer Möglichkeiten grosszügige Abschreibungen auf das Restaurant (0.39 Mio. CHF) sowie die CabriO-Luftseilbahn (1.35 Mio. CHF) vorgenommen. Aufgrund der Abschreibungspraxis war der Betriebserfolg vor Steuern und Sondererträgen auch 2017 mit rund -120’000 CHF wieder negativ. (Vj. -37’000 CHF). Allerdings verhinderte ein in der Struktur unklarer „betriebsfremder Ertrag“ in Höhe von knapp 130’000 CHF (Vj. 48’000 CHF) einen negativen Gewinnausweis und drehte den Jahresgewinn – wie schon 2016 – leicht ins Plus. Der ausgewiesene Reingewinn 2017, aufgrund der Abschreibungspraxis ohne echte Relevanz, betrug 6’707 CHF und war damit nur sehr knapp über der Null-Linie.
Besucher- und Ertragszahlen im historischen Vergleich
Abschliessend noch ein Vergleich, um die aktuellen Besucher- und Ertragszahlen in einen historischen Kontext einordnen zu können: 1893, im ersten Betriebsjahr der Stanserhorn-Bahn, nutzten an 70 Betriebstagen gerade einmal 4’728 Besucher die Bahn – bei einem Bruttoertrag von 18’806 CHF oder durchschnittlich knapp 4 CHF je Besucher. Es folgte eine Blütephase bis 1900 mit etwas mehr als 18’000 Gästen, ehe die Gästeanzahl – in unsicheren Zeiten in Europa – bis 1910 wieder auf unter 7’300 Gäste rückläufig war. Immerhin erhöhte sich der durchschnittliche Bruttoertrag je Gast im Jahr 1910 auf 6.60 CHF, was für damalige Verhältnisse sehr viel Geld gewesen ist. 2017 lag der durchschnittliche Ertrag je Bahnbesucher – bei 163’506 Bahnbesuchern – bei rund 26 CHF und damit „nur“ beim 4-fachen des Jahres 1910.
2017 gelingt vollständiger Abbau der zinspflichtigen Schulden – schneller als geplant
Bilanzielles Highlight im abgelaufenen Geschäftsjahr 2017 war, dass es der Stanserhorn-Bahn gelungen ist, den verbleibenden Teil der zinspflichtigen Schulden vollständig abzubauen. Die verbleibenden Schulden betragen 5.2 Mio. CHF (davon langfristig 5.0 Mio. CHF) und betreffen das zinslose Darlehen im Rahmen der „neuen Regionalpolitik“ von Bund und Kanton (Quelle: Geschäftsbericht 2017, S. 9). Die Entwicklung der Stanserhorn-Bahn in den zurückliegenden Jahren seit Bau der CabriO-Bahn (Betriebsbeginn: 06/2012) verlief auch wirtschaftlich erfreulich für das Unternehmen und war zugleich besser als in den Business-Plänen rund um die CabriO-Investitionen in Höhe von knapp 30 Mio. CHF seinerzeit prognostiziert. Die Gesellschaft sieht sich deshalb auch wirtschaftlich auf einem guten Weg.
Das ausgewiesene Eigenkapital lag bei rund 11 Mio. CHF zum Stichtag 31. Dezember 2017, die Eigenkapitalquote beträgt solide 59% (Vj. 55%).
Das ursprüngliche Aktienkapital zur Gründung im Jahr 1891 betrug 1’000’000 CHF und war zunächst in 2’000 Inhaberaktien à 500 CHF eingeteilt. Diese bis heute gültigen, mittlerweile im Nominalwert auf 10 CHF reduzierten historischen Stanserhorn-Gründeraktien, die auf der OTC-X-Plattform der Berner Kantonalbank (BEKB) nur sehr selten den Besitzer wechseln, sind bis heute in Form der „kleinen“ Inhaberaktien ein Bestandteil des im Verlauf der letzten 127 Jahre seit Gründung mittlerweile auf 3.02 Mio. CHF aufgestockten Aktienkapitals.
Das aktuelle Aktienkapital der Stanserhorn-Bahn AG ist, historisch bedingt, eingeteilt in zwei Aktienkategorien zu nominal 10 CHF (2’000 Aktien) und nominal 250 CHF (12’000 Aktien). Die im Handel liquideren Aktien zu nominal 250 CHF werden ausserbörslich auf OTC-X zu Kursen um 1250 CHF gesucht und zu 1360 CHF angeboten. Die Kurse der Stanserhorn-Aktien bewegen sich seit einigen Jahren stabil auf dem aktuellen Niveau in einer Bandbreite zwischen 1’100 und 1’350 CHF.
Für die sehr selten gehandelten Inhaberaktien zu nominal 10 CHF gibt es lediglich einen Geldkurs von 350 CHF. Damit notieren beide Aktienkategorien mehr oder weniger deutlich über dem anteiligen Buchwert (911 CHF bei den 250 CHF-Aktien bzw. 36 CHF bei den 10 CHF-Aktien).
Die Stanserhorn-Bahn schüttet keine Bardividenden an ihre Aktionäre aus, was den Vergleich zu anderen Bahnen der Region (Pilatus, Rigi, Titlis) und darüber hinaus erschwert. Auf einer Bewertungsbasis von rund 15 Mio. CHF auf vereinheitlichter Nominalwert-Basis (250 CHF-Aktie) erscheint die Aktie mit Blick auf die Ertragslage und fehlende Ausschüttungsperspektiven in einer isolierten Betrachtung heute eher als ambitioniert bewertet. Aktionäre können jedoch von einer branchenüblichen, attraktiven Naturaldividende profitieren. Diese wiederum relativiert den optisch hohen Aktienpreis. Unabhängig vom Nominalwert berechtigt der Besitz einer Aktie zum jährlichen Kauf eines Aktionärsbillets zum ermässigten Preis von 5 CHF gegen Abgabe des entsprechenden Coupons.
Die Aktien der sympathischen Nidwaldner Bahngesellschaft eignen sich trotz guter Fortschritte auf der operativen Seite in den letzten Jahren seit Inbetriebnahme der CabriO-Bahn aufgrund ihrer Strukturen in erster Linie für Anleger mit einem Bezug zum Kanton Nidwalden und der Region Luzern/Vierwaldstättersee. Die Jubiläums-Generalversammlung fand bereits am 13. April 2018 in Stans statt.
Transparenzhinweis: Dem Verfasser nahestehende Personen sind Aktionäre der Stanserhorn-Bahn AG.