Spätestens seit Oktober ist Schluss mit der ausgelassenen Party-Stimmung an den Börsen. Während sich die einen noch vom Kater zu befreien versuchen, blicken die anderen bereits auf das kommende Jahr. Soviel ist jetzt schon klar: Die Dividendenzahlungen rücken bei den Total-Return-Abwägungen zu Aktien stark in den Vordergrund.
Andersherum ausgedrückt heisst das, dass Aktien nach dem guten Lauf der letzten Jahre und vom hohen Bewertungsniveau ausgehend keine besonders hohen Chancen für weitere starke Kurssteigerungen bieten. Dazu kommen steigende Zinsen im Leitmarkt USA, das Ende von QE im Euro-Raum und gedämpfte Perspektiven für das globale Wirtschaftswachstum, nicht zuletzt wegen der Rückkehr vieler Staaten zu Zollschranken und protektionistischer Politik.
Anleihen vs. Aktien
Aktien als Anlageklasse haben im Verlauf der Hausse allen anderen den Rang abgelaufen. Tatsache bleibt jedoch, dass dies eine historische Anomalie darstellt, denn normalerweise sind QE (quantitative easing: Ausweitung der Geldmenge durch Notenbanken) oder/und Negativzinsen keine Bestandteile der Notenbankpolitik. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass insbesondere Anleihen in der Gunst der Investoren steigen werden und entsprechende Mittel tendenziell aus den Aktienmärkten abgezogen werden.
Dennoch kann dieser Prozess, obwohl 2018 angelaufen, noch Jahre dauern, speziell in der Schweiz. Der Grund ist einfach. Da Kapitalflucht in immer mehr Ländern und Wirtschaftsregionen für Vermögende eine Frage des Vermögenserhalts wird, dürfte die Schweiz neben den USA weiterhin ein begehrter Hafen der Sicherheit bleiben. Die macht den Franken stark und begründet die QE-Politik der SNB. Die EZB ist da in einer anderen Lage, und somit ist nicht unbedingt von synchronen Vorgehensweisen auszugehen.
Aktien weiterhin mit hohen Ausschüttungen
Aktien bleiben als Anlageklasse somit in der Schweiz attraktiv, da nicht absehbar ist, dass Anleihen eine höhere oder auch nur wettbewerbsfähige Rendite ausschütten. Aufgrund der seit Jahren guten Entwicklung der Unternehmensgewinne in der Schweiz und entsprechender Dividendenerhöhungen liegt die Ausschüttungsrendite zahlreicher Aktien bei deutlich über 3%, bei einigen Titeln sogar über 5%. Auch im kommenden Jahr ist von wiederum höheren Dividenden in der Schweiz auszugehen.
Comeback der defensiven Aktien
Allerdings zeigt das wechselhafte Kursgeschehen auch, dass nun nicht mehr alle Aktien steigen, sondern die Lieblinge von gestern und vorgestern sogar deutlich haben fallen können. Umgekehrt sind die angeblich langweiligen Nestlé, Novartis und Roche gemäss ihren starken defensiven Qualitäten gegen den Trend deutlich angestiegen. Speziell die Aktien von Novartis und Nestlé waren auf schweizeraktien.net u.a. im Dezember 2017, im Januar 2018 und im August 2018 als defensive Anlagen favorisiert worden.
Mega-Caps bleiben Top-Picks
Mit Blick auf 2019 bleiben Novartis und Nestlé weiter favorisiert, weil die internationalen Anleger angesichts von Wachstumsverlangsamung und Zinsanstieg auf Aktien international diversifizierter Multis aus konjunkturunabhängigen Industrien setzen. Eine prognostizierbare Umsatz- und Gewinnentwicklung vs. Unsicherheiten bei zyklischen und zinsreagiblen Industrien. Die Dividendenrendite beträgt aktuell 3,4% bei Novartis und 2,8% bei Nestlé. Beim Roche GS liegt der Wert bei 3,4%; Roche hat in den letzten 32 Jahren kontinuierlich die Dividende erhöht. Die Pipelines der Pharma-Giganten sind bestens gefüllt, bei Nestlé nimmt der Konzernumbau langsam, aber stetig Form an.
