Infrastruktur Investment (II): Transport und Verkehr – Im Dauerboom und im Wandel

Warum Betreibergesellschaften hohe Gewinnspannen erzielen und gute Investments sein können

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Der Flughafen Zürich-Kloten ist aufgrund regulatorischer Beschränkungen am Heimatort zum internationalen Player geworden. Bild: flughafen-zuerich.ch

Eine der besten Aktien an der SIX während der letzten 15 Jahre war Flughafen Zürich. Von unter 4 CHF stieg die Aktie auf 249 CHF in der Spitze! Auch aktuell meldet die Gesellschaft hervorragende Zahlen: Im November stieg die Anzahl der Flugpassagiere um 6% auf 2.21 Mio., die Starts und Landungen kletterten um 3,8% auf 21’070. Bereits über das ganze Jahr 2018 waren die Vorjahreswerte übertroffen worden. Allerdings hat die Aktie dennoch zuletzt korrigiert und liegt um 20% unter dem Kurs von Anfang November.

Ein Ende des Booms beim Fliegen ist nicht in Sicht, und eigentlich haben sich die Fundamentals durch den Preissturz beim Öl sogar verbessert. Im ersten Halbjahr 2018 war der Umsatz um 10,5% auf 540.2 Mio. CHF angestiegen, der Gewinn jedoch um 41% auf 84.5 Mio. CHF gefallen. Was schlimm klingt, hat einen einfachen Hintergrund. Im ersten Halbjahr 2017 war die verbliebene 5%-Beteiligung am indischen Flughafen Bangalore mit einem Sondergewinn von 31.4 Mio. CHF veräussert worden und hatte die Gewinnzahlen entsprechend nach oben gezogen. Im ersten Halbjahr 2018 waren dagegen Rückstellungen für Schallschutzmassnahmen erforderlich. Bereinigt um die beiden Faktoren wäre der Gewinn im ersten Halbjahr 2018 um 16,6% gestiegen. Doch die Börse hat gedreht, und die Highflyer der letzten Jahre sind nun die ersten Aktien, bei denen Gewinne glattgestellt werden.

Langfristige Kursentwicklung der Flughafen-Zürich-Aktie. Quelle: six-group.com

Regulierung dämpft Wachstumsperspektiven

Die kurze Einführung in den Transport- und Verkehrssektor via Flughafen Zürich zeigt zunächst ein starkes Wachstum im Flugverkehr, wie es angesichts der bisher guten Wirtschaftslage auch zu erwarten ist, doch bei genauerer Betrachtung offenbart sich ein differenziertes Bild. Die weiteren Schallschutzmassnahmen sind sinnvoll und für die betroffenen Anwohner bestimmt auch erforderlich. Auf der Homepage zeigt sich das Unternehmen mit den aktuellen Anpassungen im Rahmen des „Sachplans Infrastruktur Luftfahrt“ zwar zufrieden, bemängelt aber das Fehlen einer langfristige Planung. Tatsächlich mussten Kapazitäten in den Vorjahren sogar reduziert werden, um der verschärften Regulierung zu entsprechen, doch das Unternehmen will diese wieder auslasten und darüber hinaus auch neue schaffen. Aufgabe der Gesellschaft ist es, langfristig die prognostizierte Nachfrage nach Luftverkehr auch erfüllen zu können. Ein weiterer Ausbau des Flughafens Zürich erscheint jedoch unrealistisch.

Internationale Expansion

Und so kommt es, dass das hoch profitable und effiziente Unternehmen Flughafen Zürich auch ein internationaler Player geworden ist, um neue Wachstumstreiber für sich zu finden. Das internationale Geschäft lässt auch ausserordentliche Gewinne zu – wie bei der Veräusserung der Beteiligung am Flughafen Bangalore im ersten Halbjahr 2017. Ebenfalls im ersten Halbjahr 2017 meldete die Gesellschaft den Gewinn der Konzession für den Ausbau und Betrieb des internationalen Flughafens in Florianopolis in Südbrasilien. Bei diesem Flughafen hat sich Flughafen Zürich erstmals zu 100% engagiert, die Konzession erstreckt sich über den Zeitraum von 30 Jahren. Weiterhin werden zwei Konzessionen in Chile gehalten. Darüber hinaus ist die Gesellschaft in Bogota, in Belo Horizonte und Curacao engagiert. Im Geschäftsbericht 2017 werden die internationalen Erträge erstmals separat ausgewiesen, sie steuerten immerhin 17.3 Mio. CHF zum Konzernergebnis bei.

