Nach 20 Wachstumsjahren auf dem Schweizer Immobilienmarkt schliesst das Beratungsunternehmen IAZI eine Trendwende in den nächsten Jahren nicht aus. Zu den belastenden Faktoren gehörten steigende Leerwohnungsziffern und sinkende Mieten. Hinzu komme, dass in der anhaltenden Tiefzinsperiode aus Mangel an vergleichbaren Alternativen weiter massiv in Immobilien investiert werde, sagte IAZI-Chef Donato Scognamiglio an einem Medienanlass in Zürich.
Wegen steigender Zinsen, ungebremster Bautätigkeit, wachsender Leerstände und abnehmender Zuwanderung könnte eine Trendwende schon 2021 eintreten. „Derzeit sind mehr als 2’000 Mrd. CHF in Stockwerkeigentum, Einfamilienhäuser und Mietwohnungen investiert, jedoch mehren sich die Zeichen, dass hier der Zenit einer langen, 20 Jahre dauernden Wachstumsperiode erreicht ist“, so Scognamiglio.
Bei den Eigentumswohnungen sei bereits in 25% der Regionen ein rückläufiges Preiswachstum zu verzeichnen, sagt Scognamiglio. Während in Zürich und dem Zürcher Umland, in Zug, Chur, Schaffhausen und St. Gallen die Preise zwischen 2,1% und 4,8% übers Jahr gesehen stiegen, fielen sie in Sion um 4,8%, in Mittelbünden um 4,5%, in Biel um 3,1% und in Olten um 3%.
Markt für Renditeobjekte von Unsicherheiten geprägt
Der Markt insbesondere für Renditeobjekte sei von einigen Unsicherheiten geprägt, denn anderes als bei Eigenheimen sei das Wachstum für Renditeliegenschaften in den letzten Jahren nicht deutlich ausgebremst worden. In den vergangenen 20 Jahren ist der Wert der Renditeliegenschaften um 80%, im letzten Jahr nochmals zusätzlich um 3,8% gestiegen. Deshalb hat die Schweizer Nationalbank in diesem Jahr Massnahmen zur Eindämmung dieser Wachstumsdynamik in Aussicht gestellt.
Für Investoren sei die Entwicklung der Mietpreise besonderes relevant. Deren Anstieg sieht Scognamiglio als deutlich geringer an als das Bundesamt für Statistik (BFS). Während der BFS-Marktindex seit 2004 einen Anstieg von 20% ausweist, zeigt der IAZI Netto Rent Index ein Wachstum von 13%.
Leerwohnungsziffern steigen an
Als weiteren belastenden Faktor für das Segment Renditeliegenschaften macht das IAZI die steigenden Leerwohnungsziffern aus. Vor allem in den Kantonen, die sich in der Peripherie des Metropolitanraums Zürich befinden. So betragen die Leerwohnungsziffern für den Kanton Aargau 2,7%, für den Kanton Solothurn 3%.
Auch hier unterscheiden sich die Einschätzungen vom BFS und IAZI erheblich. Während das BFS schweizweit eine Leerwohnungsziffer von 1,6% in 2018 ausweist, liegt sie bei den Immobilienexperten vom IATZI bei 3,8%, der höchste Leerstand seit 20 Jahren.
Zusätzlicher Druck auf der politischen Bühne
Die eidgenössische Volksinitiative „Zersiedlung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung“, über die am 10. Februar 2019 abgestimmt wird, will die weitere Ausdehnung der Bauzonen auf unbefristete Zeit stoppen und strebt gleichzeitig eine qualitätsvolle Siedlungsentwicklung nach innen an. „Eine Annahme der Initiative würde dazu führen, dass sich das Angebot an Bauzonen nicht mehr flexibel ausweiten lässt, wenn die Nachfrage steigt“, sagt Scognamiglio. Er befürchtet Preisexplosionen und Blasenbildungen. Vor allem Toplagen wären betroffen, wo die Reserven an Bauland in zwei bis fünf Jahren ausgeschöpft wären.