Zyklische und zinsreagible Industrien meiden
So offensichtlich es bei den Nahrungsmittel- und Pharma-Riesen ist, dass ihr Geschäft vom Auf und Ab der Konjunktur- und Zinszyklen weitgehend unberührt bleibt, so klar ist auch, dass Hersteller von Investitionsgütern wie Bobst (Dividendenrendite: 3,7%), die Zulieferer wie VAT (4%) sowie Zulieferer für Consumer Electronics Marken und Automobilkonzerne von den Nachfragerückgängen in diesen Industrien in Mitleidenschaft gezogen werden. Nicht minder kritisch sind Aktien in zinsreagiblen Industrien zu sehen. Dabei spielt es in den meisten Fällen keine Rolle, dass das Tiefzinsregime in der Schweiz vielleicht länger anhält als anderenorts, denn Bau- und Bauzulieferunternehmen wie Implenia (3,1%), Banken wie UBS (5%), Versicherungen wie Zürich (6,1%), aber auch Immobilienunternehmen wie SPS (4,6%) sind globalen Einflussfaktoren unterworfen, die nicht an der Grenze haltmachen. Ein grosser Anteil des Geschäfts der drei erstgenannten findet in der EU und aussereuropäischen Märkten statt. Und Immobilienaktien bewegen sich weitgehend konform an den verschiedenen europäischen Börsenplätzen.
Sicherheit vor Kurspotenzial
Wenn es zu einer wirtschaftlichen Abkühlung kommt und der Welthandel unter den protektionistischen Massnahmen leidet und vielleicht die Zinsen merklich steigen, so sind die Anleger plötzlich mit Risiken konfrontiert, die viele Jahre ausgeblendet werden konnten. In einer solchen Situation rückt der Werterhalt der Anlagen in den Vordergrund, und folglich empfiehlt es sich, lieber zu vorsichtig als zu leichtsinnig zu sein. Eine Dividendenrendite von 5% muss nicht zwangsläufig längerfristig gesichert sein. Und eine Dividendenrendite von 5% und ein Kursverlust von 20% ergibt eine negative Performance von 15%! In einer interessanten Übersicht hat cash.ch aufgezeigt, dass neun der zehn Aktien mit der höchsten Dividendenrendite eine negative Performance in 2018 aufweisen, angeführt von GAM (11,5%) mit über 60% Verlust. Der Artikel weist auch aus, welche Gesellschaften 2019 steuerbefreite Dividenden zahlen.
Ausschluss von Risiken
Um auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich daher, möglicherweise kritische Industrien und Unternehmen in einem Negativfilter auszuschliessen. So sind Logistikunternehmen wie Kühne & Nagel (4,4%) durchaus anfällig durch eine Eintrübung des Handelsklimas. Die deutlichen Korrekturen zeigen das an. LafargeHolcim (4,3%) mag zwar gute Aussichten haben, in ein stabilitätsorientiertes Portfolio gehört die Aktie dennoch nicht.
Galenica und BB Biotech mit guten Perspektiven
Neben den bereits genannten Favoriten finden sich mit Galenica und BB Biotech zwei weitere aussichtsreiche Dividendentitel im Life-Science- und Healthcare-Bereich. Galenica (3,2%) hat eine dominierende Stellung im Schweizer Apotheken- und Pharmagrosshandelsmarkt. Die Margen sind stabil und werden durch die Lancierung eigener Marken expandieren. Die Dividendenfähigkeit erscheint langfristig gesichert.
BB Biotech (4,4%) ist als Beteiligungsgesellschaft vielleicht eine überraschende Wahl, doch ein Teil der realisierten Gewinne soll seit einer Änderung der Dividendenpolitik ausgeschüttet werden. Wenn auch die Aktie bis 2012 seitwärts gelaufen ist, in den letzten fünf Jahren hat das Management einen soliden Track Record aufgebaut. In der Biotechnologie führen die hohen Investitionen in F&E in der Vergangenheit mittlerweile zu einer hohen Anzahl an Kommerzialisierungen, was sich in den Kursen niederschlägt.
Rückversicherung durch 5,6% Dividendenrendite
Wer das Risiko destruktiver Naturkatastrophen für geringer als die Kurs- und Marktrisiken an der Börse hält, kann auch Swiss Re (5,6%) ins Kalkül ziehen. Die Aktie des weltweit aktiven Rückversicherers bewegte sich in den letzten Jahren in einem aufwärtsgerichteten Trendkanal.
Landis+Gyr mit Dividendenrendite von fast 4%
Um Landis+Gyr ist es nach dem IPO 2017 ruhiger geworden. Der Höchstkurs lag bei 81.35 CHF, das Tief bei 52.05 CHF Anfang Oktober. Auf aktuelle Kursbasis errechnet sich entsprechend der Dividendenaussage des Managements eine Dividendenrendite von nahe 4%. Insgesamt sollen 75% des Free Cashflows ausgeschüttet werden; es wird erwartet, dass die Dividende nicht unter dem Vorjahreswert von 2.30 CHF je Aktie liegen wird. Beim Börsengang war gerade der Aspekt der prognostizierbaren wiederkehrenden Gewinne hervorgehoben worden, die eine nachhaltige Dividendenzahlung ermögliche. Die Zahlen des ersten Halbjahres 2018 begründen keine Zweifel, doch der Abwärtstrend der Aktie ist nach wie vor intakt.