Bereits Ende Februar hatten wir an dieser Stelle über die bisher bekannten (wenigen) Eckdaten zum Geschäftsjahr 2018 berichtet. In einem jüngst an Aktionäre, Partizipanten und Freunde der Weleda AG verschickten „Weleda Brief“ geben Verwaltungsrat und Geschäftsleitung weitere Einblicke in die Weleda-Welt und aktuelle Entwicklungen im Unternehmen.
Stabiles Ergebnis zu erwarten
In der Medienmitteilung vom Februar machte Weleda noch keine Angaben zum Ergebnis. Der Weleda-Brief signalisiert nun noch vor Veröffentlichung des Geschäftsberichts, dass das Ergebnis 2018 im Vergleich zum Vorjahr „voraussichtlich stabil“ geblieben ist. Nicht bekannt ist zum jetzigen Zeitpunkt, ob sich das „stabile Ergebnis“ bei einem Umsatzwachstum von 2,7% auf die Gewinnmarge oder das absolute Ergebnis bezieht. Nähere Informationen wird hier erst der Jahresabschluss liefern.
Zur Erinnerung: Das EBIT im Geschäftsjahr 2017 betrug rund 18.7 Mio. Euro bei einer EBIT-Marge von 4,7%. Das den Gesellschaftern zuzurechnende Jahresergebnis lag 2017 bei knapp 13 Mio. EUR, entsprechend 3,2% vom Umsatz oder – bezogen auf einen einheitlichen Nennwert von 500 CHF und umgerechnet 28’500 „Anteilsscheine“ – anteilig rund 530 CHF je Weleda-Partizipationsschein.
Neue Produkte sollen auch 2019 für weiteres Wachstum in der Naturkosmetik sorgen
Für das Jahr 2019 erwartet Weleda durch die Einführung neuer Produktlinien und Ergänzungen bestehender Linien in Kombination mit der Fortführung der Internationalisierungsstrategie weiteres Wachstum in der Naturkosmetik. So wurde die auch von internationalen „Celebrities“ wie Rihanna, Adele, Victoria Beckham oder Julia Roberts gerne genutzte, weltweit erfolgreiche Skin-Food-Hautcreme erweitert um eine neue Skin-Food-Pflegeserie. Inhaltsstoffe sind u.a. Sonnenblumenöl, Stiefmütterchen und die auch als Ringelblume bekannte Calendula.
Diese neue Skin-Food-Pflegeserie hat an der jüngst in Nürnberg (D) stattgefundenen Fachmesse „Vivaness“ nach Angaben von Weleda bereits kurz nach ihrer Markteinführung den Preis für das beste Produkt in der Kategorie „Körperpflege“ gewonnen.
Daneben wird das Deo-Roll-On-Sortiment bis Mitte 2019 um die Duftvariante Sanddorn ergänzt und eine neue Gesichtspflegeserie „Naturally Clear“ mit Fokus auf die unreine Haut lanciert, die auf der „Vivaness“ vorgestellt wurde und in Kürze im Handel erhältlich sein wird.
Veränderter Fokus in der Arzneimittelsparte: Ergänzung der Produktion um Gesundheitsdienstleistungen
Während Weleda für die Naturkosmetik mit einem anhaltenden Wachstum rechnet, fallen die Erwartungen an die Arzneimittelsparte im direkten Vergleich gedämpfter aus. Für das laufende Jahr erwartet Weleda für diesen Unternehmensbereich ein stabiles Geschäft. In diesem nicht zuletzt aufgrund regulatorischer Vorgaben und hoher Produktionskosten alles andere als einfachen Segment hatte Weleda 2018 mit moderaten Umsatzeinbussen zu leben, wobei sich die einzelnen Ländermärkte teilweise sehr heterogen entwickelten. Während die Umsätze in der wichtigen D-A-CH-Region und in Westeuropa leicht rückläufig waren, konnte die Region Südamerika – von im direkten Vergleich tiefer Basis ausgehend – zweistellig zulegen.