Flughäfen – ein wichtiger Standortfaktor

Die Gewinne von Flughafen Zürich wurden in den letzten 5 Jahren auf allen Ebenen signifikant gesteigert, die EBITDA-Marge in 2017 auf 56,3%, die EBIT-Marge auf 32,8% und die Nettogewinnmarge ohne den a.o. Gewinn auf rund 25%. Die Eigenkapitalrendite beträgt 12,3%. Diese Zahlen zeigen, warum Betreiber von Flughäfen, Häfen, Kanälen, Autobahnen usw. zumeist monopolartige Gewinne erzielen, denn sie sind und bleiben weitgehend von Wettbewerbern verschont. Die Schattenseite ist, dass die Regulierung zumindest in marktwirtschaftlichen Ländern strikt ist, um Nutzer und Anwohner zu schützen und gleichzeitig politische Ziele wie die Attraktivität von Standort und Region zu erreichen. So ist beispielsweise der Flughafen Frankfurt mit über 80’000 Beschäftigten der grösste Arbeitgeber der gesamten Region. Auch die Fraport ist wegen gesetzter Grenzen verstärkt international aktiv und betreibt Flughäfen in Griechenland, Slowenien, Bulgarien, Türkei, Peru, Brasilien, Russland und China. Die Fraport-Aktie liegt wie die von Flughafen Zürich trotz gutem Wachstum und hoher Profitabilität aktuell um gut 35% unter ihrem historischen Hoch.

Mautstrassen als Geschäft

Anders, aber durchaus ähnlich sind die Verhältnisse im Bereich der Autobahnen. In vielen Ländern ist der private Betrieb verbreitet. Die Betreiber bauen und betreiben die Mautstrassen und erhalten dafür über einen längeren Zeitraum die Nutzungsgebühren ganz oder teilweise. Es ist ein internationales Geschäft. Eine nennenswerte börsenkotierte Gesellschaft ist die spanische Abertis Infrastructuras, die in Frankreich, Brasilien, Chile und 12 weiteren Ländern Mautstrassen mit über 8’600 km Länge betreibt. Weiterhin ist das Unternehmen Hauptaktionär des Satellitenbetreibers Hispasat, der mit sieben Satelliten im Bereich TV- und Rundfunkübertragungen aktiv ist. Die Gesellschaft ist zu 86,7% im Besitz von Hochtief, an der wiederum die Benetton-Erben seit kurzem wesentlich beteiligt sind. Der Jahresumsatz 2017 betrug 5.3 Mrd. Euro, der Gewinn 897 Mio. Euro. Der wird grossenteils als Dividende ausgeschüttet.

Vinci – beliebt bei institutionellen Investoren

Kursverlauf der Vinci-Aktie in EUR. Quelle: money-net.ch

Ein weiteres Beispiel ist die französische Vinci, mit 40 Mrd. Euro Umsatz in 2017 und 195’000 Mitarbeitenden ein Schwergewicht. Vinci ist der bedeutendste Betreiber von Mautstrassen in Frankreich und bietet Hoch- und Tiefbau sowie kommunale Dienstleistungen und Verkehrswegebau an, weiterhin spielen Installationen von Energie-, Telekommunikations- und Verkehrsinfrastruktur eine wichtige Rolle. Schwerpunkt der Expansion sind jedoch Konzessionen für Flughäfen. Vinci ist in 20 Ländern aktiv, zahlt steigende Dividenden; die aktuelle Dividendenrendite beträgt 3,7%. Das Unternehmen ist zu fast 80% im Besitz institutioneller Investoren.

Hohe Gewinnspannen der Betreibergesellschaften

Die Aktien von Betreibergesellschaften zeichnen sich regelmässig durch eine hohe Gewinnspanne aus. Oft sind Kantone, Bundesländer oder sonstige Gebietskörperschaften wesentlich beteiligt, weiter institutionelle und private Investoren. Je nachdem werden hohe Dividenden ausgeschüttet – was viele Anleger als den eigentlichen Reiz von Infrastrukturinvestments ansehen – oder es wird eine mehr oder weniger aggressive Expansionspolitik verfolgt. Alle nennenswerten und bedeutenden Unternehmen sind international aktiv, auch weil die Heimatmärkte im Vergleich zu den aufstrebenden Märkten saturiert sind und die Regulierungsdichte in Europa dynamisches und profitables Wachstum nur begrenzt ermöglicht.

