Gestern veröffentlichte das Immobilienunternehmen Espace Real Estate die Zahlen des ersten Halbjahres 2018, die erfreulich ausfielen. So stieg der Periodengewinn um 8,7% auf 5.6 Mio. CHF gegenüber 5.1. Mio. im Vorjahreszeitraum. Der Betriebsaufwand sank um 5,1%, und der Finanzaufwand reduzierte sich um 11,3%.
Die Mieterträge reduzierten sich wegen des Verkaufs von zwei Renditeliegenschaften um 0.85 Mio. CHF, die Ertragsausfälle seien aber durch die Fertigstellung der ersten Etappe „Les Amis“ in Biel sowie Amselweg/Drosselweg in Zuchwil nahezu kompensiert worden, wie das Unternehmen mitteilte. In der Summe fiel der Liegenschaftsertrag um 0.2 Mio. CHF (-1,59%) auf 12.6 Mio. CHF.
Der Marktwert des Immobilienportfolios stieg um 2,8% auf 657.9 Mio. CHF. Gleichzeitig gingen die Leerstände der Renditeliegenschaften um 1,5 Prozentpunkte auf 7,9% zurück.
Nach Bekanntgabe der Halbjahreszahlen sprach schweizeraktien.net mit Lars Egger, der seit 1.1.2018 als CEO das in Solothurn beheimatete Unternehmen führt.
Herr Egger, seit Anfang 2018 leiten Sie als CEO die Geschicke von Espace Real Estate. Wo möchten Sie neue Akzente setzen?
Beispielsweise wollen wir die Markt- und Kundenorientierung intensivieren. Das war in den letzten Jahren auch der Fall, der Markt hat aber viel von sich aus absorbiert. Diese Situation hat sich mittlerweile geändert. Daher müssen wir noch stärker wissen, was am Markt verlangt wird. Wir denken immer noch, dass wir der Marktführer in unserer Region sind, aber die grossen institutionellen Immobilieninvestoren beispielsweise aus dem Raum Zürich sind mittlerweile auch hier vor Ort.
Haben Sie als gewachsenes Unternehmen aus Solothurn einen Standortvorteil?
Wir haben den Vorteil, dass wir einen Wissensvorsprung von lokalen Marktgegebenheiten haben und unsere Kunden besser kennen. So können wir die Bedürfnisse der Kunden besser aufnehmen und in die neuen Projekte, die wir entwickeln, einfliessen lassen. Wir wollen nur dort bauen, wo der Kunde wohnen will, wo also ein Markt ist. Das Thema Kundenorientierung ist im Immobilienmarkt in den letzten 10 bis 15 Jahren etwas vernachlässigt worden, da findet jetzt ein Umschwung statt.
Darüber hinaus wollen wir die Geschäftsprozesse bei Espace Real Estate verbessern und effizienter werden, indem wir verstärkt neue Technologien einsetzen.
Wie sieht das konkret aus?
Gerade die Immobilienbranche hat bezüglich der Digitalisierung noch Potenzial: Im Vermietungsprozess wird noch sehr konservativ gearbeitet; beispielsweise mit Telefon und Formularen – hier gibt es ein grosses Verbesserungspotenzial, das wir Schritt für Schritt nutzen wollen.
Aber wir wollen auch in unserer Kommunikation modernere Wege gehen. Wir nutzen verstärkt Social Media, was eine direktere Kommunikation mit den Kunden ermöglicht.
Werden Sie eigene digitale Tools entwickeln?
Wir machen das nicht selbst, dafür sind wir zu klein. Die notwendigen Tools werden übernommen, und wir adaptieren sie auf unsere Bedürfnisse.
So werden wir in naher Zukunft ein digitales Mieterdossier einrichten, in dem alle Dokumente wie Mietvertrag, Bankdokumente, Gebrauchsanleitungen für die Küche und Garantien enthalten sind. Das ist ein wesentlicher Schritt für eine effiziente Kommunikation zwischen Mieter und Vermieter.