Die Entwicklungen beim Sorgenkind Arzneimittelsparte verfolgen wir bereits seit einiger Zeit mit Interesse. Im Juni 2018 schrieben wir an dieser Stelle: „Neben verstärkten Investitionen in Forschung und Entwicklung will Weleda die Pharmasparte strategisch neu ausrichten, nach wie vor das Sorgenkind der Firma. Weleda schreibt im Arzneimittelbereich weiterhin Verluste im tiefen zweistelligen Millionenbetrag, wie Paul Mackay einräumt, ohne aber konkrete Zahlen zu nennen.“
„Eine dauerhafte Stabilität und Rentabilität des Pharmageschäfts ist nicht zu gewährleisten“
Im Rahmen des Weleda-Briefs teilt die Gesellschaft jetzt mit, dass Weleda im Rahmen der Ende 2017 eingeleiteten Strategieüberprüfung im Herbst 2018 auf der Grundlage verschiedener Strategie-Konzepte erkannt habe, dass Weleda „innerhalb des bestehenden Geschäftsmodells (…) nicht in der Lage sein wird, eine dauerhafte Stabilität und Rentabilität des Pharmageschäfts gewährleisten zu können“.
Vor diesem Hintergrund prüft Weleda neben einer Optimierung des bestehenden Geschäftsmodells in dieser Sparte mit einer weiter forcierten Internationalisierung und Kosteneinsparungen auch eine Erweiterung des bestehenden Geschäftsmodells über die reine Arzneimittel-Produktion hinaus. Weleda testet aktuell verschiedene Konzepte, um Weleda perspektivisch verstärkt als „Dienstleister für Gesundheit“ im Markt zu positionieren. Die Einführung und Ausweitung des City Spa-Konzepts – ausgehend von den Niederlanden und Deutschland – dürften ein Mosaikbaustein dieser neuen „Ergänzungs-Strategie“ sein.
Investitionen in die Infrastruktur: neues Logistikzentrum und neue Produktion am Standort Schwäbisch Gmünd
Weleda plant, ein neues Produktionswerk und ein neues Logistikzentrum am bestehenden deutschen Standort Schwäbisch-Gmünd in der Nähe von Stuttgart zu bauen und investiert in den nächsten Jahren insgesamt einen dreistelligen Millionenbetrag in die Infrastruktur (schweizeraktien.net vom 13. Juni 2018). Weleda geht aktuell davon aus, dass der Grundstückskauf in Schwäbisch Gmünd kurz bevorsteht.
Das in einem Industriegebiet im Osten von Schwäbisch Gmünd angesiedelte Grossprojekt soll als eine Art „Weleda-Campus“ konzipiert werden – mit „Raum auch für künftige Ideen“.
Aus einem flankierenden Interview innerhalb des „Weleda-Briefs“ mit dem seit Juli 2018 amtierenden neuen COO Alois Mayer ergibt sich, dass Weleda die Priorisierung beim Infrastruktur-Projekt Schwäbisch Gmünd nochmals überdacht hat. Statt einer parallelen Fertigstellung der neuen Logistik und der neuen Naturkosmetik-Produktion am Standort Schwäbisch Gmünd soll zunächst das Logistikzentrum und erst später – darauf aufbauend – die neue Naturkosmetik-Produktion gebaut werden. Indirekte Folge dürfte sein, dass sich die geplanten (hohen) Investitionen auf einen längeren Zeitraum entlang der Zeitachse verteilen bzw. entsprechend auch teilweise nach hinten verschieben. Auch aus einer Aussenperspektive erscheint dieses zweistufige Verfahren nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern auch mit Blick auf die Herausforderungen an die Organisation, die solche Grossprojekte immer mit sich bringen.