Regionale Betreibergesellschaften auf OTC-X

In der Schweiz finden sich auf dem Kurszettel abgesehen von Flughafen Zürich keine weiteren grossen und international bedeutenden Betreibergesellschaften. Auf OTC-X werden jedoch um die 30 regional bedeutsame Betreiber von Bahnen, Verkehrsbetrieben und Schifffahrtsgesellschaften gehandelt. Dazu kommen an die 70 Bergbahnen. Mit der Flughafen Bern findet sich sogar eine weitere Flughafenaktie, deren Kurs in diesem Jahr allerdings von 64 CHF auf 20 CHF fiel, nachdem mit der Fluggesellschaft Skyworks im Sommer der mit Abstand grösste Kunde Konkurs anmelden musste. Das führte zu Entlassungen und der Sistierung aller Investitionsvorhaben.

Viele dieser regional bedeutsamen Gesellschaften werden auf schweizeraktien.net regelmässig beleuchtet und analysiert. Sie sind makro-ökonomischen Einflüssen insofern unterworfen, als sie wie Bergbahnen und Schifffahrtsgesellschaften vom internationalen Tourismusaufkommen abhängig sind. Darüber hinaus  wird ihr Geschäftsgang meist von sehr spezifischen Faktoren wie den jeweiligen lokalen Wetterverhältnissen geprägt.

SSE und Weiss+Appetito expandieren im Ausland

Weitere Infrastruktur-Aktien auf OTC-X sind SSE sowie Weiss+Appetito. Der Hersteller von Sprengstoffen für die zivile Nutzung, SSE, profitiert von Tunnelprojekten in der Schweiz wie in Skandinavien. Weiss+Appetito ist dagegen in zahlreichen baunahen Tätigkeitsfeldern tätig, wie dem Absaugen von Schlamm nach Unwettern, der Feuchtigkeitsbekämpfung, der Begrünung von Skigebieten und Bausanierungen sowie Beratung zu und Betrieb von Telekommunikations- und Energieinfrastruktur für Dritte. Beide Unternehmen expandieren international und sind zu einem grossen Teil dem konjunkturellen Auf und Ab unterworfen.

Zementriese unter Druck

Das trifft gleichermassen auf LafargeHolcim zu. Seit der Fusion 2015 ist der Anbieter von Zement, Beton, Kies, weiteren Baustoffen und entsprechenden Dienstleistungen in rund 80 Ländern aktiv. Die Umsatz- und Gewinnentwicklung war zuletzt jedoch schwach und folglich auch die Kursentwicklung. Zudem wurde 2016 bekannt, dass leitende Angestellte in Syrien Zahlungen an den IS geleistet hatten, um die dortigen Fabriken weiter betreiben zu können. Deswegen wird wegen Finanzierung von Terrorismus ermittelt.

Fall Odebrecht mit weitreichenden Konsequenzen

Korruption ist im Bereich grosser Infrastrukturmassnahmen weit verbreitet, das zeigt nicht zuletzt der Fall der brasilianischen Bauunternehmung  Odebrecht, die in ganz Lateinamerika dafür zu sorgen wusste, die lukrativsten und grössten Aufträge zu erhalten. Zahlreiche Präsidenten und Politiker waren in die „Operation Car Wash“ verwickelt, wie die Paradise Papers zutage brachten. Die Korruption ist auch in China ein Problem und wird von Xi Jinping verschärft bekämpft. In Afrika bedienen sich die Machthabenden oftmals ungeniert und schöpfen Milliarden USD ab, die Infrastrukturen entwickeln sich daher zu langsam und oftmals gar nicht.

Investmentbedarf in Billionenhöhe

Weltweit ermittelt der Global Infrastructure Hub, eine Gemeinschaftsinitiative der G20, einen Investmentbedarf von allein 33.7 Billionen USD im Bereich Transport an Land, also Verkehrswege! Gegenwärtig beträgt die Investment-Lücke 8 Billionen USD. Im Luftverkehr liegt das Volumen bei 2.6 Billionen USD, die Lücke nur bei 530 Mrd. USD. Bei Seehäfen sind es 2.3 Billionen USD mit einer Lücke von 555 Mrd. USD. Somit sollten sich im Bereich Infrastruktur weiterhin langfristig interessante Investment-Opportunitäten auftun.

In Teil III folgt ein Blick auf die Sektoren Energie und insbesondere Elektromobilität, denn neben Eisenbahnen und zunehmend Strassenfahrzeugen ist absehbar, dass auch der Luftverkehr schneller als erwartet elektrisch betrieben sein wird.

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