In Ihrem Unternehmen findet gerade ein Generationenwechsel statt. Sie sind neu, der CFO wird ausgewechselt. Warum diese Wechsel?
Wir wollen die Chancen einer Vorwärtsstrategie für Espace Real Estate wahrnehmen. So soll auch der Bereich Finanzen neue Aufgaben übernehmen. Deshalb der Wechsel.
Sie publizieren seit neuestem nicht mehr die Fälligkeiten Ihrer Mietverträge. Warum?
Es kam das Bedürfnis auf, den Geschäftsbericht zu komprimieren. Früher haben wir alle unsere Immobilien einzeln im Geschäftsbericht vorgestellt, jetzt bilden wir Kategorien.
Wird der Anteil an Wohnimmobilien in Ihrem Portfolio weiterwachsen, eine Tendenz, die wir schon über die ganzen letzten Jahre gesehen haben?
Grundsätzlich verfolgen wir die Strategie, den Wohnanteil zu erhöhen. Jetzt sind wir bei einem Anteil von 38%. Der soll weiter wachsen. Aber gleichzeitig wollen wir Opportunitäten bei kommerziellen Liegenschaften prüfen. Wir hatten Glück mit dem Areal in Luterbach; es liegt im Entwicklungsgebiet des Pharmakonzerns Biogen. Dort spüren wir eine dynamische Entwicklung. Wir bauen dort neu für das Industrieunternehmen Schaffner und gehen davon aus, dass weitere Betriebe sich auf dem Areal ansiedeln werden. Zudem prüfen wir auch Investitionsmöglichkeiten für das Industrie-Areal in Subingen, eine der wenigen noch verfügbaren Flächen (45’000 m²) direkt an der Autobahn A1.
Lassen Sie uns nochmals auf die Wohnimmobilien zurückkommen. Was passiert da konkret?
Wir investieren immer nur dort, wo eine konkrete Nachfrage besteht. Wir bauen jetzt 83 Wohnungen in Zuchwil, in 500 Metern Luftlinie vom Biogen-Entwicklungsgebiet entfernt. Von der Wohnung aus kann man mit dem Fahrrad der Aare entlang zu dem Standort von Biogen, aber auch nach Solothurn fahren. Für die 600 Mitarbeiter gibt es damit ein attraktives Angebot.
In Biel bauen wir zusammen mit einer Genossenschaft eine Siedlung, die es so bisher zumindest im Mittelland nicht gab. Auf dem Areal wird es eine Kinderkrippe geben, Gästezimmer für die Besucher, wo sie für 30 Franken übernachten können, ebenfalls Fitnessstudio und Restaurants. Dort verkaufen wir eigentlich Dienstleistungen und vermieten darüber hinaus auch noch Wohnungen. So versuchen wir uns gegenüber der Konkurrenz abzuheben und zu profilieren.
Sie konnten entgegen dem Trend Ihren Leerstand im 1. Semester 2018 reduzieren. Wie ist Ihnen das gelungen?
Wir spüren eine leichte Stabilisierung bei den kommerziellen Flächen. Hier konnten wir vor allem den Leerstand reduzieren. Insbesondere durch die Ansiedlung von Biogen und den Medtech-Cluster-Effekt in unserer Region. Bis Ende Jahr wird der Leerstand weiter zurückgehen.
Bei den Wohnliegenschaften hatten wir schon immer sehr geringe Leerstände, abgesehen von einem gewissen betrieblich bedingten Sockel-Leerstand.
Welche Rolle spielt die energetische Sanierung bei Ihren Bestandsimmobilien?
Wir sind nicht auf Labels wie Minergie fixiert. Der heutige Standard in unseren Liegenschaften kommt dem Minergiestandard schon sehr nahe.
