Die 57. Generalversammlung der Schilthornbahn AG wurde für den Verwaltungsratspräsidenten Peter Feuz zu einer Premiere: Es war für ihn die längste Versammlung in den letzten 40 Jahren. Grund für die fast zwei Stunden andauernde Generalversammlung waren die notwendigen Abstimmungen zur Statutenänderung und der Schaffung von frischem Kapital. Beide Massnahmen sind die Voraussetzung für das Zukunftsprojekt „Schilthornbahn 20XX“.
Die 252 Aktionäre stimmten im Sportzentrum Mürren nach einigen Diskussionen den Anträgen zu und stellten damit die Weichen für den Neubau der Bahnverbindung von Stechelberg aufs Schilthorn. Bei dem Projekt mit einem Bauvolumen von 90 Mio. CHF handelt es sich um die grösste Investition in der Unternehmensgeschichte der Bahn.
Bereits seit 2015 beschäftigte sich der Verwaltungsrat mit der Erneuerung der Bahninfrastruktur, die teilweise noch aus den Gründungsjahren stammt. Die höheren Anforderungen der Kunden und die verschärften Sicherheitsbestimmungen hatten in den letzten Jahren einen Rückgang der Transportkapazitäten bei einer gleichzeitig zunehmenden Anzahl an Gästen zur Folge. Schnell zeigte sich, dass einzig ein kompletter Neubau der Bahn in Frage kommt. Auch wenn die neuen Anlagen «nicht gratis zu haben sind», wie Direktor Christoph Egger an der GV betonte, stellt diese Lösung nach Ansicht der Gesellschaft die wirtschaftlichste Variante dar.
Finanzierung des Projekts durch Banken gesichert
Die Grossaktionäre der Schilthornbahn haben die in einem ersten Masterplan ausgearbeiteten Pläne mitgetragen. Auch konnte die Finanzierung des Projekts durch die Banken bereits gesichert werden. Diese erachten es allerdings als sinnvoll, auch die Aktionäre mit einer Kapitalerhöhung an den Baukosten partizipieren zu lassen.
Die Realisierung des Projekts wird nun mit grossem Elan vorangetrieben: So liegt der Geschäftsleitung bereits seit dem 15. Juni 2018 der Plan für das Vorprojekt vor. Nach einer Ausschreibung hat die in der Schweiz ansässige Doppelmayr-Garaventa, die bereits die alte Bahn erstellte, das Rennen gemacht. Gemeinsam mit dem Bahnhersteller wurde das Projekt bis zur Planreife gebracht. Aktuell liegen die Pläne zur Vorprüfung beim Kanton Bern. Eine Entscheidung wird noch im ersten Semester 2019 erwartet.
Verdoppelte Förderkapazität
Die neue Bahn wird aus drei Sektionen bestehen. In der untersten Sektion, die eine direkte Verbindung von Stechelberg nach Mürren ohne Umsteigen erlaubt, kommt wegen der starken Steigung nur eine Pendelbahn in Frage. Bei der neuen Bahn werden nur noch zwei statt der bisherigen drei Stützen benötigt. Dank der neuen Konstruktion entfällt die Stütze zwischen den Häusern des Dorfs Mürren, das so eine Aufwertung erhält.
Ein klarer Vorteil des Bahnneubaus ist auch die höhere Förderkapazität: Statt derzeit 400 sollen dann bis zu 800 Gäste pro Stunde auf das Schilthorn reisen können.
Neuartige Funifor-Bahn als Schweizer Premiere
Für die beiden Bahnen Mürren – Birg und Birg – Schilthorn setzt die Gesellschaft auf eine neue Funifor-Pendelbahn, eine Premiere in der Schweiz. Diese neuen Bahnen zeichnen sich durch eine sehr hohe Windsicherheit aus. Gleichzeitig sind die Stationen deutlich niedriger als bei den bisher eingesetzten Luftseilbahnen. Die neue Funifor hat eine extrem breite Spur von 480 Zentimetern gegenüber 80 Zentimetern bei der klassischen Pendelbahn. Auch ist das Gehänge zwischen dem Seil und der Kabine nur noch rund zwei Meter hoch, also fünf Meter weniger als bei klassischen Pendelbahnen.
Neubau nur mit geringen Ausfällen der alten Bahn
Die beiden oberen Bahnteile werden wie bisher als eigene vollständig unabhängige Bahnen gebaut, um die ganzjährige Erschliessung des Schilthorns während der Bauzeit nicht zu gefährden. So wird auch die Bahn Mürren – Birg erstellt, während die alte Bahn weiter betrieben wird. Lediglich die Bahn auf den Gipfel wird erst nach dem Abbruch der alten Bahn gebaut werden können. Dies soll in den Wintermonaten von Mitte Oktober bis März erfolgen, um die Ausfälle für die Bahn möglichst gering zu halten.