Wechsel im Verwaltungsrat: Monique Bourquin und Ueli Hurter neu für den Verwaltungsrat vorgesehen
Der „Weleda-Brief“ informiert zudem über anstehende Veränderungen im Verwaltungsrat anlässlich der GV vom 7. Juni 2019. Der amtierende Verwaltungsrat Dr. Jürg Galliker, von Haus aus Rechtsanwalt in Basel, tritt nach sieben Jahren im Verwaltungsrat aus beruflichen Gründen aus dem Gremium zurück. Als Gründe für den Rücktritt genannt werden „neu hinzugekommene Aufgaben“ in der Kanzlei sowie die Übernahme eines neuen Mandats.
Bei der Nachfolge überrascht die „kleine“ Weleda mit einer hochkarätigen Personalie aus der D-A-CH-Wirtschaftswelt: Als neue Verwaltungsrätin und Nachfolgerin des unabhängigen Dr. Galliker wird der GV im Juni 2019 Monique Bourquin zur Wahl vorgeschlagen.
Monique Bourquin ist in der D-A-CH-Region aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeiten und Verwaltungsratsmandate bestens vernetzt und bringt dazu internationale Erfahrung aus der Markenartikelindustrie ein. Nach ihrem Studium der Wirtschaftswissenschaften in St. Gallen war Bourquin u.a. für Knorr, Rivella und Mövenpick tätig, ehe sie verschiedene Funktionen im Unilever-Konzern – unter anderem CEO Unilever Schweiz – bekleidete. Zuletzt war sie seit 2012 von Hamburg aus bis zu ihrem Ausscheiden 2016 als CFO für die D-A-CH-Region im Unilever-Konzern verantwortlich.
In der Schweiz bekleidet Monique Bourquin aktuell Verwaltungsratsmandate bei den börsenkotierten Unternehmen Emmi sowie Straumann und beim bekannten Familienunternehmen Kambly im Emmental.
Seit 2017 ist sie – nach zuvor langjähriger Tätigkeit im Vorstand – auch Präsidentin von ProMarca, dem Schweizerischen Markenartikelverband.
Als weiterer neuer Verwaltungsrat und Vertreter des historischen Kernaktionärs Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft (AAG) wird der kommenden Generalversammlung ausserdem Ueli Hurter vorgeschlagen. Ueli Hurter ist nach Angaben von Weleda „bio-dynamischer Landwirt und Co-Leiter der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum„.
Fazit
Die aktuellen Nachrichten aus dem Hause Weleda stimmen zuversichtlich für die Zukunft, die Perspektiven bleiben intakt. „Schnelles“ Wachstum sollten Partizipanten angesichts eines intensiven Wettbewerbs und des Eintritts neuer Wettbewerber in den angestammten D-A-CH-Märkten gleichwohl nicht erwarten, ebensowenig – auch mit Blick auf die anstehenden Investitionen in Schwäbisch Gmünd – grössere Dividendenschritte. Mittel- bis längerfristiges Wachstumspotenzial ergibt sich jedoch insbesondere aus weiteren Erfolgen der eingeschlagenen Internationalisierungsstrategie auf der Basis eines starken, etablierten Markenkerns. Der Schwerpunkt der Weleda AG wird in Zukunft – mehr denn je – auf der internationalen Weiterentwicklung der Naturkosmetik-Sparte liegen.
Zuletzt wurden die Partizipationsscheine der unverändert optisch günstig bewerteten Weleda AG auf OTC-X zu 3’700 CHF umgesetzt. Die Titel werden aktuell zu 3’700 CHF gesucht und zu 3’750 CHF angeboten.
Hinsichtlich der in vielerlei Hinsicht „speziellen“ Kapitalstruktur der Weleda AG, die ein zentraler Grund für die tiefe Bewertung auf Basis gängiger Kennzahlen sein dürfte, verweisen wir – wie schon bisher – auf unsere früheren Blog-Beiträge zum Thema. Aufgrund von statutarischen Eintragungsbeschränkungen für die Namenaktien – Anrecht auf Eintragung im Aktienregister haben nur die Mitglieder der AAG – werden auf OTC-X nur die Namenpartizipationsscheine (Valor 496018) frei gehandelt.
Transparenzhinweis: Der Verfasser ist an der Gesellschaft beteiligt.