Im Brennpunkt: Warum KKR gerade jetzt zwei Beteiligungen an die Börse bringt

Preview auf die anstehenden IPOs von SoftwareOne und Selecta

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Die Snackautomaten im öffentlichen Bereich haben Selecta bekannt gemacht. Bild: selecta.ch

Kaum ist das Eis am Schweizer Primärmarkt durch Medacta und Stadler Rail gebrochen, schwirren schon die Namen der nächsten Börsenkandidaten durch den Blätterwald der Finanz- und Wirtschaftswelt. Gleich zwei aktuelle IPO-Kandidaten stammen aus dem Beteiligungsportfolio von KKR, den Erfindern des LBO. Grund genug, um genauer auf die Motive und Hintergründe zu blicken.

Obwohl die Private Equity Gesellschaft KKR bereits 1976 gegründet wurde und insgesamt annähernd 300 Beteiligungen eingegangen wurden – die Aktivitäten in der Schweiz starteten erst 2014. Die ersten Beteiligungen erfolgten damals an den beiden Ringier-Töchtern Scout24 Schweiz und Omnimedia. 2015 übernahm KKR, genauer gesagt, einer der Fonds, dann Selecta, den Automatenbetreiber, der nun via IPO an die Börse zurückkehren soll. Ebenfalls 2015 beteiligte sich KKR an SoftwareOne, dem zweiten aktuellen Schweizer IPO-Kandidaten aus dem Portfolio der amerikanischen Private Equity Gesellschaft.

Auch wenn KKR immer noch vor allem für die Leveraged Buy-outs wie 1988 bei RJR Reynolds bekannt ist: Das Spektrum hat sich verbreitert und umfasst heute nicht nur alle Regionen und Industrien, sondern auch die ganze Palette von Beteiligungsanlässen. Sowohl SoftwareOne als auch Selecta sind historisch betrachtet eher atypisch für KKR. Die beiden Fälle zeigen aber, dass KKR mit der Zeit geht und Opportunitäten erkennt und zu nutzen weiss.

Selecta kommt zurück an die SIX

Selecta ist insofern ein spezieller, wenn auch nicht ungewöhnlicher Fall, als es sich bei dem Kauf durch KKR 2015 bereits um eine sogenannte Tertiary Transaction handelte. D.h. es war die dritte Transaktion mit einer Private-Equity-Gesellschaft als Käufer in Folge. 1997 war Selecta bereits einmal an die Börse gegangen, wurde jedoch 2001 von der PE-Gesellschaft Compass in einer Taking-private-Transaktion wieder von der Börse genommen. 2007 erwarb dann Allianz Capital Partners für 1.1 Mrd. Euro das Unternehmen. 2011 wollte sich ACP wieder von Selecta trennen, doch der Verkaufsprozess wurde abgebrochen, da die Preisvorstellungen von Verkäufer und potenziellen Interessenten zu weit auseinander lagen. In dieser Situation gewährte die Private Debt Abteilung von KKR einen Kredit in Höhe von 220 Mio. Das war das Eintrittsticket, denn ein Jahr später übernahm KKR dann Selecta.

Durchgereicht?

Drei Private-Equity-Eigentümer nacheinander – das wirft einige Fragen auf. Üblicherweise restrukturiert ein PE-Eigentümer bei Buy-outs das Zielunternehmen, optimiert durch Teilverkäufe, Bündelungen und Fokussierung auf die Kernprodukte und -märkte. Was kann da noch ein zweiter oder gar dritter PE-Eigentümer verbessern? Wenn alle PE-Adressen gleichermassen die ganze Klaviatur der Wertoptimierung beherrschen würden, wäre diese Frage berechtigt. In der Praxis ist die PE-Industrie jedoch aus zahlreichen Subsegmenten wie MBO, MBI, Wachstumsfinanzierungen und Mezzanine entstanden. So war KKR über Jahrzehnte hin der anerkannte „King of Buy-outs“.

Expansionsstrategie bei Selecta

Doch wie das Investment bei Selecta zeigt, kann KKR durch Erfahrung und Netzwerke auch bei einer relativ kleinen Gesellschaft noch Mehrwert beisteuern, nachdem schon zwei andere PE-Häuser die Zielgesellschaft „entwickelt“ haben. Konkret sieht das bei Selecta so aus: Partnerschaften mit u.a. Starbucks, Shell und Lavazza haben neue Kundenkreise erschlossen. Obwohl für Automaten an Bahnhöfen und anderen Verkehrsknotenpunkten bekannt, entfallen heute 53% der Umsätze auf den Bereich „Workplace“. Kunden sind u.a. ING, JP Morgan, Tata, Esso, TNT, Philips und Vodafone. Selecta ist in 16 Ländern aktiv und belegt jeweils eine der beiden Toppositionen mit Marktanteilen von 10% bis 15%. Das qualitative Wachstum schlägt sich auch in den Margen nieder. Bei einem Umsatz von 1.4 Mrd. Euro in 2018 wird für 2019 mit einer Wachstumsrate von 3,5% gerechnet, das EBITDA wird zwischen 265 Mio. CHF und 275 Mio. Euro erwartet. Bei PE-Transaktionen 2018 wurden durchschnittlich Preise gezahlt, die zwischen 9,5 und 10,5 Mal dem EBITDA entsprechen. Somit dürfte die IPO-Bewertung im Bereich 2.5 Mrd. Euro liegen, oder nahe 3 Mrd. CHF. Die Wertsteigerung hat KKR durch die Finanzierung der Expansion und damit einhergehend einer Steigerung der Profitabilität erreicht. Eigentlich war es eine Wachstumsfinanzierung.