Worauf wir aber besonders stolz sind, ist die Eigenverbrauchsgemeinschaft in unserem Projekt „Volaare“ in Zuchwil. Das funktioniert so, dass wir den produzierten Strom auf dem Dach direkt an unsere Mieter zu einem günstigen Tarif verkaufen können.
Soweit ich weiss, sind wir die Ersten in der Schweiz, die eine ganze Überbauung mit einer eigenen Trafostation auf Mittelspannungsniveau mit Strom versorgen. Eine solche Energieversorgung werden wir auch bei zukünftigen Projekten prüfen.
Sie sind in diesem Jahr auf dem Höhepunkt der Investitionen angelangt. In den kommenden Jahren gehen diese stark zurück? Wie geht es dann weiter?
Wir fahren derzeit einen Konsolidierungskurs, das ist richtig. Wir haben 229 Wohnungen, die auf den Markt kommen und setzen alles daran, dass wir sie gut vermarkten und vermieten können. Wir wollen uns jetzt nicht übernehmen mit zusätzlichen Engagements. Der Aufwand, um eine Liegenschaft erfolgreich auf den Markt zu bringen, ist heute wesentlich grösser geworden. Natürlich sehen wir uns auch nach weiteren Investitionsmöglichkeiten um, aber wir sind eindeutig selektiver und zurückhaltender geworden. In Zukunft werden wir verstärkt in unseren Bestand von Immobilien aus den 70er und 80er Jahren investieren. Dies haben wir beispielweise am Amselweg/Drosselweg in Zuchwil bereits gemacht. Für uns war das mit moderaten Mietzinserhöhungen rentabel; gleichzeitig blieb die Miete für den Kunden relativ niedrig. Dieses Erfolgsmodell möchten wir für weitere Sanierungen in den nächsten Jahren anwenden.
Ist wegen der geringeren Investitionsneigung mit einer Erhöhung der Ausschüttungen zu rechnen?
Diese Frage kann ich nicht beantworten. Über einen entsprechenden allfälligen Antrag an die Generalversammlung befindet der Verwaltungsrat.
Nächstes Jahr werden Finanzverbindlichkeiten in Höhe von über 70 Mio. CHF fällig. Wie sieht Ihre Refinanzierungsstrategie aus?
Es kann ein Vorteil sein, dass wir im kommenden Jahr im momentanen Zinsumfeld einen grösseren Teil unserer Verbindlichkeiten refinanzieren müssen. Denn dieser Teil betrifft vor allem Bestandesliegenschaften, die wir längerfristig halten werden. Daher prüfen wir auch Laufzeiten von 15 Jahren und mehr. Durch die Refinanzierung dieser Verbindlichkeiten können unsere Finanzierungskosten in den kommenden Jahren nochmals reduziert werden.
Der Kurs der Espace Real Estate Aktie hat sich schlechter entwickelt als der OTC-X-Immobilienindex. Auf was führen Sie die ungenügende Performance zurück?
Die Erfolge aus Neubewertungen sind bei Espace konservativ ausgewiesen. Andere Mitbewerber bewerten ihre Liegenschaften möglichweise anders und können dadurch unter anderem auch die Periodengewinne erhöhen. Allenfalls sieht der Kapitalmarkt bei diesen Firmen mehr Potenzial und bewertet deren Aktien höher.
Sieht man von den Neubewertungsgewinnen, Verkaufsgewinnen und Gewinnen aus Entwicklung ab, stehen jedoch die anderen Immobiliengesellschaften auf Stufe EBIT nicht besser da.
Es war immer die Strategie von Espace und wird sie auch weiterhin bleiben: 0perativ immer besser werden und operativ nachhaltig gute Ergebnisse erzielen.
Herr Egger, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Die Aktien der Espace Real Estate Holding AG werden ausserbörslich auf OTC-X gehandelt. Zuletzt wurden 140 CHF pro Aktie gezahlt.
Mitarbeit: Björn Zern