Der Zeitplan sieht eine Realisierung des Projekts in frühestens zwei Jahren vor, erklärte Egger den Aktionären. Das zweistufige aufwendige Genehmigungsverfahren wird im 2020 gestartet. Dabei müssen die neuen Anlagen ebenso berücksichtigt werden wie die alten Gebäude der Stationen Schilthorn und Birg. Diese wurden als schützenswert eingestuft und müssen erhalten bleiben. Ein Unsicherheitsfaktor sind auch Einsprachen. Hier signalisierte Egger einerseits Kompromissbereitschaft, erklärte aber auch, dass an wichtigen zentralen Punkten keine Abweichung geduldet werden kann.
Kapitalerhöhung im Herbst 2019
Zur Realisierung des Projekts „Schilthornbahn 20XX“ sind noch zahlreiche Hürden zu überwinden. Der Name für das Projekt wurde gewählt, um den genauen Zeitpunkt der Realisierung offen zu lassen.
Ein erster wichtiger Schritt wurde an der 57. Generalversammlung mit der Schaffung eines genehmigten Kapitals gemacht. Die dafür notwendige Statutenänderung nutzte die Gesellschaft, um die Statuten komplett neu zu gestalten. Auf Anregung einiger Aktionäre wurde die beantragte Statutenänderung etwas angepasst. Auch in Zukunft müssen Verwaltungsräte der Gesellschaft Aktionäre sein. Ursprünglich hatte der Verwaltungsrat vorgeschlagen, diesen Passus zu streichen, um auch Nicht-Aktionäre in den Verwaltungsrat wählen zu können.
Die von den Aktionären genehmigte Kapitalerhöhung wird mit dem Beginn der Zeichnungsfrist am 17. Oktober starten. Im Anschluss haben die Aktionäre bis zum 12. November Zeit, um die neuen Aktien zu zeichnen. Der Vollzug der Kapitalerhöhung wird am 25. November erfolgen. Die Aktionäre können für je zehn Aktien in ihrem Besitz eine neue Aktie erwerben (Bezugsverhältnis: 1:10). Das den Aktionären zugeteilte Bezugsrecht wird auf OTC-X handelbar sein. So können Aktionäre zusätzliche Bezugsrechte kaufen, um mehr Aktien zu erwerben. Möglich ist es auch, die Bezugsrechte zu verkaufen und so abhängig vom aktuellen Aktienkurs einen Gewinn zu realisieren.
Neuer Rekord im 2018
Das Jahr 2018 war für die Schilthornbahn wiederum ein sehr gutes Jahr. Erstmals konnte auch im schwierigen Wintergeschäft ein ansehnliches Plus erzielt werden. Hierbei geholfen hat die grosse Menge an Naturschnee, die mehr Personen dazu veranlasste, im Winter Schneesport zu betreiben. So stiegen die Erträge aus dem Wintersportgeschäft um beachtliche 21,4% an. Ebenfalls erfreulich entwickelte sich das Sommergeschäft: Die Einkünfte legten um 8% zu. Das höhere Besucheraufkommen liess auch die Kosten ansteigen, so dass der Betriebsgewinn vor Abschreibungen (EBITDA) nur um 7% zunahm. Deutlich stärker gestiegen ist der Reingewinn mit plus 27%. Dies ermöglichte es dem Unternehmen, seinen Aktionären wiederum eine Dividende in Vorjahreshöhe von 40 CHF pro Aktie auszuschütten.
Zu den wichtigsten Projekten des vergangenen Jahres gehörten neben der Planung der neuen „Schilthornbahn 20XX“ die Fortführung der Sanierung des „Hotel Alpenruh“ und der Ausbau der Beschneiungsanlagen im Bereich Winteregg. Abgeschlossen werden konnte auch die Sanierung der Allmendhubelbahn.
Guter Start ins 2019
Erfreulich fiel auch der Start ins Geschäftsjahr 2019 aus. Geholfen haben hier wiederum die guten Wetterverhältnisse mit viel Schnee, die zu einem erneuten Anstieg der Schneesporteinnahmen führten. So legten die Wintersporteinkünfte um 6,3% zu. Ebenfalls weiter im Aufwind ist das Ausflugsgeschäft, das in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres ein Plus von 16,7% erreichte. Ein Umsatzplus von 18% erzielte das Drehrestaurant Piz Gloria bis Anfang Juni. Lediglich das „Hotel Alpenruh“ verzeichnete eine schwierige Wintersaison mit einem Umsatzminus von 16,6%. Dank der Umbauten verbessert sich die Situation zusehends, auch wenn die Rückgänge bis zum Jahresende nicht mehr komplett egalisiert werden können. Insgesamt zeigte sich Direktor Christoph Egger zuversichtlich, auch in diesem Jahr an die guten Vorjahre anknüpfen zu können.