Hohes Wachstumstempo bei SoftwareOne

Das Investment bei SoftwareOne diente ebenfalls der Finanzierung des Wachstums, wobei das Tempo auch schon vor der Beteiligung laut Aussage des Verwaltungsrates über den Zeitraum von 10 Jahren bei 30% bis 40% jährlich gelegen hatte. Die Beteiligungsquote wurde 2015 auf 25% festgelegt, die vier Gründeraktionäre Beat Curti, Daniel von Stockar, Patrick Winter und René Grilli halten seitdem 75%. Bereits im Vorfeld der KKR-Beteiligung war ein IPO eine Möglichkeit. Der Börsengang wurde jedoch aufgeschoben. Nun aber scheint die Zeit reif. Zwischen dem Zeitpunkt der KKR-Beteiligung und heute hat SoftwareOne die Internationalisierung beschleunigt und ist nun in 145 Ländern präsent gegenüber 82 vor fünf Jahren.

Software Portfolio Management

Das 1985 gegründete Unternehmen ist in der globalen Top-Liga der Berater, Einkäufer und Verwalter von Unternehmenssoftware für mittlerweile mehr als 35’000 Klienten. Das Portfolio umfasst mehr als 10’000 Software-Publisher. Der Geschäftsgegenstand wird Software Portfolio Management (SPM) genannt. Nach der Übernahme der deutschen Comparex im vergangenen Jahr beschäftigt das Unternehmen 5’500 Mitarbeitende, davon mehr als 3’000 Berater. Das betreute Einkaufsvolumen ist von 5 Mrd. CHF vor fünf Jahren auf nun 10 Mrd. CHF jährlich angewachsen. In dem Markt herrschen Konsolidierungstendenzen vor. So will Microsoft nur wenige lizensierte Partner, SoftwareOne ist einer davon. Genauere Zahlen sind nicht bekannt, doch kann von einer hohen Profitabilität bei gleichzeitig weiterhin überdurchschnittlichen Wachstumsraten ausgegangen werden. Beim IPO dürfte eine Bewertung von mehreren Mrd. CHF aufgerufen werden.

Investieren auf Zeit

Bleibt die Frage nach dem Warum. Eigentlich ist es sehr einfach. PE-Investoren führen keine Beteiligungsgesellschaften mit unbestimmter Haltedauer, sondern sie kaufen und verkaufen, um Gewinne zu realisieren. Die investierten Mittel bestehen auch nur zu einem geringen Teil aus Kapital der Gesellschaft oder deren Partner, sondern weit überwiegend aus eingeworbenen Mitteln. PE-Fonds haben in den Anfangszeiten einen zweistelligen Millionenbetrag umfasst, doch aktuell hat Blackstone einen Buy-out Fonds mit 20 Mrd. USD Volumen aufgelegt, Cinven hat das Volumen des siebten Fonds von 8 Mrd. USD auf 10 Mrd. USD erhöht. Gross oder klein, jeder Fonds hat eine nur beschränkte Lebensdauer. Generell wollen die PE-Häuser die Investments in fünf bis acht Jahren realisieren und die Erträge sukzessive an ihre Investoren zurückzahlen. Bei einer guten Performance sind die Chancen hoch, dass die Investoren auch neue KKR-Fonds zeichnen. KKR weist historisch eine durchschnittliche Haltedauer von sechs bis sieben Jahren bei den einzelnen Beteiligungen auf.

Beste Bedingungen für IPOs

Da die Bewertungen an der Börse hoch und die institutionellen Anleger nach wie vor auf der Suche nach neuen Anlageopportunitäten sind, ist das Timing für Börsengänge aus Sicht des Verkäufers richtig, denn das sogenannte IPO-Fenster kann sich jederzeit auch wieder schliessen, sei es wegen der geopolitischen Risiken oder der abgeschwächten Konjunktur. Sowohl Selecta als auch SoftwareOne sind in den letzten Jahren systematisch so entwickelt worden, dass sie nun kapitalmarktfähig sind, und das voraussichtlich sogar mit Bravour.

Käufer und Verkäufer

So positiv das IPO-Klima für PE-Gesellschaften ist, so muss das nicht unbedingt auch für die Käufer der neuen Aktien gelten. Aufgrund des sogenannten Anlagenotstands nutzen die Verkäufer von Unternehmen via IPO diesen Tatbestand zu ihrem Vorteil, indem die beim IPO erzielbaren Bewertungen voll ausgereizt werden. Das zeigte sich zuletzt bei Medacta und Stadler Rail, die sehr ambitionierte Preisvorstellungen bei den IPOs durchsetzen konnten. Es bleibt abzuwarten, wie die weitere Aftermarket Performance ausfallen wird. Statistisch betrachtet ist die Performance von Börsenneulingen durchaus gemischt. Bei den Schweizer IPOs seit Anfang 2017 zeigen fünf Aktien eine positive Entwicklung, jedoch sechs eine negative.

Win-win?

KKR beherrscht das Timing bei Börsengängen ausserordentlich gut. Doch in der aktuellen Situation muss das angesichts der qualitativ hochwertigen Börsenkandidaten nicht zwangsläufig zum Nachteil der neuen Anleger werden. Denn während die Familiengesellschafter von Medacta und Stadler Rail wohl nur einmal ein Unternehmen an die Börse bringen, hat KKR schon Dutzende IPOs hinter sich. Und weil sie auch weiterhin eine schöne Bilanz der Börsengänge aus dem KKR-Portfolio vorweisen wollen, ist es nicht unrealistisch anzunehmen, dass das Pricing bei Selecta und SoftwareOne so ausfallen wird, dass die Erstzeichner auch Kurssteigerungsperspektiven erhalten.

IPO Statistik der Zürcher Kantonalbank. Quelle: ZKB IPO Newsletter Q1 2019

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